Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1942 Nr. 12

Spalte:

343-344

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Handwörterbuch des Islam 1942

Rezensent:

Heffening, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

343

Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 12

344

anderes als daß aus dem Begriffe des Eschatologischen schehen, wie das NT. es versteht? Läßt sich das

das für das Neue Testament Entscheidende herausge- Evangelium „entmythologisieren", ohne es

brachen ist, nicht etwa nur eine mythische Vorstellungs- 1 zu verkümmern? — Freilich, wenn der „Kritik,

form, sondern das Warten auf das Ende, auf die neue die vom naturwissenschaftlichen Weltbild ausgeht" (31),

Welt Gottes, die reale Überwindung des Todes und i das entscheidende Wort in der Theologie gegeben wer-

Erlösung der Leiblichkeit, die vollkommene Gerechtig- den soll, dann haben alle diese Fragen an B. keinen Sinn,

keit. Soll auch dieses alles Mythologie sein? Sind wir , Denn das naturwissenschaftliche Weltbild erlaubt wohl

auf die letzten Dinge nur „bezogen", oder kommen das Reden von der ständigen Bezogenheit unserer Exi-

sie wirklich, sodaß wir mit unserer Geschichte in die stenz auf eine intelligible Welt „letzter Dinge", aber

Welt der Ewigkeit, diese in unsere Geschichte eingeht, sie niemals das Bekenntnis zum Kommen des Reiches Got-

vollendend? Sagt B. hierzu Nein — was ist dann eigent- tes in unsere Welt — es sei denn, daß man das Reich

lieh noch geblieben von dem „Existenzverständnis des „existential" nur als Wandlung des menschlichen Exi-

Nenen Testamentes"? Sagt er aber Ja, wird dann nicht steiizverständnisses, der Haltung des Menschen verstehen

seine eigene Theologie notwendig „mythologische" Züge, | will, statt als die Leiblichkeit und Welt einschließende

im Sinne seines Sprachgebrauchs, tragen? Wenn Jen- reale Erlösung,
seits und Diesseits sich einmal durchdringen werden, darf

sich die Theologie dann dem Gesetze beugen, alles Es gibt keine Eschatologie, die nicht ihrem We-
als mythisch zu kennzeichnen und preiszugeben, worin sen nach „mythologisch" wäre. Eine „entmythologi-
„das Jenseitige als Diesseitiges erscheint" (36)? Rückt I sierte" Verkündigung wird eschatologielos sein. Eine
nicht eine ernst und eigentlich gemeinte Eschatologie I Theologie, welche die Eschatologie ernst nimmt, wird
—und meinen wir sie nicht ernst, so wäre es besser, das „Mythologische" anders differenzieren und dem-
den Begriff ganz fallen zu lassen — vieles angeblich | gemäß differenzierter beurteilen müssen als es bei Bult-
Mythische in ein ganz neues Licht, z. B. das Osterge- mann geschieht.

HE LIGIONS W1SSENSCHA IT ; Uneinheitlichkeit der großen Ausgabe in Namen wie

'Umar oder 'Omar zu Gunsten der U-Schreibung besei-

Handwörterbuch des Islam, im Auftrag d. koninklijke Akademie van tigt ist, was das Nachschlagen sehr vereinfacht. Das

wetenschappen Amsterdam hrsg. v. A. J. Wensinck f u. J. H. Transkriptionssystem als solches mußte natürlich aus

Kramers. Leiden: Brill 1941. (vili, 833, 6 s., 9 Taf.) 4°. technischen Gründen hier noch beibehalten werden, ob-

, ,. , . , .. .. w* 257~' wohl auf dem Internationalen Orientalistenkongreß zu

Den Plan zu der vorliegenden einbandigen Ausgabe Rom im jahre 1Q35 ein einheitliches Umschriftsystem

der Enzyklopädie des Islani hatte vor Jahren der im zustande ^kommen ist. Im ganzen werden 648 Artikel

Sommer 19J9 verstorbene Professor der orientalischen geboten. f3avon sind 459 auf der EI übernommen und

Sprachen J A Wensinck in Leiden im Auftrage der Am- *ur hinsichtlich der Literatur ergänzt, was allerdings

sterdamer Akademie ausgearbeitet, der seit Jahrzehnten ,eider nidlt einiieitlich durchgeführ! ist; 154 Artikel sind

