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Ausgabe:

1962

Spalte:

746-749

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Der Prophet Jesaja 1962

Rezensent:

Fohrer, Georg

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(S. 3 30), kann zwar a priori nicht bestritten werden und ist
ganz gut möglich, wird aber nach reiflicher philologischer Erwägung
wie auch nach heutigem mandäischem Brauche durch den
Ausdruck anpia iuma nicht festgestellt.

In zusammenhängenden historisch-kritischen Erörterungen
(S. 340—424) werden die Urbestands- und Ursprungsfragen der
beiden mandäischen Zentralriten (Taufe und Ma6iqta) mit ihrem
mythologischen Bestand nachgeprüft und mit umfangreichen
Umweltparallelen verglichen. Der Verfasser hat zu gewissenhaft
alles mögliche Vergleichsmaterial gesammelt, leider auch solches,
daß für die Mandäerfrage nicht von Bedeutung ist, und aus dem
keine positive Schlußfolgerungen gezogen werden können. Es
bedarf keiner langen Beschreibung des babylonisch-assyrischen
Wasscrkultes, um festzustellen, daß „von einer signifikanten
Ähnlichkeit zwischen babylonischen Wasserriten und mandäischer
Taufe keine Rede sein kann" (S. 361). Dasselbe gilt auch von
zoroastrischen Reinigungswaschungen mit „Rindsharn" (S. 364,
2. 6), „Wasser und Urin" (S. 365, Z. 20), „Kuhurin und Wasser
" (S. 407 antcp.). Nach mandäischen Ansichten wird ein solches
Element als unrein angesehen, abgesehen davon, daß die
niandäische Taufe, wie auch die Ablution, nur in „lebendem"
(d. h. fließendem) Wasser stattfinden kann. Aus demselben
Grund muß auch für islamische Waschungen (S. 408) die Möglichkeit
des Einflusses auf die niandäische Taufe abgelehnt werden
. Daß die beiden, Perser und Mohammedaner, die kleine und
die große Waschung kennen, die den mandäischen entsprechen,
'st noch kein stichhaltiger Beweis für dieselbe Auffassung von
religiösen Waschungen. Rudolphs Vermutung, daß der Name
der kleinen mandäischen Ablution unter Einfluß der islamischen
tisäma „Weihe" gestanden hat, ist nur bezüglich des neu-
fnandäischen risama möglich. Dieser neumandäische Name ist
aber in den Texten nicht vorhanden. Dafür steht darin das echt
aramäische rus(u)ma, das auch im Syrischen mit religiöser Bedeutung
gebraucht wird. Nach Fränkel, S. 137, ist auch das arabische
rawsam ein Lehnwort aus dem Aramäischen. Was die
große Ablution, tamasa, betrifft, so sagt schon der Name, daß
es sich hier um eine Untertauchung handelt, wodurch sie sich
Wesentlich von der zoroastrischen und islamischen großen rituellen
Waschung unterscheidet. Rudolph leitet daher diese charakteristische
Form des mandäischen Wasserritus von den jüdischen
Tauchbadpraktiken ab (Mk 7,4a, Lk 11,38; vgl. S. 404 M.,
408 unt.). Man kann aber eher darin einen Ersatz für die
■ Volltaufe" sehen, die nur am Sonntag und nur durch einen
Priester vollzogen werden kann. Dadurch erklärt sich auch die
teilweise Anpassung der großen Ablution in Form und Liturgie
an die „Volltaufe" (masbuta). Wenn vollkommene Parallelen
fehlen, ist es zuverlässiger, bei der Erklärung der kultischen
Phänomene nach praktischen Notwendigkeiten zu suchen. Sind
d'e Parallelen zu allgemein, gerät durch sie die religions-
gcschichtliche Methode in Gefahr.

Obwohl die mandäische „Totenmesse" ein iranisch-gnosti-
sches Produkt ist, scheint ihre primäre kultische Art in die
rrühsrufen des orientalischen Gnostizismus zu gehören, und als
solche ist sie auf das Gebiet der vorchristlichen syrischen Gnosis
zurückzuführen (S. 423).

Der Verfasser hat mit umfangreichem vergleichendem Material
gearbeitet und dadurch das Verhältnis der mandäischen
Religion und des mandäischen Kultes zu ähnlichen orientalischen
Religionen und Kultpraktikcn erleuchtet. Die Orientierung in
5*er großen Masse des gesammelten Materials wird durch vollkommene
Stellen-, Autoren- und Sachregister, die wir Frau
Rudolph verdanken, erleichtert.

, Darüberhinaus wäre zu bemerken, daß der Verfasser sich
ei der Behandlung des mandäischen Kultes nur auf veröffent-
ichte und übersetzte mandäische Schriften beschränkt und die
"ochst wichtigen handschriftlichen mandäischen Riten-Kommen-
"M der Ko"el<tion ^dy Drowers, die er S. 13, Anm. 1 aufzahlt
, ganz unberücksichtigt gelassen hat. Ihre Wichtigkeit kann
"'cht so einfach ausgeschaltet werden, daß man sie a priori als
••jüngere Priesterspekulationen" erklärt. Das Gewicht liegt dar-
Ur> daß sie „wertvolle Angaben" enthalten. Die Benutzung
Ieser Handschriften, die sich auf das ganze Kultareal ausdeh-
en, wäre viel wichtiger und nützlicher gewesen als jene der

