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Ausgabe:

1935

Spalte:

470-471

Autor/Hrsg.:

Religio. Rivista di studi religiosi, diretta da Ernesto Buonauiti

Titel/Untertitel:

Vol. X, 1-6 1935

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1935 Nr. 26.

470

und hofft, in Bälde auch den 3. (den Schluß des Werkes)
herausgeben zu können. Handelte der erste Band vom
Bund (Bundesverhältnis, Bundessatzungen, Bundesgott,
Organen des Bundes, Bundesbruch und Gericht, Vollendung
des Bundes), so bringt unser Band das Thema:
Gott und die Welt, während der 3. sich mit „Gott und
Mensch" beschäftigen wird. An den § 11 von Band 1
(Vollendung des Bundes) schließt sich Band 2 mit § 12
(Erscheinungsform der Gottheit) unmittelbar an. Es
folgen § 13 Gottes Weltkräfte. A. Der Geist Gottes.
§ 14 Gottes Weltkräfte. B. Das Wort Gottes. C. Die
Weisheit Gottes. § 15 Weltbild und Schöpfungsglau-
ben. § 16 Die Stellung des Menschen in der Schöpfung.
§ 17 Die Welterhaltung. § 18 Die himmlische Welt und
§ IQ Die Unterwelt. — Es ist ja ein gewaltiger Stoff,
den der Verfasser dem Leser vorlegt und, fügen wir hinzu
, in trefflicher Weise vorlegt. Es ist nur zu wünschen,
daß sich viele der Führung dieses ruhigen und sachkundigen
Führers anvertrauen möchten. Es wird ihr Schade
nicht sein. Auch in diesem Band tritt — und zwar mit
Recht — der Gesichtspunkt beherrschend hervor, daß
der Gott Israels und somit auch die Religion Israels
eine eigenartige Größe darstellt trotz aller Berührungen
und auch Entlehnungen aus der orientalischen Umwelt.
Jahve wird — und das tritt bei Eichrodt überall klar
hervor — als eine über den Dingen der Natur und über
den Menschen stehende willensmächtige Persönlichkeit
empfunden, verehrt und gefürchtet. Wohl unbegreiflich
und gerade darum zu fürchten und zu verehren. Die Natur
und die Menschheit hat seinen Zwecken zu dienen,
die doch zunächst auf eine Erziehung und Leitung
Israels, dann aber auch der Menschheit hinausgehu. So
kann sich neben Jahve ein eigentlicher Polytheismus
nicht ausbilden und die Schaar der himmlischen Wesen,
der ,.Göttersöhne" und Engel u. s. w. bilden wohl seinen
Hofstaat, sind ihm aber nicht als Götter gleichzustellen.

Gewiß mag man in vielen Einzelheiten anderer Meinung
sein — wie wäre das bei einem so großen Stoffe
anders möglich. Vielfach hat man den Eindruck, daß
der Verf. von seinem neutestamentlichen Standpunkt
manches anders sieht, als die hebräischen Schriftsteller
es wirklich gemeint haben. Das dürfte doch wohl z. B.
bei seinen Ausführungen über die Schöpfungsgeschichte
des Priesterkodex gelten (S. 60ff.), wobei zu bedauern
ist, daß er sich mit dem Werke von von Rad: die
Priesterschrift im Hexateuch nicht auseinandersetzen
konnte, da die ja erst 1934 erschien. — Wenn er da in der
Schaffung des Sabbats und der Ruhe Gottes an diesem
Tage den Gedanken findet, daß es hier „als göttliche Bestimmung
des Menschen" ausgesprochen wird, „daß
er nicht zu wonnevollem Genuß da ist . . ., sondern zu
zweckvoller Arbeit die Entfaltung seiner Anlage und
Kräfte finden soll, um darin ein schwaches Abbild des
göttlichen Schaffens und seiner Freude zu besitzen", so
scheint uns der „Gottähnlichkeit" des Menschen (V. 26f.)
hier doch zu viel beigelegt zu sein.

