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Ausgabe:

1952 Nr. 12

Spalte:

739-740

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Kolping, Adolf

Titel/Untertitel:

Sacramentum Tertullianeum 1952

Rezensent:

Altaner, Berthold

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739

Theologische Literaturzeitung 1952 Nr. 12

740

richtet. Man diskutierte die Echtheit, suchte ihre literarische
Gattung schärfer zu erfassen, oder deckte angebliche philosophische
Parallelen auf. Alle Gelehrten vertraten aber einmütig
die Ansicht, daß diese Vita eine unserer Hauptquellen für die
Erkenntnis des ältesten Mönchtums sei.

Hier setzt die feine und ergebnisreiche Studie von Hermann
Dörries ein, der im Gegensatz zur herrschenden Anschauung
auf die Sammlung der Apophthegmata Patrum als
primäre Quelle für unser Wissen über Antonius hinweist
(S.362). Aus dem Gerontikon bespricht er zunächst die 38 kurzen
Worte, die diesem in den Mund gelegt wurden, und versucht,
ihre Klangfarbe festzuhalten (S. 362—377). Daran schließt sich
eine Untersuchung über die Grundzüge der Vita (S. 378—388),
deren Besonderheiten aus der Theologie des Athanasius verständlich
gemacht werden (S. 389—402). Auf dieser Grundlage
wird der Unterschied zwischen Vita und Logion entfaltet
(S. 402—405). Ein kurzer Schlußabsclmitt zeigt, daß ersterer
allein ein geschichtliches Fortwirken beschieden sein sollte,
während „Wüste und Einsiedlcrzelle" allmählich zurücktraten
(S. 406—410).

Mit überlegener Sachkenntnis deckt Verf. die Eigenart der
Vita auf. Antonius ist hier nicht so sehr der Büßer, sondern der
Held und Uberwinder aller Versuchungen, er ist der große
Kämpfer, der tief in die Wüste, das Herrschaftsbereich der Dämonen
, vordringt, und er ist zugleich der große Streiter gegen
Häresie und Heidentum, während die Zelle sich keiner besonderen
Schätzung erfreut, das Logion wie die Beichte ganz fehlen
. Als Resultat ergibt sich die Erkenntnis, wie eine geschichtliche
Persönlichkeit in ein neues Licht gerückt wird. Athanasius
hat das ältere Mönchtum „entschränkt und umgebildet"
und es damit „eingeführt in die größere Geschichte" (S. 410).

Verf. ist wie wenige zur Durchführung dieser Aufgabe berufen
. Seine jahrelangen, eindringenden Studien haben ihn mit
dem ganzen Stoff vertraut gemacht. Sie fanden ihren literarischen
Niederschlag in mehreren Aufsätzen über das ältere
Mönchtum, in seinem großen Werke über „Symeon v. Mesopotamien
" und in seinen zahlreichen gelehrten Anmerkungen zur
kritischen Ausgabe der Macarius-Homilien, die wir E. Kloster-
mann verdanken — ihm ist auch zum 80. Geburtstag die Abhandlung
gewidmet. Sic ist durch sorgfältige Literaturangaben,
besonnene Kritik, treffliche methodische Bemerkungen, feinen
Spürsinn im Aufdecken auch subtilster Unterschiede und ausgesprochenes
Gefühl für Nuancen ausgezeichnet. Sie achtet auf
nebensächliche Züge und verliert sich scheinbar in Kleinigkeiten
, aber sie behält zugleich die große geschichtliche Entwicklung
stets im Auge. Indem sie erstmalig das Logion als primäre
Quelle in den Mittelpunkt der Untersuchung rückt, es mit der
Vita konfrontiert und deren Eigenart aus der Theologie des
Athanasius zu begreifen sucht, bedeutet sie eine nicht unwesentliche
Bereicherung unseres Wissens über das früheste Mönchtum
und dessen baldige Umformung durch Athanasius.

