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Ausgabe:

1932 Nr. 10

Spalte:

225-228

Autor/Hrsg.:

Kürzinger, Josef

Titel/Untertitel:

Alfonsus Vargas Toletanus und seine theologische Einleitungslehre 1932

Rezensent:

Heger, Adolf

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Theologische Literaturzeitung 1932 Nr. 10.

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forderlich, daß wenigstens die römische Konziüenausgabe von 1608,
Labbe, Mansi, Bruns, Laudiert und Pitra genannt werden. Im Index
fehlt ein Stichwort 'Synoden' ebensowie 'Kanones'. Unter 'Kirchenrechtliches
' findet man nichts von Belang. Man vermißt eine Notiz
über das wichtige Werk von Benecevic über die 14 Titel. Diese kurzen
Andeutungen mögen genügen, um zu einer gründlichen Neubearbeitung
dieser gerade für die Patristik so wichtigen Gegenstände aufzufordern.

Schließlich ist noch zu erwägen, ob nicht die lateinische
Orthographie bei den Namen durchweg beizubehalten
ist. Gewiß in katholischen Kreisen ist man daran
gewöhnt, das lateinische c vor ä, e, i in z zu transkribieren
. Das gibt teilweise recht seltsame Wortbilder, wie
Nizäa, Akazius. Jedoch ist der Herausgeber darin nicht
konsequent. Man findet Marzell v. Ancyra, aber Marcellinus
Comes und Macedonianismus. Also ganz einheitlich
ist die Transkription auch nicht. Solche Unstimmigkeiten
sind am besten zu vermeiden, indem man immer
c schreibt. Zu bemerken ist, daß alle von den früheren
Kritikern geforderten Nachträge bezüglich einiger Schriftsteller
erfolgt sind. Es ist nun noch zu wünschen, daß
Marceil v. Ancyra, der doch eine reichere Hinterlassenschaft
als z. B. Dalmatius hat, ebenso Theophilus v.
Alexandrien, Nonnus v. Panoplis eigene Artikel erhalten.
Oder sollte z. B. Marceil keine Aufnahme gefunden
haben, weil seine Orthodoxie nicht unverdächtigt geblieben
ist? In dieser Hinsicht findet man eine ganze Reihe
von Urteilen, die reichlich intra muros abgegeben sind;
z. B. über die protestantische Forschung S. 10, und
S. 201 steht seit Rauschen ein höchst seltsames Urteil
über Athanasius: „A. war eine Persönlichkeit voll Kraft,
die bis zum späten Alter in der Verteidigung der Wahrheit
nicht erlahmte; doch war er keine Kampfnatur,
vielmehr liebenswürdig und mild, und hat nie wie seine
Gegner die weltliche Gewalt für seine Person und Sache
angerufen". Auf jeden Fall entspricht es nicht den Tatsachen
, daß A. keine Kampfnatur gewesen ist. Die
Untersuchungen von Schwarte geben mit Recht zu einer
solchen einseitigen Beurteilung keinen Anlaß. Der Nicht-
katholik wird zwar nicht zur Information über dogmengeschichtliche
Fragen zuerst zum Rauschen greifen, aber
die nach dogmatischen Loci geordneten Bemerkungen
zur Lehre der altchristlichen Schriftsteller sind recht bequem
. Für das Ganze wird sich der verständige Leser
immer vergegenwärtigen, daß das Buch zuerst für katholische
Studenten bestimmt ist. Trotzdem wird man
gern zu dem Buche greifen und den Anfänger auf es
hinweisen, und man wird dies um so lieber tun, wenn in
der angegebenen Weise für die nächste Auflage das
Buch gründlichst durchgesehen wird.

_Berlin.__H. G. Opitz.

Kürzinger, Dr. theol. Josef: Alfonsus Vargas Toletanus und
seine theologische Einleitungslehre. Ein Beitr. z. Gesch. d.
Scholastik im 14. Jahrhundert. Münster i. W.: Aschendorff 1930.
(XVI, 230 S.) gr. 8°. = Beiträge z. Gesch. d. Philos. u. Theologie
d. Mittelalters. Texte u. Untersuchungen begr. v. C. Baeumker in
Verb. m. F Ehrle S J u. a. hrsg. v. M. Grabmann, Bd. XXII,
H. 5/6. RM 10.85.

F. Kard. Ehrle hat mehrfach auf die Bedeutung
der scholastischen Schule der Augustinereremiten aufmerksam
gemacht und in seinem Buche „Der Sentenzenkommentar
Peters von Candia" (S. 265) betont, daß ohne
eine Erforschung des reichen handschriftlichen Nachlasses
der zahlreichen Lehrer dieser Schule die Darstellung
der literarischen Physiognomie der Scholastik
des 14. Jahrhunderts bei der Bedeutung, welche dieser
Orden gerade damals besaß, lückenhaft wäre. Es ist
wertvoll, daß diese Aufgabe in Angriff genommen wird.
Die vorliegende Abhandlung von J. Kürzinger ist ein
beachtlicher Beitrag zur genauen Aufhellung des Problemgebietes
, das die Augustinerschule stellt.

