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1960

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Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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599

Theologische Literatuirzeitung 1960 Nr. 8

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Partien zu einem späten Zeitpunkt in der Absicht geschrieben hat, durch
weiteres Entgegenkommen an das Ziel zu gelangen zu suchen, das er
sich gesetzt hatte, aber früher nicht hatte erreichen können, d. h. die
Wiedergewinnung der Donatisten für die katholische Kirche. Doch
scheinen die Verschiedenheiten, die besonders hinsichtlich des Sprachgebrauches
und des Prosarhythmus nachgewiesen worden sind, eher darauf
hinzudeuten, daß sie von jemand anderem geschrieben worden sind,
der jedoch mit dem Werke des Optatus und mit seiner Sprache und
seinem Stil außerordentlich wohl vertraut gewesen sein muß und der
aller Wahrscheinlichkeit nach bewußt und absichtlich sogar in Einzelheiten
seinen Zusätzen eine derartige Form zu geben bestrebt gewesen
sein muß, daß es scheinen sollte, als ob sie von Optatus selbst geschrieben
seien .... Wenn man also annimmt, daß Optatus selbst die
Nachträge geschrieben hat, kann man die große Übereinstimmung in
Sprache und Stil... am leichtesten erklären". Andernfalls „findet man
zwar eine Erklärung der sprachlichen und stilistischen Eigentümlichkeiten,
die in ihnen vorkommen, kann sich aber schwerlich erwehren, sich über
die große Vertrautheit des Verfassers mit dem Werke des Optatus zu
verwundern, durch die es ihm möglich geworden ist, eine bedeutende
Menge der darin vorkommenden Wörter, Phrasen und Konstruktionen
auszunutzen . . . Wenn wirklich ein anderer als Optatus die Nachträge
geschrieben hat, dürfte er wahrscheinlich ein rechtgläubiger Katholik aus
der Umgebung des Optatus gewesen sein, der nach dessen Tode in seinem
Eifer für die Sache die Zusätze angefertigt haben wird. So etwas
dürfte doch schwerlich bewiesen werden können, und es scheint überhaupt
zweifelhaft zu sein, ob die Frage nach der Autorschaft der behandelten
Textpartien jemals zur endgültigen Entscheidung gebracht werden
kann" (63 f.).

Damit ist das Ergebnis der umsichtigen Durchmusterung der
Texte zutreffend ausgedrückt, wenn ich auch für die Echtheit
weniger zurückhaltend eintreten möchte: die verglichenen Textstücke
sind von so ungleichem Umfang, daß die Übereinstimmungen
schwerer wiegen als die Unterschiede (wie Bl. auch hervorhebt
), und die ohnehin nicht übermäßig starke Verschiedenheit
in der Klauseltechnik, besonders in Zusatz 2, darf nicht
überschätzt werden, da 6ich auf diesem Gebiete zu wenig eindeutige
Feststellungen treffen lassen und Fälle nicht fehlen, in
denen man verschieden akzentuieren und entsprechend anderen
cursus annehmen kann. Auch bietet die Annahme der Echtheit
geringere historische Schwierigkeiten: die kirchliche Haltung
gegenüber dem Donatismus verhärtete sich zunehmend; sollte
da ein Schüler Optats dessen versöhnliche Gesinnung noch entschiedener
als dieser vertreten haben? Das müßte man unterstellen
; einfacher ist es, die gegenüber I bis VI freundlichere
Haltung von VII und gar der Zusätze aus der Entwicklung eines
und desselben Verfassers zu begreifen. Die Abhandlung enthält
zahlreiche Beobachtungen und Textverbesserungen (auch
zum übrigen Optattext!) und setzt so Bl.s adnotationes von
1939 fort — in gleicher Vortrefflichkeit. Beide Arbeiten haben
samt den Untersuchungen von Petschenig und Turner die Kenntnis
des Optattextes wesentlich gefördert, freilich unsere Unsicherheit
in den literarkritischen Fragen vertieft: weder lassen
sich die erhaltenen Handschriften säuberlich auf zwei Rezensionen
aufteilen, noch können zwei Editionen scharf unterschieden
werden, wie Ziwsa oft noch nachgeredet wird; offenbar
hat der Verfasser (und ein gleichgesinnter Bearbeiter?) mehrfach
das Werk rezensiert oder Ansätze zu Rezensionen unternommen;
so erklären sich die bekannten Unstimmigkeiten in I bis VI und
der heutige Zustand von VII, ohne daß man triftige Gründe besitzt
, bestimmte Stellen als Fremdkörper ausscheiden zu können.
Auch handschriftliche Funde werden kaum volle Aufklärung
bringen können: die Kontaminationen gehen allem Anschein
nach in die Zeit des Verfassers und in seine Umgebung zurück.