Mainz Walther Völker

Kolping, Adolf, Doz., Dr. theoi.: Sacramentum Tertullianeum. I.Unter"

suchungen über die Anfänge des christlichen Gebrauchs der Vokabel sacramentum
. Münster: Regensberg [1948]. 110S. 8°. Kart. DM6.—.

Wesentliche Teile der 1948 erschienenen Schrift wurden
bereits 1941 bei der kath.-theol. Fakultät in Bonn als Habilitationsschrift
eingereicht. Erst 1952 ist das Werk bei der
Schriftleitung der Zeitschrift eingetroffen. Die Wahl des Themas
hängt mit dem in der jüngsten Zeit besonders durch O. Ca-
sels Mysterienlehre hervorgerufenen Interesse für die Bedeu-
tungsgeschichte und Entwicklung des Wortes sacramentum
zusammen. Mit Recht und erklärlicherweise wurde die Feststellung
der Bedeutung des viel umstrittenen Terminus bei
Tertullian, bei dem das Wort sacramentum zum erstenmal
in der christlichen Latinität vorkommt, als Grundlage und
Ausgangspunkt für eventuelle weitere Untersuchungen gewählt
. In seiner gründlichen und methodisch sauber gearbeiteten
Studie hat der Verf. auch alle jene Momente in den Kreis
seiner Untersuchung einbezogen, die sprachgeschichtlich und
theologisch bei Tertullian mit dem Begriff sacramentum verbunden
sind.

Kolping behandelt deshalb nicht bloß die Problemlage
von sacramentum bei Tertullian, sondern untersucht ebenso
dieBedeutung des Wortes in der außerchristlichen zumal klassischen
lateinischen Sprache, dann weiterhin die neue christliche
Anwendung in den altlateinischen Bibelübersetzungen
und bei Tertullian und schließlich die klassische Anwendung
von sacramentum in der Bedeutung von Fahneneid, die Tertullian
bildlich auf das Taufversprechen überträgt, weil in der
Taufe wie beim Eid eine Verpflichtung und Weihe vorlag.

Die ergebnisreiche Arbeit wird hoffentlich vom Verf. selbst
oder von anderer Seite fortgeführt werden. Ich möchte darauf

hinweisen, daß die Spezialistin für altchristliche Latinität'
Christine Mohrmann, Vigiliae Christianae 1952, 64 neue sprachgeschichtlich
orientierte Untersuchungen zum Begriff .sacramentum
in Aussicht stellt.

Würzburg Berthold Altancr

KIRCHENGESCHICHTE : REFORMA TIONSZEIT

Hauck, Wilhelm-Albert: Die Erwählten. Prüdestination und Heilsgewißheit
nach Calvin. Gütersloh: Bertelsmann [1950]. 106 S. 8°. kart. DM6.50.
Der Verf. der Calvinmonographien über „Sünde und Erbsünde
nach Calvin", „Calvin und die Rechtfertigung", „Christusglaube
und Gottesoffenbarung nach Calvin", „Vorsehung
und Freiheit nach Calvin" hat mitdiescr Arbeit eineneue Untersuchung
eines Theologumenons bei Calvin vorgelegt. So füllen
sich die Untersuchungen des Verfassers allmählich zu einer
Theologie Calvins auf. Eine wichtige Aufgabe und eine dankenswerte
Gabe!

