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Ausgabe:

1937 Nr. 11

Spalte:

207-208

Titel/Untertitel:

Das Jahr 1935 1937

Rezensent:

Witte, Johannes

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Seite 1

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207

Theologische Literaturzeitung 1937 Nr. 11.

208

„Kirche" gerühmt. [Umsteigen von einem kleinen Kahn j zu rühmende Objektivität bewiesen. Er gibt nach Mög-
in einen riesigen Ozeandampfer!]. 1 lichkeit allen Strömungen das Wort. Der Schluß bringt
Daraus ergibt sich, was die Konvertiten in der ka- sogar einige deutschgläubige Bekenntnis-Äußerungen,
tho li sehen Kirche finden: Eine reale und in- 1 Über diese Quellenstücke, die in so erfreulicher Vielfäl-
nige Verbindung mit Christus, Frieden, Antwort auf alle 1 tigkeit geboten werden, kann man ja nun in dieser AnLebensfragen
, Wahrheit, wunderbare Vernunftsgemäß- j zeige nichts sagen. Denn das ginge über den Rahmen
heit der Lehre, tätige Nächstenliebe, das wahre Meß- j dieser Anzeige hinaus. Aber ein Wort sei noch gesagt
opfer. Die tieferen und wesentlichen Punkte des Unter- j über die Einleitung von K. D. Schmidt, die einen Über-
schiedes des Katholizismus von den Kirchen der Re- | blick gibt über den Ablauf der kirchlichen Ereignisse im

formation werden kaum berührt.

Die Hauptsehnsucht, die zur katholischen Kirche
treibt, ist die nach Autorität, nach Absolutheit. Sehr

Jahr 1935. Dieser Überblick umfaßt nur 8 Seiten, aber
sie sind reich an Inhalt. Man möchte wünschen, daß
K. D. Schmidt in den nächsten Bänden diesen Überblick

viele werden zunächst durch den katholischen Kultus , viel ausführlicher ausbauen möchte. Denn die Art, wie

bestimmt. Etwa durch einen Gottesdienst im Stephans- j er die Dinge überschaut, ist für jeden Leser ein großer

dorn zu Wien. Anderen imponiert das Leben von Katho- | Gewinn. Diese Einleitung ist glänzend, getragen von

liken oder katholischen Gruppen, z. B. einer Schule j vornehmer Sachlichkeit und beweist eine so hervor-

und einer Fußballmannschaft. Mehrere, so der Schrift- j ragende weitschauende Urteilsfähigkeit, daß ich mir

steller Chesterton, erklären, gerade deshalb Interesse j nichts Wertvolleres in dieser Hinsicht denken kann. Ich

für die katholische Kirche gewonnen zu haben, weil sie j werde nichts verraten über den Inhalt dieser Einlei-

so sehr verdammt und verachtet werde. Immer wieder [ tung. Denn man soll sie selbst lesen, und sich nicht

wird erwähnt, ein welch falsches Bild in protestanti- j mit einem Auszug aus ihr begnügen. Man muß hoffen,

sehen Kreisen von der katholischen Kirche entworfen j daß dieser Band allen Theologen Deutschlands zugäng-

werde (Dummheit, Abgötterei); ob die Katholiken die | lieh werde und recht viel gekauft werde. Das Buch

Protestanten richtig und gerecht zu kennzeichnen pfle- I ist angesichts des guten und so aktuellen Inhalts und

gen, ist nirgendwo erwähnt. Übrigens sind auch j seines großen Umfangs sehr billig. Man braucht solch

einige Personen aufgenommen, die von Geburt katholisch
waren, aber indifferent wurden, also keine
eigentlichen Konvertiten. Eine große Rolle spielt die
Lektüre katholischer Schriften, bei manchen, z. B. bei
Claudel, die heilige Schrift selbst, um deren richtige
Auslegung es dann aber geht. Heilige helfen, z. B. die
„kleine Theresia" dem norwegischen Lektor Tiberg. Den
brasilianischen Prof. Backheuser bietet die Erscheinung
seiner toten Frau, dem dänischen Pfarrerssohn und
Pfarrer Olrik ist sogar das Bild vom Turiner Leichentuch
entscheidend. Bei den meisten herrschen aber ruhige
Erwägungen vor. Anderen, zumal Frauen, wie der dänischen
Baronesse Rosenörn, geht die Glaubenswahrheit
intuitiv bei bestimmten Worten auf.

