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Ausgabe:

1941

Spalte:

221-224

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Matteo, Ignazio di

Titel/Untertitel:

La divinità di cristo e la dottrina della trinità in Maometto e nei polemisti musulmani 1941

Rezensent:

Stadtmüller, Georg

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Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 7/8

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Reform des Theologiestudiums, Freiheit der theologl- j
sehen Wissenschaft (aber nur innerhalb gewisser Grenzen
!) sind doch bescheiden und bleiben am Äußern han- j
gen. Das Papsttum soll bleiben. Es wird im 12. Kapitel
im Anschluß am Heiler das Idealbild eines Papa j
Angelieo gezeichnet, das in ähnlicher Weise nicht ver- |
wirkliebt werden kann. Es ist außer Acht gelassen1,
daß die Kirche in der Welt steht und darum auch äußere
Formen irgendwie annehmen muß, um wirken zu kön- j
nen. — Alles hängt damit zusammen, daß die Männer,
die in diesem Buch reden, das Wesen der Reformation
doch nicht erkannt haben. Sie sind stark von der evangelischen
Theologie beeinflußt. Sie haben das weite
Herz, das überall .christliche Brüder sieht, auch wenn
sie äußerlich in einer andern, Kirche leben. Sie sehen i
viel Gutes an Luther. Aber worum es ihm ging, das !
ist ihnen nicht klar. Luther wird als tief religiöse Persönlichkeit
anerkannt, in der bedeutsame religiöse Werte
aufgebrochen seien. Aber es habe ihm der Blick für die
reale Wirklichkeit gefehlt. Darum habe er als Kirchenorganisator
versagt. „Durch diese Beseitigung lebenswichtiger
Formen und Mittel hat er jene religiöse Verarmung
und tiefe Volksentfremdung heraufbeschworen,
die für den heutigen Protestantismus charakteristisch
sind." (S. 31). Das ist doch wohl etwas oberflächlich ge-
urteilt. Man denke nur an den Niederschlag evangelischer
Frömmigkeit in uinserm Oesangbuch. Auf S. 41
wird die Hoffnung ausgesprochen, daß die beiden Konfessionen
sich finden werden, wenn auf beiden Seiten
eine junge Generation heranwächst, die, gestählt durch
die Auseinandersetzung mit dem modernen Naturalismus
, nicht über theologische Zwirnsfäden stolpern, sondern
aufs Ganze sehen wird. — So liegen die Dinge
nicht. Was die Konfessionen trennt, sind nicht bloß theologische
Zwirnsfäden. Das muß gerade auf evangelischer
Seite stark betont werden.

Während das erste Buch von Mensehing herausgegeben
wurde, hat dieses Mal Hermann Mulcrt die Herausgabe
übernommen. In seinem Vorwort sagt er, diese
Bücher wollen ein Beitrag zur Überwindung konfessioneller
Enge sein. . . In diesem Sinne wird der Evangelische
das Buch gern annehmen und mit Dankbarkeit begrüßen
. Aber es soll auch nicht eine Verwischung der
konfessionellen Grenzen herbeigeführt werden.

Berlin-Schöneberg Martin Stäglich

Di Matteo, Ignazio: La Divinita di Cristo e la dottrina della
trinitä in Maometto e nei polemisti musulmani. Rom: Pontificio
Istituto Biblico 1938. (85 S.) gr. 8° = Biblica et Orientalia N. 8.
(Sacra Scriptura Antiquitatibus Orientalibus Illustrata). Lire 21 - .
Diese von dem päpstlichen Bibelinstitut veröffentlichl-
te Studie sucht zwei Thesen zu beweisen, die, wenn sie
richtig wären, eine unabsehbare Bedeutung für die weitere
Entwicklung der geistigen Auseinandersetzung zwischen
Christentum und Islam hätten. Denn mit der
Richtigkeit dieser Thesen kämen die entscheidenden Differenzpunkte
der beiden Weltreligionen in Wegfall. Die
Hauptthese, deren Nachweis in dem ersten Kapitel des
Buches versucht wird, lautet: Die in der islamischen Welt
heute und seit frühislamischer Zeit allgemein herrschende
Ansicht, Mohammed habe die Göttlichkeit Christi abgelehnt
, ist unrichtig. Im Koran wird vielmehr nur ausgesagt
, daß Christus nicht der Sohn Gottes ist (S. 3).

