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1960 Nr. 5

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Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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Theologische Literaturzeitung 1960 Nr. 5

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auszüge sehr oft im Drucke abhebt, dies aber S. 102 f. unterläßt, oder
wenn er nicht jedesmal den wörtlich zitierten Text mit einer Editionsangabe
belegt, oder wenn er S. 100 bei der Ausgabe von C. Schenk!
die Zeilenzahl angibt, sie dagegen S. 104 ausläßt.

Es fehlt im Index S. 144 und, soviel ich sehe, im Text der Sermon
189,3, den Huhn J. in dem vom Verf. erwähnten Artikel von
„Augustinus Magister" 1, 237 f. und in dem nichterwähnten Buch: Das
Geheimnis der Jungfrau-Mutter Maria nach dem Kirchenvater Ambrosius
, Würzburg [1954], 276 zum Vergleich herangezogen hat. Nach
Huhn hat Aug. von Ambr. den Gedanken der Christusmutterschaft der
Seele übernommen und durch den anderen Gedanken erweitert, daß der
einzelnen Seele die geistige Mutterschaft auch über die Glieder des
mystischen Leibes Christi möglich sei. Vgl. hierzu auch R. Hesbert in
Aug. Mag. 2, 645—655.

Druckfehler und Ungenauigkeiten sind nicht wenige gefunden worden
. Wir wollen Folgendes richtigstellen: S. 3, A. 4 Frei bürg; S. 4,
A. 5 Labriolle (ohne „s"); S. 21, A. 4 Dict. Theol. Cath. I, der gleiche
Fehler auch S. 47, A. 4; S. 21, A. 5 1. c. II; S. 2 5 das Ambr.-Zitat ist
aus V. 48; S. 27, A. 25 und 27 enthalten Druckfehler im griech. Text,
bei 25 das zweite Wort von Zeile 6, bei 27 fehlt in Zeile 5 und 10 ein
Spiritus asper; S. 32. A. 3 8 sind nach V i d e einige Wörter ausgelassen:
S. 60, A. 58 c o r p o r a I i t e r; S. 80 die Schrift heißt D e n u p t.
etconcupiscentia; S. 86 II Sam. 8,18; S. 89 recognoscis;
S. 90 Seh. 147,3—11; S. 104 im Text von Ambr., der mit Q u a e r o
beginnt, in der 5. Zeile sacramenta, in der 7. Zeile nach p o c u -
lum ist etwas ausgelassen, in der 11. Zeile bibendo; S. 105, A. 33
in der 4. Zeile v. o. sind nach Et einige Wörter ausgelassen; S. 120
von Ambr. 2. Zeile v.o. mysterium. 20. Zeile v.o. fehlt nach
verbumdas Wort il lud; S. 121 Text von Ambr. 2. Zeile v. o.
Propheta; S. 122 Text von Ambr. 3. Absatz, 3. Zeile v.o. est
f actus; die Ausgabe Adriaens im CC 14 schreibt secundum
Luc am; bei Tissot lautet der Titel Ev. de S. Luc . . . traduetion et . . .
(Sources chretiennes Nr. 45).

Doch soll es nicht bei der Kritik bleiben. Dankbar ist der
Leser für die Indices am Schlüsse mit den Parallelstellen von
Ambr., Aug. und anderen Quellen, für die Bibelstellen und für
die auf das Wesentliche beschränkte Bibliographie. Trotz dieser
anerkennenswerten Leistungen darf erklärt werden, daß ein ausführliches
Wort- und Sachregister recht willkommen gewesen
wäre. Derartige Register machen erst ein Buch zum dauernd verwertbaren
Besitz. Sie sind überdies bei literarischen Einzeluntersuchungen
gerade wegen der vielen Einzelheiten eine Notwendigkeit
.

Aus diesen und anderen Untersuchungen, die unter Leitung
von Prof. Pellegrino zum Problem Ambr.-Aug. angestellt werden
, ist auf rege Forschungsarbeit zur patristischen Literatur an
der staatl. Universität Turin zu schließen. Das ist eine Tatsache,
die im Hinblick auf die Bedeutung der Kirchenväter für die romanische
Kultur nur begrüßt werden kann.

München A.W. Ziegler

B a v e 1, T. van: Repertoire bibliographique de Saint Augustin.
Augustiniana IX, 1959 S. 478—544.

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Thomas-Brevier lateinisdi — deutsch. Zusammengestellt, verdeutscht
u. eingeleitet von Josef Pieper. München: Kösel-Vcrlag
[1956]. 490 S. kl. 8°. Lw. DM 15.-.

Bereits vor mehreren Jahren hat Josef Pieper zwei Auswahlen
aus den Werken des Thomas von Aquin veranstaltet. Die erste,
„Ordnung und Geheimnis", brachte Texte, die dem philosophischen
Bereich zugehören; die zweite, „Das Auge des Adlers",
enthielt eigentlich Theologisches. Der neue, schön ausgestattete
Band — trotz seiner fast 500 Seiten ein „Brevier" zum Mitnehmen
, das in die Rocktasche paßt — faßt beide Sammlungen
zusammen, stellt der Übersetzung den lateinischen Text mit Angabe
des Fundortes gegenüber und fügt eine Einleitung „Über
Thomas von Aquin" bei, die ebenfalls früher gesondert erschienen
ist. Ein Anhang bringt eine Zeittafel zur Thomas-Biographie
und ein Sachregister.

