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Ausgabe:

1966

Spalte:

821-824

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Clements, Ronald Ernest

Titel/Untertitel:

Prophecy and covenant 1966

Rezensent:

Reventlow, Henning

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Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 11

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register" (S. 275—278). Die sorgfältige und von erstaunlicher
Vertrautheit mit der hier in Betracht kommenden Literatur, auch
der neuesten, zeugende Arbeit hat zum Ziel die Feststellung der
Theologie der Joseph serzählung, genauer: ihrer „Quellen" J, E
und P. So werden im I. Teil 37, 1-6+39, 1 (JEP), 39, 2-23 +
40. 1 (J), 40, 2-23 (E), 41, 1-57 (JEP), 42, 1-37 (JE), 42, 38 (J)
+ 43, 1-34 (JE), 44, 1-34 (J), 45, 1-28 (JE), 46, 1-30 (JE2PPS),
46,31-34 + 47, 1-27 (JPP9), 47, 28-31 + 48, 1-22 + 49, la.
28 bßy. 29-33 + 50, 1 (JEE2P) und 50, 2-26 (JEP) erst literar-
kritisch analysiert und dann daraufhin untersucht, was sich über
die Theologie der an diesen Abschnitten beteiligten „Quellen"
J. E und P erkennen läßt. Teil II vergleicht dann die von J, E und
P in der Josephserzählung vertretene Theologie mit der ihnen
sonst eigenen und berücksichtigt dabei insbesondere ihr Verhältnis
zur Weisheitslehre, während der III. Teil die Nachwirkungen
der Josephserzählung in Ps 105, 16-23; Sir 49, 15; I Makk 2, 53
einerseits und in Weish. 10, 13 f.; Apg. 7, 9-16; Hebr 11, 21 f.
anderseits untersucht und dabei in den ersten drei Stellen Nachwirkungen
von E, in den letzten drei aber solche von J feststellen
zu können glaubt.

In der literarkritischen Analyse der Josephserzählung werden
„die traditionellen Pentateuchquellen", also J, E und P,
vorausgesetzt und sowohl die mit drei vordeuteronomischen
Pentateuchquellen (J1, J2, E) rechnende als auch die das Vorhandensein
von E bestreitende Pentateuchkritik abgelehnt, die
einzelnen Abschnitte der Josephserzählung also auf J, E und P
aufgeteilt. Das geschieht in besonnener Weise, was — bei der
Sachlage ganz selbstverständlich! — nicht ausschließt, daß man
hier und da die Analyse anders vornehmen möchte, als R. das
{ut. Auch die Herausstellung der den drei Erzählungsfäden J, E
und P eigenen Theologie ist sorgfältig und beachtenswert. Nur
legt sich gelegentlich die Frage nahe, ob die Unterschiede, die R.
in der theologischen Haltung von J, E und P glaubt erkennen zu
können, nicht mehr konstruiert als real sind. Ähnliches gilt von
R.'s Bemühen, die drei Stadien, die er für die Entwicklung der
Josephserzählung annimmt — vorliterarische Form der Sage,
Durchtränkung mit dem für die frühe israelitische Königszeit
charakteristischen Geist der Aufklärung, der „Weisheit", und ihre
Durchdringung mit Theologie durch die Autoren J, E und P —
scharf gegeneinander abzugrenzen. Schließlich bleibt es bedauerlich
, daß R. auf den Versuch, den historischen Hintergrund der
Josephserzählung zu erhellen, so gut wie ganz verzichtet hat.
Zwar gibt er auf S. 15—21 einen aufschlußreichen und besonnenen
Überblick über die der Josephs-Gcstalt widerfahrenen mannigfachen
Deutungen, nämlich „ a) Mythologische Deutungen,
h) Die nationale Deutung, c) Die stammesgeschichtliche Deutung
, d) Die Deutung der Joscphserzählung als Märchen nach der
gattungsgeschichtlichen Schule, e) Die individuell - historische
Deutung, f) Die Deutung der Josephserzählung als Niederschlag
der älteren Chokma", aber man erführe doch auch gern, welche
historische Gegebenheit hinter dieser Gestalt steht, die drei
Jahrtausende hindurch zu immer neuen literarischen Formungen
gereizt hat. So läßt das vorliegende Buch bei allem seinem Reichtum
dieses oder jenes Desiderium unerfüllt. Aber auch so stellt
es — eine im Sommer 1964 von der Katholisch - Theologischen
Fakultät der Universität Würzburg angenommene Dissertation -
eine Anfänger - Leistung dar, die zu schönen und großen Hoffnungen
berechtigt.

Halle/Saale OtloEiflfeldt

Clements, R. E.: Prophccy and Covenant. London: SCM Press
|l965j. 135 S. 8° = Studics in Biblical Theology, 43. Kart. 13 s. 6 d.