In einem 1. Teil behandelt der Verf. das Verhältnis von
Prädestination und Determination, von Prädestination und
Vorsehung, von Prädestination und Vorherwissen, das Christo-
zentrische der Prädestinationslehre Calvins und das Verhältnis
von Prädestination und Reprobation. Ein 2. Teil ist der Frage
von Prädestination und Heilsgewißheit einschließlich Berufung
, Wiedergeburt und Beharrung und der Frage von Prädestination
und Apokatastasis gewidmet, während ein 3 . Teil
die Frage von Prädestination und Ethik, Erwählung und Verantwortlichkeit
darlegt. Da der Verf. sich bereits ein halbes
Menschenleben lang in die Opera Calvini eingelesen hat und geschult
ist, den Befund bei Calvin zu fassen, bietet die Arbeit
eine korrekte Wiedergabe der Lehre Calvins, sowohl in ihrem
lokalen Gehalt wie in ihren Beziehungen zu den anderen Theo-
logumen, stellt also die Bedeutung der Prädestinationslehre im
Gesamtgefüge der calvinischen Theologie heraus. Die Darbietung
geschieht in faßlicher Form und guter Sprache, die esauch
Nicht-Theologen, den interessierten Laien, ermöglicht, das Buch
mit Erfolg zu lesen. Die Lateinzitate sind in guter Übersetzung
geboten und stehen außerdem unter dem Strich im Original.
So gleicht die Untersuchung einer gut gelungenen einsichtigen
und durchsichtigen Fotografie, einer Wiedergabe ohne Nebengeräusche
, Beifügungen und Auslassungen. Das ist ihr unbestreitbarer
Wert, der unter dem Namen des Verfassers ja auch
erwartet werden durfte.

Im einzelnen wird herausgearbeitet: Zu Prädestination
und Vorsehung: Prädestination und Vorsehung verhalten sich
bei Calvin wie zwei konzentrische Kreise eines auf Christus bezogenen
theozentrischen Inhaltes (ir). — Zu Prädestination
und Präsziens: Ungeachtet der Bedeutung, die das Vorherwissen
in der Theologie Calvins hat, wird die Erwählung durch
das Vorherwissen nicht entwertet, sondern bleibt entsprechend
der reformatorischen Konzeption der Rechtfertigung Zeugnis
der vollen Gnade Gottes: Gott ist der Handelnde, der Mensch
lediglich der Empfangende, und Gottes Zuvorwissen ist keineswegs
Bedingung und Voraussetzung seines Erwählungsrat-
schlusses. Das göttliche Vorherwissen beruht eher umgekehrt
auf der Prädestination (34/37). Ja Gottes Vorherwissen ist Folge
seiner Vorherbestimmung (41). So ist der Wandel nicht die
Voraussetzung für die Erwählung, aber die Heiligung gilt w*
ihr Ziel (36). — Zu Prädestination und Christologie: Daraus
ergibt sich die Bedeutung Jesu Christi für die Prädestination'
Er ist ihr Zeuge, Urheber und Mittler. Die Erwählungsleh^'
und mit ihr die Ethik Calvins ist grundsätzlich und ausschlief'
lieh christozentrisch (44 ff.). — Zu Prädestination und !<<-'-
probation: Der Heilsunterschied der Menschen untereinander
hat seinen Grund nicht in der Tugend der einen und der IW
tilgend der andern, sondern allein in Gottes Gnade, in Gott»
Vorherbestimmung (51). Der Verf. gibt die ReprobationaM»?
Calvins sozusagen als Zitat wieder: Die Aufnahme der l'rt'("^
bei den einen macht die ewige Erwählung sichtbar. Die AD
lehnung der Predigt bei den andern bedeutet ein Zeugnis "
die Reprobation — ohne diese Reprobation individuell a
wenden zu können. Damit ist die Erwählung einzelner bezeug
und die Wiederbringung aller verneint (66) . . . Wert

In dieser klaren Wiedergabe liegt, wie gesagt, der w
der Arbeit. Das ist aber auch ihre Grenze. Denn einerseits '."V n
die Arbeit eine Untersuchung, die in neuerer Zeit mit gh'11' je
Ergebnissen von verschiedenen Seiten unternommen jV'l(ije
und also nichts Neues zutage fördert. Andererseits geht ^
Arbeit — vermutlich mit Absicht, doch ohne Bekundung "^cjje
dem Prädestinationsgespräch vorbei, das durch die '!i ge-
Vorlage der dialektischen Reprobat ionsauffassung lebe"«11 g^j
worden ist. Der etwaige Einwand, es gehe hier um Calvm^
nicht um Barth, kann deshalb nicht gelten, weil Barth s