Anderseits ists zu begrüßen, daß der Verf. eine verständnisvolle
Würdigung der Priesterschrift wie auch der
Weisheitsliteratur innerhalb der religiösen Entwicklung
Israels bietet und einen deutlichen Strich zwischen ihr
und der späteren Literatur der Apokryphen und Pseudo-
pigraphen zieht. — Der Ausdruck betr. der Prophetenscharen
„wo unter Gesang und Tanz der seibstvergessanie
Lobpreis des Israel-Gottes alle Teilnehmer in Verzückung
versetzte" (S. 21) ist ein wenig verwunderlich. Ist nach
dem Verf. nicht bloß Jes. 18,7 (S. 16), sondern auch
Jes. 14,12 (S. 111) jesajanisch? Ob der Verf. mit Recht
behauptet (S. 51), daß „vor dem ersten Schöpfungstag
überhaupt keine Zeit gedacht sein kann" (S. 51) und
daß „kein von Gott unabhängiger Stoff die Voraussetzung
der Schöpfung bildet" (S. 52), ist angesichts
von Gen. 1,2 doch wohl sehr zweifelhaft. Ein Chaos
lag darnach doch wohl vor, so weit folgt Gen. 1 heidnischen
Kosmogonieen — aber allerdings: der Gott Israels
entspringt nicht aus dem Stoff, sondern Steht gebietend

und gestaltend allmächtig über ihm; aber er „schafft"
kein Chaos. Ein „geschaffenes Chaos" wäre ein Widersinn
für israelitisches Empfinden. Mit dem Chaos mag
aber auch der Gedanke einer Urzeit gegeben sein, nicht
aber einer Zeitordnung nach Tag und Nacht, Monaten
und Jahren.

So könnte man noch mancherlei fragen (so z. B. betr.
die Satansfigur, die völlige Ablehnung des Ahnenkultes
in Israel u. a. m.), das hindert nicht und soll nicht
hindern der Arbeit des Verf. die vollkommene Anerkennung
auszusprechen und zu wünschen, daß es ihm gelingen
möge, das schöne Werk bald zu Ende zu führen.
Bonn. J. Mein hold.

, Religio. Rivista di studi religiosi, diretta da Ernesto Buo-
naiuti, Vol. X, 1-6 Rom [37, Via Giulio Alberoniz]: E. Buo-
naiuti 1934 (568 S.) gr. 8°. L. 50-.

Die Zeitschrift Buonaiutis, die bisher den Titel Ricerche Religiöse
trug, erscheint jetzt unter dem neuen Titel Religio, für dessen Notwendigkeit
man allerdings keinen Grund einsieht, führt aber die alte Bände-

j Zählung weiter. Wir berichten über den vorliegenden Bd. X nach den

' Abteilungen, die wir bisher gemacht haben.

Religionsphilosophie und Religionsgeschichte. Fr.

! Guglielmino, L'agnosticismo di C. Aurelio Cotta nel
,De natura deorum', S. 118-144, legt dar, daß Cicero in seinem

! bekannten Werke dem Unterredner Cotta seinen eigenen .Agnostizismus

I seine Zweifel am Dasein von Göttern und einer Vorsehung, in den Mund
lege. — Fr. dal Monte, La religiositä n ei Pra gm a t ism o,
S. 97—117, zeigt die .Religiosität' des sog. Pragmatismus als vollendeten
Gegensatz zu den vier Formen, die sonst die religiöse Erfahrung anzunehmen
pflege, der mystischen, der dogmatischen, der theokratischen
und der magisch-naturalistischen, und kennzeichnet sie in ihrer rein
naturalistischen Haltung als ein Wiederaufleben des Heidentums. — M.
Falchi, Ilprofetismo,S.418 - 438, beantwortet die beiden Fragen :
was ist ein Prophet und was ist die Sendung des Propheten ? — J.
Schnitzer, Geremia e Savonarola, S. 193 — 214, weist an der
Hand eines Werkes von T. Grouther Gordon über den Propheten
Jeremias (1931), das diesen als Sittenprediger, als Politiker und Auf-

