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Ausgabe:

1943 Nr. 3

Spalte:

89-91

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Reuß, Joseph

Titel/Untertitel:

Matthäus-, Markus- und Johannes-Katenen 1943

Rezensent:

Klostermann, Erich

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Sit Theologische Literaturzeitung 1943 Nr. 3 4 90

dem Glauben, der die Definition des Verf.s voil erfüllt, Überlieferung aufstellte, 1902 in Verbindung mit Karo

in der reichen Welt antiker Religion? Pressen wir da in dem Catenarum graecarum catalogus eine summarische

nicht Leben in viel zu enge Begrrffe? Ferner hätte der Oesamtübersicht über den Bestand an Handschriften so-

Verf., statt dem Ganzen einen historischen Aufbau zu wie vorläufige Grundlagen für ihre Klassifizierung schuf,

geben, lieber nach systematischen Gesichtspunkten einen und schon mit diesen beiden Jugendarbeiten seine un-

Querschnitt durch sein Material legen sollen; ich glau- gewöhnliche Begabung erwies, nur Dinge von Wich-

be, sein Buch hätte großen Vorteil davon gehabt. Durch tigkeit, diese aber am entscheidenden Punkte anzupacken,

die historisch-chronologische Ordnung kommt obendrein Fast zur selben Zeit hatte man auf katholischer Seite be-

ein unangebrachtes evolutionistisehes Vorurteil in die gönnen, der Katenenüberlieferung einzelner biblischer Bü-

Gedankenführung, und der Verf. tut nichts um dem eher bis ins Letzte nachzugehen, so wie es zuerst

entgegenzutreten, im Gegenteil wird durch dLe in den . Faulhaber 1S99 für die Prophetenkatenen und Sieken-

Kapitelüberschrif'teii beliebte Formulierung „der Bei- berger seit 1S9S für die Katenen zum Lukas getan haben,

trag" der Mosezeit, der Umwelt, der einzelnen Hexa- Diesen Vorgängern aus den Zeiten vor dem ersten Welt-

teuchquellen, der Propheten, des Deuteroiiomiums, dies krieg reiht sich nach Rauer und Staab nun Joseph Reuß

Vorurteil ebenso unterstützt, wie durch den vorzeitigen würdig an mit einer Untersuchung über die Katenen

Schluß des Buches bei jeremia und dem Deuteronomium. zu den beiden ersten und dem vierten Evangelium,

Der Wirklichkeit des Alten Testaments wird das dem die das gesamte z. Z. erreichbare Haudschriftenmaterial

Stoffe aufoktroyierte Schema kaum ganz gerecht. Aber berücksichtigt und durch sorgfältigste Analyse wesent-

es ist gewiß, daß der Verf. sich an ein überaus schwie- liehe Ergebnisse erzielt.

riges Thema gewagt hat, wo kritisieren immer leichter ; Um von Oer Bedeutung der Arbeit einen Eindruck zu gewinnen,

ist, als es besser zu machen. So wollen diese letzten Be- vergleiche man beispielsweise ReuB' Feststellungen über die Matthäus-

merkungen nur als Hinweise auf Korrekturmöglichkeiten katenen mit denen des vierzig Jahre alleren Catenarum graecarum

verstanden werden; wenn sie zur Lektüre des bespreche- ^?£*H Es. sofo? *e Verschiedenheit in der /„hl der

n«n RmpIip- irnrl nvr Alleinr.Herset/lino mit den The- ert!ll!te" Handschriften auf: Karo-Uetzmann zählten rund 40 Num-

nen Buche* und zur Auseinandersetzung mit aenim wobei auch Manukripte »st- und sfldosteuropäiacher BiWiothe-

sen Balscheit's veranlassen, ist ihr Zweck erreicht. kcn ,inbcy0,fcn waren _ gufl, dcr diesc nicht S^cteiehuS

