Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1972

Spalte:

217-219

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Gerber, Uwe

Titel/Untertitel:

Christologische Entwürfe 1972

Rezensent:

Slenczka, Reinhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

217

Theologische Literaturzeitung 97. Jahrgang 1972 Nr. 3

218

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

en — gegen jede Kirchenrechtsauffassung ausgespielt wer- Gesichtspunkten beurteilen müssen. Nach seinem Zweck

en konnte, die einer Trennung von bekenntnishaften und soll das Buch „eine erste, freilich anspruchsvolle Einführung

. fliehen Gesichtspunkten das Wort redete. Diese in dah- für Studienanfänger, eine begleitende Orientierung und

emitischen Kreisen zunehmende, im lutherischen Bekennt- Studienhilfe für Fortgeschrittene und eine zusammenfas-

soereich nicht mehr voll rezipierbare calvinisierende sende Darstellung für Examenskandidaten im Blick auf die

eichsetzung des theologischen Stellenwertes von Bekennt- christologische Thematik" sein. Dieses Ziel ist sehr weit ge-

nis und äu5erer Kirchenordnung hat zu heftigen Kämp- steckt. Mir selbst scheint das Buch für den Anfänger zu

en geführt, in denen die Fragwürdigkeit der kirchlichen kompliziert, für Examenskandidaten zu umfangreich, aber

otrechtskonzeption und Notrechtspraxis innerhalb der Bc- auch zu unübersichtlich zu sein. Vermutlich wird es eher als

ennenden Kirche selbst ans Licht kam: ein Sachverhalt, Studienhilfe für Fortgeschrittene seine Funktion erfüllen

er deshalb nicht genügend in Erscheinung tritt, weil der unter der Voraussetzung, daß diese Fortgeschrittenen auch

• aus thematischen Gründen die landeskirchliche Proble- nach der Absicht des Verfassers wirklich über das Buch

matik ausklammert und die Betrachtung 1934 abschließt. hinaus fortschreiten und nicht bei ihm hängenbleiben.

Der Vf. bietet übrigens am Anfang auch eine nicht unin- Dje Problematik des Buches beginnt mit der Frage, was

eressante Darstellung verschiedener Staatsauffassungen an eigentlich der „Minimalstoff" in der Christologie ist und

er Schwelle des „Dritten Reiches", deren Repräsentanz für wie er sinnvoll zugänglich gemacht werden kann,

lu'n klrchenrechtliche und verfassungsrechtliche Entwick- Das Buch ist offenbar als Einführung in die Ce-

räum M nUr partieU deutlich wird- Mu^ doch der vf- eln" s c h i c h t e der Christologie, nicht aber als Einführung in

renn"' ^ die £Ür d'G kirchliche Entwicklung d°mmie- die christologie gedacht. Wer das Buch benützt, muß also

zial GesichtsPunkte einer Rezipierung des Nationalso- bereits wisserij was christologie ist, denn genau auf diese

"smus unter dem Leitbild einer christlich verstandenen Frage gibt das Buch kdne Antwort. Es win vielmehr die

dem m VO" innen" (Verchristlichungstendenz gegenüber christologischen Systeme darbieten, und dies geschieht nach

schaff prUCh) innerfialb der Rechtswissen- folgendcm Schema: „Darstellung des betreffenden christo-

dien f T "SChr vereinze,t" aufweisbar sind (S. 31). Ver- i0gischen Entwurfes, Quellentexte in Auswahl, Sekundär-

Emw, lSt 3Uch der Erstabdruck der funf verschiedenen Hteratur. theologiegeschichtliche Einordnung, kritische Wür-

tlen V f DEK-Verfassun9 ln einem Annan9- der auch digung". Allerdings wird dieses Schema weder konsequent

erfassungstext enthalt. noch einheitlich durchgehalten, wie man es bei einem Ar-

Leipz'9 Kurt Meier beitsbuch allein um der Übersichtlichkeit willen erwarten

sollte. Vielmehr werden nahezu durchgehend Quellenbei-
spiele und Sekundärliteratur zur Darstellung miteinander
verbunden. Die Ctuellentexte sind meist auf sehr kurze Zitate
beschränkt, die keinen selbständigen Eindruck vermitteln
. Mindestens ebenso umfangreich sind die paraphrasie-

erber, Uwe: Christologische Entwürfe. Ein Arbeitsbuch. renden, zusammenfassenden und kritischen Zitate aus der

J Von der Reformation bis zur Dialektischen Theologie. Sekundärliteratur in den einzelnen Abschnitten. Überhaupt

Zürich: EVZ-Verlag [1970]. XXI, 408 S. 8°. Kart. DM 28,-. nehmen Belege und Verweise im fortlaufenden Text wie

