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Ausgabe:

1973

Spalte:

261-264

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Christliche Freiheit im Dienst am Menschen 1973

Rezensent:

Feurich, Walter

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Theologische Literaturzeitung !)8. Jahrgang 1973 Nr. 4

262

jesaja und die Lieder vom Gottesknecht in: Geschichtsmächtigkeit
und Geduld, KvTh Sonderheft 1972, 58 60).
E.Vogt „Die Lähmung und Stummheit des Propheten
Ezechiel" (S.87-100) gewinnt durch Umstellung von Ez
3.25-20a hinter 24,26a« einen in 33,21-22 ausmündenden
zusammenhängenden Bericht, den 4,4-8 nachinterpretiert
, und R.Martin Achard weist in „Quelques remarques
sur la reunification du pcuple de Dieu d'apres Ezechiel
37,15ss." (S. 67-76) auf die ökumenische Weite des Textes
Ez 37,15-24 a hin. Während W. Rudolph „Arnos 4,6-13"
(S.27-38) in Auseinandersetzung mit anderen Gelehrten
von Arnos selbst herleitet, stellt H.J.Stoebe „Überlegungen
zu den geistlichen Voraussetzungen der Proplie-
tie des Arnos" (8.209-225), die im besonderen auf Am 9,7
und 3,1-8 beruhen, an. B.Rcicke „Joel und seine Zeit"
(S. 133-141) macht den erwägenswerten Vorschlag, das
Joel-Buch mit dem Sieg des Kambyses über Ägypten
526/525 v.Chr. zu verknüpfen, und A. Jepsen trägt „Anmerkungen
zum Buche Jona" (S. 297-305) vor.

Schließlich sind zu nennen zwei Aufsätze zum Psalter,
ttämlich J.A. Soggin „Zum zweiten Psalm" (S.191-207)
und M.Schmidt „August Hermann Franckes Erklärung
des 139. Psalms" (S.263-276), sowie die Begriffsstudien
von E.Jenni „.Kommen' im theologischen Sprachgebrauch
des Alten Testaments" (S.251-261), H.Wild-
berger „Die Neuinterpretation des Erwählungsglaubcns
Israels in der Krise der Exilszeit. Überlegungen zum Gebrauch
von bähar" (S. 307-324) und H.van Oyen „Scha-
JjWtt. Gesetz und Evangelium unter dem Aspekt des Friedens
" (S. 157-170). Wie die traditionsgcschichtlich orientierte
Untersuchung von E.Jenni manchen Hinweis über
Herkunft und theologische Verwurzelung der eschatolo-
gischen Erwartung vom Kommen Gottes gibt, so unterstreicht
die Studie H. Wildbergers erneut die Bedeutung,
die der Erwählungsglaube wohl zu allen Zeiten der Geschichte
für Israel hatte. Gerade deshalb aber erscheint es
Rez. fraglich, ob die Annahme W.s, Israel habe diesen
Glauben zusammen mit der Kölligsideologie aus der Umwelt
übernommen, richtig ist (vgl. ThLZ 93,1968 Sp. 1-12)

Dieser geraffte Überblick über den reichen Gehalt der
Festgabe läßt erkennen, welche Fülle von Anregungen sie
enthält, Anregungen, die weithin von Arbeiten des Jubilars
ausgingen. So stellt diese Festschrift in der Tat eine
würdige Ehrung W.Eichrodts dar. Auch dafür, daß dem
Bande ein lebendiges Photo des Jubilars beigegeben ist,
gebüh rt dem Herausgeber und dem Verlag der herzliche
Dank aller.

Hallo (Saale) II.-J. Zobel

[Niemöller, Martin:] Christliche Freiheit im Dienst am Menschen
. Deutungen der kirchlichen Aufgabe heute. Zum
80.Geb. von Martin Niemöller hrsg. v. K.Herbert. Frankfurt
/M.: Lembeck [1972]. 294 S. gr. 8°. DM 32,—.

Pestschriften sind oft ein Problem an sich. Die Beiträge
Unifassen meist das jeweilige Spezialgebiet des Verfassers
und haben nicht immer einen Bezug auf Leben und
Werk dessen, der geehrt werden soll. In dem vorliegenden
%ch handelt es sich um eine Festschrift besonderer Art.

ehrt den verdienten Martin Niemöller, in dem sie G< -
dankengänge aufgreift und fortführt, die dieser in Vorträgen
und Predigten ausgesprochen hat. In 23 Beiträgen
Werden theologisch-aktuelle Fragen erörtert. Das Ganze
stellt vor allen Dingen einen lebendigen, lesenswerten Bei-
trag zur theologischen Ethik heute dar. Dem Buch sind
v°r allem Leser aus der jüngeren Theologengeneration zu
Wünschen. Es wird keine Glorifizierung des Kirchen-
kampfes und seines Hauptstreiters Martin Niemöller betrieben
. Dieses ist schon deshalb nicht möglich, weil Martin
Niemöller selbst sich immer wieder sehr kritisch zum