Oöttingen Kurt Mohlenbnnk kann gleichwohl rund 100 Nummern behandeln. Zu diesem menge»

1 mäßigen Unterschied kommt zweitens ein Fortsehritt in der Gruppierung
: Karo-Lietzmann ordneten ihr Material in sechs Verschiedene

KIRCHFNdF^CHlCHTK • 4LTE KIRCHE Haupttypen — Reuß stimmt zwar in Bezug auf fünf Typen hei -

KlIU^tiniMrZ^ni^riir.. iUll, Hiixi.ni, aber während Karo-Lietematm für ihren Typus I, die Cramer-Katene,

I nur eine Gruppe mit fünf Handschriften verzeichnen, stellt ReuB

Reu ss, Dr. thcol. habil. Dr. phil. Joseph: Matthäus-, Markus- und 1 djt.sc,,. ,„K|, rfrei miicrK Formen ,nit zusammen 36 Manuskripten

Johannes-Katenen. Nach d. handschriftl. Quellen untersucht. Mün- voraus; und während jene für ihren mit dem so» Petrus von

ster: Aschendorff 1041. (VIII, 264 S.) gr. 8" = Neutestamentl. Laodicaea zusammenhängenden Typus II 12 Codices "mit 1 Unter.

Afohandlgn. Bd. 18, H. 4/5. RM 12.7o. ; puppen zahlen, findet Reuß 6 Untergruppen mit 14 Handschriften.

Man hat sich wohl damit ZU trösten versucht, die alte Mit dieser Vermehrung und verfeinerten Klassifizierung des Materials

Kirche habe Besseres zu tun gehabt, als der Nachwelt : 8«W drittens Hand in Hand noch die genauere Feststellung des

Bibliotheken ZU schaffen (Haniack LG 1, XXVIII). Man j Alters der Typen, sowie genealogischer Beziehungen zwischen ein/einen

hätte auch sagen können: Bücher, und wenn sie den ' Handschr.fien. und am Ende ergibt sich eine Rangordnung der ver-

Besten ihrer Zeit genug getan, werden überall zur Ma- i f*"*™ T' ,"C v°" , xvc,tcrh'" auf d,eseM a*w Tä"

. MC" . K , p. s. ,i c j. tisen wohl zu beachten sein wird,

ku atur geworfen, sobald sie der Einstellung neuer Ent- _. u

Wicklunosstl.fen nicht mehr entsprechen - Warum sollte .... lautenden Einzeiheden seien hervorgeholt: i. die Aus.

WHSiuugssiurcu „ . i i iz- i i u„ , ftthrungen über den von Heinnci 1908 ans L cht gezogenen uml

ausgerechnet der Bezirk der Kirche von sc, eher Oesetz- :i|s einllcitUthes w,rk eines Petrus V1(„ uS^TToJSK «Ä

lichkeit ausgenommen sein? Tatsache bleibt eben doch, häuskommerrtar. Die schon von Devreeue wie von mir vertretene

daß von dem altkirchlichen Schrifttum nur ein geringer Ansicht, daß es sich hier einfach um die Katern; eines Anonymus

Bruchteil auf Uns gekommen ist. Das gilt im Allgemei- handle, der die Lemmata fehlen, wird von Reuß mit durchschlagenden

neu, und gilt auch im Besonderen von der reichen Gründen bewiesen; 2. die Feststellung, daß die Katenen des Makarios

Schriftexegese der alten griechischen Kirche. An Evan- '[ ChrysokephsJos praktisch wertlos sind, da ihr Inhalt bereits aus i>cs-

oelienerklarungeil Z. B. besitzen wir in leidlicher Uber- i semi Q'feUen bekannt ist; 3. die Ausführungen über den zumeist

