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Ausgabe:

1958 Nr. 7

Spalte:

511-514

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Kaemmerer, Walter

Titel/Untertitel:

Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich III. 1958

Rezensent:

Bock, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 7

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damit freilich entschuldigt. Daß etwa zum „heiligen Kuß" 13, 12 nidit
auf die Monographie von Hofmann, sondern nur auf eine altere Arbeit
von Wünsche verwiesen wird, die dem Verfasser zudem nicht zugänglich
war (vgl. schon CNT Band VII, S. 155, Anm. 1), ist nicht weiter
schlimm. Aber warum ist der so überaus wichtige Aufsatz von Käsemann
über die Legitimität des Apostels aus der ZNW 1942 nirgends
berücksichtigt? Warum nicht Bultmanns Stellungnahme in den Symb.
Bibl. Ups. 9 von 1947 (zumal dieser ebenfalls Kap. 8 und 9 voneinander
trennt)? Berechtigt sind die zahlreichen Hinweise auf andere Bände des
CNT, auf das Vocabulaire biblique (vgl. ThLZ 1956, Sp. 845 ff.) sowie
auf Georges Godet, dessen Andenken H. diesen Band gewidmet hat.

Die Gelegenheit dieser Besprechung möchte ich nicht vorübergehen
lassen, ohne zu erwähnen, daß mir der Redaktionssekretär des CNT,
Pfarrer Dr. von Allmen, seinerzeit auf die in ThLZ 1955, Sp. 424 ff.
geäußerte Kritik freimütig geschrieben und u. a. mitgeteilt hat, der
Umfang der einzelnen Bände des CNT sei vom Mitarbeiterkreis in gemeinsamen
Beratungen festgesetzt worden, nur hielten sich leider nicht
alle Mitarbeiter an diese Abmachungen. Wichtiger noch ist sein Hinweis
: die besondere Lage des CNT bestehe darin, daß es das einzige
Kommentarwerk des französisch sprechenden Protestantismus sei und
nicht eines neben anderen, wie das für die deutschen Kommentarwerke
zutreffe. Bei diesen könne die Vielfalt der Möglichkeiten, wie ein
Kommentar angelegt sein kann, im Nebeneinander der verschiedenen
Kommentarreihen, deren jede einen anderen Typus der Kommentarproduktion
vertrete, zur Geltung kommen, und e6 sei normal, wenn in
diesem Fall die einzelnen Bände einer Reihe jeweils nach den gleichen
Richtlinien gestaltet und von möglichster Gleichmäßigkeit seien. Für
den CNT dagegen hätte es eine Verarmung bedeutet, wenn man sich
auf einen bestimmten Typus hätte festlegen wollen. Aus diesem Grunde
(gewissermaßen um die erwähnte Vielfalt doch auch zu nutzen und zu
bekunden) habe man es für angemessen gehalten, den einzelnen Mitarbeitern
freizustellen, ob sie mehr nach der Art des NTD oder des
Meyerschen Kommentars oder der Prophezei usw. vorgehen wollten.
Eine erfreuliche Großzügigkeit, deren Kehrseite dann freilich der beanstandete
Mangel an gleichmäßiger Ausrichtung der Bände des CNT
sein muß!

Der Mitarbeiterkreis des CNT hat übrigens neuerdings insofern
eine Veränderung erfahren, als Chr. Senft ausgeschieden und E. Trocme
(vgl. ThLZ 1957, Sp. 914) neu eingetreten ist.

Bern Wilhelm M i chael i s

KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES
UND TERRITORIALKIRCHENGESCHICHTE

merer, Walter: Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich
III. III. Abt., 1. Hälfte: 1442—1444 und 2. Hälfte, 1: 1444.
/Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1956. 622 S. 4° = Deutsche
/ Reichstagsakten, 17. Bd. I u. II, 1. DM 17.50 u. 64.—.

Der hier zu besprechende Band 17 der Deutschen Reichstagsakten
hat eine lange Entstehungsgeschichte, die die Leiden
und Größe der deutschen Geschichtswissenschaft während der
letzten 20 Jahre treffend widerspiegelt. Die Bestände des
1. Halbbands verbrannten unmittelbar nach seinem Erscheinen
(1939) bei einem Luftangriff auf Stuttgart im Verlagsgebäude,
so daß nurmehr vereinzelte Exemplare an die Öffentlichkeit gelangten
. Das Manuskript des zweiten, das nach Fertigstellung
bei der Bayer. Akademie der Wissenschaften in München hinterlegt
worden war, erlitt dort im April 1944 dasselbe Schicksal.
Der Bearbeiter des Bandes, Walter Kaemmerer, ließ sich durch
diese Schläge jedoch nicht entmutigen, sondern unterzog sich ein
zweites Mal der ganzen Arbeit, deren Mühen und Ausmaß wohl
nur der Eingeweihte voll zu würdigen weiß. Das Ergebnis dieser
ungewöhnlichen Energieleistung, die allein schon uneingeschränkte
Anerkennung verdient, liegt nunmehr größtenteils im Druck vor.

Der neue Band, mit dem die Historische Kommission ihre
Edition der Deutschen Reichstagsakten nach langer, durch die besonderen
Verhältnisse der Kriegs- und Nachkriegszeit bedingten
Pause wieder aufnimmt, umfaßt die Jahre vom Spätherbst 1442
bis Ende 1445. Im Mittelpunkt der beiden bisher erschienenen
Teilbände stehen 3 Reichstage, die allesamt in Nürnberg stattfanden
. Sie werden, sofern man vom Alten Zürichkrieg und dem
damit zusammenhängenden Einfall der Armagnaken absieht,
durchweg von der Kirchenfrage beherrscht oder, genauer ausgedrückt
, von dem Problem, wie man den leidigen Streit Papst
Eugens IV. mit dem Baseler Konzil beilegen und so die Einheit der

Kirche und den Frieden im Reiche wiederherstellen könne. Dieser
Umstand mag es auch rechtfertigen, in einer theologischen
Zeitschrift auf eine reine Aktenpublikation wie die Deutschen
Reichstagsakten näher einzugehen.

