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Ausgabe:

1928 Nr. 8

Spalte:

183

Autor/Hrsg.:

Hertzberg, Hans Wilhelm

Titel/Untertitel:

Fünfundsiebzig Jahre deutsche evangelische Gemeinde Jerusalem 1928

Rezensent:

Dalman, Gustaf

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183

Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 8.

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menhänge erschöpfende Geschichte meinte er nicht geben zu können.
Aber auch so ist sein mit aller Sorgfalt gearbeitetes Büchlein sehr
anziehend, zudem es durch sehr gute Bilder geschmückt ist. Im
Anhang haben die beiden letzten heute noch lebenden Pfarrer,
Ellger und Stäglich, das Wort ergriffen, um ihrer Liebe und Anhänglichkeit
an die einstige Gemeinde Ausdruck zu geben und von
der in ihr verbrachten schönen Zeit zu berichten. Mit Pf. Ellger
durfte ich einst die Einrichtungen der Gemeinde durchwandern und bewundern
; der Hoffnung möchte ich darum Ausdruck geben, dal! dies
Buch dazu beiträgt, daß die Gemeinde sich ihrer bedeutsamen Vergangenheit
erinnert und „in ihrem guten Geiste weiterbaut". Die Gemeinde
wird dem Verfasser für seine mühevolle und schöne Jubiläumsgabe
dankbar sein, und jeder, der am Leben unserer deutsch-evangelischen
Auslandsgemeinden Anteil nimmt, wird in diesen Dank einstimmen
.

Ahlden-Aller. E. W. Bussmann.

Hertzberg, Propst Lic. H. W.: Fünfundsiebzig Jahre deutsche
evangelische Gemeinde Jerusalem. Leipzig (Gl, Weststr. 4):

Verlag des Centralvorstandes des Evangl. Vereins der Gustav Adolf-
Stiftung 1927. (80 S. in. Abb.) gr. 8». = Beihefte der Zeitschrift:
„Die evangelische Diaspora", Nr. 15. RM 2.40.

Die Begründung des ev. Bistums in Jerusalem durch
Friedrich Wilhelms IV. Anregung im Jahr 1841 führte
1852 zu der vom Könige ebenfalls veranlaßten Berufung
des Pastors Valentiner, welcher unter dem von
Preußen und England gemeinsam besoldeten anglikanischen
Bischof sich der ev. Deutschen in Jerusalem
annehmen sollte, hauptsächlich, um den 1851 von Flied-
ner dorthin gesandten Diakonissen den notigen Rückhalt
zu geben. Die durch 16 Abbildungen anschaulich
gemachte Darstellung gliedert der Verf. nach der Besprechung
der Vorgeschichte nach den Amtszeiten der
Geistlichen bis zum Kriege, worauf Kriegs- und Nachkriegszeit
ihre besondere Behandlung finden. Der Inhalt
, für welchen das Archiv noch mehr hätte herbeigezogen
werden können und dem leider das statistische
Material fehlt, ist bedeutsam, weil er über die mit der
Gemeinde Jerusalem zusammenhängenden Missionsanstalten
und den Jerusalemsverein die wichtigsten Daten
ebenfalls mitteilt und dadurch den Geschichtsbericht
von Pflanz, Verlassen und nicht vergessen, das heil.
Land und die deutsch-ev. Liebesarbeit (1903), bis zur
Gegenwart fortführt.

Greifswald. G. Dal man.

[Rade-FestgabeJ Vierzig Jahre „Christliche Welt". Pestgabe
für Martin Rade zum 70. Geburtstag 4. April 1927. Im Auftrag d.
Freunde zusammengestellt v. Hermann Mulert. Gotha: L. Klotz.
(XI, 212 S. m. 3 Bildbeilagen.) 8°. = Bücherei der Christlichen
Welt. RM 6-; geb. 8-.

Martin Rade und die Christliche Welt sind eins.
Das haben die an hundert Gratulanten zu seinem 70. Geburtstag
wohl empfunden und ihre Glückwünsche, Erinnerungen
und Aufsätze darnach eingerichtet. Ein besondrer
Glanz der ersten Liebe, reich erfüllter hoffnungengeschwellter
Jugend beseelt die Erinnerungen an
Rades Leipziger Studenten- und Kandidatenzeit (Bornemann
) wie an seine idyllische erste Pfarrei in Schönbach
bei Löbau an der böhm. Grenze (üöhre), von wo
die CW ihren Ausgang nahm. Wie weit Rade an der
Th. L. Z. mitgearbeitet habe, weiß ich nicht. Die mehr
als ein Jahrzehnt auseinanderliegenden Anfänge beider
Zeitschriften weisen Beziehungen genug auf. Der eine
Name Harnack belegt das zur Genüge. Die Liebe zum
neu geschauten Bild Luthers und seiner Kirche, die aus
Schlummer wie mannigfacher Verkrampfung gelöst werden
sollte, ist der Quellort beider Ströme, die nunmehr
seit Jahrzehnten getrennte Gemarkungen, jeder in ihrer
eignen Ebene, bewässern und befruchten. Man darf um
so lieber daran erinnern, weil der Beitrag mehr als eines
Mannes, der seither andre Straßen geführt wurde, freudig
Zeugnis ablegt von der siegreichen Gewalt der
ersten Liebe. Im Inhaltsverzeichnis fehlt das f nicht,
und seit Erscheinen sind die Mitarbeiter Fr. Loofs
und H. H. Wendt heimgegangen. Von ihnen ruft
Wendt die Erinnerung an den Apostolikumsstreit,

