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Ausgabe:

1950

Spalte:

285-288

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Gerhard

Titel/Untertitel:

Das Ringen der katholischen Kirche um einen neuen Katechismus 1950

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285

Theologische Literaturzeitung 1950 Nr.4/5

286

Seit annähernd zehn Jahren sind die maßgebenden Kreise
der römisch-katholischen Kirche in Deutschland damit befaßt,
einen ganz neuen Katechismus auszuarbeiten.

Dieser höchst bedeutsame Vorgang verdient ohne Zweifel
das Interesse aller evangelischen Katechetiker.

Die folgenden Ausführungen wollen nichts anderes sein
als ein knapper Bericht, der informieren und orientieren soll.

___XTX „„,1 Ate „.,„•/(. kirchliche I Preis, den man bezahlt, zu hoch ist — nämlich wenn mit dem

SMÄSfi SÄ ^m^der | Hellenismus die Substanz zerflösse.

n Hier griff die Diskussion die Begriffe „Abgötterei" und | ^^^^Ä^
,,Opfer" auf. ' . ir ^ 1 •

Das Ringen der katholischen Kirche um einen neuen Katechismus

Von Gerhard Schmidt, Erlangen

Arbeit vorwärtsgetrieben durch Probedrucke einzelner Teile
(neuerdings eines solchen mit Proben der Bebilderung durch
Albert Burkart), durch Fragebriefe, Informationskurse, praktische
Erprobung von Einzelstückeu, Erörterung in den Kate-
chetischen Blättern. Die Gründlichkeit, Umsicht und Sachlichkeit
, mit der hier ans Werk gegangen wird, kann man nur
als vorbildlich bezeichnen.

An dem Fortschritt innerhalb der Teilveröffeutlichungen
ist zu erkennen, daß und wie kritische Hinweise und Verbesserungsvorschläge
jeweils verarbeitet werden.

IV.

Das neue Religionslehrbuch soll allen Anforderungen
genügen.

Vom pädagogischen Gesichtspunkt aus wird ein wirkliches
Lebensbuch für die Jugend verlangt, das nicht toten Wissensstoff
vermitteln soll, sondern durch lebensnahe Art und warmen
Ton begeistern kann.

Die theologischen Grundforderungen, nach denen der
Katechismus gestaltet werden soll, wirken dem bisherigen
Schulbuch gegenüber geradezu revolutionär. Sie lassen sich
etwa so wiedergeben:

Christus muß allenthalben im Mittelpunkt des Katechismus
stehen.

Die frohe Botschaft von seinem Reich und die Geschichte
des Heils müssen hervortreten.

Inhalt und Sprache sollen stärker biblisch bestimmt sem.
Die Lehre über die Vollendung von Kirche und Welt soll
entfaltet werden.

Wie man sieht — lauter Erkenntnisse, die dem tieferen
exegetischen Eindringen in das neutestamentliche Kerygma
verdankt werden. Kommentarwerke wie das „Regensburger
NT" tragen hier üire Früchte.

Eine flüchtige Uberschau über die Geschichte des
katholischen Katechismus in den letzten 400 Jahren ist zunächst
unerläßlich. Sie wird festzustellen haben, daß unter
den zahllosen (eine Zusammenstellung bringt allein für die Zeit
von 1847—1927 über 50 verschiedene Katechismen!) Ausgaben
im deutschen Sprachbereich jedenfalls vier als epochemachend
gelten müssen:

a) P. Canisius, dessen Katechismen als das klassische
^egenstück zu Luthers Schöpfung bis in die Aufklärungszeit
das Feld beherrschten.

b) I. Felbiger, der zunächst in Osterreich, dann aber
darüber hinaus größten Einfluß gewann. Er wurde mit seinem
Katechismus (1777) den geistigen und pädagogischen Forderungen
der Aufklärung gerecht ohne die Substanz semer
Kirche preiszugeben.

c) J. Deharbe (S. J.), dessen „Katholischer Katechismus
oder Lehrbegriff" 1847 erschien und für rund 80 Jahre
maßgebend wurde. Wie schon sein Name andeutet, war er
Weniger von katechetischen als von neuscholastisch-systema-
tischen Gesichtspunkten bestimmt.

d) Der Einheitskatechismus von 1925. Er war von
. Möiinich (S. J.) verfaßt und von nahezu allen deutschen

Diözesen angenommen. Der Gesamtstoff wurde hl drei Haupt-
Racken (Glaube / Gebote / Gnadeiimittel) mit insgesamt
286 Fragen behandelt.

II.

Schon lange vor dem zweiten Weltkrieg wurden gegen
fliesen Enilieitskatechismus allerlei theologische und katechetischen
Bedenken erhoben. Als die wichtigsten lassen sich
erwähnen:

Druekbild und Sprachgestaltung seien mangelhaft.

