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Ausgabe:

1959 Nr. 10

Spalte:

759-763

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Byzantion XXV-XXVII ; 1955-57 1959

Rezensent:

Irmscher, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1959 Nr. 10

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theologische und die reale, historische Entfaltung der Probleme
zusammengeschaut und gemeinsam zur Darstellung gebracht
werden. Hier ist die Geschichte als Hilfsdisziplin der „katholischen
Moraltheologie" behandelt; doch macht die Sorgfalt, mit
der die Zeugnisse vorgelegt werden, das Buch gewiß auch dem
Historiker wertvoll.

Heidelberg H. t. Camp e n Ii a u s e n

Byzantion. Revue Internationale des £tudes Byzantines. XXV—
XXVII, 1955/56/57.

Mit dem vorliegenden Band geht die Berichterstattung über
die internationale und doch so stark durch die Persönlichkeit
ihres Gründers und Herausgebers Henri Gregoire geprägte Revue
„Byzantion" in andere Hände über, nachdem Wilhelm Schubart
aus Altersrücksichten das bisher innegehabte Amt des Rezensenten
aufgeben mußte1. Es wird das Bemühen des neugefundenen
Referenten sein, sich seines großen Vorgängers würdig zu erweisen
.

Der drei Jahrgänge umschließende, in zwei Faszikeln vorgelegte,
beinahe 1000 Seiten erreichende Band 25/26/27 trägt wie so viele seiner
Vorgänger Widmungen. Der erste Faszikel will das Andenken dreier
griechischer Gelehrter lebendig erhalten — G. Chatzidakis', des Sprachforschers
, A. Andreadis', des Wirtschaftshistorikers, und Ph. Kukuks',
des Byzantinisten —, während der zweite Teil dem dänischen Archäologen
EjnarDyggve zum 70. Geburtstage dargebracht wurde. Da keineswegs
alle Beiträge zu den also Geehrten in Beziehung stehen, ist der
umfangreiche Band alles andere als homogen. Wir folgen in unserem
Bericht seiner Inhaltsanordnung und heben dabei jene Arbeiten heraus,
welche die besondere Aufmerksamkeit der Leser dieser Zeitschrift verdienen
.

Der Band wird eingeleitet durch eine von P. Karlin-Hayter unter
der Obhut Henri Gregoires geschaffene Neuausgabe der Vita des
konstantinopolitanischen Patriarchen Euthymios I. (im Amte 907—912.
gestorben 917), einer Sdirift von beträchtlichem gesdiiehtlichem und
kirchengeschichtlichem Quellenwert, nicht zuletzt auch für das Wirken
des gelehrten Erzbischofs Arethas von Thessaloniki . Die Aufgabe der
Editorin war dadurch erheblich ersdiwert, daß der Codex unicus, der
die Vita überlieferte, ein Manuskript der Berliner Staatsbibliothek, seit
dem 2. Weltkrieg verloren ist, P. Karlin-HayteT stützte sich deshalb auf
den Apparat der Editio prineeps von C. de Boor (Vita Euthymii, Berlin
1 888) und eine Kollation von Ncxog 'A. Bbfe, Iloaxxixä xijg 'AxaArj/ulac:
'Adrjvcöv 19, 1944 (1948), 109 ff. Wirklich umsturzende Änderungen
bringt die neue Ausgabe wohl nirgends; nur hatte de Boor den Gepflogenheiten
seiner Zeit entsprechend seine Textgestaltung — 2U Unrecht —
stärker auf die Regeln der klassischen Grammatik orientiert. Dem Text
ist eine Übersetzung ins Englische hinzugefügt; die Anmerkungen und
sonstigen Beigaben beziehen sich zum überwiegenden Teil auf seine
sprachliche Gestalt, so daß de Boors historischer Kommentar noch zu
ersetzen bleibt. Vorbereitet wird diese Aufgabe durch den berichtigten
Nachdruck zweier Briefe des Arethaskorpus nach Papadopoulos-Kera-
meus: ein Schreiben des Patriarchen Nikolaos Mystikos, das xi xax
avzov xal Wik xciif. doyiFOFK ilh rrjv xexonya/ilav (nämlich
Kaiser Leons VI") zum Inhalt" hat (S. 748 ff.), sowie des Arethas
"EXeyxoq rrj( x<ov ar>xiF.<>F.mv /unfpoviag (S. 756 ff.) als
Parallele zu dem Arethasbrief des 20. Kapitels der Euthymios-Vita
(S. 132, 6-29). Laut Ankündigung der Redaktion soll die Ausgabe von
Karlin-Hayter auch als Band des Corpus Bruxcllense hisronae Byzan-
tinae erscheinen; den Bedenken editionstechnischer Natur, welche F. Döl-
ger, Byzantinische Zeitschrift 51, 1958, 164 in bezug auf diese Absicht
äußerte, möchten wir uns durchaus anschließen.

