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Ausgabe:

1938 Nr. 21

Spalte:

374-375

Autor/Hrsg.:

Soden, Wolfram von

Titel/Untertitel:

Der Aufstieg des Assyrerreichs als geschichtliches Problem 1938

Rezensent:

Gustavs, Arnold

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373 Theologische Literaturzeitung 1938 Nr. 21. 374

Vor allem befremdet die Ansicht B.s (S. 156 ff.), man solle die ' stament der Epikteta (I. G. XII, 3, 330) auf S. 330.

platonischen Mythen als Beschwörungen ansehen, die dem Hörer (oder Und da ja nun seit etwa dem III. Jahrh. v. Chr jeder

Leser) die Richtiekeit der platonischen These suggerieren sollen: da wo jotc ajs Heros genannt wird, ist es nur noch ein kleiner

die Beweiskraft logischer Argumente versage greife die »««die bnpMj Schritt m de„ oben genannteil Sarkophagen, auf denen

Platz. Das ist herausgesponnen aus einer Stelle des Phaidon, p. 114 D, . T- / Hprnsf mit HPn M..JL, ^kILksiÄJ*-»?

wo Sokrates sagt, man müsse die Überzeugung von der Unsterblichkeit «r »°te(- Heros) mit den Musen abgebildet ist.

&OMQ falö&iv iam&, um der Todesfurcht Herr zu werden (ähnlich Ains[> d.an «. quelques cas, OU le culte des Muses

vorher p. 71 E): daraus soll nun geschlossen werden, der Mythos des parait Ue a celui dun rnort, neu ne Sllggere sa signifi-

Phaidon sei eine solche iiKOcWj. Tatsächlich zieht Piaton hier einen ! caiion proprement funeraire et chtoilienne. Tont donnc

Vergleich, aber er identifiziert diese zwei so verschiedenen Dinge nicht. ä penser que, COmme cfiez les philosophes, les Muses

Daran ändert auch eine Stelle in den Gesetzen nichts, wo dieser Ver- sont les deesses de ld Ctllture et de la iraiöti«. Petlt-

gleich ein zweites Mal auftaucht (X, p. 903 A), ohne dali von einem , gtre mgmp Cßtte culture est-elle partout plus au moins

Mythos die Rede ist. B. aber zieht S. 161 den gefährlichen Schluß: teintee de Philosophie (S 347)

Le myllie, aux yeux de Piaton, n'esl donc point efficace par son con- Vorziio-o nnrl Fpfil^r ÜltMt n..^,.. A u ii

tenu. ses idees ou ses Image,. Vielmehr wirke er als magischer Spruch, ^J^Sa^M^S^ ~ ^ W"1 ^

als Beschwörung auf den Hörer und übe so jene pädagogische Wir- Inhaltsangabe gezeigt haben - hegen ganz eng beiein-

kung, die man seit Schleiermacher an den Mythen anerkannt hat. ander: Durch das ganze Werk hindurch ist eine Fülle

Der zur Rede stehende II. Teil des Buches referiert neuer Gedanken ausgestreut: es wird auf bisher nicht

vor allem über dkStellung der attischen Philosophen pachtete Beziehungen aufmerksam gemacht, es werden

/S rSsen Festen und Feiern. Wenn auch alle den ™*f. Querverbindungeni gezogen, es wird an oft weit-

orgias fsdien Taumel der dionysischen Ekstase (der in auseinanderlegenden Dingen Gemeinsames aufgezeigt,

den Betrachtungen über die Orphik eine so große Rolle "d aus vielen im einzelnen neu gesehenen Tatsachen

spielte) ablehnen so sind doch alle Philosophen einig 1 "d den darauf aufgebauten Folgerungen ersteht vor

übet den Wert solcher Feste für die icaifefa des Men- dem Leser em neues Bild. Dieser ungemeine Reichtum

sehen Als Patrone dieser Feste werden immer Apoll «" tiedanken und Kombinationen hat die Kehrseite, daß

und die Milien genannt. Sicher sind hier Anregungen Einiges war neu, aber einseitig gesehen ist, daß also

aus dem Kreis der Pythagoreer übernommen worden, aber blsner Bekannte, Gesicherte in den Hintergrund

sie sind zurieten neu gewendet und neu verwertet wor- z,ude.m S1,nd ,die ne« aufgezeigten Zusammenhänge

den: nicht der wilde Taumel, sondern gemäßigtes ndfloc "lclltuval,k gleicher Weise evident, sondern der Grad

festlichen Gehobenseins führt zur xüüuom? - damit der wahrscbemlichKeit ist jeweils verschieden groß; da-

münden diese Gedanken von der Reinigung, Heiligung 1)e' lst sich B. der Kühnheit seiner Kombinationen oft

durch Feste und Gelage ein in die aristotelische Ethik j sehr wohl bewußt.