Die Abfassung sei zu lehrhaft-trocken und spreche die
Jugend nicht an.

Es werde zuviel Memorierstoff verlangt.

Das zweite Hauptsück von den Geboten sei zu eüiseitig
auf dem Dekalog autgebaut, wodurch die positive Entfaltung
und der christliche Gehalt der Sittenlehre zu kurz komme.

Heilsgeschichte, Reich Gottes und Eschatologie seien zu
Wenig berücksichtigt.

So war es durchaus zu verstehen, daß die Fuldacr Bischofs-
konfercnz bereits 1935 beschloß, den Einheitskatechismus
einer Revision zu unterziehen. Als sich nun herausstellte, daß
mit einer bloßen Überarbeitung nicht gedient wäre, gab der
Episkopat 1938 den Auftrag, einen völligen Neuentwurf zu
schaffen.

... Die Konferenz der Diözesanbeauffragten wurde sich u. a.
"Der folgende Forderungen einig:

An dem wertvollen Gedanken des Einheitsbuches ist festzuhalten
. Das Lehrgut soll in einer Form dargeboten werden,
~~ Aas Knid anspricht. Die Grundwahrheiten sollen in präg-
»annteu Merksätzen (mit Frage und Antwort) erscheinen. Die
. il der Fragen soll gegenüber dem Einheitskatechismus ver-
nigert werden. Nicht einem Ausschuß, sondern einem Einzelautor
soll die Abfassung des Lehrbuchs übertragen werden.

III.

Seitdem wird mit unermüdlichem Eifer und in hohem
Verantwortungsbewußtsein an der Fertigstellung des
Ruches gearbeitet. Der Krieg brachte natürlich eüie schwere
*ieinniung, aber keüieswegs eine Unterbrechung des Werkes.
Die technische und geschäftliche Seite besorgte der Deutsche
Katechetenvercin in München unter seinem bewährten Leiter
Msgr. Gustav Götzel. Die Verfasser des Textentwurfes sind
die beiden jungen Theologen Dr. Klemens Tilmanii und
fjranz Schreibmayr. 1944 erschien eine programmatische
Studie, herausgegeben von G. Götzel: „Auf dem Wege zu
Juieui neuen Katechismus". Nach dem Umsturz wurde die

Was den Gesamtaufbau anlangt, so kommt es zu auffallenden
Änderungen des bisherigen Buches:

a) An Stelle der reichlich anfechtbaren, anthropozentrischen
Eingangsfrage „Wozu sind wir auf Erden ? — Daß wir
den Willen Gottes tun und dadurch in den Himmel kommen"
erschemt nun em Einleitungslelirstück vom Reich Gottes.

b) Die Reihenfolge der dreillauptstücke ist m geschickter
Weise geändert. Zweites und drittes Hauptsück sind nämlich
vertauscht. Dadurch wird die bedenkliche Trennung der Sakramente
von dem Bereich des Glaubens vermieden.

c) Bei der Sittenlehre ist der Dekalog (aus theologischen
und psychologischen Gründen) ergänzt durch eine Herausstellung
der Güterlehre und der Liebespflicht.

Grundlegend neu ist die Textgestaltung nach Lehrstücken
. Diese bauen sich jeweils m drei Abschnitten auf:
Lehrtext / Merktext / Beitext.

Der „Lehrtext" bringt unter einer entsprechenden Uberschrift
eüie zusammenhängende Darlegung der betreffenden
Stoffeirdieit. In der Regel geht er von der biblischen Anschauung
aus und mündet in eüie Gruppe von knappen Wieder-
holungsiragen (ohne beigedruckte Antworten).

Ein paar kurze Fragen mit Antwort bilden die sog.
„Merksätze", die auch durch den Druck hervorgehoben süid.
Sie sind als der eigentliche Memorierstoff gedacht.

Drittens ist noch als „Beitext" em Abschnitt hinzugefügt
, der zur Lebensverwirklichung helfen soll. Es handelt
sich um biblische Sprüche, Väterworte, liturgisches Gut, Gebetstexte
oder gelegentlich auch um einen apologetischen Hinweis
. Also das, was man kirchliche Vertiefung und persönliche
Anwendung nennen könnte.

Man erkennt unschwer, wie der zentrale dogmatisch-
ethische Merkstoff, der selbstverständlich die eigentliche Sub -
stanz des Lehrbuchs ausmachen soll, durch die ausführliche
Darbietung der berichtenden und schildernden Abschnitte
unterbaut ist. Man wollte damit nicht nur der methodischen
Hauptforderung „Erst Anschauung, dann Begriff!" gerecht
werden, sondern auch theologisch dem Gang des göttliche 1
Offenbarungsgeschehens auf der Spur bleiben.

Als Beispiel sei das 40. Lehrstück im Aufriß gezeigt:
Überschrift: Die Kirche ist der Leib Christi.