Der nächste Aufsatz S. 173 ff. greift aufs neue die alte Streitfrage
nach der Benennung des Suidas-/Suda-Lexikons auf. S. G. Mercati bemüht
sich, um F. Dölgers metaphorische Palisade (der Gelehrsamkeit)
verwerfen zu können, um die Ableitung des Namens von einem vulgärlateinischen
„guida", in gricdiischer Transliteration VOY1AA und
daraus verderbt zu COYIAA. Was zu dieser höchst unwahrscheinlichen
Hypothese zu sagen notwendig ist, hat F. Dölger a.a.O. 165 f.
gesagt; wir können hier darauf verweisen. Als Appendix gibt dann
Mercati S. 193 die Subskription des Vat. gr. 1296 fol. 551 im jambischen

1) Zuletzt Besprediung von Band 24 (1954) des „Byzantion" in
dieser Zeitschrift 83, 195g, 43.

2) Mit der Erschließung des zum Teil noch unedierten Opus des
Arethas ist vorzüglich die sowjetische Byzantinistik beschäftigt (vgl.
M. W. Lewtsdienko in: Johannes Irmscher, Aus der Sowjetbyzantinistik,
Berlin 1956, 4); so wird auch eine kommentierte Übersetzung der Vita
Euthymii durch A. P. Kashdan vorbereitet.

") Zur Sache vgl. Georg Ostrogorsky, Gesdiiditc des byzantinischen
Staates, 2. Auflage München 1952, 208 f.

Metrum; Ada Adler, Suidae lexicon, 5, Leipzig 1938, 234 hatte sie
als Prosa aufgefaßt.

Nur zu notieren ist hier die kritische Ausgabe, welche S. 195 ff.
A. Garzya von der unter dem Namen des Dionysios gehenden Metaphrase
der dem Oppian zugesdiriebenen 'I^svcixd (vgl. Wilhelm von
Christ, Geschichte der gricdiischen Litteratur, 5. Auflage von Wilhelm
Schmid, II 2, München 1913, 522) gibt. Dagegen verdient der nächste
Beitrages. 241 ff.: „ Observations sur 1' 'Yno/uvrjoxtxdv ßißUov
'Ioyorinnov" von Jacques Moreau - Saarbrücken die volle Beachtung der
Leser unserer Zeitschrift. Jener Libellus memorialis ist in vieler Hinsicht
Singular, nicht nur bezüglich seiner Überlieferung (Cod. Cambridge.
University Library 1157, fol. 104-196). Er will in der Form von Frage
und Antwort mit den wichtigsten Tatsachen aus biblischer und Kirchengeschichte
bekanntmachen und tritt damit in die Nähe der im theologischen
Schrifttum der Byzantiner häufig begegnenden Gattung der
'Eocüxanoxotaiig , von der er sich freilich dadurch unterscheidet,
daß er alle strittigen Fragen peinlich meidet. Das Büchlein ist von J. A.
Fabricius, der es dem 11. Jahrhundert zuwies, zum ersten Male herausgegeben
worden; die Ausgabe bei J.-P. Migne, Patrologia Graeca, 106,
Paris 1863, 1 5 ff. folgt der Edition von Gallandi, der den Text ins
10. Jahrhundert datierte. Moreau verwirft diese späten Ansätze und
greift eine Anregung auf, die bereits 1680, noch vor dem Erscheinen
der Editio prineeps, Isaak Vossius gegeben hatte. Der Verfasser ist danach
in der Person des Comes Joseph von Tiberias zu suchen, eines
jüdischen Konvertiten, der laut Panarion 30, 5 Epiphanius in Skytho-
polis begegnete; sein Werk aber gehörte dem ausgehenden 4. Jahrhundert
an. Moreau sucht diesen Zeitansatz durch Qucllenanalyse zu erhärten
und demonstriert dabei die Bedeutung dieses fast vergessenen
Zeugnisses für die Geschidite der Alten Kirche, das man, wie wir hinzufügen
möchten, gern in einer brauchbaren Edition neu erschlossen säher'.