Wie sehr sich das Bild der Forschung über Wesen und Bedeutung
der alttestamentlichen Prophetie gerade in den letzten Jahren
gewandelt hat — fast unmerklich zunächst und in den Ergebnissen
doch geradezu revolutionär — erkennt man erst, wenn eine
gesammelte Darstellung dieser neuen Sicht vorliegt, wie sie von
der anzuzeigenden kleinen Monographie geliefert wird. Sie ist um
so mehr zu begrüßen, als es bisher an einer übersichtlichen Zusammenfassung
und Verarbeitung der vielschichtigen Erkenntnisse
fehlte, wie sie von zahlreichen exegetischen Einzelunrersuchungen
auf dem Gebiet der prophetischen Literatur gewonnen worden

sind. Die vorliegende Arbeit erklärt es sehr bescheiden als ihre
Absicht, „to off er a comprehensive survey of many of the more
recent studies of the prophetie writings which have been publi-
shed" (7), aber gerade dadurch und durch ihr weithin entschlossenes
Ja zu den Konsequenzen, die sich für die Prophetenauffassung aus
diesen Untersuchungen ergeben, ist sie ein wertvoller Beitrag zu
der uns heute gestellten Aufgabe, ein neues Gesamtbild von der
Rolle des Prophetentums innerhalb der Glaubensinstutionen
Israels zu gewinnen. Gleich vorweg sei bemerkt, daß sie dies vor
allem auch durch die reichhaltige Verarbeitung einer ausgebreiteten
Literatur vermag, die in den Anmerkungen neben der angelsächsischen
nicht minder zahlreich auch die kontinentalen, besonders
auch die deutschsprachigen Werke und Aufsätze zum Gesamtproblemkreis
der Prophetie verzeichnet. Vgl. dazu auch den
Autorenindex (131 f.), in dem gerade die jüngeren deutschen Forscher
reichlich vertreten sind.

Wie sehr das herkömmliche Bild von der Bedeutung der alt-
testamentlichen Propheten, wie es besonders im 19. und beginnenden
20. Jahrhundert geprägt worden ist, durch diese neuen Erkenntnisse
gewandelt worden ist, wird vielfach noch nicht klar
genug gesehen. Deshalb ist man für die Unvoreingenommenheit
dankbar, mit der gerade die angelsächsische Forschung neuen Ergebnissen
offen ist, wie sie uns auch in dieser Arbeit entgegentritt.
Drei Hauptgesichtspunkte sind es, die diesen Wandel hervorgerufen
und befördert haben: einmal die Anwendung der form- und
gattungsgeschichtlichen Methode auf die prophetischen Schriften
(die sogar in ihren Möglichkeiten erst am Anfang stehen dürfte),
2. die neugewonnenen Einsichten über die weittragende Bedeutung
des Kultus für den Glauben Israels und seine Institutionen, die,
in anderen Bereichen des Alten Testaments (vor allem im Psalter)
zuerst gewonnen, nun auch die Frage dringend werden lassen mußten
, welche Stellung denn die Prophetie zu diesen kultischen Institutionen
und innerhalb ihrer einnahmen, 3. die (nicht unumstrittene
, aber hier zu Recht übernommene) Erkenntnis, daß der Gedanke
des Bundes mit seinen Konsequenzen diesen Institutionen
entscheidend seinen Stempel aufgedrückt hat.

Hierin ist der Verf. von N. W. Porteous bestimmt, als dessen
Schüler er sich im Vorwort (8) bekennt. Daß die altestamentli-
chen Propheten in ihrer Verkündigung maßgeblich von den Glaubenstraditionen
Israels als der Überlieferung vom Bunde Jahwes
mit seinem Volke geprägt sind, wird schon im ersten, einleitenden
Kapitel „Prophecy and the Prophets" (11—26) klar ausgesprochen
; der Unterschied zu dem Prophetenbild der jüngsten Vergangenheit
tritt in der Gegenüberstellung zu J. Wellhausen und
B. Duhm deutlich hervor. „From the evidence of the prophets
themselves therefore we must reject an evaluation which makes
them into great religious individualists, independent of the esta-
blishcd forms of religion, and of any, save a few, predecessors."
(17) Statt dessen gilt: „The prophets were the heirs of a very
rieh and füll tradirion, which was ccrtainly not devoid of theolo-
gical insight and moral value" (16). Der Inhalt dieser Tradition
war bei allen Unterschieden zwischen der Botschaft der einzelnen
Propheten und des Lebens an den verschiedenen Heiligtümern
Israels, von denen her sie bestimmt waren, einheitlich: es war der
Bund als Grundlage der Existenz Israels (8).

Es ist deshalb ganz sachgemäß, daß die Hauptthemen der Bundestradition
Israels den Inhalt mehrerer Kapitel der Arbeit liefern. So beschäftigt
sich Kapitel III (45—68) mit der Erwählung Israels als Gegenstand
der Botschaft der vorexilischen Propheten. Die Schwierigkeit, mit
der hier der Verf. zu kämpfen hat, wenn er den (Sinai-) Bund als Inhalt
der Verkündigung aller vorexilischen Propheten behaupten will, besteht
darin, daß bei verschiedenen Propheten, wie Jesaja und Micha,
statt der Erwählung Israels beim Exodus die Erwählung Davids oder des
Zion im Mittelpunkt steht. Er löst sie dadurch, daß er sich nachzuweisen
bemüht, wie Davids- und Zionstradition (die er wiederum als eng zusammengehörig
versteht (56—63)) sich als Fortführung der alten Sinai-
Bundestradition verstanden hätten und mit ihr in Jerusalem nach und
nach verschmolzen seien. Dies mag im ganzen stimmen, obwohl Einzelheiten
hier noch zu klären wären. Ebenso ist das Kapitel IV über das
Gesetz bei den vorexilischen Propheten (69—85) aus weithin bekannten
Forschungsergebnissen gewonnen. Das Verständnis des (pentateuchischen)
Gesetzes als Bundesrecht mit seiner Verwurzelung in der Bundesrecht-
verkündigung steht hier im Mittelpunkt, wobei besonders der ethische
Dekalog von Ex 20, 2—17 berücksichtigt wird, in dem ein sehr altes Bei-