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Ausgabe:

1935

Spalte:

141-142

Autor/Hrsg.:

Molland, Einar

Titel/Untertitel:

Das paulinische Euangelion 1935

Rezensent:

Michel, Otto

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141

Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. S.

142

erwählte klagen ? Etwa gar Gott, der sie gerecht macht ? Und wer verurteilt
dann? Etwa gar Christus Jesus, der starb, oder noch besser ausgedrückt
, der auferweckt wurde, der nun zur Rechten Gottes ist, und
dort auch für uns bittet ? Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi ?
Trübsal, Bedrängnis und Verfolgung, Hunger oder Blöße oder Todesgefahr
oder das Schwert? So steht es ja in der Schrift: „Stets sind
wir deinetwegen in der Todesgefahr: den Opferschafen sind wir gleichgeachtet
." (Ps. 43, 22.) Doch über all dies kommen wir hinweg durch
ihn, der uns geliebt hat. Ich lebe der Ueberzeugung: Weder Tod, noch
Leben, nicht Engel und nicht Herrschaften, nicht Gegenwärtiges, noch
Kommendes, nicht Mächte und nicht Höhe oder Tiefe, noch sonst ein
anderes Geschöpf wird uns scheiden können von der Liebe Gottes, die
da ist in Christus Jesus, unserm Herrn

Niemand kann dem andern eine größere Wohltat
erweisen als die, daß er ihm das Wort Gottes lieb und
verständlich macht. Das hat Rießlers Altes Testament
aber in den beiden ersten Auflagen getan. Es wolle denselben
Erfolg haben, nun es zu einer Vollbibel angewachsen
ist.

Tremessen (Polen). E. K.Jon at.

Molland, Einar: Das Paulinische Euangelion. Das Wort u.
die Sache. Oslo: H. J. Dybwad in Komm. 1934. (109 S.) gr. 8°. =
Avhandlgr. utg. av det Norske Videnskaps-Akad. i. Oslo. II. Hist. - Filos.
Kl- 1934. Nr. 3. Kr. 6—

Die neutestamentliche Forschung in Deutschland und
Schweden bemüht sich gleichzeitig um die Erfassung
und den Sinn der Wortes Evangelium. In der deutschen
Forschung hat J. Sehn iewind, durch die lebendige
Wort-Gottesauffassung von M. Kähler angeregt, uns
zwei wichtige Teile seines Werkes „Euangelion. Ursprung
und erste Gestalt des Begriffs Evangelium" geschenkt
, die das wesentliche Material zusammenstellen
(I 1927, II 1931). In Schweden nahm Fridrichsen
schon frühzeitig das exegetische Problem auf(tö Eba-rf'lw
hos Paulos N.T.T. 1912) und regte jetzt die paulini-
sche Studie von Einar Molland an; diese Untersuchung
soll nach dem Vorwort ein späteres Buch über
die Wandlungen des Evangelienbegriffes in der Alten
Kirche vorbereiten. Wie bei Schniewinds Dissertation
(„Die Begriffe Wort und Evangelium bei Paulus"
1910)'bietet auch hier die paulinische Theologie einen
geeigneten Ausgangspunkt für eine gesicherte terminologische
und biblisch-theologische Begriffsuntersuchung.
Zunächst zeigt sich allerdings, wie sicher und umfassend
Schniewind das Material gesichtet und die Überlieferungsgeschichte
geklärt hat; M. stimmt ihm zu,
wenn er sagt, daß der paulinische Begriff von Evangelium
nicht dem Hellenismus entstammt, wohl aber dort
verstanden werden kann, weil die Sehnsucht nach göttlicher
Freudenbotschaft vorhanden war. Der historische
Ursprung der Idee von der göttlichen Freudenbotschaft
liegt bei Deuterojesaja; die Botschaft wird von Jesus
(Luc. 4, IS—19 = Jes. 61,1) und durch die Vermittlung
der urchristlichen und (selbständigen) rabbinischeu Tradition
von Paulus aufgenommen (Rom. 10,15 = Jes. 52,
2). Wichtig scheint mir die Frage nach der Substanz
des „Evangeliums" zu sein, die nach Kap. IV im christo-
logischen Drama zu suchen ist, als dessen Momente M.
Präexistenz, Inkarnation, Messiaswürde, Tod für unsere
Sünden „nach den Schriften", die Christophanien, die
Glorifikation, die Herrscherstellung, das künftige Gericht
über alle Menschen hervorhebt (S. 75). Negativ
ausgedrückt enthält das „Evangelium"
weder die R e c h t f e r t igu n g s 1 e h r e noch die
Freiheit von dem Gesetz noch die Lehre
von dem christlichen Lebenswandel (S. 60
bis 64). Mit diesen Fragen stehen wir nach Meinung
des Verf. innerhalb der „wahren Konsequenzen" des
Evangeliums, die in seiner „Verlängerung" liegen (S.
62). Diese Verengung des Begriffes Evangelium ist aber
unpaulinisch und sachlich nicht aufrechtzuerhalten (vgl.
die Übersetzung von öÄrjöEia toü rijaweWot' in Gal. 2, 5
und 2,14 als „die wahren Konsequenzen des Evangeliums
" S. 61). Paulus hat nicht gemeint, um die wahren
Konsequenzen mit seinen Gegnern streiten zu müssen,