d!f-uGfuer^lreMktJ0n, ' EnZykl°P,adie rde! Is,lam ' durch Ergänzungen auf den heutigen Stand gebracht
(EI) geführt hatte. Nach dessen allzu frühem Tode über- Einzeln€ Artikel wie Arabien, Turbfn, 'Urs wurden für
nahm sein Nachfolger Prof. Kramers die Drucklegung, das Handwörterbuch mit Recht gekürzt. Alle Artikel
die dann durch den mittlerweile ausgebrochenen Krieg wurden aber sowejt wfe mö ljch v*„ den Autoren sonst
nochmals verzögert wurde. Diese kleine Ausgabe der EI aber yon de,. Redaktion revidiert Endlich sind 35 Ar-
ist in erster Linie als handliches Nachschlagewerk für tike, dje in der ßen Ausgabe feblten neu hinzuge-
den Religionswisscuschaftler und den sonst am Islam n- kommen, unter anderen: Adatrecht (R. A. Kern), 'Akfda
teressierten gedacht. Sie stellt einen Auszug aus der • , ^ r. 1 ^ 1. ,-r- , r> , ,
5-bändigen EI dar und berücksichtigt nur die Artikel, die i): A- Wensinck), Bektashiya (Tschudi), Bohoras, Imam,
sich auf den Islam als Religion beziehen. Sie enthält KhodJa (Ivanow), Hanafitcn, Malik.ten (Hetfening), al-
aber nicht nur Sachartikel, sondern auch die wichtigsten ; Ibädiya (Lewicki), Marabout (Levi-Provencal), Fakhr al-
Theologen, Juristen und Mystiker des Islam. Prinzipiell ; Din al-Räzi (Krämers) und über die Mystik die Artikel
sind gegenüber der großen Ausgabe alle historischen, Bast, Dhu T-Nun,al-Djunaicl, Ibn al-Färid, Kabd, al-SulamI
geographischen und literargeschichtlichen Artikel wegge- (Arberry). Auf eine Anführung sonstiger wichtiger Artikel
lassen, mit Ausnahme der wichtigsten Zeitgenossen des ; kann ich hier verzichten, da die große Ausgabe allgemein
Propheten und derjenigen Orte, die für den Islam von bekannt ist. Die Sachartikel stehen wie in der großen
besonderer Bedeutung sind wie z.B. Mekka, al-Madlna, Ausgabe unter den arabischen Stichwörtern, was dort
Mina, Nadjaf, Mashad. Bei den juristischen Artikeln, die wegeil der gleichzeitig erscheinenden verschieden-sprachi-
sich nicht auf das rein Religiöse beziehen, sondern den ! gen Ausgaben technisch notwendig war; um diesem Man-
zivilrechtlichen Sektor der Sharl'a betreffen, sind die ; gel abzuhelfen, ist dem Handwörterbuch für den NichtHerausgeber
leider uneinheitlich verfahren. Das Ehe- ' Fachmann auf drei Seiten ein deutsches Sachregister bei-

und Erbrecht ist natürlich berücksichtigt; aber man fragt
sich vergeblich, warum Artikel wie Kafäla, KatI, Mad-
mün, Ta'zir aufgenommen wurden, dagegen 'Äbd, Rahn
Sarik, Wadl'a usw. nicht. Auch sonst vermißt man den
einen oder anderen Artikel, so vor allem über Heilige
wie Sitti Naflsa, al-Sabtl usw. Wünschenswert wäre es
auch gewesen, wenn man die Abschnitte über die Religion
aus Artikeln wie Indien, Marokko, Tunesien aufgenommen
hätte, da sie grade die landschaftliche Ausprägung
des dortigen Islam behandeln. Jedoch waren
hier gewiß Raumrücksichten maßgebend, um den Umfang

gegeben, mit dessen Hilfe alle wichtigen Dinge leicht
und bequem gefunden werden können. Dies Handwörterbuch
hat neben der großen Ausgabe der EI einen
durchaus selbständigen Wert, da es sowohl durch neue
Artikel ausgestaltet als auch auf den heutigen Stand der
Forschung gebracht worden ist. In diesem Zusammenhang
seien auch die neuen Bildbeigaben besonders erwähnt
. Im ganzen genommen ist dies Handwörterbuch
ein wohlgelungener Wurf und berufen, das handliche,
aber längst veraltete Dictionary of Islam von Hughes
voll und ganz zu ersetzen.

und damit den Preis des Buches nicht allzu stark an- Bonn w. Heffening
wachsen zu lassen. Man war daher gezwungen, irgendwo 1

einen Schnitt zu machen, wobei es natürlich schwer ist, Wylick, Carla van: Bestattungsbrauch und Jenseitsglaube

eine jeden befriedigende Auswahl zu treffen. Manche auf Celebes. Diss. d. phil.-hist. r'ak. d. Univ. Basel. 1940. (248 S.,

Artikel der großen Ausgabe sind auch durch Verweise 10 S.. Abb.) 8°.

auf umfassendere Artikel ersetzt, wie auch sonst mit Ver- | Eine sehr fleißig und gründlich gearbeitete Disser-

weisen nicht gespart ist. Zu begrüßen ist es, daß die | tation der philosophisch-historischen Fakultät der Uni-