In diesem Kampf zwischen Papst und Konzil zu vermitteln,
war seit Jahren schon das vornehmste Ziel der vom Reich befolgten
Neutralitätspolitik, und noch im Sommer 1442 hatte der
Frankfurter Reichstag das Allheilmittel in der Einberufung eines
neuen, dritten Konzils gesehen. Um sich hierzu der Zustimmung
beider Parteien zu versichern, hatte er zugleich beschlossen, zwei
offizielle Gesandtschaften zu ihnen zu schicken. Von der schon
damals zu beobachtenden kirchenpolitischen Teilnahmslosigkeit
breiter Kreise stach die Haltung des Römischen Königs auffallend
ab. Wie peinlich genau er um diese Zeit noch auf die Wahrung
der beschworenen Neutralität bedacht, und wie wenig er andererseits
gesonnen war, sich durch die aufdringlichen Anbiederungsversuche
Papst Felix' V. aus seiner betonten Reserve hervorlocken
zu lassen, beweist schlagend der Verlauf seiner Schweizer
Reise im Herbst 1442 und sein abschließender Staatsbesuch bei
den Konzilsvätern in Basel (Nr. 1—20). Unter solchen Umständen
konnte die persönliche Aussprache freilich nur ein mageres Ergebnis
zeitigen; man könnte daher geneigt sein, ihr überhaupt
jegliche Bedeutung abzusprechen, wäre nicht eben bei dieser
Gelegenheit der Sekretär in der Konzilskanzlei, Enea Silvio
Piccolomini, in die Dienste Friedrichs III. getreten, dessen rasch
gewonnenes Vertrauen ihm binnen weniger Jahre den maßgeblichen
kirchenpolitischen Einfluß am Hofe verschaffen sollte.

Hatten die Baseler sich immerhin, wenn auch ziemlich verklausuliert
, bereit erklärt, das Konzil aus eigener Machtvollkommenheit
an einen König und Kurfürsten genehmen Ort zu verlegen
, so erhielten die von Reichswegen nach Florenz abgeordneten
Gesandten unter Führung des Kanzlers Kaspar Schlick von
Eugen IV. eine kaum verhüllte und in der Form bewußt verletzende
Absage (Nr. 21—29). Angesichts dieser zunehmenden
Verhärtung der Fronten war der, zudem schlecht besuchte Nürnberger
Lichtmeßtag (Nr. 30—49) von vornherein zum Scheitern
verurteilt; in einer Art Abschied (Nr. 44) wurde dem König lediglich
nahegelegt, binnen eines halben Jahres einen neuen Reichstag
anzuberaumen und inzwischen alle Vorbereitungen für das
geplante Konzil zu treffen. Wie zum Hohn — oder war es geschickte
Regie? — traf just, als man in Nürnberg eben im Begriffe
war auseinanderzugehen, der päpstliche Gesandte Carvajal dort
ein, um in einer knappen Erklärung gegen die schriftlichen Folgerungen
der Baseler auf die Antwort Eugens IV. Stellung zu nehmen
(Nr. 45).

Zweifellos hatten 6ich dadurch die Chancen der vom König
und Reichstag beharrlich verfolgten Neutralitätspolitik erheblich
verschlechtert, zumal beide damit in einen gewissen Gegensatz
zu den übrigen europäischen Mächten gerieten, bei denen eine
zunehmende Abkehr vom Konzilsgedanken unverkennbar war.
Gerade erst hatte Papst Eugen sich mit einem seiner gefährlichsten
Feinde, König Alfons von Aragon, vertragen und beraubte 60
die Baseler eines ihrer fähigsten Köpfe, des Erzbischofs Tudeschi
von Palermo. Aber auch im Reich wurden einige der prominentesten
Verfechter der Neutralität ihren bisherigen Überzeugungen
untreu: Erzbischof Dietrich von Köln gehörte seit dem Zwischenfall
, den sein Vertreter beim Empfang der Reichsgesandtschaft
durch Eugen IV. im November 1442 ausgelöst hatte (Nr. 22),
zu dessen erklärten Widersachern, die Kurfürsten Jakob von
Trier und Friedrich von Sachsen nahmen gar unter den Einwirkungen
der Luxemburger Erbfolgefrage (Nr. 50—55) förmlich für
den Gegenpapst Partei.

Hinzu kam, daß das Schwergewicht der Verhandlungen sich
zusehends vom Reichstag weg und anderwärts verlagerte. In diesem
Zusammenhang wäre zunächst auf das Mainzer Provinzial-
konzil zu Aschaffenburg im Juni 1443 (Nr. 88a/b) hinzuweisen,
auf dem auch Carvajal erschien, um den päpstlichen Standpunkt
näher zu begründen und zu erläutern. Noch ungleich bedeutsamer
wurde es, daß er sich im Herbst des Jahres, wie vor ihm schon
der Konzilskardinal, Patriarch Alexander von Aquileja (Nr. 56
— 58), auch an den königlichen Hof in Wien begab, um seine
Ausführungen von Aschaffenburg in etwas modifizierter Form zu
wiederholen (Nr. 59). Inzwischen hatte Friedrich III. gemäß dem