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Ausgabe:

1958 Nr. 10

Spalte:

671-673

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

A catholic commentary on the Holy Scripture 1958

Rezensent:

Schmid, Josef

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 10

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pretation dieser Erfahrung des Letzten, wobei Schleiermachers
Formulierung auf die Impersonale wie auf die personale Erfahrung
gleichermaßen angewandt werden kann).

Literarkritisch ist zu fragen, ob es gut sei, eine Schrift, die
vom Pathos der deutschen Glaubensbewegung im Hitlerreich erfüllt
war, in diesem Werk so gut wie unverändert neu abzudrucken
. Wir meinen damit, was Hauer in Anm. 1 Seite 476 von
dem Bhagavadgita-Kapitel des III. Hauptabschnitts schreibt, nämlich
er habe es bereits 1934 als Einzelschrift unter dem Titel
,,Eine indoarische Metaphysik des Kampfes und der Tat" herausgebracht
. Hier in diesem wissenschaftlichen Zusammenhange hätte
er seine damalige Auslegung mit anders gerichteten (indischen)
Auslegungen konfrontieren müssen. In seinem III. Hauptabschnitt
gleitet Hauers Werk allmählich in ein Lehrbuch seiner
eigenen Weltanschauung über.

Es bleibt Hauer unbenommen, eine eigene nicht-christliche
Weltanschauung auszuarbeiten und zu verbreiten. Nur müßte
dann die Grenze zwischen indologischer Forschung und weltanschaulicher
Verkündigung deutlicher gezogen werden — um
beider willen.

Bemerkenswert für Hauers eigenen Weg ist und unsere Zustimmung
hat die Wortprägung „Theiologie" (431, Fußnote).
Theologie hat es mit Gott zu tun, kann nicht ohne personhafte
Sicht Gottes bestehen; „Theiologie" dagegen weist auf eine
„freie, religiöse Tiefenbesinnung" (theion, „das Göttliche").
Wenn Hauer aber in derselben Fußnote von der Theologie sagt,
sie sei „in einem bestimmten Glauben und Dogma gebunden",
so klingt das, als ob seine Erkenntnis- und Glaubensweise nicht
unter der gleichen logischen Ordnung stehe. Es ist bemühend zu
sehen, wie Hauer noch immer diesen alten Vorwurf erhebt, obwohl
auch er und jeder Mensch dogmatisch gegründet und gerichtet
ist (vgl. meine Schrift „Lebendes Dogma" 1932).

Trotz dieser Ausstellungen sagen wir: Wer sich mit Yoga
befassen will, braucht dieses Buch. Man kann die Welt des Yoga
nicht nur von einer Seite angehen; man muß auch auf Yoga-Anhänger
hören, und dies um so mehr, wenn sie eine 60 vorzügliche
Quellenkenntnis besitzen wie Hauer. Außerhalb des Christus-
Weges bleibt der indische Yoga eine der größten Schöpfungen
des menschlichen Geistes, einer der ergreifendsten Wege, auf dem
sich der natürliche Mensch bemüht.

KUnzelsau Friso Melier

BIBELWISSENSCHAFT

O r c h a r d, Dom Bernard, S u t c 1 i f f e, Edmund F., Füller, Reginald
L., and Dom Ralph Russell: A Catholic Commentary on
Holy Scripture. With a Foreword by the Cardinal Ardibishop of
Westminster. London-Edinburgh: Thomas Nelson & Sons [19551-
XVI. 1296 S., 12 Ktn. 4°. Lw. £ 4.4.-.

Der vorliegende Kommentar zur ganzen Bibel in einem
Band ist für die englisch sprechenden Katholiken bestimmt. Er
wendet sich offenbar an einen größeren Kreis von Lesern und
setzt keine hebräischen oder griechischen Kenntnisse voraus. Als
Grundlage für die Auslegung diente die Douay Version, die unter
den Katholiken englischer Zunge immer noch am weitesten verbreitete
Bibelübersetzung. Ihr Text wird als in den Händen der
Leser befindlich vorausgesetzt und nicht als Ganzes abgedruckt.
Das Werk will nicht der Förderung der wissenschaftlichen Exegese
dienen, sondern ist ein „oeuvre de vulgarisation". Daß 6ein
Erscheinen einem echten Bedürfnis weiter Kreise entsprach, geht
daraus hervor, daß von 1953—55 drei Auflagen erschienen. Eine
spanische Übersetzung in mehreren Bänden ist im Erscheinen
(bisher 2 Bde., Barcelona 1956). Neben den Herausgebern waren
an dem großen Unternehmen 39 Mitarbeiter beteiligt, hauptsächlich
aus England und den USA, aber auch ein Deutscher (S.
Theissen), ein Österreicher (E. Gutwenger) und der verdiente
Schöpfer der ersten wissenschaftlichen maltesischen Bibelübersetzung
, P. P. Saydon. Trotz des großen Umfangs des in recht kleinen
Typen gedruckten Werkes mußte natürlich die Erklärung der
einzelnen Bücher kurz gehalten werden. Sie ist erheblich kürzer
als z. B. die Echterbibel oder das AT von Kautzsch, setzt auch
beim Leser weniger voraus als diese. Neben der Erklärung der