Berichte Petermanns und Siouffis. Man kann sich bei ernster
wissenschaftlicher Forschung nicht nur auf Berichte aus zweiter
Hand verlassen. Segelberg hat bei der Vorbereitung seiner
Monographie über die mandäische Taufe Lady Drower besucht
und wenigstens ihre vorläufigen Übersetzungen des handschriftlichen
Materials angesehen. Dasselbe hätte auch Rudolph tun
sollen. Lady Drower schreibt mir (Brief vom 16. Mai 1961), daß
sie ihm sehr gern Mikrofilme geschickt hätte. Es wäre zu wünschen
, daß Rudolphs mühevolle Arbeit in dieser Hinsicht nicht
unvollkommen bleibe, und daß ihr auch eine Veröffentlichung
und Übersetzung des unberücksichtigten, aber für den Kult
höchst wichtigen handsdiriftlichen Materials folge. Hoffentlich
wird der Verfasser daran denken, in einem oder mehreren
Supplementbänden, diese Vervollkommnung zu verwirklichen.
Nach der Veröffentlichung des Mandäischen Wörterbuchs, dessen
erste dreizehn Buchstaben (über eine Hälfte des ganzen Werkes)
wir schon in Fahnen verbessert haben, und in dem das gesamte
handschriftliche Material berücksichtigt worden ist, wird er nicht
mehr mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wie seinerzeit
Lidzbarski und Lady Drower.

Teheran Rudolf Macuch

ALTES TESTAMENT

Kaiser, Otto, Prof. Dr.: Der Prophet Jesaja. Kapitel 1—12 übers,
u. erklärt. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Ii960]. XV, 126 S.
gr. 8" = Das Alte Testament Deutsch, Neues Göttinger Bibelwerk,
hrsg. v. A.Weiser, 17. Kart. DM 6.20; geb. DM 9.20.

Die vorliegende Auslegung von Jes 1—12 tritt vorerst
neben und künftig an die Stelle der erstmalig 1950 erschienenen
von V. Herntrich, nachdem dessen plötzlicher Tod die beabsichtigte
Neubearbeitung und Weiterführung verhindert hat. Von
den Vorarbeiten dafür zeugt die Bibliographie, die K. Tuchel
zusammengestellt hatte und die Kaiser seiner ausführlichen
Übersicht zugrundelegen konnte. Abgesehen davon ist die
Übersetzung und Auslegung ganz sein eigenes Werk. Sie folgt
wie üblich der Kapitel- und Versanordnung des biblischen Textes
unter Einteilung in die verschiedenen Sprucheinheiten; Ausnahmen
bilden die begründeten Umstellungen von 5, 15 f. hinter
2. 21, von 10, 1—4a hinter 5, 8—24, von 5, 25 hinter 9, 20 und
die unbegründete LImstellung des ganzen Abschnitts 5, 26—30,
der von 9, 7—20 + 5, 25 abgegrenzt und als dessen möglicher
Abschluß 10, 27b—32 betrachtet wird, zwischen die Abschnitte
9,7—20 + 5,25 und 10,5—15. Die Übersetzung soll offenbar
so wörtlich wie nur möglich sein, wodurch sie freilich nicht selten
unbeholfen oder holprig wirkt und von der Sprachgewalt
Jesajas nicht immer den besten Eindruck vermittelt. Die Auslegung
berücksichtigt in großem Maße die literar-, form- und
traditionsgeschichtlichen Probleme, erläutert die Worte des Propheten
in dem zur Verfügung stehenden Raum eingehend und
sucht sowohl ihren theologischen Gehalt als auch ihre Bedeutung
für den Glaubenden unserer Zeit zu erfassen. Übersetzung
und Auslegung sind mit zahlreichen Anmerkungen unterbaut,
die zumindest übereinstimmende oder abweichende Ansichten
verzeichnen, gelegentlich auch in die Diskussion darüber eintreten
. Durchweg hat K. eine sorgfältige Arbeit geleistet (nur S. 12,
Anm. 20 hat er meine Auslegung mißverstanden: Ich betrachte
die beiden Sätze in 1, 18b zwar als Fragen, aber nicht im ironischen
oder spöttischen Sinn). Angesichts dessen bedauert der Leser
einerseits die Kürzung des Ümfangs gegenüber der weniger
brauchbaren Auslegung von Herntrich, andererseits die zahlreichen
Druckfehler, zumal die beiliegende längere „Druckfehlerberichtigung
" auch nicht vollständig ist (so ist die grammatisch
falsche Konjektur we'as5tehu 5, 6 wohl ein Druckfehler; S. 74,
Z. 13: Hiskia 73 3 bereits sechzehn Jahre alt; S. 113 Karte richtig
: wädi es-suwenit und chirbet es-söma, in der Quellenangabe
: Dalman); mußte das Buch so überstürzt herausgebracht
werden, daß für eine gründliche Korrektur keine Zeit blieb?

Sicherlich sind bei den aufs stärkste konzentrierten Jesaja-
worten unterschiedliche Deutungen kaum zu vermeiden. So scheinen
mir „Sodom" und „Gomorrha" in 1,10 nicht auf den Angriff
der Leute auf die Gottesboten (und nun auf Jesaja) anzuspielen
, weil die Städte im AT überwiegend als Gegenstand des