Heferung aus vornieänischer Zeit nur noch gewisse Teile ~ von Antigen ^.entlieh, aber fälschlich dem Ori-

der grollen Kommentare des Origenes zum Matthäus St^ ^tet" 1 4^f n, ***»*k,™m?'r--Z^V"'

j at i j- iu i :.„ io i,i inU-UunJo,* scnisaenen Abarten, und 4. der Nachweis, daß für die späten Ev:in-

und Johannes, die man selbst im 13./14 Jahrhundert ,,ellinll<(1,llmcntar(! ^ Theophylakt wie des Eutl.vn.ios ZigaW.

gelegentlich noch einmal abgeschrieben hat; aus der sttere kjrtenen als Grundlage gedient haben. - Bei aller Zustim»

darauf folgenden Periode die exegetischen Homilieii des mung in den Hauptsachen wäre hier und da auch einmal Einspruch

Johannes ChrysOStoillUS, ebenfalls ZU Matthäus Ulld Jo- zu erbeben. So z. B., wenn Reuß S. 40 f. meiner vorläufigen Liste

hannes, und dann noch von Cyrill von Alexandrien etwa T.U. 47,2 vorwirft, Fehler Cramers übernommen zu haben — aber

fünf Sechstel seines Johannes-Kommentars. Das ist auf diese Liste sollte ja lediglich den Bestand bei Cramef registrieren,

diesem Gebiet schon alles, was sich im Originaltext er- °d«ri n* S. 23 A. i eine Behauptung über die Bedeutung

halten hat der Abkürzung L>o zugeschrieben wird, die in dieser Allgemeinheit

Die oroßen Lücken, die hier klaffen, lassen sich nun ™*te)ic* ^ wäre "7 aber j* '»«e nur ™ de»> ei»«n cod.

.,11 ■ • ° uT„ „pwicQPn fir-.de -.usfüllen wenn MonaC' Sr- 208 gesprochen, und für diesen stimmt meine Behaup-

allerdings bis zu einem gewissen Urade austullen, wenn t Ckkr endlich, wenn s. 223 die von mir festgestellte

man die exegetischen „Blutenlesen'' heranzieht wie sie licyMnm, zwigchen Origenesfragmenten im cod. Berol. Quart 77

eine EpigOlienzeit spätestens vom 0. Jalirlllllldea ab her- llm| Theophylakt kurz als Irrtum der Handschrift bezeichnet wird

vorgebracht hat. Man nennt sie Katenen, d. Ii. Ketten- — aber so einfach ist dies dreieckige Verhältnis doch nicht aufzu-

kommentare, Weil in ihnen der Bibeltext Von Vers ZU klären: der Bcroünetisis stimmt zwar mit Theophylakt in einer Exegese

Vers durch Ausschnitte aUS den bedeutendsten Erklärern vollkommen überein, aber er bezeichnet sie trotzdem als Eigentum

der" Vergangenheit begleitet wird, die wie die Glieder des Origenes, und sie stammt auch wirklich aus Origenes, vgl. /. B.

einer KeUe'an einander hängen. Die Bedeutung die- Origenes XII, 1. Nr.. 3361

ser Katenen als Nebenquellen war auch früheren Jahr- Zum Schluß noch etwas Allgemeines in eigener
hunderten keineswegs verborgen geblieben; was fehlte, Sache! Als Herausgeber einzelner altchristlicher Schrift-
war ihre systematische Ausnutzung: Man wird sagen werke habe ich mich früh auch mit ihrer Kateneiiüberlie-
dürfen, daß diese erst seit etwa fünfzig Jahren im ferung vertraut zu machen gehabt. So habe ich die
Wettbewerb protestantischer und katholischer Forscher Bedeutung der hierher gehörigen sog. Eklogai des Pro-
eingesetzt hat. Unter den ersteren sei hier nur Lietz- kop von Gaza für die Oktateuchexegese des Origenes
mann genannt, der 1897 in seiner Schrift „Catenen" (1894 TU 12,3b), für Eusebs Topographie Palästinas
ein Programm zur planmäßigen Erfassung dieser ganzen (1902 TU 23,2b) und für seine Demonstratio (1913,