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Ausgabe:

1924

Spalte:

101-102

Autor/Hrsg.:

Ermann, Adolf

Titel/Untertitel:

Die Literatur der Ägypter. Gedichte, Erzählungen und Lehrbücher aus dem 3. u. 2. Jahrtausend v. Chr 1924

Rezensent:

Ranke, Hermann

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102

Z. B. steht in 1,6 nicht durlabham (Schm.: „schwer zu erwerben
"), sondern durbalam „der Kraft ermangelnd". „Jahrtausend
" für kalpa, z. B. 1,7, ist viel zu zahm, anivartyena
cetasä I, 18 nicht „in einer Seele, die nicht mehr wiederkehren
kann", sondern „mit unbeirrbarem Geiste". III, 1 duhkhavisrama

„Ende des Leidens", nicht „Erholung vom Leiden". 111,2 und
später tSyl nicht = „Beschützer", sondern =» „ein solcher", d. h. „ein
so, durch' Znrücklegung des Heilsweges, Vollendeter", Synonym von
t a t h ä g a t a , eine ins Sektensanskrit herübergenommene volkssprachliche
Bildung, die dem bekannten Päli tädi (für richtig-sanskritisches
tädrk) entspricht. Falsche Sanskritisierung muß ja auch Schm. annehmen
, da „beschützend" im Skr. nicht täyin, sondern träyin heißen
müßte. V, 1 Siksä nicht - .„Vorschrift", sondern = „Selbstzucht" oder
„Methode", smr'ti z. B. V, 3 und 23 nicht „Erinnerung", sondern
,[ernste Bedachtheit", „Sammlung", und samprajanya z. B. V.23
nicht, wenigstens nicht direkt, = „Überwachung", sondern = „Voll-
btwußtheit", beide entsprechend dem Gebrauch von sati und sampa-
janüa im Bali. Zu V, 13 „Wo soll man Leder (genug) finden, um die
ganze Erde zu bedecken? Schon mit dem Leder einer Sandale ist die
ganze Erde bedeckt" (d. h. für den Fuß ist es dasselbe, ob man ihn
oder die ganze Erde bedeckt) macht Schm. die Anmerkung: „Wenn
man nur geduldig ist, genügt die Sandale schon". Die richtige subjektive
Stellungnahme ist ja natürlich etwa der Gedanke, der jenem
ganzen Zusammenhange zugrunde liegt, in das Bild selbst aber darf er
nicht hineingetragen werden. Beiläufig: Auch ein turkmenisches
Sprichwort stellt All und Schuh einander gegenüber, aber allerdings
in ganz anderer Weise: „Wenn dir deine Schuhe zu eng sind, was
nützt dir die Weite des Weltalls?" sila, z. B. V, 42, ist nicht
„Moral", sondern „Zucht", vgl. des Ref. Dighanikäya-Übers. In
V, 83 muß nach „Geben" noch „u. s. w." stehen. V, 66 natürlich i
nicht „wie Buddha im Bette des Nirväna", sondern „wie B. sich zum !
N. niederlegte". Von „den Kopf nach Norden" finde ich nichts

Königsberg i. Pr. K. Otto Franke.

Greßniann, Hugo: Tod und Auferstehung des Osiris nach
Festbräuchen und Umzügen. Leipzig: J. C. Hinrichs 1623. (40S.
und 4 Tafeln.) 8°. = Der Alte Orient. Hersg. v. d. Vorderas.-
Agypt. Gesellsch., Band 23, 2. Gm. 1.35.