Die nächste Abhandlung S. 277 ff. führt in die wenig erhellte
byzantinisch-serbische Geschichte der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
. M. Lascaris nimmt seinen Ausgang von der Feststellung, daß die
Prostagmata für NeiXog, Protos der Skiti Ixnyol und Abt des Klosters
ßeoroxoe 17 Aovmävri nicht dem Jahre 1 3 57 und dem serbischen
Zaren Symeon Uros, sondern dem Jahre 1372 und damit Syme-
ons Sohn Johannes Uros Dukas zugehören, der, letzter direkter Sproß
des Nemanjidcn-Hauscs, spätestens 1381 als Mönch den Weg nach den
Meteora-Klöstcrn fand. Aus diesem Sachverhalt ergeben sich vielfache
Schlußfolgerungen, auf die hier nicht eingegangen zu werden braucht.
Kirchenhistorisch wichtig sind jedoch die Bemerkungen zur Topographie
, Geschichte und Wirtschaft der Meteora-Klöster S. 295 ff.,
welche durch mehrere beigegebene Photographien verlebendigt werden.

Beachtung verdient der sich S. 325 ff. anschließende Beitrag von
P. van den Ven. Sein Verfasser weist darauf hin, daß, während man
bei vorangehenden Synoden in der Hauptsache mit zuvor zusammengestellten
Florilegien arbeitete, man beim 7. ökumenischen Konzil, dem
2. Nicänum von 787, die Autoritäten nach Handschriften zitierte,
welche aus den Bibliotheken in Konstantinopel, aber auch aus dem Besitze
der Synodalen stammten, — neben der Bibel Väterschriften, Konzilsbeschlüsse
und so.gar Heiligenviten (wobei auffällt, daß die drei Reden
des Johannes Damaszenus gegen die Bilderfeinde unberücksichtigt
blieben). Man darf annehmen, daß diese Belege mit aller Sorgfalt
protokolliert wurden und daß sie auch bei der Transliteration von der
Unzialc zur Minuskel für die kritischen Philologen tabu waren; um SO
verwunderlicher ist es, daß sie für die Herstellung der Texte der zitierten
Autoren bisher kaum herangezogen wurden. Van den Ven erfaßt
in einem Verzeichnis 52 Anführungen aus 31 Kirchenvätern sowie 2?
hagiographischc Stellen — eine eindrucksvolle Liste, die freilich ange
sichts dc6 Umstandes, daß weder die Akten des Konzils von 787 noch
die meisten der herangezogenen Schriftsteller in zulänglichen Ausgaben
vorliegen, nur vorläufig sein kann.

Schließlich legt Henri Gregoire S. 367 f. einen „Texte restitue" d«r
Aberkios-Inschrift vor und gibt S. 363 ff. ein ausführliches Resümee
einer Abhandlung zum Aberkio«problem, deren Veröffentlichung im
Bulletin der Belgischen Akademie der Wissenschaften bevorsteht.
Darin wird gezeigt, daß in dem Fhnyannvtif der Aberkiosvita Bardc-
sanes zu sehen ist, als dessen Gehilfe dann Aberkios in der Auseinandersetzung
mit dem Marcioniten begegnet. Der Aberkios-ArtikeJ
von H. Strathmann und Th. Klauser im Reallexikon für Antike und
Christentum, herausgegeben von Theodor Klauser, 1, Stuttgart 1950.
12 ff. scheint von Gregoire nicht benutzt.

Der zweite Faszikel wird eingeleitet durch Arbeiten, welche eich
auf Tätigkeit und Wirkung von Ejnar Dyggve beziehen. Paul Lemcrlc
gibt S. 375 ff. eine warmherzige Würdigung Dyggves, des Civis Salo-
nitanus honoris causa, in seiner Bedeutung für die christliche Archäologie
, die er vor allem in zwei Fragen förderte: in der Erforschung
der Übergänge vom Heroon-Martyrion extra muros zur städtischen

') Vgl. die Register bei Hans-Georg Beck, Kirche und theologische
Literatur im Byzantinischen Reich. München 1959, 812.
s) Zur Sache vgl. zuletzt Beck a. a. O. 799.