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Ausgabe:

1941

Spalte:

183-184

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Hochkultur und Rasse 1941

Rezensent:

Vorwahl, Heinrich

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183

Theologische Literaturzeitung 1941 Nr. 7/8

184

Zeugen Pauly-Wissowa, Roscher und Wilamowitz-Moellendorf an.
Liest man jedoch die neueste Veröffentlichung von J. Hertel, Das
indogermanische Neujahrsopfer im Veda (Ber. über d. Verh. der Sächs.
A. W., Philol.-Hist. Kl. Bd. 90, Heft 1, Leipzig 1938), so findet
man eine vollständige Ubereinstimmung zwischen dem indogermanischen
Neujahrskult, wie ihn O. Huth aus italischen und germanischen
Quellen erschließt, und dem von Hertel an Hand der altindi-

3. Bd.: Hochkultur und Rasse. Stuttgart: F. Enke 1940. (VIII, 508 S.,
44 Abb.) 8°. RM 25.80.

fn diesem Bande untersucht der Verfasser, ausgehend
von einer biologischen Theorie des Hoehkulturvorgau-
ges, alle Einzelgebiete hohen Kulturlebens, indem für
die Fragen: Rasse und Staat, Rasse und Recht, Rasse

sehen Quellen dargestellten: Das Löschen der Feuer am Jahresende!, | Und Kunst, Rasse Und Religion das jeweils aufschloß

ihre Neuerzeugung am Jahresbeginn durch Drillung einer Spindel
mittels eines Strickes, die Opferfeier der Wintersonnenwende, Janus
als Führer der Lichtmächte, als Schöpfer alles Lebens, seine Verbindung
mit den Müttern (Geburtsgöttinnen), den Durchzug des Heeres
durch das freistehende, mit keinem Gebäude verbundene Tor, das besonders
geöffnet wird, zum Zwecke der Lustration des Heeres, die
Beziehung dieses Tores zu den Quellen, endlich in deutscher Überlieferung
das Erscheinen Wodans mit seinem Wilden Heer in den
Zwölfnächten —, alle diese Züge sind nach Hertels gründlichen textkritischen
und textanalytischen Darlegungen in den Apri-Liedern des
Rg-Vedas und in einigen des Yajur-Vedas vereinigt. Gemeinsamkeiten
und Entsprechungen zwischen den Centum- und Satem-St'&m-
men weisen aber stets auf höchste Altertümlichkeit hin; das gilt auf
dem Gebiete der Sprachgeschichte und es kann auf dem der Religionsgeschichte
nicht anders sein. Nun ist es selbstverständlich, daß
wir von Hochformen nordisch-indogermanischer Religiosität bei
den Slaven mindestens seit ihrem geschichtlichen Auftreten wenig oder
nichts mehr zu erwarten haben. Der Grund ist klar, wenn man bedenkt
, daß, wie Hertel a.a.O. wiederholt betont, Vollzieher
des feierlichen Opfers der Stammesherzog und unmittelbar Mithan-
d e 1 n d e und Teilnehmende seine Krieger waren. Da nun
längst feststeht, daß die Slaven schon vor ihrem Eintritt in die Geschichte
ihre eigenvölkische machtpolitische Führerschicht verloren
hatten, so ist bei der innigen und unlösbaren Verbindung von Religion,
Recht und Machtpolitik bei den Indogermanen der Verlust der religiösen
Hochformen bloß eine notwendige Folge des Verlustes der
rechtlichen und machtpoliti.sehen. Dabei halte ich die
etwas mystische Annahme A. Brückners (zit. bei Wienecke, S. 309),
daß der Mythos im Gegensatz zum Kult den breiten Massen fremd sei
und ihn nur auf höheren Stufen die Eingeweihten, die ,flamines'
kännten, für unnötig; diese Ansicht widerspräche auch dem, was hier
am Schluß gezeigt werden wird. Es dürfte vielmehr in jenen grauen
Vorzeiten nicht wesentlich anders zugegangen sein als in geschichtlichen
Zeiten und auch heutzutage: Das ,Volk' kann an und für sich,
d. h. ohne bewußte und geduldvolle Erziehung, den Gedanken und
Absichten der Führung nicht folgen; es hat gegen den Mythos so
wenig wie gegen den Hochkult, es nimmt an beiden auf seine
Weise Anteil und wird von niemand daran gehindert, aber seine
innerste Seligkeit findet es im Privatkult und dessen Mythen ^Legenden
'). Drastisch gesagt: St. Michael war der Patron des Hl. Römisch-
Deutschen Reiches, aber die Viehpatrone St. Leonhard, St. Oswald
u. s. w. waren und sind die Nothelfer des deutschen Bauers, ohne daß
St. Michael deswegen in Unehre oder Vergessenheit geraten wäre.
Verschwindet aber durch eine Katastrophe die religiös-politische Führerschicht
, so bleibt die Volksmasse mit ihren kleinen Religionsformen
und kläglichen Ichsüchten zurück und vegetiert kümmerlich und geschlagen
durch der Zeiten Not, bis sie entweder ausgelöscht oder
durch eine neu erstandene Führung wieder gehoben wird. Nach dem
Gesagten muß es Pflicht und höchster Ehrgeiz des Forschers sein,
zu suchen und zu prüfen, ob nicht doch auch in dem früh führerlos
gewordenen Slaventum wenigstens Reste oder Spuren des alten Hoch-
kulies und des zugehörigen Mythos zu finden seien. Darum ist es,
um nur auf zwei deutlich erhaltene Urzüge hinzuweisen, bedauerlich,
aber eben auch erklärlich, daß Wienecke dem slavischen Feuerkult
so geringe und dem Märchenmotiv vom Glasberg überhaupt keine
Beachtung schenkt. Was bedeutet ursprünglich das Umwandeln bzw.
Uberspringen des Sonnwendfeuers? Aus Hertels und Huths Darlegungen
ergibt sich zwanglos der Schluß, daß es sich ursprünglich um
eine Lustration durch Einstrahlung von Himmelslicht gehandelt
hat. Neben (oder nach) der urindogermanischen Vorstellung vom
Sternhimmel, die noch bei den alten Litauern bezeugt ist (vgl. H. Reichelt
, Der steinerne Himmel, Indogermanische Forschungen 32 [1913]
S. 23 ff.), bestand die Vorstellung von einem gläsernen Himmel: Der
Glasberg, auf den bereits Hertel, Die Methode der arischen Forschung
S. 15 hingewiesen hat, ist im slavischen, bes. auch im west-
slavischen Märchen gut bezeugt, vgl. Bolte-Poh'vka, Anmerkungen zu
den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I 233 ff. und die
dortigen Verweise. — Mehr zu sagen, ist hier nicht möglich, aber
ich glaube, daß E. Wienecke gut daran täte, seinem wirklich vorzüglichen
Werk auch in der angedeuteten Richtung die letzte Vollendung
zu geben.