Eine gedankenvolle, vielfach kühn und originell
kombinierende kleine Studie, in der der Verfasser einer
Reihe der wichtigsten religiösen Vorstellungen der alten
Ägypter auf Grund von kultischen Brauchen, die uns vor
allem aus der griechisch-römischen Zeit Ägyptens überliefert
sind, näher zu kommen sucht. In der ihm eigenen
lebendig-anschaulichen Art gibt Greßmann eine Fülle I
von Material in eigenartiger Beleuchtung — die einzelnen
Teile etwas lose aneinander gereiht, mehrfach mit Seitenblicken
auf Stellen der israelitischen und der hellenistischen
Literatur. Wenn auch in Einzelheiten gelegentlich
der Widerspruch des Ägyptologen laut werden muß,
— das Ganze ist eine überaus anregende und entschieden
hereichernde Gabe, für die jeder religionsgeschichtlich
Interessierte dem Verfasser dankbar sein wird. Den
noch von Keinem fast gewagten Versuch, auch von dem
religiösen Gefühl — und nicht mir von den religiösen
Vorstellungen — der Ägypter etwas zu erfassen, möchte
ich ganz besonders begrüßen.

Heidelberg. H. Ranke.

Er man, Adolf: Die Literatur der Ägypter. Gedichte, Erzählungen
und Lehrbücher aus dem 3. u. 2. Jahrtausend v. Chr.

Leipzig: J. C. Hinrichs 1623. (XVI, 386 S.) 8°. Gm. 7,50; geb. 9—.

Der Altmeister der heutigen deutschen Ägyptologie
hat mit diesem Werke eine schon lange schwer empfundene
Lücke in glücklichster Weise ausgefüllt. Zwar die
Erzeugnisse der ägyptischen Wissenschaft — vor allem
also die medizinischen und mathematischen Texte — sind
grundsätzlich nicht aufgenommen worden, aber von allen
übrigen Zweigen der ägyptischen Literatur, von ihren
Anfängen bis zum Ende des Neuen Reiches, erhalten
wir hier in flüssigen und doch getreuen Ühersetzungen
zum ersten Mal ein wirklich anschauliches Bild. Erman
gibt durchweg nicht Auszüge sondern die ganzen Texte,
soweit sie erhalten bezw. verständlich sind. So erscheint
der reiche Schatz an Erzählungen und Märchen so gut
wie vollständig, ebenso die lehrhaft „philosophischen"
und die prophetischen Texte. Auch von weltlichen Liedern
— vor allem Arbeitsliedchen und Liebesliedern -r-

wird eine stattliche Auswahl geboten, und ebenso ist die
überreiche religiöse Literatur der Ägypter durch eine Anzahl
charakteristischer Beispiele vertreten. So ist diese-
Buch für den Religions- und Literaturhistoriker eine
Fundgrube allerersten Ranges, und besonders der Alt-
testamentler wird aus ihm eine Fülle von Anregungen
schöpfen.

Heidelberg. H. Ranke.

Holma, Harri, Ph. D.: Omen Texts from Babylonian Tablets in
the British Museum concerning birds and other portents. I: Texts.
Leipzig: Asia Publishing Co. 1623. (IX S. u. 26 Taf.) 4° = The
Asia Publishing Co.'s Oriental Serics. Western Asia: Babylonia and
Assyria. Vol. I.

Die Tieromina des British Museum waren großenteils
von B o i s s i e r herausgegeben worden; ein nicht
geringer Teil dieser von Hunger Mitt. der Vorderasiat
. Gesellsch. XIV, 3 behandelten Texte ruht aber noch
unediert in London. Daher war es eine gute Idee von
Holma, diese Inschriften der Allgemeinheit zugänglicii
zu machen, und auch noch andere unpublizierte Omina
von Körperteilen, Krankheiten und Geburten hinzuzufügen
. Leider bietet die Sammlung fast nur kleine Fragmente
und ist auch wieder nicht vollständig, sodaß wir
auch jetzt noch nicht alle diesbezüglichen Texte vor uns
haben.