näher die Eisenacher Erklärung vom 5. 10. 1892
wach. Loofs schildert den ,Freund Rade' die in
Jahrzehnten zufolge Abweichung in der Sache manchmal
zur Prüfung werdende Zeit hindurch, zeigt,
wieviel Anregungen von R. ausgingen, der so viel zu
geben gehabt habe, und sieht sein Charisma darin, daß
er Freundschaft auch über Trennendes weg zu halten
vermöge, daß ihm gegeben sei, Dritten gegenüber —
nach der Weisung des Wandsbeker Boten — auch die
Kanten der Freunde, bis zur Kompromittierung des
eignen Selbst, zu tragen. „Sei nicht allzu gerecht, und
nicht allzu weise, daß du nicht verderbest (Pred. 7, 17)"
liegt der sehr feinen, die Schwierigkeiten von Rades
I Kriegs- und Nachkriegseinstellung für seinen Kreis
und drüber hinaus nicht verschweigenden Studie A. Jülicheis
zugrunde, und gleiche Gedankengänge kehren
öfters wieder, so unter Berufung auf dasselbe Schrift-
J wort bei G. v. Rohden. F. Kattenbusch gibt eine Erörterung
zu R.s (Glaubenslehre' in seiner besinnlich-förderlichen
Art. Dann hebt sich eine Artikelgruppe heraus,
die die Beziehungen der CW zu den theologischen (AT:
Gunkel; NT: Weinel; Polemik: Hermelink; Systematik:
Stephan), kirchlichen (kirchl. Praxis: Niebergall; Ju-
j gend: Schlemmer; RU: Schuster), kulturellen (Kunst:
I ü. Frommel; Politik: Kübel; Frauen: H. v. Dungern),,
I landschaftlichen (Schweiz: E. Vischer) und anderen
I Fächern und Sparten des Lebens behandelt. Am Schlundes
von warmer Liebe und tiefem Verstehen bei aller
j Buntheit der Verfasser angefüllten Buches steht eine
Totenliste, nicht auf die ,Freunde der CW' beschränkt, die
zu nicht wenig Gedanken anregt (Mulert). Die Freundesgabe
ist eine imponierende Projektion in die weltweite
Wirklichkeit hinein aus der Seele des Mannes heraus,
den Kattenbusch in seiner hoch wertenden Anzeige der
Glaubenslehre als .,den alten ,Pfarrer' und — sit venia
verbo — den Journalisten'" gerade auch da kennzeichnet
, wo er als Professor etwas zu geben hat. Wie
ihr Gegenstand der Formel, so entzieht sich die Festschrift
der Möglichkeit des Referats —: das ist zu beider
Lob geurteilt.

Fahren Lach (Baden). Peter Katz.

Nüchter, Dr. Friedrich: Über Auswirkungen des Konkordats

und der übrigen Kirchenverträge in Bayern. Eine Zusammenstellung.
Nürnberg (Lehrerheim): Verlag Scluilpolitische Flauptstclle des Bayerischen
Lehrervereins 1927. (80 S.) 8". RM -50.
Nicht von den Auswirkungen des bay. Konkordats handelt das
| vorliegende Heft — darüber wäre bereits mehr zu sagen —, sondern
nur von Auswirkungen, nämlich auf dem Gebiet der Volksschule. Es
enthält in der Hauptsache Aktenauszüge über Diszipliniernngcn von
Voiksschullehrern auf Grund des Konkordats sowie über sonstige kirchliche
Zwangsmaßnahmen gegen Lehrer. Einen großen Teil des Raums
nimmt ein unterfränkischer Fall ein, wo vom Würzburger Bischof
gegen einen Hauptlehrcr, gegen dessen Tätigkeit in der Schule zugestandenermaßen
nichts vorlag, eingeschritten wurde, weil er 1925 eine
Schrift über den Bauernkrieg von 1525 veröffentlicht hatte, die das
Mißfallen des Ordinariats erregte. Der Lehrer wies in seiner Ver-
i teddigung seitenmäßig nach, daß die angebliche „Schmähschrift" nicht
nur geschichtlich wohl fundiert, sondern sogar mit starker Benützung
einwandfrei katholischer Autoren, wie Janssen, E. Michael S. J.,
Schnürer usw., gearbeitet war, wobei er mit Überlegung die krassesten
Einzelheiten unterdrückt hatte; er versicherte ausdrücklich, daß er
weit entfernt davon sei, seine Kirche schmähen zu wollen; er berief
sieh auf den Art. 118 der Reichsverfassung usw.; alles vergeblich;
ob die geschichtlichen Tatsachen zuträfen oder nicht, erklärte der
Bischof, sei ganz gleich, ein katholischer Lehrer dürfe so etwas nicht
schreiben und drucken; darum verlangt das Ordinariat von der
Regierung, unter Berufung auf can. 1393 § 1 u. 1399,3 des cod. j.
can. (!) und Art. 5 § 1 des Konkordats, daß der Lehrer von seiner
Stelle enthoben und an keiner kath. Schule in der Diözese mehr an-
I gestellt werde, und daß die in kath. Schüler- und Lehrer (!) biblio-
theken befindlichen Exemplare der Schrift entfernt würden; die missio
canon. wurde bis auf weiteres entzogen. Der Fall ist bis jetzt noch
! nicht entschieden. Andere Fälle betreffen Wiederverehclichung ge-
I schiedener Lehrer; unter Berufung auf Art. 5 § 1 des Konkordats
| verlangt das Ordinariat die Dienstenthebung des Lehrers und setzt
sie durch. Ähnlich steht es mit einem Mitglied einer Freimaurerloge.
Ferner wird ein Fall genauer Erforschung der religiösen und kirchlichen
Stellung eines Schulamtsbewerbers durch die kirchliche Be-