Zur Begründung dieser aufsehenerregenden Behauptung behandelt
der Verf. dann der Reihe nach die einzelnen Koranstellen, an denen
von Christus die Rede ist. Daraus ergibt sich für ihn der zusammenfassende
Schluß: Mohammed lehrte nicht ausdrücklich die Göttlichkeit
Christi, aber er lehnte diese Anschauung auch nicht ausdrücklich ab.
Es erscheint wahrscheinlich, daß er zum Glauben an die Göttlichkeit
Christi neigte. Den Beweis für diese ungeheuer schwer wiegende Behauptung
ist der Verf. jedoch völlig schuldig geblieben. Was als angeblicher
Beweis vorgebracht wird, sind großenteils spitzfindige Interpretationen
, auf denen der Verf. seine allzu gewagten und unhaltbaren
Schlußfolgerungen aufbaut, oder es handelt sich dabei um ganz allgemeine
Aussagen Mohammeds über Christus, die gar nichts näheres besagen
und jedenfalls keinen Schluß auf Mohammeds Christologie zulassen
. So knüpft der Verf. an die Tatsache, daß Christus von Mohammed
als das „Wort Gottes" bezeichnet wird, folgende „Beweisführung
" (S. 5—7): Mohammed übernahm den Ausdruck „Wort
Gottes" von den Jakobiten und Nestorianern. Das ist möglich, bestenfalls
auch wahrscheinlich, aber durch nichts bewiesen. Greifbare Anhaltspunkte
für diese Behauptung fehlen. Mohammed kann den allgemein
christlichen Ausdruck „Wort Gottes" ebensogut auch von den im
6. Jahrhundert in Syrien noch zahlreich vorhandenen „Orthodoxen"
(Melchiten), d. h. von den Anhängern der Reichskirche übernommen
haben. Diese Jakobiten und Nestorianer verstehen, so behauptet der Verf.
weiterhin, unter „Wort Gottes" schlechthin „Gott". In diesem Sinne
müsse daher auch Mohammed diesen Ausdruck gebraucht haben. Nicht
genug mit dieser „Beweisführung", der zur Oberzeugungskraft wirklich
alles fehlt, versucht der Verf. sogar nachzuweisen, Mohammed habe
den Begriff „Wort Gottes" nur von den abessinischen Jakobiten übernommen
, die sich in Mekka aufhielten. Als Begründung dafür werden
ganz allgemeine Erwägungen angeführt, die gar nichts besagen.
Weiterhin bringt der Verf. folgende Beweise bei für den Glauben Mohammeds
an die Göttlichkeit Christi: Mohammed war überzeugt von
der Jungfraugeburt Christi (Kor. 3, 52). Christus wird von Mohammed
hoch über alle anderen „Lehrer und Mönche" gestellt (Kor. 9, 31).
Diese beiden Tatsachen beweisen jedoch nur, daß im Glauben Mohammeds
Christus hoch über die Sphäre des Gewöhnlich-Menschlichen
hinausgehoben war, sie geben keinen Anhaltspunkt für einen angeblichen
Glauben Mohammeds an die Göttlichkeit Christi. Vergeblich
versucht der Verf. auch die der zu beweisenden These entgegenstehenden
gewichtigen Koranstellen 5,19; 5,79 und 5,116, die sich gegen
die Göttlichkeit Christi klar aussprechen, zu entkräften: „Wahrlich,
ungläubig sind, die da sprechen: ,Siehe, Allah, das ist der Messias,
der Sohn der Maria'. Sprich: ,Und wer hätte über Allah Macht, so
er den Messias, den Sohn der Maria, und seine Mutter und, wer auf
der Erde allzumal, vernichten wollte?'." „Nicht ist der Messias, der
Sohn der Maria, etwas anderes als ein Gesandter (Apostel); ihm gingen
Gesandte (Apostel) voraus. . .". „Und wenn Allah sprechen wird:
,0 Jesus, Sohn der Maria, hast du zu den Menschen gesprochen:
Nehmet mich und meine Mutter als zwei Götter neben Allah an?'
Dann wird er sprechen: ,Preis sei Dir!' Es stellt mir nicht zu, etwas
zu sprechen, was nicht wahr ist. Hätte ich es gesprochen, dann
wüßtest du es. . ."

