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Ausgabe:

1950

Spalte:

27-29

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Wambacq, Benjamin N.

Titel/Untertitel:

L' épithète divine Jahvé Seba'ôt 1950

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literatufzeitung 1950 Nr. 1

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ALTES TESTAMENT

Wambacq, B. N., O. Praem. (Docteur en Theologie et es Sciences Bibli-
ques, Bachelier en droit canon): L'iplthMe divine Jahv£ Seba'Öt. ßtude
philologique, historique et ex£g£tique. Paris: Descl6e, de Brouwer 1947.
XVI, 308 S. 8°.

Der erste Teil des vorliegenden Werkes (S. 1—45) gibt
einen Überblick über die für die Bedeutung des in der Verbindung
jahwe s'bä'öt vorkommenden sebä'öt bisher gemachten
Vorschläge,' nämlich „Heere (Israels)", Sterne, Engel,
Naturelemente, Dämonen, Universum. Der zweite (S. 50—100)
.behandelt das Vorkommen des Ausdrucks im masoretischen
Text sowie in der griechischen Ubersetzung der Septuaginta,
erörtert die an einzelnen Stellen seines Vorkommens auftretenden
textkritischen Probleme und erklärt die Verbindung
jahwe s'bä'öt damit, daß jahwe, weil die Idee „Gott" enthaltend
, mit einem „Genetiv" konstruiert werden kann, bestimmt
sie also als eine status-constructus-Verbindung. Der
dritte Teil (S. 101—271), der bei weitem umfangreichste,
bringt die in drei Abteilungen, eine philologische, eine historische
und eine exegetische, gegliederte eigentliche Untersuchung
, und ein „Abschluß" benannter letzter Abschnitt
faßt die Ergebnisse des gesamten Buches kurz zusammen
(S. 272—285). Vorausgeschickt ist der Darstellung außer Vorwort
(S. IX—X) und Inhaltsverzeichnis (S. XIII—XVI) eine
Bibliographie der bisher über unsere Frage veröffentlichten
Arbeiten (S. XI—XII), und ihr folgen Stellen-, Autoren- und
Sachregister (S. 287—308). Man sieht: es handelt sich um
eine groß angelegte Arbeit, die sich der Frage, um die es geht,
von allen Seiten her zu nähern versucht. Fehlt es auch nicht
an Wiederholungen und Breiten, so tritt doch eben dadurch die
dem Verf. vorschwebende Lösung des Problems um so klarer
heraus.

So sieht die von Wambacq vorgeschlagene Lösung aus:
Bei der Feier eines Sieges, den Israel gegen das Ende der
Richterzeit über seine Feinde davongetragen hat, ist von
einem an ihr beteiligten Gottesmanne die Benennung des Gottes
, der seinem Volke diesen Sieg verliehen hatte, als jahwe
s'bä'öt geprägt worden. Hat somit ein kriegerisches Ereignis
zu ihrer Entstehung den Anstoß gegeben, so besagt das keineswegs
, daß das in ihr enthaltene sebä'öt auf die Heere Israels
zu beziehen und jahwe s'bä'öt als ,',Jahwe der Heere (Israels)"
zu verstehen wäre. Vielmehr drückt s'bä'öt hier „Mächte" im
Sinne von Allmacht aus, und die Bestimmung Jahwes durch
diesen „Genetiv" hebt eben dies an ihm hervor, daß er der
Mächtige oder Allmächtige ist. Verleihung des Sieges an sein
Volk Israel hat freilich zu den Erweisen dieser Macht Jahwes
gehört, aber sie geht nicht hierin auf, und es wäre abwegig,
jahwe sebä'öt als Kriegsgott deuten zu wollen. Vielmehr ist,
wie die Israeliten von vornherein ihren Jahwe als den Allmächtigen
geglaubt oder doch geahnt haben, so auch jahwe
sebä'öt von Anfang an auf einen solchen Gottesgedanken hin
ausgerichtet gewesen und hat daher an der Vertiefung teil, die
Israels Gottesvorstellung in geschichtlicher Entfaltung erfahren
hat. Der keimhaft von Anfang an in dem Jahwe-Glauben
beschlossene, aber erst durch die Wirksamkeit der Propheten
klar herausgestellte Gedanke, daß Jahwes Allmacht
über sein Volk hinausreicht, die ganze Welt umfaßt und ihr
zum Heil im besonderen Israels Geschicke leitet, wird auch
für die Verwendung von jahwe sebä'öt mehr und mehr maßgebend
. Schon bei dem „Verfasser der Samuelisbücher" war
das der Fall. „Mit dem Gebrauch des Namens jahwe sebä'öt
hat der Verfasser der Samuelisbücher seine Mitbürger daran
erinnern wollen, daß die Errichtung des Königtums zum göttlichen
Plan paßt. Israel hat eine Mission, die keineswegs auf
den Bereich der Nation beschränkt ist" (s. 282). „Der Name
jahwe sebä'6t brachte dem Volk immer aufs neue seine universelle
Mission zum Bewußtsein. Jahwe Zebaoth, der allmächtige
Gott, leitet die Geschicke Israels, mit dem Ziel, seine
eigenen Absichten und seine eigenen Zwecke zu verwirklichen"
(S. 283). Vollends haben die Propheten, bei denen sich dieser
Name findet, Arnos, Jesaja, Jeremia, Haggai, Sacharja und
„Maleachi" voran, ihn zum Ausdruck der das Universum umfassenden
und es seinem Heilsplan dienstbar machenden Allmacht
ihres Gottes gebraucht.