Mehrfach verweist BI. auf sprachliche Eigentümlichkeiten, die sich
auch in der von G. Morin entdeckten und von A. Wilmart verbessert
edierten Weihnachtshomilie Optats3 finden. Die mehrfach unternommene
Echtheitsbestreitung erwähnt Bl. nicht; sie ist auch verfehlt: C. Weymans
undokumentierte Behauptung (Hist. Jahrb. 39 (1918/19) 301 f.), der
Stilunterschied verbiete die Annahme gleicher Verfasserschaft, ist gegenstandslos
. A. Pincherle stützt seine Meinung, es liege eine donatistischc
Predigt vor, mit der Erwägung, es fänden sich auch zu anderen Autoren
sprachliche Entsprechungen, und der Inhalt passe gut in die donatistischc
Lage (Bilychnis 22 (1923) 134-148; Ricerche Religiöse 18 (1947) 162),
auch für Tychonius sei Herodes Typus des Verfolgers (Ricerche Rel. 1
(1925) S. 445, Anm. l); er schlägt als Verfasser Optat von Timgad vor;
Begründung: er war capace . .. di comporre un sermone come questo

') Revue des Sciences Religieuses 2 (1922) 282-288.

(Ricerche Rel. 18,162). E. Dekkcrs' lakonisches: Noli credere (Sacris
Erudiri 3 (1951) S. 49, Nr. 245) besteht zu Recht, weil die an und für
sich richtigen Beobachtungen nicht beachten, daß die als Eigentum des
milevitanischen Optat bezeichnete Rede gerade mit dessen Sprachgebrauch
bemerkenswert übereinstimmt und sich in seiner Lebenszeit
unterbringen läßt. Wenn etwa denique von Tertullian in gleicher Bedeutung
verwandt wird, besagt das eben nichts, da ja auch Pindicrle nicht
daran denkt, diesen als Verfasser anzunehmen. Die Herodesdeutung ist
so naheliegend, daß ihr Vorkommen hier nicht zu Pincherlcs Folgerung
berechtigt. Der Einfall, den Timgader Optat vorzuschlagen, ist ebenso
grundlos wie P. Courcelles Vorschlag, die Homilie in die ersten Jahre
des Vandalen Geiserich zu setzen und als Verfasser Optat II. von Mileve
oder einen anderen der zeitgenössischen Träger des Namens anzunehmen
(Hi6toire litteraire des grandes invasions germaniques (Paris 1948) 228).
Über die letzte Aufstellung sind keine Worte zu verlieren (von Optat II.
von Mileve hat m. W. nie jemand gehört, auch Forcellinis Onomasticon
weiß von ihm nichts); der ersten liegt die Überlegung zugrunde, die von
dem königlichen Verfolger Herodes handelnden Partien ließen sich besser
auf den roi-persecuteur Geiseridi als auf den Kaiser Julian beziehen, behandele
doch auch Quodvultdeus in seinen Predigten aus diesem Grunde
gern das Thema von den Unsdiuldigen Kindlein. Aber in den angezogenen
Texten, Migne lat. 40, 644. 6 5 5. 6644, wird Herodes gar nicht mit
den Christenverfolgern in Verbindung gebracht, nicht einmal von Viktor
von Vita (auf den Courcelle 111 verweist), der in Historia I 22 zwar den
Pharao, Nebukadnezar, Holofernes, nicht aber Herodes in solchem Zusammenhange
nennt. Die Vokabeln rex, regalis beweisen nichts: der
Homilet bleibt trotz der Anspielung bei seiner vom König Herodes handelnden
Geschichte, und aus Stellen wie Optat I 22 III 3 mag man ersehen
, wie leicht imperator und rex in Beziehung gesetzt werden konn-
tenr'. Endlich verbietet die Liturgicgeschichtc Courcclles Datierung: ein
katholischer Bischof des 5. Jhdts. predigt an Weihnachten nicht mehr
über die Magieranbetung. Also stammt die Predigt aus der Zeit, in der
man in Afrika noch nicht Epiphanias feierte, paßt also vorzüglich in
Optats Jahrzehnte.