Was ist ein Arbeitsbuch? Es will durch die mühevolle Ar- auch in den immerhin 100 Seiten Anmerkungen unverhält-

"eit des Verfassers die Arbeit der Bcnützer erleichtern. Bü- nismäßig viel Raum ein. Daß in einer Fußnote bis zu zehn

eher dieser Art werden ebenso scharf kritisiert, wie sie flei- Verweise stehen, ist keine Seltenheit. Damit dürfte jedoch

als unersetzliche Hilfe benützt werden. die Kapazität selbst eines fleißigen Benützers überfordert

Das wird auch für dieses Werk gelten, in dem mit großer sein, der von einer kritischen Auswahl sicher mehr Gewinn

~°r9falt ein ungeheures Material an Quellen und Sekundär- hätte als von diesem bewundernswerten Sammeleifer,

'teratur gesammelt und gesichtet worden ist. In vier Teilen Ausgerechnet die Sorgfalt der Dokumentation ist m. E.

^erden folgende Epochen zusammengefaßt: 1. die Christo- der Mangel an diesem Arbeitsbuch, weil es dadurch unprak-

°9'e der Reformationszeit. Seltsamerweise wird mit Calvin tisch wird. Die Darstellungen sind durchaus zuverlässig, so-

ein9esetzt, vermutlich weil bei ihm ein geschlossenes Sy- fern man nicht über die unterschiedlichen Akzente, wie sie

stem den praktischen Anhaltspunkt bietet. Ein eigener Ab- sich gerade bei Zusammenfassungen ergeben müssen, strei-

schnitt ist der Lehre vom „munus triplex" gewidmet, dessen ten will. Wiederum stellt sich jedoch auch hier nicht die

orgeschichte in der alten Kirche und Aufnahme durch die Frage nach der wissenschaftlichen Akribie, sondern nach

eformatoren skizziert wird. Auf die Ämterlehre als refor- der praktischen Verwendbarkeit, in diesem Fall die Frage

"■"atorisches Charakteristikum wird auch in den späteren nach der Lesbarkeit. Die Form der Darstellung ist die eines

»schnitten immer wieder zurückgegriffen. Darauf folgt die Lexikonartikels, in dem mit zahlreichen Adjektiven, Fach-

vnr'stologie bei Luther und schließlich die „Orthodoxie mit ausdrücken und Querverweisen das zusammengerafft wird,

erweis auf die Bekenntnisschriften". 2. Christologie im was an Raum gespart werden muß. Bei der Fülle des Mate-

eichen der Aufklärung. Dieser Abschnitt umgreift den rials bleiben auch eklatante Fehler nicht aus. Gleich auf der

fe'traum vom 16. Jahrhundert (Sozinianer und Arminiancr) ersten Seite wird die Rechtfertigung in der Institutio Calvins

ber den Pietismus bis zur Neologie und Rationalismus des dem 2. und nicht dem 3. Buch zugewiesen. S. 27 wird aus

^gehenden 18. Jh.s. Die für die dogmatische Terminologie dem Hilfsbuch von Hirsch ein Fehler in einem Luther-Zitat

f° nichtige nachreformatorischc Orthodoxie wird auffallend übernommen (discretae statt distinetae). S. 48 werden Les-

Urz behandelt. 3. Neubildung der Christologie im 19. Jh. sings „notwendige Vernunftwahrheiten" als „ewige" zitiert.

Schleiermacher über Hegel und seinen theologischen S. 148 müßte es in der lateinischen Rückübersetzung (Warnhang
, die Vermittlungstheologie, den Neokonfessionalis- um?) von Schleiermachers Thema „von dem Geschäft Chri-
bis zu Kierkegaard und zur Leben-Jesu-Forschung. 4. sti" wohl statt ,de opere Christi' besser ,de officio Christi'
Christologie bei A. Ritsehl, M. Kähler, W. Herrmann mit heißen. S. 392 Anm. 805 ist ,Dunkelmann' zu korrigieren
Ausblick auf die dialektische Theologie bis in die in Dunkmann. Aber das sind zufällig aufgelesene Beispiele,
Ranziger Jahre die keineswegs gegen die sonst vorherrschende Sorgfalt
E'

~* wird angekündigt. Er soll im Zusammenhang der rö- Abschließend kann man nur sagen: Das Arbeitsbuch ist

Em zweiter Band mit christologischen Entwürfen des 20. sprechen.

' s wird angekündigt. Er soll im Zusammenhang der rö- AbschlL.,

isch-katholischen auch einen Rückblick auf die altkirch- anspruchsvoll in dem, was es bietet. Es ist aber m. E. un-

"^e Christologie bringen. praktisch für den Gebrauch im Studium. Es wäre höchst er-

m Arbeitsbuch wird man vorwiegend unter praktischen treulich, wenn sich Theologiestudenten in dieser Breite mit