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Ausgabe:

1963

Spalte:

666-667

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Skladny, Udo

Titel/Untertitel:

Die ältesten Spruchsammlungen in Israel 1963

Rezensent:

Ringgren, Helmer

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 9

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Israels spiegelt. Zugrunde liegt eine Zehnzahl von Rechtssätzen,
also ein Dekalog (S. 152), in dem jedesmal zwei der alten
Rechtssätze ein Paar bilden. Seine Heimat sieht er in levitischen
Kreisen Nordisraels (diese These ist weithin aufgenommen
worden). Die drei zeitlich darauf folgenden Schichten werden
in ihren Tendenzen und in ihrer sprachlichen Form sorgfältig
herausgearbeitet; die Schicht B z. B. ist bestimmt von der
Zentralisationsforderung, von der die älteste Schicht des Privileg-
rechts noch keine Spur zeigt. Da in den vier Schichten der jeweilig
vollständige Text der einzelnen Teile erfaßt wird, bekommt
die Untersuchung den Charakter eines umfassenden
Kommentars zu Dtn 12 — 18, in dem noch viele bisher nicht
genügend beachtete exegetische Ergebnisse weiterer Auswertung
warten.

Die kleine Untersuchung über „Die Doxologien im Amos-
buch" (1929) wurde zu einer der bekanntesten Arbeiten Horsts
und fand fast ausnahmslos Zustimmung. H. zeigt hier ein
Musterbeispiel aus der ,Nachgeschichte' (Hertzberg) prophetischer
Texte. Die Verse Arnos 4, 13; 5, 8; 9, 5 f., die einen „in
sich geschlossenen Lobpreis auf den Schöpfergott Jahwe" (S. 156)
enthalten, werden aus einem sakralen Rechtsbrauch erklärt, der
Jos 7 bezeugt ist: Von dem eines Vergehens Überführten wird
.,als öffentlicher und rechtlich notwendiger Akt eine Doxologie
und eine Confessio gefordert". Diese .Gerichtsdoxologie' ist
auch an anderen Stellen außerhalb Israels zu belegen. In diesem
Brauch spiegelt sich die Doppelbedcutung von hödäh: „man
bekennt in doppeltem Sinne — sowohl seine Sünde wie die
weise und gerechte Macht der Gottheit" (S. 164). Die Einfügung
dieser Sätze des Gottcslobes im Anschluß an die Gerichtsankündigungen
des Arnos wird dann erklärt: „Die rückschauende
Gemeinde bejahte damit die Gültigkeit der Exilkatastrophe als
Erweis der strafenden Richtcrmacht Gottes" (S. 166).

„Der Diebstahl im AT" (1935): Eine rechtsvergleichcnde
Studie, in der die Eigenständigkeit israelitischer Rechtsbildung
beim Ehebruch und beim Diebstahl nachgewiesen wird im Vergleich
mit assyrischen und babylonischen Bestimmungen. Es sei
hier gleich die spätere Arbeit hinzugenommen: „Das Eigentum
nach dem AT" (1949). Hier tritt zu dem rechtsgeschichtlichen
ein ausgeprägt theologisches Interesse. Dieser Aufsatz kann das
Anliegen Horsts, rechtliche Tatbestände im AT von dessen
theologischer Mitte her verständlich zu machen, besonders klar
machen. Es genügt, den abschließenden Satz zu zitieren: „Das
religiöse Interesse des AT am Eigentum, gerade auch am
Privateigentum an Grund und Boden, liegt somit entscheidend
und beherrschend darin begründet, daß Gott den Treudienst
freier Menschen haben und sichern will" (S. 211).

Die letzte der frühen Arbeiten untersucht „Die Formen
des althebräischen Liebcsliedes" (1935) und findet — als erste
umfassende formgcschichtlichc Arbeit zu diesen Texten — darin
8 Gattungen: Bcwundcrungslied, Vergleiche und Allegorien,
Beschreibungslicd, Sclbstschildcrung, Prahllied, Scherzgespräch,
Erlcbnisschildcrung, Sehnsuchtslied. Die Möglichkeit kultischer
Deutung ist hier schon angedeutet (S. 182); in dieser Richtung
hauptsächlich wurde die Diskussion zu den Formen des Hohenliedes
fortgesetzt.

Die erste Arbeit nach dem Krieg „Segen und Segens-
handlungen in der Bibel" (1947) zeigt in einem umfassenden
Uberblick die in den atlichen Theologien meist nicht deutlich
gesehene fundamentale Bedeutung dieses Begriffes und Vorganges
durch das ganze AT hindurch. Der zwiefache Sinn des
Wortes, wie er sich aus der Wurzel bärak ergibt, wird als
grundlegend erkannt. Die Segenshandlung wird nach ihren Elementen
entfaltet: 1) Wann segnet man? 2) Wie vollzieht sich
das Segnen? 3) Was ist der Inhalt des Segnens? 4) Wer empfängt
den Segen? 5) Wer segnet? Die schöne und umgreifende
Darstellung des Segens im AT k önnte in zwei Richtungen
weitergeführt werden: einmal wäre eine Untersuchung der
Kedeformen, in denen sich die Scgenshandlungen vollziehen,
notig, angefangen von den frühen Segenssprüchen in der Gene-
Jja?a Wird mandles an dem Begriff erst durch eine
geschichtliche Differenzierung, eine Geschichte des Segens durch
das AI hindurch, deutlich.

