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Ausgabe:

1952 Nr. 3

Spalte:

167-168

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Aktensammlung zur Geschichte der Basler Reformation in den Jahren 1519 bis Anfang 1534 1952

Rezensent:

Wolf, Ernst

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167

Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 3

168

Otto Winckelmann in Angriff genommen, lag die Arbeit der
Sammlung und Bearbeitung dieser Akten für das badisch- pfälzische
Gebiet seit 1927 in den Händen des Staatsarchivrates
Dr. Krebs in Karlsruhe. Diese Gebiete stellen keine solche
Materialfülle wie Württemberg, da die Bestände durch die
Franzosenkriege des 17. Jahrhunderts stark reduziert sind.
Sind aber beträchtliche Materialien als verloren anzusehen, so
ist auf Grund des Erhaltengebliebenen es trotzdem noch möglich
, ein Gesamtbild von der Täuferentwicklung dieser Gebiete
zu gewinnen.

Das sorgfältig bearbeitete Aktenmaterial, das dieser Band
bietet, besteht aus Berichten, Briefen, Mahnzetteln und obrigkeitlichen
Instruktionen. Es handelt sich fast durchweg um
bisher noch nicht gedruckte und verwertete Urkunden. Die
Gegenstände wiederholen sich für die einzelnen Gebiete: Es
handelt sich um Geldstrafen, Güterbeschlagnahme, Ausweisung
, Unterbringung der Kinder, Erbschaften usw. Zeitlich gehören
die meisten Urkunden in die Jahre 1555—1618. Die früheren
Jahre sind nur durch vereinzelte Akten vertreten. Dabei
werden von bekannten Namen nur Kautz, Hetzer, Hubmaier
und gelegentlich auch Schwenckfeld genannt. Im allgemeinen
erfaßt die Bewegung die unliterarischen Schichten, die von namenlosen
Vertretern des Täufertums gewonnen und gefördert
werden. Das Verfahren der Obrigkeit dem Täufertum gegenüber
ist fast überall dasselbe.

Aus den Protokollen der Verhöre und Religionsgespräche
ergibt sich das Bild der theologischen Haltung, die das Täufertum
in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Gebiete der
Pfalz einnimmt. Die Auseinandersetzungen beziehen sich in
der Hauptsache auf die Zeit der Calvinisierung des Landes. So
verschieden die Berichte an sich sind, so ergibt sich für die Gesamtentwicklung
ein einheitliches Bild.

Wie im Laufe des Jahres 1951 mit Hilfe der amerikanischen
Mennoniten drei Bände der Täuferakten (Bayern II,
Baden-Pfalz und Hessen I) gedruckt werden konnten, so haben
wir die Hoffnung, auch das weitere vorbereitete Material bald
gedruckt zu sehen. Damit eröffnet sich der Forschung ein gewaltiges
Gebiet, dessen Durchdringung vermutlich die bisherige
Kenntnis der Täuferbewegung nicht nur erweitern, sondern
auch die geltende Auffassung dieser geistesgeschichtlich
so bedeutsamen Erscheinung in vielen Einzelzügen rektifizieren
wird.

Münster/Westfalen Robert Stupperich

Aktensammlung zur Geschichte der Basler Reformation in den Jahren

1519 bis Anfang 1534. Im Auftr. d. Histor. u. Antiquar. Ges. zu Basel

hrsg. v. Paul Roth. V. Bd.: Oktober 1530 bis Ende 1531 (XIV, 685 S.).

VI. Bd.: 1532 bis Anfang 1534 (XXIII, 472 S.). gr. 8°. Basel: Verlag der

Hist. u. Antiqu. Ges., Univ. Bibl. 1945/1950.