Mit Hilfe von solchen unhaltbaren „Beweisführungen" kommt der
Verf. d ann zu seiner Schlußfolgerung: Mohammed lehrte nicht ausdrücklich
die Göttlichkeit Christi, aber lehnte diese Anschauung auch
nicht ausdrücklich ab. Er neigte wohl innerlich zum Glauben an die
Göttlichkeit Christi. — Daß diese These unhaltbar ist, geht schon aus
den drei genannten Koranslellen hervor, um deren schwierige Umdeu-
tung und Entkräftung sich der Verf. bereits eifrig, aber aussichtslos
los bemüht hat.

Das zweite Kapitel behandelt die Ablehnung der
Göttlichkeit Christi durch die islamischen Polemiker,
die der Reihe nach in zeitlicher Folge einzeln besprochen
werden:

Al-Qäsim (t 860), Al-Gähiz (f 868/9), AI-Hasan Ibn Ayyub
(um 980), der besonders ausführlich und scharfsinnig mit Verwendung
zahlreicher Stellen aus dem Neuen Testamente und einigen Stellen
aus dem Alten Testamente gegen die Christen polemisierte, dann Ibn
Hazm (f 1064), der ebenfalls — wie dann alle folgenden Polemiker
— mit Stellen aus den Evangelien argumentierte, Sihäb ad-dln al-
Qaräfl (t 1285/6), Ibn Taymiyyah, At-Turgumän (um 1420), Abü-
1-Fadl (um 1535), Al-Hindf (um 1850), An-Nagafi (20. Jh.), der
sich systematisch mit der Inkarnationslehre und mit dem Begriffe
„Wort Gottes" befaßte, Abd-ar-Rahmän Bika (um 1890), Muhammad
Ibn Ali (19. Jh.).

Aus dieser kritischen Durchmusterung der islamischen
Polemiker und ihrer christologischen Äußerungen
kann sich auch der Verf. nicht der Erkenntnis verschließen
, daß die islamischen Polemiker einstimmig die
Göttlichkeit Christi ablehnen- Er erklärt diese ablehnende
Stellungnahme damit, daß diese Polemiker die einschlägigen
Koranstellen ganz einseitig und willkürlich
ausgelegt hätten und aus den Evangelien und alttesta-
mentlichen Propheten in willkürlicher Weise nur die
ihnen passenden Stellen ausgewählt und zurechtgedeutet
hätten. Die islamische Wissenschaft von heute müsse
daher in ihrer polemischen Ablehnung der Göttlichkeit
Christi völlig umlernen (S. 41 f.). — Nach den obigen
Ausführungen ist es klar, daß diese Ansieht des Verf.s
unrichtig ist. Zwischen der „Christologie" Mohammeds
und der „Christologie" der späteren Kommentatoren
und Polemiker besteht kein solcher Gegensatz.

Das Kapitel III untersucht den Begriff der Trinität
bei Mohammed. Der Verf. geht aus von der schon früher
bekannten Tatsache, daß der Koran und alle islamischen
Theologen (bis in das Hochmittelalter hinein) unter Tri-
I nität etwas durchaus anderes verstanden als die Trinität