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1963

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 88. Jahrgang 1963 Nr. 4

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von Jerusalem allzumal" (Mark. 1, 5). „Wenn Er einmal kommen wird
/ in der Herrlichkeit seines Vaters / mit den Engeln — den heiligen"
(Mark, g, 3 8). „Nach diesen Worten / ward Jesus von einer tiefinneren
Bewegung erfaßt; / er bekannte es offen und sprach:"
(Joh. 13, 21).

Bedenken könnte man bei folgenden Stellen erheben: „Denn er
lehrte wie einer, der Autorität hat" (Mark. 1,22). Das Wort „Vollmacht
" (NTr) ist kein Fremdwort und beschreibt noch besser, was gemeint
ist. „Habt ihr ein 60 (stumpfes) Herz?" (Mark. 8,17). Zunächst
ist die runde Klammer hier nicht am Platze, und dann ist die Übersetzung
„verhärtetes Herz" (NTr) wörtlicher und treffender für
Ähnlich in Mark. 10, 5: „(Nur) eurer verkalkten Herzen
wegen / hat er für euch diese Verfügung getroffen". Wir verstehen
unter „stumpf" und „verkalkt" etwas anderes, als Jesus hier
meint. „Wer sich zu Mir gesellen will" (Mark. 8, 34); da ist das
„nachfolgen" aus NTr kräftiger. In Mark. 9,24: „Ich glaube! / Komm
zu Hilfe meinem Unglauben!" ist Luthers Sprache: „Ich glaube; hilf
meinem Unglauben!" prägnanter. Mark. 14,20: „Einer, der mit mir in
die (selbe) Schüssel langt"; NTr „taucht" ist besser. Die Übersetzung
„Auch das Dienstpersonal bedachte Ihn mit Schlägen" (Mark. 14,65)
ist zwar wörtlicher, aber Luthers freie Übersetzung „Und die Knechte
schlugen ihn ins Angesicht" an dieser Stelle vorzuziehen. Wenn Dr.
Streicher Joh. 1, 1 übersetzt: „Im Ursprung war der Logos, / und der
Logos war bei Gott, / und Gott war der Logos", so kommt er ohne
eine Anmerkung, die aber dem Laien etwas zu viel zumutet, nicht
aus. Durch seine Übersetzung von otjftewv als „Wunder" im Johannesevangelium
wird das theologische Verständnis bei Johannes weniger
deutlich als durch die Wiedergabe mit „Zeichen" (NTr). In Joh. 12, 7
heißt es: „Laß sie doch gewähren! Für den Tag meines Begräbnisses
soll sie es aufbewahren". Der neue Text im NTr gibt noch deutlicher
wieder, was Jesus meint: „Laß sie mit Frieden! Mag es gelten für
den Tag meines Begräbnisses".

In einigen Fällen ist durch die vorliegende Übersetzung
das Wort Jesu bewußt entschärft. So heißt es in Luk. 14, 26:
„Wer zu Mir kommen will / und nicht lassen kann / von Vater
und Mutter". In einer Anmerkung wird dazu erklärt, daß
fiiaetv im hellenistischen Sprachgebrauch in der Bedeutung
„weniger lieben, hintansetzen, sich distanzieren von" gebraucht
wird. Daß es dem Übersetzer aber in erster Linie um die theologische
Aussage geht, zeigt seine abschließende Begründung:
„Es ist klar, daß der Heiland keine feindselige Gesinnung gegen
die Angehörigen befürwortet oder gar befiehlt" (S. 293). Auch
in Matth. 5, 43 übersetzt er: „ .Lieben sollst du deinen Nächsten
, / aber nicht lieben sollst du deinen Feind' ". In Matth.
5,32 und 19,9 wird noQveia alß „wilde Ehe" wiedergegeben
mit der Erklärung, daß es von Jesus nur so gemeint sein kann,
da eine gültige Ehe „nach dem Wort und dem Sinn des Heilands
unauflösbar ist" (S. 108).

Um die besondere Exaktheit seiner Übersetzung zu gewährleisten
, bedient sich der Herausgeber sowohl runder Klammern für
seine persönlichen erläuternden Zusätze als auch eckiger Klammern
für handschriftlich schlechtbezeugte Texte. Die runden Klammern beeinträchtigen
aber das erstrebte ruhige Druckbild und könnten entweder
in die Übersetzung selbst eingearbeitet werden — so sind viele
der hier in runden Klammern stehenden Ausdrücke im NTr in den
Text aufgenommen — oder ohne großen Verlust ganz weggelassen
werden. Zu letzterem Vorschlag einige Beispiele: „Es ist dir nicht erlaubt
, sie (zur Frau) zu haben" (Matth. 14,4). „Schicke sie (doch) weg!
/ Sie schreit ja (in einem fort) hinter uns her" (Matth. 15, 23). „Die
Jünger aber (reichten sie) der Menge" (Matth. 15, 36). „Denn jedem,
der hat, dem wird (dazu) gegeben, / so daß er in Fülle hat; / wer
aber nicht(s) hat, / dem wird (auch das noch) genommen werden, /
was er hat" (Matth. 25, 29). „Dann 6agte Jesus zu den (bewaffneten)
Scharen" (Matth. 26, 57). Er aber lag (hinten) im Heck des Bootes"
(Mark. 4, 38). Das Heck ist immer hinten! Mark. 5, 38: „Da vernahm
Er den (üblichen) Lärm: / (Weiber), die laut weinten und kreischten".
Mark. 5,42: „Es war nämlich (schon) zwölf Jahre alt".