Die vorhin gegebene Ubersicht über den Inhalt des Wam-
bacqschen Buches macht es deutlich, auf welchem Wege
dieses Ergebnis gewonnen wird. So brauchen nur noch einige
Strecken dieses Weges etwas genauer ins Auge gefaßt und auf
ihre Gangbarkeit hin geprüft zu werden. Bei dem Uberblick
über das Vorkommen von jahwe sebä'öt im masoretischen
Text wird S. 51 zu dem rnsSS DTlbs von Psalm 80, 8. 15
und dem rnsas DTlbs mm von Psalm 59. 6; 80, 5. 20; 84,

9 dargelegt, daß dort Qinbi* Ersatz für {-pPP und hier sekundäre
, eigentlich auch zu seinem Ersatz bestimmte Hinzufügung
zu rnrp ist, wie denn in der „elohistischen Psalmensammlung
" Psalm 42—89 (83) nim grundsätzlich, freilich
nicht ganz konsequent, durch QirtDN verdrängt worden ist.
Diese Beobachtung trifft zu und rückt damit die in älteren
Psalmen-Kommentaren vertretene Auffassung zurecht, daß
in Psalm 80, dessen Kehrvers in v. 4 EPStbK in v- 8 O^nbs
msOS un(im v. 20 rnsas n^nbs mm aufweist, durch die
Häufung der Benennungen Gottes eine Steigerung beabsichtigt
sei. Im Zusammenhang der Untersuchung des Vorkommens
der dem jahwe sebä'öt entsprechenden griechischen
Wortverbindung in der Septuaginta-Ubersetzung prüft der
Verf. auf S. 62—67 auch die Stellen 1. Sam. 4, 4; 2. Sam.
6, 2. 18 und kommt hier in etwas umständlicher, aber gründlicher
Untersuchung zu dem Ergebnis, daß die Ur-Septuaginta
-Ubersetzung an diesen Stellen keine Entsprechung
für s'bä'öt geboten habe und daß diese Tatsache zur Ausscheidung
von sebä'öt [auch aus dem hebräischen Texte
berechtige und dieses als eine sekundäre Hinzufügung ausweise
. Wie S. 66 ausdrücklich festgestellt wird, verliert damit
die weithin vertretene Annahme eines, wie immer gearteten,
Zusammenhanges zwischen sebä'öt und der Lade ihre Grundlage
. Denn dann ist 1. Sam. 4, 4; 2. Sam. 6, 2 nicht mehr von
der „Lade Jahwe Zebaoths, der übe'r den Keruben thront",
sondern von der „Lade Jahwes, der über den Keruben thront",
die Rede. An der Bestreitung jeglicher Verbindung zwischen
s'bä'öt und der Lade ist, wie wiederholt, etwa S. 170, ganz
deutlich wird, dem Verf. sehr viel gelegen, offenbar darum,
weil solch ein Zusammenhang den von vielen, namentlich auch
von E. Kautzsch, nachdrücklich behaupteten kriegerischen
Charakter des jahwe sebä'6t ebenso wie der Lade zu stützen
geeignet wäre. Gewiß— meint Wambacq — tritt Jahwe Zebaoth
, um sein Erbe, Israel, den Träger großer und aller Welt
geltender Verheißungen, zu schützen und so die Erfüllung
dieser Verheißungen zu sichern, Israels Feinden entgegen.
Aber das bedeutet keineswegs, daß er ein Kriegsgott sei und
als solcher mit derartigen Göttern der Nachbarvölker auf eine
Stufe gestellt werden dürfe (S. 169). Ähnlich soll es eine Verkennung
des Wesens der Lade bedeuten, wenn man sie, die
freilich ein sichtbares Unterpfand der Gegenwart Jahwes unter
seinem Volk auch in Kriegszeiten ist, als ein Kriegsheiligtum
betrachtet. Aber hier hat die ängstliche Sorge, das Wesen
Jahwes und damit auch seine Benennung als jahwe sebä'öt
und seine Repräsentierung durch die Lade davor zu bewahren
, daß sie als sich in kriegerischen Funktionen erschöpfend
gedacht werden, den Verf. offenbar zur Verkennung
des Tatbestandes verführt, wie er denn wenigstens für eine
Stelle, nämlich für Psalm 24, 10, die Verbindung von jahwe
s'bä'öt und der Lade, halb widerwillig zugeben muß (S. 66).
In Wahrheit stellt die Belassung von im Text von