einzelnen biblischen Bücher bringt das Werk eine große Zahl von
Beiträgen über allgemeine (oder ganz spezielle) Fragen des Alten
und Neuen Testaments. Ich nenne als Beispiele die folgenden:
The place of the Bible in the Church, die Entstehung und Geschichte
des atl. und ntl. Kanons, die Sprachen und die alten
Übersetzungen der Bibel, die Geschichte der Rheims-Douay
Version, die Inspiration und Irrtumslosigkeit der Bibel, die höhere
Bibelkritik, die Entscheidungen der Päpstlichen Bibelkommission
(deren Text in Übersetzung in vollem Wortlaut abgedruckt
wird), die physikalische und politische Geographie der Bibel, die
Geschichte Israels usw. Beigaben, die den Wert des Buches nicht
wenig erhöhen, sind zwölf mit Sorgfalt entworfene Karten und
ein fast 100 Seiten langes Inhaltsverzeichnis. Die den einzelnen
Büchern bzw. Artikeln beigegebenen Literaturangaben sind verschieden
reichlich, beschränken sich aber meistens auf einige wenige
Werke. Manche Mitarbeiter bringen auch innerhalb des
Textes Literatur-Hinweise. Aufgefallen ist mir, daß in einem
englischen Werk unter der Literatur über das Judentum in ntl.
Zeit das Meisterwerk des Amerikaners G. F. Moore, Judaism in
the first Centuries of the Christian Era, unerwähnt geblieben ist.
Bei schwierigen oder „gefährlichen" Fragen beschränken sich
manche Mitarbeiter auf eine rein referierende Darstellung. Am
klarsten kommt der Standpunkt der einzelnen Autoren in den
Einleitungen zu den einzelnen biblischen Büchern zum Ausdruck.
Nach dem Vorwort der Herausgeber erhebt das Unternehmen
den Anspruch „to providc a critical survey of modern bibiieal
knowledge from the Standpoint of all these, Catholic and non-
Catholic alike, who aeeept the füll doctrine of biblical inspira-
tion". Man wird den Standpunkt der meisten Autoren und des
Werkes im ganzen als streng konservativ, in nicht wenigen Fragen
hyperkonservativ bezeichnen müssen. Die grundsätzlichen
Ausführungen der beiden Sekretäre der Päpstlichen Bibelkom-
mision über die Verbindlichkeit der Entscheidungen dieser Kommission
wurden erst veröffentlicht, als das vorliegende Werk bereits
in 3. Auflage erschien. Einige Beispiele sollen mein Urteil
begründen. Der Bearbeiter des Jes. (E. Power) hat einmal kein
Bedenken, die Jes-Apokalypse (Kap. 24-27) als „distinctly
Isaian in character" und das dagegen vorgebrachte Hauptargument
als aprioristisch zu erklären. Auch an der Einheit von
Kap. 40—66 muß festgehalten werden und ebenso daran, daß sie
vom Jes stammen. „Isaias, unlike other prophets, may have re-
ceived a special charisma by virtue of which he lived in spirit
in these exilic and postexilic periods. While arguments to the
contrary are indecisive it is imprudent to deny this possibility"
(541). P. P. Saydon führt in der Einleitung zu Daniel die Gründe
für Entstehung des Buches in der Makkabäerzeit an, lehnt sie
aber als nicht zwingend ab. Anderseits gibt er zu, daß die danielische
Autorschaft im strengsten Sinn schwerlich festgehalten
werden könne. Es gebe aber keine zwingenden Gründe gegen die
Annahme wenigstens eines von Daniel 6elbst stammenden Kerns
für das Buch. Die endgültige Redaktion des Buches sei in griechischer
Zeit entstanden und die auf Antiochus IV. 6ich beziehenden
Teile der Danielvision seien von einem Bearbeiter des
2. Jhdt. beigefügt worden. Daß das Buch verschiedene geschichtliche
Ungenauigkeiten enthält, die man nicht ohne Gewaltsamkeit
wegdeuten oder späteren Schreibern zuschreiben könne, erkennt
S. an. Suttclife stellt die Gründe für und gegen den geschichtlichen
Charakter des Buches Jonas gegeneinander und erklärt
diese Frage als noch offen, spricht sich aber dann persönlich
entschieden für den streng geschichtlichen Charakter aus.
Der Bearbeiter des Buches Tobias meint dagegen, bei diesem
Buch liege die Wahrheit vermutlich in der Mitte zwischen den
zwei extremen Ansichten, nach welchen das Buch entweder
streng historisch oder reine Dichtung ist. Beim Buch Zacharias
wird anerkannt, daß es aus zwei heterogenen Teilen besteht, was
sich aber einfach aus der verschiedenen hier und dort vorhandenen
literarischen Form erkläre. Der erste Teil ist das Werk
eines jungen, der zweite die Schöpfung eines alten Mannes, d.h.
von dem nämlichen in späteren Jahren geschrieben wie der erste.

Der ntl. Teil wird wieder durch eine Reihe von Beiträgen
allgemeinen Charakters eingeleitet. Ich erwähne davon eine gute
Beschreibung der jüdischen und der heidnischen Umwelt des NT,
einen Beitrag über die nicht-katholische Evangelienkritik, worin