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Ausgabe:

1956 Nr. 3

Spalte:

185-186

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Meer, Frederik van der

Titel/Untertitel:

Katechese 1956

Rezensent:

Schultz, Werner

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Seite 1

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185

Theologische Literaturzeitung 1956 Nr. 3

186

des historischen Abstandes, der für alle historische Erkenntnis
konstitutiv ist. Aber das Problem ist eben verwickelter, als es
hei W. erscheint. Selbst das Stichwort „Bedürfnistheologie", das
W. mit Recht erneut in die theologische Debatte wirft, verdeckt
ein von W. zu wenig gewürdigtes Problem. Erst recht kann man
gespannt sein, wie W. von seinem Offenbarungsbegriff her und
mit seinem Programm der Enteschatologisierung-Entmythologi-
sierung die dogmatische Aufgabe lösen will.

Aber dazu müssen wir den zweiten Band abwarten.

Halle/Saale Erdmann Schott

Meer, F. van der: Katechese. Eine Unterweisung im Glauben der
Kirche. Köln: Bachem 1954. 343 S.. 8°. Lw. DM 18.-.

Das Buch ist die deutsche, in einigen Teilen gekürzte Übersetzung
einer holländischen Herausgabe, die im letzten Weltkrieg
erschien und in ihrer ersten Auflage rasch vergriffen war.
Wie aus dem von Kardinal de Jong zur Holländischen Ausgabe
gegebenen Vorwort, das auch in der deutschen Ausgabe wie<£r
abgedruckt wurde, hervorgeht, soll in dem Buch „das klassische
Gemeingut der Kirche" wiedergegeben werden, „wie es in der
Heiligen Schrift, den Liturgien und den kirchlichen Lehrentscheidungen
zu finden ist" (9), ohne „Apologetik und Kontroverse .
Unter Vermeidung der theologischen Fachsprache will es in der
religiösen Sprache unserer Zeit „die schlichte göttliche Wahr-

kenntnisses, beginnend mit einer Analyse des Glaubensvorgangs
überhaupt und endigend mit einem eschatologischen Ausblick
auf die kommenden letzten Dinge. Immer, wo der Verfasser im
Rückgang auf die Schrift oder die alten Gebete der Kirche in die
Tiefe des christlichen Glaubens hineinführt, wird der protestantische
Mensch sich angesprochen fühlen. So etwa, wenn es vom
Glauben heißt, er sei nicht Sache des wollenden und laufenden
Menschen, sondern des sich erbarmenden Gottes. In ihm enthülle
sich „die Absolutheit unserer Ohnmacht. Alles ist hier
Gnade" (20). „Wir sind Schuldige, Sünder. Keiner ist gerecht"
(26). Oder wenn von der Kirche gesagt wird: „Die Kirche ist
zeitlich", „nur ein Durchgangshaus." „In ihrer Zeitlichkeit ist
sie unvollendet und darum unvollkommen." „Ihre Amtsträger
sind Menschen, keine Engel" (300 ff.). Immer aber wird der Protest
rege werden, wenn unvermittelt mit diesen Feststellungen
wieder auf die kirchliche Lehrautorität zurückgegriffen wird,
wenn hervorgehoben wird, daß „die Bibel als einzige Autorität
versagt habe" und der einfache Christ sich an den Satz Augu-
stins halten müsse: „Ich würde den Evangelien nicht glauben,
wenn mich die Autorität der Allgemeinen Kirche nicht dazu bewegte
" (238), wenn dann ohne Abstrich die ganze Lehre der
katholischen Kirche bis zur Hölle und zum Fegefeuer als der
allein wahre Glaube vorgetragen wird, der sich oft so wenig
mit dem vereinbaren läßt „was Christum treibet".

So geht für den protestantischen Menschen durch das Ganze

heit" durch sich selbst sprechen lassen, die Glaubenswahrheit der | der hier vorliegenden Unterweisung ein Riß, der immer wieder

katholischen Kirche, die „gelegentlich scharfe Grenzen zieht".
Dabei greift es nicht nur auf die kirchlichen Lehrentscheidungen
zurück, sondern im reichsten Maße auch auf die alten Gebete und
Hymnen der Liturgie sowohl der römischen wie auch der griechisch
-orthodoxen Kirche, auf jene uralten liturgischen Formen,
in denen der christliche Glaube in seiner Eigentlichkeit einen
noch unverfälschten, starken Ausdruck findet.

Sehr geschickt und übersichtlich wird die Unterweisung ge- | wenr aufrufend,
gliedert nach der Dreiteilung des apostolischen Glaubensbe- i Kiel Werner Schultz

aufspringt: auf der einen Seite viel echtes und tiefes Glaubensleben
aus der Gebundenheit an Christus, auf der anderen Seite
strenge Gebundenheit an die Normen der Lehre der römischkatholischen
Kirche — beides unausgeglichen nebeneinander. In
der Tat: eine vorzügliche Unterweisung für den katholischen
Christen, sowohl nach Form wie nach Inhalt, für den protestantischen
Christen lehrreich, oft erbauend, aber durchweg zur Ab-

VON PERSONEN
In memoriam Albrecht Oepke

f 10. Dezember 1955
(Albrecht Oepke in seinem wissenschaftlichen Lebenswerk)

