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Ausgabe:

1970

Spalte:

577-578

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Sylloge inscriptionum religionis Isiacae et Sarapiacae 1970

Rezensent:

Schneider, Carl

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Theologische Literaturzeitung 95. Jahrgang 1970 -r. 8

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Das Christentum im Lichte «Irr heutigen arabisch-islamischen Literatur,
in: ZRGG XXI, 1969 S. 30;>-.:29. Das Interesse für diese Fragen ruft
aueh auf anderen Gebieten Qnellendarhielnngen dieser Art hervor, wie
die Edition und Übersetzung von Enbaqoin, Anqasa amin (La porte de
la foi) durch E. J. van Donzcl, Leiden (ItriU) 1969, eine äthiopische
Apologie des Christentums aus der Feder eines konvertierten Muslims
des 16. Jh.s.

1 Eine kleinere deutsche Zusammenfassung legte Khoury unter dem
Titel: ,,Der theologische Streit der Byzantiner mit dem Islam", Paderborn
: F. Schöningh 1969. 78 S., vor. Es enthält in den Kap. 2 und 3
eine kurze systematische Darstellung der Kontroverspunkte (S. 34 — 70),
die zur Ergänzung des größeren Werkes sehr dienlich ist. Vgl. auch
oben Sp. 576*

• Vgl. zuletzt J. Waardenburg, Koranisches Religionsgespräch, in:
l.iber Amicorum. Studics in Honour of Prof. C. J. Bleeker, Leiden 1969
S. 208-253.

* Es sei daran erinnert, daß auch dieses Bild des Islams ein Spiegelbild
der europäischen Forschung widergibt, wie J. Waardenburg,
L'Islam dans le miroir de l'Occident, s'üravenhairc 1961, ausführlich
gezeigt hat (s. dazu die Rez. von J. W. Fück, Biür XX, 1963 S. 87-89)
und das bei dem islamisch-christlichen Dialog nicht unberücksichtigt
bleiben darf.

Vidman, Ladislaus: Sylloge inscriplionmn religionis Jsiacae et
Sarapiacae. Berlin: de Gruyter 1969. XVII, 373 S. 8° =
Religionsgeschiehtliche Versuche und Vorarbeiten, hrsg. v.
W. Burkert u. C. Colpe, 28. Lw. DM 98,-.

Eine Zusammenstellung von 810 griechischen und lateinischen
Inschriften, in denen Isisches im weitesten Sinne genannt
wird, ist ein außerordentlich nützliches Handwerkszeug
für alle weitere religionsgeschichtliche Arbeit. Außer
dem Fleiß des Sammlers ist sie vor allem der Umsicht und
Sachkenntnis II. Herters zu danken, der zwar im Hintergrund
bleibt, dessen helfende Hand man aber fast auf jeder
Seite spürt. Wenn freilich der Ertrag einer so mühevollen Arbeit
in keinem Verhältnis zu dem steht, was die hieroglyphischen
und die griechischen und lateinischen literarischen Texte
ergeben, so ist das das Schicksal vieler epigraphischer Arbeit
außerhalb des Sektors der politischen Geschichte. Den großen
Inschriftencorpora folgend erfolgt die Anordnung regional:
da sich die Inschriften über acht Jahrhunderte erstrecken,
hatte man zu den vorzüglichen Registern als Ergänzung noch
eine chronologische Übersicht wenigstens der wichtigsten und
festdal ierten Zeugen gewünscht. Das ist aber auch ziemlich
das einzige Desiderat. Denn sowohl die Wiedergabe des Textes
wie die reiche Heranziehung der Literatur und die musterhafte
kurze, aber prägnante Kommentierung sind vorbildlich.
Viel Neues ist zwar nicht zu erwarten — immerhin sind sieben
bisher unpublizierte kürzere Inschriften zum ersten Mal erschlossen
—, aber allein die Tatsache, daß eine Reihe wichtigerer
Inschriften bisher nur sehr entlegen publiziert waren,
rechtfertigt die Sammlung. Wo umstrittene Hypothesen und
noch nicht gelöste Probleme sich mit einigen Inschriften verbinden
, sind die verschiedenen Meinungen gewissenhaft notiert
, wobei noch die Literatur des letzten Jahres benutzt ist.
Hervorzuheben sind besonders die sehr reichen Querverweise.
Einige Kleinigkeiten: Das unverständliche vioaa in Nr. 4

ist wohl einfach Mal 6 , dann wird auch der Wechsel von eIq
und fy verständlich. Nr. 8 und 9 sind etwas zu früh datiert:
so ägyptenfreundlicli war Elcusis doch erst in der Kaiscrzeil.
Ob 34a wirklich früher als 140a ist? Es wäre dann sehr singu-
lür, und so eindeutig sind wohl die Riichstabcnfornien auch
nicht. 45 muß doch wohl ausgeschieden werden, zumal der
Stein nicht mehr zu kontrollieren ist. Warum ist die wichtige
Inschrift 48 nicht vollständig wiedergegeben? 51 ist vermutlieh
überhaupt eine Fälschung. Richtig ist es, aus den über
100 Sarapis-Ereilassungsformeln aus Chaironeia nur eine typische
auszuwählen, man hätte ja sonst den Umfang — und
damit den l'reis — des Buches allzu groß werden lassen. Anders
aber steht es bei Kürzungen wie Nr. 64, die nicht einzusehen
sind, vor allem bei einer so umstrittenen und schwierigen
Inschrift. Ebenso ist es Unverständlich, warum hei den
eritreischen Inschriften (vgl. Nr. 80) nur ein willkürlicher Teil
der Namenslisten aufgeführt wird —wenn man zur genaueren
Bearbeitung überhaupt den IGbnnd aufschlagen muß, genügt
ein bloßer Verweis, übrigens ist die Datierung von 80
auf das erste Jh. auch sehr unwahrscheinlich, die von 82 sicher
unrichtig. Die einmalig «richtige Inschrift 108 hätte
einen ausführlicheren Kommentar, vor allein einen Hinweis
auf Walbank, verdient. Zu 113 ist zu bemerken, daß eine
Deifizierung Philipps V. zusammen mit Sarapis und Isis in
Amphipolis ausgeschlossen ist, es kann sich also nur um eine
Weihung an die beiden Götter zugunsten Philipps handeln.