Bonn S. Pirchegger

Keiter, Dozent Dr. phil. et med. Friedrich: Rasse und Kultur.
Eine Kulturbilanz der Menschenrassen als Weg zur Rassenseelenkunde.

reichste Material zu sa mm engetragen wird. Auf diese
Weise werden Eigenarten, der rassenbiologischen Kulturprovinzen
gefunden, die den Versuch einer Charakterkunde
aller europäischen Völker gestatten. Wir müssen
uns hier auf eine Skizze des Abschnittes über die Weltanschauungsgüter
beschränken, der zunächst aufzeigt,
wie iin Griechenland die reiche Persönliehkeitsmythologie
erst am Ende des mythologischen Zeitalters und an der
Schwelle der Wissenschaft aufsteigt. Also erscheint die
Vielgötterreligiom als zweite Stufe der indogermanischen
NaturfTÖmimigkeit. Als die mythologischen Begriffe
vor der Logik der Urteile dahinsehmolzen, tat
sich im der „nachlogischen" Religion Piatos der Ausweg
ins Überlogiische auf. Wenn dieser Schritt von der vorlogischen
zur nachlogischen Religion auch in der germariischen
Geistesgeschiebte vorgezeiehnet gewesen wäre,
hätten hier die Götter das gleiche Geschick erlebt wie die
griechischen. Das Christentum war siegreich, weil es
die europäischste der nachlogischen Religionen war,
deren Geschichte mit dem Griechen Plato anhebt. Der
Christengott stammt aus dem hellenistischen Kreis, an
dem man das Orientalische nicht überschätzen dürfe. Da
der Orient keine Logik entwickelt hat, wirkt nach Keiter
Europa soweit, wie es um Begriffe und Glaubensätze
geht, d. h. in der spät-antik-frühchristlichen Geistesentwicklung
a«lsO' vorwiegend. Der Norden holte sich das
Christentum selbst, da die Phase des germanischen Glaubenslebens
von innen heraus zu Ende ging. Die germanische
Allgläubigkeit konnte wunderbar in das Überlogische
einströmen; die energische christliche Verweisung
auf die Seele hatte für die germanischen Entdeckungen
über Innenleben, seelisches Wachstum und Charakter
eine ähnliche erzieherische Bedeutung wie die Verweisung
auf das Überlogische. So kommt Keiter zu dem
Ergebnis, daß die germanische Phase des Christentums
gerade auch im Sinne nordischer Rassenveranlagung
durchaus zu bejahen sei. Indem er betont, daß die Reformation
nicht bloß ein Befreiungsversuch, sondern die
Überzeugung von der Erneuerung des Christentums war,
wie auch, daß Luther, Calvin, Böhme, Paraeelsus und
Eckhart nicht aus vorwiegend blauäugigem Gebiet
stammten, macht Keiter deutlich, wie schwer es ist, die
im ungeheuren geistesgeschichtlichen Ereignis der nachlogischen
Religionen zusammenwirkenden Rassenkräfte
auseinanderzuhalten. So kann man dem Werk nachrühmen
, daß es stets bemüht ist, so exakt wie möglich zu
arbeiten und keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen, denen
die sorgfältige Untermauerung abgeht. Nur die Verwechslung
des Naturphilosophen Lor. Oken mit dem
Historiker Oneken (S. 197 und im Register S. 494)
ist ein bedauerlicher Lapsus. Auf Einzelheiten einzugehen
, ist angesichts der ungeheuren Fülle des verarbeiteten
Stoffes nicht möglich. Jedenfalls ist es dem Verfasser
gelungen, sein Ziel zu erreichen, einer „lebensgerechten
Kulturkunde" den Wieg zu bereiten. Auch für
den Religionswissenschaftler ist die Blickrichtung fruchtbar
, die verwickelten Erscheinunigen des Kulturgeschehens
aus der biologischen Beschaffenheit der beteiligten
Menschen abzuleiten, weil sie völlig ohne Vorurteile angewandt
wird. Diese Sauberkeit und Vorsicht, die besonders
in den wertvollen Ausführungen über die Zuständigkeit
der physiologisch-neurologischen Psychologie und
die seelische Struktur (Vergl. S. 464 f. und 474 f.) zum
Ausdruck kommen, machen das Werk zu einer wichtigen
Neuerscheinung, an deren grundlegenden Ergebnissen
künftig ernsthafte Forschung nicht mehr vorübergehen
kann.

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