Die gelegentlich der Anzeige der vier ersten Bände dieser
Aktenpublikation (ThLZ 1943, 249L) ausgesprochene Hoffnung
, daß dieses Unternehmen ungehindert seinen Abschluß
erreichen möge, ist mit den beiden vorliegenden Bänden überraschend
frühzeitig in Erfüllung gegangen. Bei dem 1945 erschienenen
Bd. V mußte lediglich auf die abschließende Kollationierung
des druckfertigen Manuskriptes bzw. der Korrekturfahnen
mit den Originalen infolge der Kriegsverhältnisse zu
einem Teil verzichtet werden. So ist nunmehr neben den allgemeineren
Aktensammlungen Stricklers zur eidgenössischen
Reformationsgeschichte und neben denjenigen zur Züricher
Reformation 1519—1533 (Egli, Zürich 1879), zur politischen
Korrespondenz der Stadt Straßburg im Zeitalter der Reformation
(Virck, Straßburg 1882) und neben den Berner Reformationsakten
1521—1532 (Steck und Tobler, Bern 1923) auch
für Basel, und zwar in sehr viel größerem Umfang, das reformationsgeschichtliche
, vorzugsweise das reformationspolitische
Akten- und Urkundenmaterial gesichtet und zuverlässig ediert.
Damit hat der Basler Staatsarchivar Paul Roth das von Prof.
Emil Dürr auf Grund eines Beschlusses der Historischen und
Antiquarischen Gesellschaft zu Basel vom Jahr 1908 mit der
Bearbeitung von Bd.I (1921) begonnene Werk, an dem er
selbst bereits vom zweiten Band an mitbeteiligt war, nach dem
Tod E.Dürrs 1934 sert Band III allein zu Ende geführt. Eine
entsagungsvolle und respektable Leistung. Programmgemäß
ist der zeitliche Rahmen durch das Auftreten Zwingiis 1519
und durch die Basler Konfession vom Januar 1534 abgesteckt;
die räumlichen Grenzen sind durch den Besitzstand von Basel
Stadt und Land im Jahr 1534 angegeben, die sachlichen
durch die politischen, kultur- und rechtsgeschichtlichen Ereignisse
der Basler Reformation samt ihren Begleitumständen
und der durch sie beeinflußten Außenpolitik Basels. In der
Mitte steht also die Reformation als wesentlich politische Angelegenheit
. Es ist wichtig, sie grade auch in dieser Sicht zu
betrachten. —

Hinsichtlich der technischen Durchführung der Edition
sind die bisherigen Grundsätze — möglichst vollständiger Abdruck
der Dokumente nach den besten erreichbaren Vorlagen
unter Verzicht auf sachliche Kommentierung — nicht geändert
worden. Neben dem Basler Staatsarchiv hat das Generallandesarchiv
in Karlsruhe sich als besonders ergiebig erwiesen.
Gegenüber der von Strickler besorgten Aktensammlung zur
schweizerischen Reformationsgeschichte in den Jahren 1521
bis 1532 und gegenüber seiner Amtlichen Sammlung der älteren
eidgenössischen Abschiede konnte auch noch manches neue
Material innerhalb des Bereichs dieser Publikationen aufgespürt
und vorgelegt werden. Die Register sind über die bisherigen
hinaus insofern erweitert, als die Personennamen durch
Hinzufügung von Beruf oder Zunftzugehörigkeit näher bestimmt
und die Ortsnamen geographisch eingewiesen werden.
Da und dort (z.B. Domkapitel, Österreich, Schmalkalden,
Spielleute im Kappelerkrieg, Zünfte) zeigt sich ein Ansatz zu
einem Sachregister, das man gleichwohl noch vermissen muß.