Verhalten der Bekennenden Kirche im Kirchenkampf
geäußert hat und sich auch nicht scheute, seine eigenen
Versäumnisse auszusprechen. Er hat selber weiter gedacht,
und so können von seinen Positionen her jüngere Theologen
weiter denken. Die notwendige Kontinuität zu Barmen
1934, Stuttgart 1945 und Darmstadt 1947 bleibt gewahrt
, aber es wird von den stets bedeutenden Erklärungen
her weitergedacht. Der Herausgeber Karl Herbert
beschreibt in seinem Beitrag: „Libertas christiana, Thema
der Kirche gestern und heute", die Aufgabe des Bandes in
folgender Weise: „Vielmehr entstand dieser Band aus
dem Gedanken, eine Reihe von Sachfragen, die Niemöller
angestoßen und vorangetrieben hat und die auch heute
für uns nicht erledigt, sondern in verschiedener Hinsicht
immer noch ganz neu als Aufgabe gestellt sind, aufzunehmen
und einen Beitrag zu ihrer Klärung zu leisten.
Wir meinen, daß damit auch der Dank derer, denen Niemöllers
Dienst etwas bedeutet hat - helfend und befreiend,
wie auch oft beunruhigend und nicht selten ärgerlich - auf
die sachgemäßeste Weise seinen Ausdruck findet."

Diese Aufgabenstellung wurde von den Beiträgen in
ausgezeichneter Weise erfüllt, sei es, daß es sich um Fragen
der modernen Theologie und Niemöllers positiver
Stellung dazu, sei es, daß es sich um gesellschaftspolitische
Folgerungen aus der christlichen Existenz handelt,
oder um die Fortführung des Niemöllcrschen Gedankens
- eine Welt, keine Welt - und seine Rede von dem
gnädigen Nächsten. Auch die Fragen Gewalt und Gewalt-
losigkeit werden erörtert. Davon handelt vor allem der
Beitrag des katholischen Bischofs Helder Camara „Die
Kirche vor dem Problem der Gewalt". Außer ihm sind
zwei evangelische Bischöfe beteiligt, die in der DDR wirken
, D. Schönherr, Berlin und Dr. Krusche, Magdeburg.
Sie bewegt, von Niemöller angeregt, das „Abenteuer der
Nachfolge". Die Beiträge enthalten Gedanken, die durch
die Bundessynode der evangelischen Kirchen in der DDR
grundsätzlich aufgenommen wurden, indem sie Kirche
nur als Kirche für andere erklärt hat. Es ist leider nicht
möglich, auf alle Beiträge, die uneingeschränkt selbständiges
und gewichtiges theologisches Denken deutlich
machen, einzugehen.

Einige wenige Beispiele aus dem Bereich des christlich
notwendigen gesellschaftlichen Engagements sollen aber
herausgestellt werden; dabei ist zu betonen, daß es sich
um Aussagen westlicher Theologen handelt. Helmut
Gollwitzer führt in seinem Beitrag die gesellschaftlichen
Implikationen des Evangeliums aus. „Geht es um Sozialismus
, um die annäherungsweise Verwirklichung einer
freien, brüderlichen, herrschaftslosen und solidarischen
Gesellschaft, um Überwindung der aus dem Mangel resultierenden
unsolidarischen Privilegiengesellschaft, dann ergibt
sich am Muster der Urchristenheit: Evangelium impliziert
die Tendenz auf Sozialismus hin, den Bruch mit
der Klassengesellschaft, Gegensatz zur feudalen und zur
bürgerlich-kapitalistischen Lebensweise. Das bedeutet
für die durch das Evangelium gesammelte Gruppe, die
Gemeinde und jeden einzelnen Christen die Forderung, in
jeder gegebenen Zeit zu prüfen, wie weit die Überwindung
der Klassengesellschaft heute möglich und dringlich ist,
was dazu getan werden kann und muß und mit welchen
anderswoherkommenden gesellschaftlichen und politischen
Gruppen für dieses Ziel zusammen gearbeitet werden
muß."

Jürgen Moltmann schreibt über die politische Relevanz
der Hoffnung. Er zieht das Fazit: „Die Initiativen der
weltverändernden Hoffnung wanderten aus den Kirchen
aus und wurden in Demokratie und Sozialismus investiert.
In den Kirchen blieb der Glaube an einen ,Gott ohne
Hoffnung' zurück und dort wurde eine Hoffnung ohne
Gott mobilisiert."

Eberhard Jüngel steuert Thesen zur Säkularisierung