Es ist niemals leicht, einen Denker von hohem Rang dem
allgemeinen Verständnis zu erschließen, zumal wenn er 6ich
selbst nur in „gelehrter" Weise ausspricht. Pieper versucht es,

indem er mehr als 1100 „Sprüche" aus dem Gesamtwerk des
Aquinaten auswählt. Aber diese Auswahl scheint dem Kritiker
zunächst höchst befremdlich: Spruch 1, als Motto vorgesetzt,
stammt gar nicht von Thomas, sondern von Aristoteles, den
Thomas nur zitiert; über diese Abkunft wird nichts geagt.
Spruch 3 dürfte man bei fast jedem Autor von Piaton bis Albertus
Magnus nachweisen können; Spruch 5 trägt ganz neuplatonisches
Gepräge; Spruch 7 und 8 zeigen ebenfalls nichts
spezifisch Thomi6tisches. Immer wieder finden sich — wenn auch
nicht immer in so dichter Folge — Sprüche, die der allgemeinen
Lehrtradition des Mittelalters entstammen, ohne daß sie gegenüber
den eigentlich thomistischen gekennzeichnet wären. Wer
Piepers Thomas - Brevier als Zitatenschatz benutzen wollte,
käme unversehens in die peinliche Lage, als thomistische Einsicht
auszugeben, was von Thomas nur übernommen ist.

Aber offenbar geht es Pieper um etwas anderes, nämlich
darum, in einem systematischen Aufbau einen Durchblick durch
die Architektonik zu geben, die das thomistische Denken auszeichnet
. Die Sprüche sind nicht aus dem historischen Kontext
gelöst, um isoliert betrachtet zu werden, sondern sind in eine
Ordnung gestellt, aus der sie erst ihren vollen Sinn bekommen.
In der Gesamtheit dieser Ordnung hat die „fremde" Weisheit ihren
genauen Platz, nämlich den, welchen sie bei Thomas selbst hat;
sie geht als Element in die Synthese ein. Vom Leser wird also
verlangt, daß er nicht beim Einzelnen stehen bleibt, sondern
sich von der Ordnung leiten läßt zum Verständnis des Ganzen,
daß er die innere Bezogenheit der Sprüche mitvollzieht. Piepers
Brevier verlangt einen meditierenden Leser.

Man darf es Pieper als besonderes Verdienst anrechnen,
daß er auf den Theologen Thomas zugeht, daß er den eigentlich
theologischen Aussagen den ganzen zweiten Teil des Breviers
widmet. Man wird nicht erwarten, die spekulativen Schwierigkeiten
der Trinitäts- oder Inkarnationslehre entwickelt zu
finden. Aber schon in dem, was Pieper vorführt, wird das
spezifische Klima der thomistischen Spekulation spürbar. —
Ähnliches gilt von der Auswahl philosophischer Texte. Pieper
zeigt in der — übrigens glanzvoll geschriebenen — Einleitung,
daß thomistisches Philosophieren von der theologischen Wurzel
her verstanden werden muß, vom Schöpfungsgedanken her.
Einstnehmen des Schöpfungsgedankens zwingt zum Ernstnehmen
der natürlichen Vernunft, gibt ihr Eigenbereich und Eigenständigkeit
, veranlaßt und rechtfertigt die Philosophie. Als
Denken über die Schöpfung ist sie wieder theologisch eingeordnet
, anders als in einem rein innerweltlichen Verständnis, das
die theologische Bindung abschneidet; Pieper sieht ein solches
in dem von Thomas bekämpften „Averroismus" de6 13. Jahrhunderts
wirksam (angemerkt sei, daß die Forschung hier nicht
so klar sieht, wie es Pieper darstellt). Piepers Textauswahl und
-anordnung führt den übergreifenden theologischen Gesichtspunkt
durch. Man mag bedauern, daß die zweifellos bedeutendste
philosophische Leistung des Thomas dabei nicht sichtbar wird,
nämlich die Grundlegung einer ganz neuen und unvergleichbaren
Ontologie, wie sie vor allem von der jüngsten Forschung (Gilson,
Geiger, Fabro usw.) herausgearbeitet wurde. Aber es ist wohl
kaum möglich, anders als in gelehrter Arbeit zu deren Verständnis
zu kommen; ein Brevier muß sich beschränken.

Natürlich ließe sich über diese „Beschränkung", über Ordnung
und Auswahl der Sprüche im einzelnen rechten, aber hier hat
die Freiheit des Herausgebers das vorzüglichste Recht. Entscheidend
ist, daß die Perspektive der Auswahl die rechte ist, die
geschichtlich richtige; denn ein Thomas-Brevier soll den wirklichen
, den geschichtlichen Thomas, nicht einen schulmäßig oder
wie immer abgewandelten zeigen. In diesem Sinne ist Pieper ein
hervorragender Führer.

Und er führt seinen Leser in einer Sprache, die von außerordentlicher
Schönheit ist. Das gilt nicht nur für die Einleitung,
sondern auch für die Übersetzung. Das „Schulschmäcklein" der
scholastischen Terminologie verliert sich, aber keineswegs auf
Kosten der Genauigkeit, und bei manch scheinbarer Kühnheit
findet man bald, daß gerade die Abweichung vom Üblichen das
Gemeinte klarer hervortreten läßt (wenn z.B. Spruch 28 8 „recti-
tudo" mit „Unbeirrbarkeit" übersetzt, wo sie von der Klugheit
ausgesagt wird). Ich habe nur einen — allerdings dann gleich sehr