1. Sam. 4, 4; 2. Sam. 6, 2. 18 und die damit gegebene Anerkennung
eines, wie immer gearteten und wann immer aufgekommenen
, Zusammenhanges zwischen jahwe s'bä'öt und
der Lade die — offenbar zutreffende — Behauptung Warn-
bacqs, daß s'bä'öt von Haus aus so etwas wie „Allmacht"
bedeute und keineswegs auf Erweisung der Macht im Krieg
zu beschränken sei, ganz und gar nicht in Frage, wie an
anderer Stelle des Näheren dargelegt werden muß.

Uberhaupt hätte Wambacqs Arbeit an Uberzeugungsund
Durchschlagskraft viel gewonnen, wenn sie etwas weniger
auf Wahrung der — nun einmal geschichtlich gegebenen und
weder ableitbaren noch bestreitbaren — besonderen Art des
Gottes Jahwe bedacht gewesen wäre und der historischen Kritik
denselben Spielraum zugestanden hätte wie der Textkritik
. Wenn es S. 171 heißt, daß die Lade ein sichtbares
Unterpfand der Gegenwart Jahwes unter seinem Volke war,
so ist das ohne Zweifel richtig, aber wenn dann fortgefahren
wird: „Sein Wille war kundgetan durch die in der Arche enthaltenen
Gesetzestafeln, während er selbst zwischen den
Cherubim thronte", so wird hier zum Schaden wirklich geschichtlicher
Erkenntnis des Sachverhalts die doch zum mindesten
weithin anerkannte Tatsache außer Acht gelassen, daß
die Vorstellung von der Lade als Behälter der Gesetzestafeln
erst für recht späte Zeit bezeugt ist und da unberücksichtigt
bleiben muß, wo es sich darum handelt, die ursprüngliche
Funktion der Lade zu ergründen. Ähnlich liegt es bei der
Würdigung von Psalm 24 auf S. 160—166 so, daß der Verf. zu
viel beweisen will und dadurch auch das wieder in Frage stellt,
was er wirklich wahrscheinlich gemacht hat. Die hier für die
Herleitung von Psalm 24, 7—10 aus der 2. Sam. 6 beschriebenen
Situation, also für die Erklärung des Stückes als eines
bei der Einholung der Lade durch David gesungenen Liedes
beigebrachten Gründe — neue wie alte — sind wirklich sehr