Bei dieser Gelegenheit ein Hinweis zu der von Morin edierten
pseudoaugustinischen Epiphaniaspredigt (Revue Benedictine 3 5 (1923)
233—23 5), die offenbar vom gleichen Verfasser stammt wie die nordafrikanischen
pseudoaugustinischen sermoncs 131 und 132 des 5. Mau-
rinerbandes. Morin (236) fühlt sich par certains cötes an Optats
Weihnachtspredigt erinnert. Ich vermag zu dieser zwar keine nähere
Verwandtschaft zu erkennen als sie zu anderen zeitgenössischen afrikanischen
Epiphaniashomilien besteht, aber sei es: keinesfalls darf man deshalb
mit Dekkers (a. a. O., Nr. 246) vermuten, fortasse sei Optat auch
Verfasser dieser Homilien: alle drei erwähnen das vorausgegangene
Weihnachtsfest, müssen also nach Optat entstanden sein; fast meine ich,
der Verfasser der Morinschen Predigt habe Augustins sermo 199 vor
Augen gehabt, auch die Ähnlichkeit mit Migne lat. 40, 655. 664 (s.o.
Anm. 4) ist stark (vgl. besonders Z. 71—73), und ob die Anrede an Herodes
: cogere te quaerit (sc. regnum Christi), non cxcludere, zufällig an
Augustins entsprechende Gedanken erinnert? — Wilmart möchte Optat
eine von ihm edierte pseudoaugustinischc Osterhomilie zuweisen, ohne
greifbaren Anhalt zu besitzen (Revue Bened. 41 (1929) 198—202). Wegen
des Stiles bin ich mißtrauisch, und wenn man bei einem in
Zuweisungsfragen nidit schüchternen Gelehrten wie Morin dazu die
Formulierung liest: De Optato haud sine quadam verisimilitudine cogi-
tavit editor (Miscellanea Agostiniana I (Roma 1930) 766), will mir scheinen
, der Benediktiner 6ei es auch gewesen.

Tübingen Hans-Dictrich A1 ten d o r f

4) Die Verfasserschaft gerade des Quodvultdeus ist bekanntlich ungewiß
.

6) Regalis kann geradezu „kaiserlich" bedeuten: Hieronymus, Ep-
54, 13, S. 36 Labourt (m. d. Verweis auf Piganiols Note); Liber Ponti-
ficalis I S. 3 51, Z. 10 Dudicsne; im Pap6tbuch wird die Kaiserstadt Kon-
stantinopcl häufig regia urbs od. civitas genannt. — Pinchcrles Vorschlag
(Bilychnis a.a.O. 138), in Z. 29 wegen Z. 132 u. 206 potestas regalis
statt p. saecularis zu lesen, läßt sich hören, ist aber natürlich nicht zwingend
, zumal in Z. 132 regalis ambitio unmittelbar von saeculi huius . ■ ■
elatio gefolgt ist.

Saint A m b r o s e : On the Sacraments. The Latin Text cd. by Prof-

Henry Chadwick. London: Mowbray [i960]. 54 S. 8° = Studics in

Eucharistie Faith and Practice, 5. 6 s.
Chavoutier, Luden: Qucrelle origeniste et controverses trini-

taires a propos du Tractatus contra Origenem de visione Isaiae.

Vigiliae Christianae XIV, 1960 S. 9—14.
Groningen, B. A. van: Notes critiques sur quelques lettre« "e

Julien.

Vigiliae Christianae XIV, 1960 S. 47—55.
Hoppenbrouwers, H.: Fonction euphonique du M final dicz
quelques auteurs palcochretiens.
Vigiliae Christianae XIV, 1960 S. 15—46.