Werfen wir noch einen weiteren Blick auf die Men sch en ty pen !
Die verschiedenartigsten sind hier, wohl mit Absicht recht bunt, zusammengestellt
, und so sind auch die Berichte sehr verschieden, lang und
kurz, beweisend und zeugend, überschwenglich-hymnisch und nüchternlogisch
, Seelenspiegelungen und kurze Tatsachenmitteilungen. Hans
Genannt sei noch: Hans Carl Wendlandt, Sohn eines Hofpredigers und Student
der evang. Theologie, für uns recht aufschlußreich, Dr. med. Eduard
Schaeffer, der vom physikalisch-chemischen Weltbild und vom Wandervogel
herkommt, eine Jüdin, frühere Kommunistin, Franziska van Leer,
der norwegische Konsul Einar Berrum, der den höchsten Grad bei den
Freimaurern hatte, der vom Anglikanismus enttäuschte Rev. Dudley, der
bekannte englische Schriftsteller Chesterton, der amerikanische Philosoph
Moody und der schwarze Rekordläufer Metcalfe, der französische Dichter
Claudel, der seine Zweifel und Verzweiflungen und dann seinen schrittweisen
Kampf mit seinem alten Menschen schildert, und sein Freund
Jammes, der besonders blumige Worte gebraucht, der ehemalige Generalsekretär
der spanischen Kommunisten Matorras, der seine psychologische
Entwicklung aufzurollen versteht, sein Landsmann Maeztu, der Kant
und Nietzsche rühmt, der Fürst Oalitzin, der geschichtliche Ausführungen
über den Despotismus in der russischen Kirche macht, der
russische Professor Puzyna, der sich zunächst dem Protestantismus zuwendet
, diesen aber zu subjektiv findet, der japanische Jurist Tanaka,
der japanische Konteradmiral Yamamoto und der chinesische Oberst
Chang P'ei Fu. Jede Selbstbeschreibung ist mit einer geschickten Überschrift
versehen, und eine Anzahl Bilder ist beigegeben.

Heidelberg._Wilh. Knevels.

Schmidt, Prof. D. Kurt Dietrich: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen
Äußerungen zur Kirchenfrage. Bd. 3: Das Jahr

1935. Gesammelt und eingeleitet. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht

1936. (340 S.) 8°. Kart. 7.40; geb. 8.80.

Die Herausgabe dieser 130 Quellenstücke von teilweise
großem Umfang ist ein großes Verdienst des
Herausgebers und des Verlegers. Denn nun hat man für
den ja heute noch wichtigen Rückblick auf das so
entscheidende Jahr 1935 alle wichtigen Dokumente beisammen
. In der Auswahl der Stücke hat der Herausgeber
wieder die schon in den bisher erschienenen Bänden

Buch ja nicht nur zur Erinnerung an diese noch nicht
lange zurückliegenden wichtigen Ereignisse, sondern
auch, um für die Zukunft zu lernen, um neue Fehler
zu vermeiden, denn Fehler sind ja genügend gemacht worden
, und nicht nur auf Seiten der D. C.. Man möge also
an der Hand dieser Dokumente, die eine sehr deutliche
Sprache reden, nicht nur den „Gegner" kritisieren, sondern
auch die eigene Position überprüfen, damit wir endlich
zu der kirchlichen Lage kommen, die wir der
Kirche und unserm deutschen, christlichen Volke von
Herzen wünschen. Dies Buch kann in vielfacher Hinsicht
dazu viel beitragen, auch wenn es nur Dokumente
reden läßt und sich jeder Mahnung enthält.

Berlin. Johannes W i t te.

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germonifdjen nnb chriftlichen 2ßelt in ihrer ganzen
äiefc oerfteht unb aus unferer ©egentoart tjeraus
felbft erlebt. Srotjbem roefjj er aus ber ©efdjtdjte
unb iitletjt aus religiöfer Binbung heraus um bie
unlösliche <ßerbinbung unb (Sinheit beiber "JBctten.

Verlag 1^ Belaus j^adjf* / Weimar

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 5. Juni 1937.

Verantwortlich: Prof. U. W. Bauer in Göttingen, Düstere Eichenweg 14.
J. C. Hinnctis Verlag, Leipzig C 1, Scherlstraße 2. — Druckerei Bauer in Marburg.