Bd. V reicht mit insgesamt 743 Nummern von Oktober
1530 bis Ende 1531 und umfaßt eine für Basel ereignisreiche
und aufregende Zeit, die eidgenössischen Religionskriege bis
hin zu den Abrechnungen über den zweiten Kappeler Krieg
(523 a-ä-c), der Liste der Verwundeten, den Friedensartikeln
(644); den Kampf der Graubündner gegen Giangiacomo de
Medici (Müsserkrieg) und den sog. Galgenkrieg zwischen Basel
und Solothurn wegen der hohen Gerichtsbarkeit (von Nr. 260
an bis in Band VI hinein). Es geht zugleich inmitten dieser
Auseinandersetzungen um die Selbstbehauptung der Basler
Reformation und des hinter ihr stehenden Rates gegen Bischof
und Domkapitel und gegen revolutionäre Kräfte. Die „religion
der Stadt Basel" festigt ihre Gestalt; deutlich wird das an dem
zum Teil schon von E. Stähelin in seinen Briefen und Akten zum
Leben Oekolampads (Bd. II) veröffentlichten Komplex der
ersten Bannordnung (Nr. 76ff.), aber auch an zahlreichen Urfehden
und verschiedenen Anordnungen. Auch in der Verfolgung
des Täufertums — es spielt eine erhebliche, leider durch
das Register nicht erfaßbare Rolle (vgl. die Behandlungsgrundsätze
Nr. 124. 261) — und in dem Gutachten über Servet (358).
Besonders aber auch an dem schrittweisen Ubergang des kirchlichen
Besitztums an die Stadt und an den mannigfachen Anordnungen
für den Fall überraschender Gefährdung (z.B.
Alarmordnung, 496).

Bd. VI mit 400 Nummern für die Zeit vom Januar 1532
bis Januar 1534 läßt hingegen eine fortschreitende Beruhigung
erkennen; auch schon durch die Verringerung des Umfangs
(für 1532 Nr. 1—230; für 1533 Nr. 231—394). Synodalprotokolle
(101. 272. 273: Abklingen der täuferischen Gefahr), Listen
über Einkommen und Ausgaben aller Gotteshäuser (Nr. 227,
S. 190—224!), Entwurf und Gestaltung der Ehegerichtsordnung
(mit Einschluß der Scheidung) in Nr. 168 und 346, andere
Zuchtordnungen, wie z.B. ein Tanzverbot (156), die Regelung
der Pensionen für die Geistlichen und Religiösen aus den katholischen
Stiften, Kirchen und Klöstern ebenso wie die Ordnung
für die Ausbildung eines geistlichen Nachwuchses (258)
lassen das spüren. Nach außen hin die Beendigung des Solo-
thurner Konflikts (Berner Schiedsspruch, Nr. 217). Daneben
gibt es noch allerhand Beunruhigung, wie z.B. die Affäre des
Dr. Alexander Sytz (Nr. 271 usf.). Als Abschluß bringt Nr. 400
den Text des Basler Glaubensbekenntnisses vom 21. Januar
1534 nach vier Drucken. — Ein Nachtrag zu allen Bänden —
Nr. 401—414 — enthält u.a. den vollständigen Abdruck des
wichtigen Dokuments über die Ubergabe des Stiftes St. Leonhard
(1. 2. 1525), verschiedene Klosterinventare und ein höchst
charakteristisches Gutachten des Erasmus an den Basler Rat
über Buchdruck, lutherische Lehre u. a. m. Seine unentschiedene
Stellung hat Erasmus selten so knapp und unumwunden
ausgesprochen wie hier.

Bei dem reichen Inhalt der beiden Bände konnte nur auf
dasjenige andeutend hingewiesen werden, das auch für die allgemeine
Reformationsgeschichte aus dieser schönen Sammlung
zu gewinnen ist. Die Sonderfragen der eidgenössischen, der
städtischen und kantonalen Entwicklung werden in ungleich
stärkerem Maße noch aus dieser sehr zu begrüßenden Quellenpublikation
Material zu ihrer Klärung ausheben und verarbeiten
können. Es ist durchaus angebracht, mit einem Glückwunsch
an den Herausgeber zu dem in unserer Zeit bereits so selten
gewordenen Abschluß eines derartigen umfangreichen und
mühsamen Unternehmens zu schließen.

Göttingen E. Wolf

Gloede, Günter: Zucht und Weite. Calvins Weg und Werk. [2. Aufl.]
Gütersloh: Bertelsmann [1951]. 136 S. 8°. Kart. DM 6.—.

Die Sicht, unter der hier der Versuch gemacht wird, „einen
Einblick in das Leben und die Leistung Calvins" (S. 131) zu