Aus dem reichen Material von Delos ist keine Inschrift abgedruckt
, statt dessen ein vollständiges Register zum Teil mit
sehr kurzen Inhaltsangaben der Rousselschen Edition. Das
ist versländlich und legitim; vielleicht wäre es aber für den
Zweck der Sammlung praktischer gewesen, wenigstens einige
der wichtigeren und problematischeren Inschriften abzudruk-
ken. Dafür hätte man lieber das Lexikon der Donaria aus den
Inventaren vermissen können. Aber auch so ermöglicht der
sorgfältige Index der deliscben Inschriften eine gute rasche
Orientierung, zumal die Inhaltsangaben recht geschickt alles
Wesentliche mindestens andeuten.

Zu 107: Mopyrgo scheint eherein etwas umgestellter Spitzname
als ein Name zu sein, das Ganze also eine Dedikation
einer kretischen Hetäre. In der geradezu grotesken rhodischen
Vercinsliste 170 ist das erste «Sarapiastön» doch vielleicht
eine falsche Verdoppelung, so daß es nur ein solches Kolleg
gab, die -Diossoteren» also nichts mit Sarapis zu tun haben.

Eine eigene Untersuchung verdienten die 50 Inschriften
von Kamiros, die vom dritten bis zum ersten Jahrhundert
reichen und das Vorhandensein eines Sarapiskollegiums mit
einem Sarapispriester bezeugen, das aber erst hinter den meisten
anderen Göttern rangiert und in d..... konservativen Ort

keine besondere Bedeutung gehabt zu haben scheint. Ganz
ähnlich steht es in Lindos (200—240). Nr. 245 auf Sarapis zu
beziehen, liegt kein Grund vor; eher könnte man an eine Dedikation
von Diasporajuden denken. Zur Frage antiker Kultfinanzierung
ist 252 wichtig: die Erteilung staatlicher Sam-
melerlaubnis in Samos.

Für die Zeugnisse aus Kleinasien hat Magie die wichtigste
Vorarbeit geleistet, der Vf. aber Wesentliches kommentiert.
Doch darf 209 zeitlich kaum früher als 270 gerückt werden;
Buchstabenformcu allein dürfen nicht maßgebend sein. Die
Dedikation gehört in die Ptolemaierzeit. Bei 275 handelt es
sich wohl kaum um Stiftung eines Tisches für Kultmahle,
sondern um die Finanzierung solcher Feiern; eine entsprechende
Ergänzung wäre an Hand des Steines zu versuchen.
278 hätte vollständig wiedergegeben werden sollen. Hei dem
Inventar 289 hätte die Angabe des einen Osirisstückes genügt
, statt so willkürlich einiges herauszunehmen: «Soteira»
kann Isis sein, braucht es aber nicht. Das - barbarikos » deutet
eher in anderer Richtung. Line der religionsgeschichtlieh
wichtigsten Inschriften ist 291, zweifellos hat der Kommentator
darin Hecht, daß die schwierigen -katechomenoi» keine
Kultdiener gewesen sind. Warum soll es denn nicht auch in
Priene ein paar Katochoi nach der Art der memphitischen gegeben
Italien? 294 wirft die Frage auf, ob im Ganzen nicht
schärfer zwischen «boomos» und «trapeza» des Sarapis geschieden
werden müßte?

Zu den lateinischen Inschriften (ab 370) ist kaum etwas zu

bemerken: zwischen ihnen stehen einige bekannte stadtrömische
in griechischer Sprache. Verdienstlich ist die, soweit
ich sehe, lückenlose Zusammenstellung des reichen unter-
italienischen Materials (mit gutem Kommentar zu 497).

Von den überraschend wenigen Zeugnissen aus Sizilien hat
eigentlich nur 513 eine gewisse Bedeutung, ist jedoch nicht
unproblematisch. 515 hat auszuscheiden, so daß für ganz
Sizilien während der gesamten Jahrhunderte nur fünf — davon
vier nichtssagende — Inschriften übrigbleiben. Nunmehr
endgültig gelöst ist die schwierige griechische Sarkophag*
insrbrift von Havenna 580: es handelt sich in der Tat um den
baldigen Topos einer Khcfrau, die ihrem Mann dafür dankt,
daß er sie in die Mysterien einweihen ließ.

Ausführliche Indiccs nach dem Muster der Corpora erhöhen
den Wert der Sammhing.

Speyer/Rh. Carl Schneider