Gedenkwort, gesprochen am Sarg von Albrecht Oepke
Dem Herkommen der Theologischen Fakultät entsprechend, ob- : Freude an der historischen Kleinarbeit gelernt und ist in die metho-
liegt dem Dekan die schöne Pflidit, dem wissenschaftlichen Lebens- i dische Benutzung der Quellen eingeführt worden. Hier hat er auch die
werk des heimgegangenen Kollegen eine dankbare Würdigung zu wid- Ausrichtung auf Mischna und Talmud bekommen, die ihn, den mit
men. Nicht der Mehrung des Schmerzes, sondern der dankbaren Hin- glänzenden hebräischen Sprachkenntnissen Ausgerüsteten, zeitlebens zur
Wendung zu Gott, der den Heimgegangenen so reich gesegnet hat mit . Achtung und Benutzung dieser wichtigen Quellen geführt hat.
einer Fülle wissenschaftlicher Erkenntnisse, will die Erfüllung dieser Albrecht Oepke hat diesem Lehrer stets tiefe Dankbarkeit bePflicht
dienen. Nur dann geschieht sie nach dem Willen des Verewigten, wahrti und die Widmung sein£S großen Werkcs ;,Das neue Gottesvolk"
dessen Werke im Bemühen um das Verstehen der Heiligen Schritt zu an einen Studienfreund hebt dankbar hervor, daß er mit diesem ein
Gott und zu seinem heilsgeschichtlichen Handeln in Jesus Christus tun- Seminar bei Emil Schürer über den Hebräerbrief besucht hatte,
ren wollten. Alle die, die von ihm lernend und lesend empfangen o • , ^ . . . , ,.' . , r
ii , .. , -r- i » ca a j e,i-.>r,n<.in Unser Heimgegangener hat sich nicht nur der historischen Forhaben
, werden diese letzte Zielsetzung seines Schaffens und brkennens sj... „„„j. • u K s J ■ . . tu i j i
mt. , , . . , ., i . " senung verschrieben, wie es viele der jungen Theologen damals taten,
als zurecht bestehend beurteilen können. j;- j„,j. . , ^. c. , , d.v . . 6. .,

. ,. I ale clurch diese machtig aufstrebende Richtung sich in ihrem wissen-
Als vor einigen Jahren der Heimgegangene anläßlich eines Jubi- ; schaftlichen Streben angezogen fühlten. Eine starke systematisch-theo-
laums des Gymnasiums in Hameln, dem er seine humanistische Aus- , logische Begabung, verbunden mit den mannigfaltigen Einflüssen auf
bildung verdankt, die Gedenkrede im Namen des ältesten noch leben- > seine Frömmigkeit, hat ihn daran gehindert, über dem Streben nach
den Abiturientenjahrgangs halten mußte, hat er sich dieser Autgabe geschichtlicher Erkenntnis, die im AT und NT bezeugten heilsge-
mit besonderer Dankbarkeit hingegeben. Er wußte, daß seiner großen ; schichtlichen Tatsachen zu vergessen, zu denen ein Verhältnis nicht nur
Begabung für die klassischen Sprachen auch eine gründliche und sorg- Jurdl wissenschaftliche Forschung, sondern durch persönlichen Glau-
raltige Ausbildung zuteil geworden war durch tüchtige Lehrer. Oern , bensentscheid, und durch diesen in erster Linie, begründet wird. Versprach
er von den lateinischen Stil- und Redeübungen, die im Gymna- j mächtnishaft hat er in seinem Referat über die Auslegung der Abend-

sium seiner Zeit getrieben wurden, und ebenso gern hat er noch in den
Jahren seines Dekanats dann und wann einen lateinischen Brief geschrieben
.

Als er um die Jahrhundertwende die Universitäten zu Göttingen
und Erlangen bezog, bot sich ihm ein reiches geistiges Leben dar. In

mahlstexte des NT als Hilfe für das Abendmahlsgespräch der Kirchen
eingangs formuliert: „Ein Tiefenverständnis der Selbstdarbietung Gottes
ist nur möglich im Geist. Es handelt sich hier zuletzt um eine religiöse
Funktion, ein religiöses Erleben, das nur im persönlichen Gehorsam
gegen das ergangene und fort und fort ergehende Wort Gottes

Abkehr von der dogmatisch bestimmten Exegese war man bestrebt, zu wirklich sachgemäß erfahren werden kann"1,
einem historischen Verständnis der heiligen Schrift durchzudringen. Das Überblickt man das in der Literatur vorliegende Lebenswerk des

Zeitalter der religionsgeschichtlichen Forschung war damals im An- ; Heimgegangenen, rund 185 Nummern, muß man mit Recht erstaunt
bruch. aber auch die Periode der archäologischen Forschung begann sich j sein ül.er die pül|e des Geleisteten, wagte sich doch erst der einund-
rfl*!!611 Anfängen zu regen. Richtunggebend für das wissenschaftliche , dreißigjährige Pfarrer mit einer ersten Arbeit über „Religion und

Wirklichkeit", erschienen in der Neuen kirchlichen Zeitschrift, vor das

Forschen unseres Heimgegangenen als Lebensarbeit ist die Tatsache gewesen
, daß er in die Schule von Emil Schürer kam, des Begründers der
eigentlichen neutestamentlichen Zeitgeschichte. Bei ihm hat er die

') ThLZ 80 (1955), 131.