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(S. 180 und 198)

Im III. Teil werden Musenkult und Heroenkult zu

Infolgedessen ist die Lektüre des Buches außerordentlich
anregend; und vielleicht ist es gerade das Beste

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III! III. ICH w.iulu ifkiwwimuiii uuu » »_« uvum

einander in Beziehung gesetzt: den sinnfälligsten Beleg <}n [nm> daß es fast auf jeder Seite zur Kritik herausfor-
für die Verbindung dieser beiden Bereiche bieten spät- ' dert> weiI immer wieder neue, kühne Vorschläge geantike
Sarkophage, auf denen Musen, die den Verstor- ! "Jf^ • werden- Wenn auch einzelnes (und im Anfang
benen, also den Heros, umschweben, dargestellt sind, vielleicht sogar Grundsätzliches) verfehlt ist, so ist die-
und B. gestellt in der Vorrede, daß die Betrachtung i 9em Buc!l doch gerade dämm recht viel Beachtung

dieser Sarkophage für ihn der Ausgangspunkt zu der " "........-----w-jx."

ganzen Fragestellung geworden ist. Mit Recht führt B.
aus, daß die Musen nicht als chthonische Gottheiten
zu dem Toten in Beziehung gesetzt werden: vielmehr
haben sie diesen Charakter schon sehr früh abgestreift.
Aber auch die rQ<oei (die ja zunächst die Seelen der im
Kampfe Gefallenen sind) darf man sich nicht mehr
als Wesen denken, die in der Unterwelt ihr Dasein fristen
: schon früh sieht man die i"k><oec als Geister zwischen
den Göttern und dem Hades an, als Wesen, die

zu wünschen, weil es wie nur wenige andere zum Weiterarbeiten
auf diesem Gebiete anregt.

Göttingen. Heinrich Dörrie.»

von Soden, Prof. Wolfram Frhr.: Der Aufstieg des Assyrer-
reichs als geschichtliches Problem. Leipzig: J. C. Hinrichs
1937. (43 S., 1 Karte, 8 Tafeln) 8° = Der Alte Orient. Bd. 37,
Heft 1/2. RM 3—.

Dieses Heft, das aus einem Vortrage erwachsen ist,
den der Verfasser am 3. März 1937 vor der Vorderasiatisch
-Ägyptischen Gesellschaft in Berlin gehalten hat,

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in ihrem Leben sich durch ihre Großtaten diesen Platz i hebt gut die Hauptperioden der Entwickelung des As-
verdient haben. In hellenistischer Zeit wird aber (was I syrerreiches hervor, v. Soden bemüht sich, wenigstens
B. nicht genügend hervorhebt) jeder Tote ein Heros j einige der Ratsei zu lösen, die das Werden und Vergenannt
: deswegen wirkt nicht alles überzeugend, was , gehen dieses größten Kriegervolkes des vorderen Orients
B. für die spätere Zeit über den Ritus der Heroisa- I aufgibt. Es ist schon erstaunlich, daß dies Volk als ein-
tion zusammengetragen hat. Immerhin scheint es bei j ziges volksfremde Gebiete in größerem Umfange durch
den Pythagoreern einen solchen Ritus gegeben zu ha- Jahrhunderte hindurch ohne wesentliche Unterbrechun-
ben, wenn hier auch im Einzelnen allerlei zweifelhaft gen beherrschen konnte. Der Grund dafür ist in der
bleibt. An sich ist es ebenso gut verständlich, wenn rassenmäßigen Zusammensetzung des assyrischen Volkes
Pythagoras oder Piaton auch ohne eine wirkliche Kon- zu suchen. Am Ende des 5. vorchristlichen Jahrtausends
sekration als Heroen angesehen und ihre Stellen im j gehörte Assyrien zu dem syrisch-mesopotamischen Be-
Museion aufgestellt wurden, weil die Philosophie die 1 zirk des großen Buntkeramikkulturkreises, deren Träser
reinste Musik ist (S. 275) (Piaton und Aristoteles hatten aber nicht, wie A. Ungnad meint, Subaräer oder Churrier
zudem in ihren Schulen ein Heiligtum der Musen ge- waren. Daran schließt sich im zweiten Drittel des 4
stiftet). — Aber nicht nur diese großen Schulhäupter Jahrtausends eine Kultur, die man nach ihrem bisherigen
stehen in so enger sakraler Verbindung zu den Musen: i Hauptfundorte am besten Tepe-Gaura-Kultur nennt- es
vielmehr darf sich jeder, der musikalisch und philo- liegt nahe, in den damaligen Bewohnern Assyriens' ein
sophisch gebildet ist, als ihr Schützling fühlen: denn den Sumerern verwandtes Volk zu sehen. Schließlich
den Musen obliegt die xAdopjn? und die JtmSiaa der fanden sich noch semitische Akkader dazu. So waren
Menschen, und vornehmlich die Musik ist die Nah- im Volk der Assyrer bereits drei Rassen zusammengefaßt
rung der Seele (Piaton, Staat III, p. 401 D). Mehrere als die Völkerwanderung der Subaräer oder Churrier einliterarische
Zeugnisse erweisen, daß zu Ehren Verstor- setzte, die zuletzt durchaus den Charakter einer kriegeri-
bener Musentempel gestiftet werden, oder daß zu Ehren ' sehen Ausdehnung gewann. Als dann die Befreiungs-
eines Toten die Musen geehrt werden. Besonders wird kriege der Assyrer im 14. und 13. Jahrhundert einsetzten,
das dargelegt an dem Grabepigramm für den aka- war die rassenmäßige Bildung des assyrischen Volkes im
demischen Philosophen Arideikes (veröffentlicht von Hil- wesentlichen beendet- Die Kampfesfreude und Sieghafter
v. Gaertringen im Bull. d. Correspondance Helle- tigkeit des assyrischen Heeres führt v. Soden darauf
nique, 1912, p. 230 ff.) auf S. 274 ff. und an dem Te- zurück, daß man seit der Zeit der Herrschaft der