Die Setzung der eckigen Klammern stimmt im allgemeinen mit
der im NTr überein. Hin und wieder ist Dr. Streicher noch kritischer
und schärfer in der Beurteilung der Echtheit des Textes (z. B.
Mark. 2, 26; 9,29. 46; Luk. 24, 51), an andern Stellen auch wieder
etwas milder, als die Neutestamentliche Revisionskommission es war
(z.B. Matth. 10, 12; Mark. 7, 4; Luk. 24,36. 40; Joh. 5, 3). Die Peri-
kope Joh. 7,53; 8, 1—11 wird ohne Klammern gebracht, aber mit einer
Anmerkung, daß sie in den ältesten Handschriften und in den syrischen
und koptischen Übersetzungen fehlt.

Der Übersetzung jedes Evangeliums sind einige Seiten mit
Anmerkungen angefügt. Diese sind, wie der Herausgeber ausdrücklich
betont, angesichts der gToßen Fülle gut kommentierter

Taschenausgaben und ausführlicher Kommentarwerke bewußt
auf ein Minimum reduziert worden. Im Vergleich mit der
Übersetzung sind diese Anmerkungen weit mehr wissenschaftlich
ausgerichtet. Hier wird mit Fremdwörtern durchaus nicht
gespart, auch die Kenntnis der alten Sprachen vorausgesetzt.
Wenn man an das Ziel des Buches denkt — vorlesen im Familien
- und Bekanntenkreise —, so dürften die meisten der Anmerkungen
dabei kaum Verwendung finden. Dem wissenschaftlich
gebildeten Leser aber geben sie manchen wertvollen Einblick
in die Textüberlieferung und die exegetische Arbeit der
Kirchenväter sowie in die Zeitgeschichte der Evangelien. Oft
wird der Leser auch auf weitere einschlägige Fachliteratur verwiesen
. Alle Angaben von Maßen, Münzen und Gewichten, die
in der Übersetzung wörtlich stehen bleiben, erfahren in den
Anmerkungen ihre Erläuterung. Besondere Aufmerksamkeit ist
auch allen Ortsangaben gewidmet.

Dem evangelischen Leser dieses Buches fällt wohltuend
auf, daß nicht etwa in den Anmerkungen nachgeholt wird,
was in der Übersetzung vermieden wurde, nämlich eine
allzu scharfe konfessionelle Abgrenzung oder gar Polemik. Es
wird nur selten auf die unterschiedliche Exegese aufmerksam
gemacht, und auch dann in versöhnlichem Sinne (etwa zu
Matth. 16, 18 ff.). Jesu Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg
(Matth. 20, 1 ff.) wird — unter ausdrücklicher Ablehnung
jeglicher Werkgerechtigkeit — ausgesprochen evangelisch erklärt
. So bietet diese neueste katholische Übersetzung berechtigten
Anlaß zu der Hoffnung, daß vielleicht die Zeit gekommen
ist, daß beide Konfessionen gemeinsam an die Erarbeitung
eines neuen Bibeltextes gehen können.

Am Anfang der jeweiligen Anmerkungen stehen kurze
Einleitungen zu dem betreffenden Evangelium, in denen auf die
Person des Verfassers, die Entstehungszeit und den besonderen
Inhalt eingegangen wird. Darüber hinaus werden am Schluß der
Anmerkungen zum Johannesevangelium in einem „Nachwort"
noch weitere Einzelheiten über den geographischen Schauplatz
des Evangeliums sowie den geschichtlichen und den religiösen
Rahmen des Volkes Israel zur Zeit Jesu mitgeteilt. Alle diese
Ausführungen sind vom gegenwärtigen Stand der neutestament-
lichen Wissenschaft aus geschrieben und dienen weniger der
Erbauung als der Belehrung.

Was der Verfasser sich mit seiner Übersetzung in dieser
besonderen Ausgabe für eine Aufgabe gesetzt hat, welche Gedanken
und Beobachtungen ihn dazu geführt haben, das alles
erfährt der Leser erst aus den letzten Zeilen des Buches, eben
jenem „Nachwort". Es wäre zu empfehlen, bei einer neuen
Auflage aus diesen Schlußbemerkungen ein Vorwort zu machen;
denn diese Ausführungen des Übersetzers sind eigentlich der
Schlüssel zum Verständnis und zur Beurteilung seines Werkes.
Der Verlag bringt sie daher auszugsweise als Klappentext des
Schutzumschlages.

Es wird dem Leser nicht mitgeteilt, ob der Plan besteht,
auch die übrigen Schriften des Neuen Testaments in ähnlicher
Aufmachung erscheinen zu lassen. Wollte man in demselben
Druckbild das ganze Neue Testament bringen, würde es bei
gleichem Format ein Band von etwa 860 Seiten und bei Aufteilung
in zwei Bänden eine kostspielige Angelegenheit. Aber
darin liegen Absicht und Wert dieser Übersetzung, daß sie eine
ausgesprochen bibliophile Ausgabe sein will für Menschen, die
durch die Freude am Äußeren zur Freude am Inhalt gelangen.
Und dieses Ziel ist durchaus erreicht worden.

Polsrium-Wilhclmshorst Kurt Zabel

Bartsch, Hans-Werner: Die „Verfluchung" des Feigenbaums.

ZNW 53, 1962 S. 256—260.
D u p o n t, lacques : Les tentations de lesus dans le recit de Luc

(Luc. 4, 1-13).

Sciences Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 7—30.
George, Augustin: La royaute de lesus selon l'evangile de Luc.

Sciences Ecclesiastiques XIV, 1962 S. 57—69.
Gewiess, losef (t): Die apologetische Methode des Apostels

Paulus im Kampf gegen die Irrlehre in Kolossä.

Bibel und Leben 3, 1962 S. 258—270.