Eine Studie zu Gen 1, 26 f.: „Der Mensch als Ebenbild
Gottes" (1950) bietet nach sorgfältiger Diskussion der Möglichkeiten
als die dem Text entsprechendste Deutung an: ,,. .. das
Personsein des Menschen als die wundersame Begnadung Gottes
, der . . . aus aller Kreatur allein den Menschen zu seinem
eigentlichen Gegenüber, zu seinem Entsprechnis hat haben wollen
..." (S. 230 f.). Diese Deutung steht der von Karl Barth
(KD III, l, S. 221 f.) nahe, die auch zitiert wird.

Die umfassende und in ihrer Art vorbildliche Untersuchung
„Der Eid im Alten Testament" (1957) zeigt die Geschichte
des Eides durch das AT in seinem Verwendungsbereich
(I) und nach den mit ihm verbundenen Vorstellungen (II).
Dabei kommen wichtige Tatbestände zu Tage wie z. B. der,
„daß der göttliche Strafandrohungseid nur am Anfang der vor-
exilischen Prophetie und ganz an ihrem Ende begegnet" (S. 300).
Es wird der Weg von der besonderen Hochsdiätzung des Eides
am Anfang bis zu seinem Verfall in der Spätzeit deutlich und
von daher zu „der in aller Welt einzigartigen Eidkritik des
NT".

Theologisch wichtige, ganz neue Perspektiven erschließt der
Aufsatz „Naturrecht und Altes Testament" (1950), indem er
zeigt, daß das AT in einer von der Schöpfungsaussage ausgehenden
Linie (besonders Gen 1, 26f. im Sinn des obigen
Aufsatzes) einen der lex naturae entsprechenden Satz vertritt:
Gen 9, 6 wird die grundsätzliche Unantastbarkeit des menschlichen
Lebens als Grundelement der Ordnung der Welt nach
der Flut statuiert. Diese ,lex naturae' gilt ausdrücklich nicht nur
innerhalb des Gottesbundes, sondern für die ganze Welt. Auch
das Recht der Fremdvölker gründet in einem göttlichen
Herrschaftsverhältnis, wie es z. B. Dtn 32, 8 und Ps 82 zeigen.

Eine abschließende Zusammenfassung kann in dem Aufsatz
• ■Recht und Religion im Bereich des Alten Testaments" (1956)
gesehen werden. Dieser Aufsatz vor allem wird noch für eine
lange Zeit grundlegend sein für die Wechselwirkung beider;
des Jahwcglaubens, der das Rechtsleben Israels tief und langandauernd
bestimmte und andererseits der Einwirkung der
Rechtssprache und des Rechtsdenkens auf den Ausdruck dieses
Glaubens und 6eine Geschichte in der Prophetie, in den Psalmen
und im Erzählen. „Nicht einem theologischen Rechts-
posirivismus will das AT das Wort reden, wohl aber dem
Rechtwerden des Rechtes aus dem alles umspannenden Lebensraum
des göttlichen Willenswortes heraus."

Der Band enthält am Ende eine Bibliographie Friedrich
Horsts.

Heidelberg Clniis Weslermann

Skladny, Udo: Die ältesten Sprudisammlungen in Israel. Berlin:
Evang. Verlagsanstalt; Göttingen: Vandcnhoedc * Ruprecht [1962].
96 S. 8°.

Die Tatsache, daß das Buch der Sprüche aus mehreren voneinander
unabhängigen Spruchsammlungen besteht, ist zwar allgemein
erkannt, aber nie theologisch ausgewertet worden.
M. a. W. man hat bisher nicht die Frage nach der Eigenart und
dem Sitz im Leben der Einzelsammlungen gestellt. Bei dieser
Sachlage ist es dankenswert, daß der Verfasser der vorliegenden
Abhandlung es unternommen hat, durch eine sorgfältige Analyse
der vier längsten Sammlungen deren Eigenart, Zweck und
Herkunft festzustellen. Es handelt sich um die Sammlungen 10
b's 15 (hier A genannt), 16-22,16 (B), 25-27 (C) und 28-29
(D), während die jüngste Sammlung 1-9, die ägyptisierenden
Sprüche in 22—24 und die kleinen Einheiten am Ende des Buches
unberücksichtigt bleiben.

Das Ergebnis der Untersuchung kann etwa folgendermaßen
zusammengefaßt werden: Die Sammlung A ist vom Thema
..gerecht-Frevler" beherrscht, das Ideal ist nicht der Weise, sondern
der Gerechte, es handelt sich fast immer um die Lebenshaltung
, nicht um konkrete Handlungen, weshalb der von Gcse
geprägte Ausdruck „Tun - Ergehen - Zusammenhang" hier eher
als „Haltung - Schicksal - Zusammenhang" charakterisiert werden
sollte. Die Sammlung ist Unterweisung, wendet sich aber
nicht an einen fest umrissenen Personenkreis.

Die Sammlung B ist mehr an Handlungen und ihren Folgen