Die Werke des Alfonsus Vargas aus Toledo (ca.
1300—26.Z27. 12. 1366), der in Paris von etwa 1348
bis 1353 als Magister der Theologie lehrte und nach kurzem
Bistum in Badajoz und Osma am 18. Juni 1361 zum
Erzbischof von Sevilla aufrückte, wurden in der Schule
des Augustinerordens neben den Schriften von Aegidius

von Rom, Gerard von Siena, Franziskus a Christo,
I Gregor von Rimini als Lehrbücher geschätzt. Von sei-
j nen Schriften, die von der Überlieferung genannt werden,
sind nicht auffindbar „de potentiis animae" und „Com,-
j mentaria super IL III. IV. Sententiarum". Ob hier viel-
| leicht die Überlieferung sich in der Zuerkennung dieser
Abhandlungen an Alfons irrt, läßt sich nicht entscheiden.
Im Druck liegen vor ein Kommentar zu den drei Büchern
j des Aristoteles „de anima" und ein Kommentar zum 1.

Sentenzenbuch des Petrus Lombardus. Durch eine An-
| führung des Quaestionenverzeichnisses des Aristoteleskommentars
zeigt der Verf., wie wichtig die Berücksichtigung
dieses philosophischen Werkes zum Verständnis
auch der eigentlichen dogmatischen Grundgedanken
des Alfonsus ist. In den Thesen des Alfonsus tritt scharf
| der Gegensatz gegen die Skotisten und die Abhängigkeit
t von Aegidius Romanus zu Tage. Die spezifisch theolo-
I gischen Grundgedanken sind in dem Sentenzenkommentar
enthalten. Kürzinger hat zur Prüfung und Ergänzung
des gedruckten Textes von den zahlreich existierenden
Handschriften zwei aus der Preußischen Staatsbibliothek
zu Berlin herangezogen und im Lichtbild den Prolog einer
Handschrift (Vat. lax. 1085) berücksichtigt, die eine Überarbeitung
des Sentenzenkommentars durch den Augustiner
Balthasar de Tolentino darstellt. Der Sentenzenkommentar
, der frühestens im Jahre 1346 nach Ablauf der Vorlesung
des Jahres 1345 von Alfonsus für die Öffent-
lichkeir herausgegeben ist, ist in 41 Distinktionen einge-
i teilt. Ihnen geht ein zehn Quaestionen enthaltender Pro-
i logus voraus, der wie im 14. Jahrh. üblich schon die
theol. Einleitungslehre enthält. Kürzinger führt die
Quaestionen und Distinktionen sorgfältig an, um eine
genaue Übersicht über die gesamte Fragestellung des
Sentenzenkommentars zu geben. In ihnen tut sich die
starke Kraft logischer Gliederung des Alfonsus kund,
dessen Art zwar auch das Urteil von F. K. Ehrle über
die Scholastik des ausgehenden Mittelalters bestätigt,
manchmal in der Gedankenführung gesucht zu sein und
schwer verständliche Ausdrücke zu lieben, aber doch im
Vergleich zu der damaligen Übertonung logischer Dialektik
in aristotelischen Begriffen noch konservativ und
gemäßigt erscheint. Seine Sätze sind vielfach polemisch
gehalten. Zur theologischen Beweisführung führt er die
heilige Schrift wenig heran, stärker stützt er sich auf
kirchliche Lehrentscheidungen und auf Kirchenväter, vor
I allem auf Augustin, der neben Aristoteles Hauptautorität
! für ihn ist. Durch die reiche Anführung der Gedankengänge
verschiedener Theologen des 13. und 14. Jahrh.
— teils zur Stützung eigener Gedanken, teils zur polemischen
Auseinandersetzung — wird sein Werk besonders
wertvoll, da es uns hierdurch vielfach Sätze aus uns
unbekannten Quellen übermittelt. Hierauf haben insbesondere
Ehrle, Grabmann, Rose und Birkenmajer hinge-
i wiesen, Birkenmajer in feiner Abgrenzung von Rose, da
( dieser nicht die drei verschiedenen Gruppen der von
Alfonsus zitierten Theologen bestimmt unterscheidet. Die
erste Gruppe bilden die älteren und neueren Autoren zu
denen Alfonsus kein näheres Verhältnis hat, d. h. die
nicht zur Ordensschule gehören, die andere die Theo-
i logen der Augustinerschule und die dritte die „senten-
I tiarii" des Jahres 1345 an der Pariser Universität. Ein
kurzer Hinweis des Verfassers auf diese Abgrenzung
] Birkenmajers (Vermischte Untersuchungen S. 93. 95)
I von Rose wäre nicht ohne Wert gewesen, zumal er
selbst ihm in dieser Einteilung folgt, wie es sachentsprechend
ist. In feiner Prüfung der namentlichen An-
j führung dieser Zitate unterscheidet der Verf. (S. 43) die
' literarhistorischen Notizen, die schon von Anfang an mit
! dem Originaltext verbunden waren, wie Text und Satz-
i bau beweisen, und die Angaben, die wahrscheinlich von
| späteren Abschreibern oder Bearbeitern hinzugefügt sind.

Den lebens- und literargeschichtlichen Ausführungen
j (S. 1—107) folgt ein zweiter Teil, der die eigentliche
I theologische Einleitungslehre des Alfonsus bringt (S.
| 108—225).