Die Edition macht keinen ganz zuverlässigen Eindruck, da sogar
bekannte Zeichen häufig falsch geschrieben werden, z. B. ü r (PI. IC,
10b); arki (PL Hie, 8; Va, 10; X, 3; XXII, 4b); (is) gusüru (PL
Xllla Rs. 8). Daher wird man auch sonst Zweifel am Texte äußern
dürfen: PI. la, 5 lies nach PL XIa,12: ana p a n i (!) - i u ill-ak a
es geht vorwärts. — PL IV, 22, 24 ist wohl beide Male: tul(!)
du=ellä zu lesen. Meioni, Rev. degli Stud.Orient. IV, Tav. III liest
einmal richtig: tul.du, das andre Mal falsch: k i. d u. — PI. VI, 21
1.: ra.pa(!) .kak.hu =surdu. — Ist ib. 42 die Lesung sa-qu-
ma(?) richtig? — PL Xllla, 7 1. wohl: (d i q ä r) ka n (!) - n i. — Ist
PL XHIb, 14 nicht: mär (!) sarr i zu lesen? — PI. XV, 8 ist am Anfange
noch Platz für das Zeichen: si (!) zu lassen, da dort nach
Cuneif. Texts XIV 4,12 gewiß: [sij-nun-du zu ergänzen ist. —
Ib. 10 entspricht dem Vogelnamen „Langfuß" gewiß ein „Kurzfuß"
(gir. kil (1). da). — Ib. 21 ist nach PI. XlXf, 5: is-sur (!) zu
lesen. — PL XVI b, 3 I.: r a . p [a (!) . k a k . h,u |; i b. 11 : a n - p[a (!)-
tu]; ib. 12: q a -d[u (!) -u]; ib. 16: ur-n[i (!) -gu] u. s. w. — PI.
XXII, 6 1. :sag.hul.ha-za(!)=mukil rcä limutti. Ib.6,7,13,
14b wird wohl: z u (!) - m i - r|a -1 i - s u] zu lesen sein, trotzdem H. 4 Mal:
su schreibt. Von interessanten Einzelheiten hebe ich hervor: PL XXIVa,
14 ist: kas.sag.hu=amursänu zu setzen, wie schon Hunger
a. a. O. 45 vermutete. Dieser Name ist, wie ich schon MV AG. IX, 167
ausgeführt habe, identisch mit: ursänu. Das zeigt von neuem Cuneif.
Texts XXXV, 6, 67 = Yale Vokab. 235, wo: kas.sag durch ursänu
erklärt wird. — PL XXV d, 2 ist wichtig, weil dadurch die Lesung:
kudurränu -Hahn gegenüber Hungers kukuränu bewiesen
wird. — PL XXVI c, 12ff. zeigt, daß Cuneif. Texts XIV, 4, 17a:
hu4-s i .s ag (!) . h u zu lesen ist: auch Delitzschs Lesung Hand-
wörterb. 218: ri ist danach aufzugeben.

Hoffentlich beschert uns Holma bald die Bearbeitung der Texte,
die noch allerlei Unklarheiten enthalten.

Berlin. Bruno Meißner.

Burney, C. F.: The book of ludges. With introduetion and
notes. 2e ed. London: Rivingtons 1620. (528 S.)

Dieser Kommentar zum Richterbuche gehört zu
der ausländischen alttestamentlichen Literatur, die infolge
des Krieges und seiner Nachwehen bei uns zunächst
fast gar nicht bekannt geworden ist. Die erste Auflage
erschien 1918. Da aber schon im J. 1920 eine zweite
I Auflage notwendig geworden ist, möchte ich nicht unterlassen
, jetzt nachdrücklichst dies außerordentlich leich-
haltige Buch, das nicht nur eine ganz vorzügliche Einzelerklärung
des Richterbuches darbietet, sondern weit
darüber hinausgehend durch eine Fülle von Exkursen
in die ganze Geschichte und Religionsgeschichte Israels
fördernd eingreift, hinzuweisen. Der Verf. war ja schon
zuvor bei uns bekannt durch seine Beteiligung an der
Wellhausenfestschrift (1914), in der er durch einen
Aufsatz „The topography of Gideons Rout of the Midi-
anites" vor allem das richtige Verständnis von Rieht.
7, 22. 24 mittels einer prächtigen Textkonjektur er-