i rührer, als „Optimisten' bei allem .Pessimismus', als Dichter und als
Mystiker zeichnet und mit Jesus Christus vergleicht, dieselben Züge
bei Savonarola nach und führt sie auf ein Gesetz der religiösen Seelenkunde
(Religionspsychologie) zurück. - J. Zoller, Kuppuru e
Cristo, S. 1—20, zeichnet die Linie, die vom assyrisch-babylonischen

: Begriff des Kuppuru — ursprünglich das Abreiben eines unreinen Dings
mit einem reinen zum Zwecke der Reinigung, dann Reinigungsritus —
über verschiedene Erscheinungsformen bei Jesaia, Jeremia, Ezechiel,
Deuterojesaia, Job, Testament Jobs, mit zunehmender religiöser Vertiefung
zur Gestalt Jesu Christi führe. — R.Otto, JIReVaruna; L'
evoluzione di un Dio, S. 394—411, setzt seine Bd. IX, S. 385 bis
398 (siehe diese Ztg. 1934, Sp. 195) begonnene Abhandlung über die
Entwicklung des primitiv-arischen Varuna fort. — E. Buonaiuti,

j ,Meditazione e conteinp 1 azione nella prassi del cattoli-
cismo Romano, S. 315—329, schildert, von einem Wort des älteren
Püning ausgehend, in kurzen Zügen die Entwicklung der religiösen Betrachtung
in der katholischen Kirche bis zu den Exercitia des Ignatius
von Loyola. Es ist ein beim Eranos von Ascona im Tessin 1933 gehaltener
Vortrag, der deutsch im Eranos — Jahrbuch 1933 erschienen
ist. — Hier kann auch ein Hinweis beigefügt werden auf die klugen
Worte, die A. Ca va 11 i S. 250 — 253 über ,Azione e conoscenza'
findet, und auf die Auseinandersetzung A. Tilghers S. 385—393
mit dem Satze des Neuhegelianers B. Croce ,La storia giustifica
tutto', d. h. dal! die Geschichte nie Richterin, sondern stets Rechi-
fertigerin sei.

Biblisches. A. T. J. Zolli (derselbe, der in H. 1, S. 1 noch
Zoller geheißen hat!) handelt S. 289—295 von ,Segen und Fluch
im alttestamentlichen Schrifttum' von den magischen Anfängen
bis zum Einmünden in den Gottesglauben, ferner S. 525 — 534
unter dem Titel ,Magia ed arte divinatoria presso gli an-
tichi Israelit! ' von alttestamentlichen Erzählungen, die als Überreste
magischer Handlungen und Vorstellungen betrachtet werden können.
N.T. J. Bu o nai ti erläutert S. 21—31, 145 — 152, 209- 214, 296 — 300
412 — 417, 535-538, in kurzen Betrachtungen die .Parabeln Jesu': nach
einer Einleitung über die verschiedenen Formen der religiösen Sprache
und über die bei den Evangelisten selbst beginnende allegorische Missdeutung
der Gleichnisse Jesu und ihres Zweckes stellt er — wie Jülicher
, der nicht genannt ist — den einfachen Sinn der einzelnen Gleichnisse
heraus : vom Sämann, vom Hochzeitsmahl, vom Unkraut unter dem Weizen,
vom Sauerteig, von den zwei Schuldnern (Luk. 7, 36 ff), von den klugen
und den törichten Jungfrauen. — R. Fedi spricht S. 162—169 geistreich
über ,Die Hoffnung' im Hinblick auf Paulus und das Buch
Buonaiutis Jimessagio di Paolo (Rom 1934). Desgleichen P. Pantaleo
S. 254 — 262 über „Das Evangelium und die Welt" im An-