; sondern nach seiner Meinung kämpft er um die Sub-
| stanz des Evangeliums selbst (Gal. 1,6). Im neutesta-
! mentlichen Begriff von „Evangelium" liegt als Substanz
nicht nur die Geschichte, sondern auch die Wirkung,
nicht nur die Würde, sondern auch das Werk des Chri-
! stus. Das Wort vom Christus hat eine ganz bestimmte
1 Wirksamkeit (vgl. M. S. 101—102) wie auch die Freu-
! denbotschaft Deuterojesajas; darum kann man nicht
den „Christusmythos" von den „Konsequenzen" des
christologischen Dramas trennen. Der Apostel trägt
auch durch sein Evangelium das Werk des Christus
! weiter (vgl. die theologischen Hintergründe von 2. Kor.
j 10,12—18). In Kap. V ist die Frage aufgeworfen;
i was hat der paulinische Ausdruck „Mein Evangelium"
I zu bedeuten? Der Verf. weist, wohl mit Recht, auf das
apostolische Bewußtsein des Paulus hin, das diese For-
i mulierung psychologisch nahelegt (S. 44). Hier liegt
i m. E. aber mehr als ein psychologisches Moment vor:
I Dies Sendungsbewußtsein stellt ihn in die prophetische
! Linie (und hat darum notwendig auch polemische Konse-
I quenzen). Das letzte Kapitel (Kap. VI) spricht von dein
| Verhältnis von Evangelium und Heilsgeschichte (S. 98
I bis 104), allerdings knapp und ohne die letzte theologische
Ausreifung; über Gesetz und Evangelium (vöfioc^eö-
ayyiXwv) S. 62, über Verheißung und Evangelium (ejtayYeWa»
evayyeXwv) S. 99 hätte sich noch manches mehr sagen
lassen. Dies eine Bedenken könnte überhaupt erhoben
werden: Die religionsgeschichtliche und philologische
Arbeit hätte noch stärker biblisch-theologisch unterbaut
I werden können, wie dies bei Schniewind vorbildlich
geschieht. Doch soll auch dieser Beitrag der schwedischen
Theologie uns helfen, die Frage nach der Substanz
biblischer Begriffe schärfer ins Auge zu fassen.
Halle a. S., z. Zt. Lüdenscheid (Westf.) Otto Michel.

Schubert, Hans von: Große christliche Persönlichkeiten.

Eine histor. Skizzenreihe. 3. Aufl. Leipzig: M. Heinsius 1933. (208S.)

8°. geb. RM 3.80.

Daß Hans v. Schuberts viel gelesene „historische Skizzenreihe"
auch nach dem Tode des Verfs. in neuem Verlag neu erscheinen kann,
ist freudig zu begrüßen. Es gibt wenig gemeinverständliche Darstellungen
auf dein Gebiet der Kirchengeschichte, die den Ertrag eines ungeheuren
Wissens in so lebendiger, unmittelbar fesselnder Form jedem
gebildeten Leser zu bieten wissen wie diese. Der Text ist gegen die
letzte Auflage vom Jahr 1923 unverändert geblieben. Daß die Abbildungen
in Wegfall gekommen sind, betrifft nur eine Äußerlichkeit, die
bei dem geringen Preis des schmucken Bändchens niemand enttäuschen
darf.

Göttingen. H. v. Campenhausen.

Blake, Robert P., u. Henri de Vis: Epiphanius de gemmis.
London : Christophers 1934. (VIII, 335 u. 27 S.) = Studies and Docu-
tnents ed. by Kirsopp Lake und Silva Lake. Vol. 2.
Unter den Werken des Epiphanius von Salamis pfle-
I gen die Patrologen als letztes eine Abhandlung über die

12 Edelsteine am Brustschild des Hohenpriesters (nsQi

twv iß' Xtäwv) anzuführen, die im Original nur im Kon-
j zept erhalten ist, während ein verstümmelter lateinischer
i Text (er beträgt nicht mehr als die Hälfte des Origi-
| nals) an einer Stelle auftaucht, wo man ihn nicht er-
; warten würde, nämlich in der sogenannten Collectio Avel-
; lana, jener Sammlung von Kaiser- und Papstschriftcn,
; die uns auch sonst manches merkwürdige Stück erhalten
| haben. Blake und De Vis ist es nunmehr gelungen,
eine vollständige Übersetzung in georgischer Sprache
; aufzufinden, und sie bieten uns jetzt diese Übersetzung
; zusammen mit den bisher bekannten Übersetzungsresten
| (es handelt sich außer den genannten noch um syrische,
' koptische und armenische Fragmente) in einer vorzüg-
| liehen Ausgabe, die was philologische Sauberkeit und
| Sicherheit der Interpretation betrifft, als musterhaft be-
i zeichnet werden muß. Dem Referenten will freilich

scheinen, daß die Herausgeber dabei den sachlichen Wert
j der Schrift des Epiphanius, die übrigens schon in der
) alten Zeit so gut wie keinen Nachhall gefunden hat,
! überschätzten, wie es denn sicher auch in der Neuzeit