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Ausgabe:

1924

Spalte:

361-363

Autor/Hrsg.:

Pettazzoni, Raffaele

Titel/Untertitel:

Svolgimento e carattere della Storia delle Religioni 1924

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. EmatlUel HifSCh unter Mitwirkung von

Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

Bezugspreise vierteljährlich 7.50 Gm.; 11— s. Fr.; 9 sh.; 2—$; 5.40 Fl.; 11.50 d. Kr.; 14.40 n. Kr.;

7.50 s. Kr.; 45— Lire; 66.50 tsch. Kr.; 80— finn. Mark.

Af l„l,»„ l!r 17 Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. Hirsch in Göltingen, T/tJ A IKTIIStf 1074

Vf. Janrg. IM» I« • Nikolausherger Weg 31, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. *»"• ClUgual

Petazzoni, Svolgimento e carattere della j Wa ck er n a ge 1, Humanismus und Reformation

Storia delle Religioni (Koch). in Basel (Staehelin).

Bruno, Gibeon (Volz). Kobe, Die Renitenz bei der Einführung; der

Harris, Testitnonies (Dobschütz).
Lietzmann, An die Korinther (Bultmann).
— An die Galater (Ders.).
Eibl, Augustin und die Patristik (Koch).
Ensslin, Zur Geschichtsschreibung und Weltanschauung
d. Atnmianus Marcellinus (Eicker).
Germania pontificia (Ders.)

Union und die lutherische Separation in
Lindelbach 1821 - 1867 (Frommel).
Hashagen, Der rheinische Protestantismus
und die Entwicklung der rheinischen Kultur
(Hirsch).

Schweitzer, Aus meiner Kindheit und Jugendzeit
(Ders.).

Schweitzer, Zwischen Wasser und Urwald
(Hirsch).

- Das Christentum und die Weltrcligionen
(Ders.).

Jahrbuch, Kirchliches (Sctiian).
Schultheiß, Stirner (Jordan).
Stange, Hauptprobleme der Ethik (Siegfried).
L e s s i n g, Untergang der Erde am Geist (Steinmann
).

Heiler, Das Gebet (Wobbermin).

Pettazzoni, Prof. Raffaele: Svolgimento e carattere della
Storia delle Religiotli. I.ezione inaugurale pronunziata nell'
Universitä di Roma il 17 gennaio 1624. Bari: G. Laterza & Figli
1924. (31 S.) 8°.

Pettazzoni veröffentlichte mehrere religionsgeschichtliche
Werke: Die Anfänge der Kabiren auf den
Inseln des thrazischen Meeres (Rom 1909); Die primitive
Religion auf Sardinien (Piacenza 1912); Die Religion
Zarathustras in der Religionsgeschichte Irans
(Bologna 1920); Die Religion im alten Griechenland bis
Alexander (Bologna 1921); Gott: Bildung und Entwicklung
des Monotheismus in der Religionsgeschichte
, Bd. I: Das himmlische Wesen im Glauben der
primitiven Völker (Rom 1922); Die Mysterien: Versuch
einer religionsgeschichtlichen Theorie (Bologna 1924).
Vorliegende Schrift ist die Antrittsvorlesung, die P. bei
Übernahme des Lehrstuhls für Religionsgeschichte an
der k. Universität von Rom, des ersten in Italien, gehalten
hat und ist dem Unterrichtsminister Johann Gen-
tile, dem Schöpfer dieses Lehrstuhls, gewidmet. Sie behandelt
die Entwicklung und Eigenart der Religionsgeschichte
. Die R.G. als eigenes, abgegrenztes Wissenschaftsgebiet
ist neuesten Ursprungs. Sie wurde vor
etwa 60 Jahren aus der Taufe gehoben von Fr. Max
Müller und Ed. Burnett Tylor. Zwei Männer, zwei
Welten: jener, ein Deutscher, Schüler Schellings, vom
Geiste des Idealismus und der Romantik berührt, beschäftigte
sich mit den alten Völkern der, durch die vergleichende
Sprachforschung herausgestellten, indo-euro-
päischen Familie und wurde der Begründer der philologischen
Schule, dieser, ein Engländer, naturwissenschaftlich
gebildet und evolutionistisch eingestellt, vom
Positivismus Comtes beeinflußt, befaßte sich mit der
Religion der Wilden und begründete die anthropologische
Schule.

Von Haus aus .antihistorisch' gestimmt, suchte die anthropologische
Schule gewisse Typen zu gewinnen, und wenn Sie diese auch
in eine (verhältnismäßige) Zeitfolge einordnete, so war diese .Entwicklung
' doch ganz naturalistisch und mechanisch gedacht als ein die
ganze Menschheit in ihrer religiösen Entwicklung beherrschendes
.Gesetz'. Indes hatte auch die philologische Schule einen gewissen
pseudohistorischen oder antihistorischen Zug, sofern sie gerne eine
bestimmte Religion, sei es die indische oder die ägyptische oder die
keltische oder die babylonische, als Beispiel und Maßstab anderer
Religionen und so der Religion überhaupt betrachtete. Im übrigen
aber war sie, da sie sprachvcrgleichend vorging, viel mehr historisch
gerichtet, als die andere, und sie mündete auch folgerichtig in die
heutige .historische' Schule ein. Aber auch die religiöse Anthropo-

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logie oder Ethnologie verspürte im Laufe der Zeit den Hauch der
Geschichte: sie kam davon ab, in Bausch und Bogen von ungebildeten
und geschichtslosen Völkern zu sprechen, und lernte die verschiedenen
Stufen und Abschattungen der Kultur unterscheiden, und so entstand
der Gedanke einer Geschichte der niederen Zivilisationen, die ohne
schriftliche Urkunden und nahezu ohne Überlieferungen arbeiten muß
und auf andere, .stoffliche' Hilfsmittel, sowie auf Rückschlüsse aus
späterer Zeit und auf Analogien angewiesen ist. Das ist der Gedanke
der .kulturgeschichtlichen' Schule.

So löste sich die ursprüngliche Zweiheit der Schulen
nach gegenseitiger Annäherung unterm Zeichen der
„Geschichte* auf und die R. G. wurde in subjektivem
und in objektivem Sinne einheitlich und universal, eine
Geschichte, die alle Religionen umfaßt, die niederen und
die höheren, die toten und die lebenden, die primitiven
und die gegenwärtigen, einschließlich des Christentums.
In diesem Umfang der R.G. liegt aber auch die größte
Schwierigkeit für ihre Beherrschung. Sie findet beispielsweise
darin ihren Ausdruck, daß in Handbüchern
der R.G. die einzelnen Abschnitte verschiedenen Gelehrten
je nach ihrer Zuständigkeit anvertraut werden
oder bei religionsgeschichtlichen Kongressen sich verschiedene
Abteilungen bilden. Damit istts aber nicht
getan, da es sich nicht bloß um eine praktische, sondern
auch um eine theoretische Frage handelt, wie bei der
Universalgeschichte überhaupt. Die allgemeine R. G. ist
nicht durch bloße Zusammenzählung der einzelnen Religionsgeschichten
zu gewinnen. Ihr wirkliches Wesen
läßt sich nur an der Hand eben der Universalgeschichte
erfassen.

Diese erreicht man nicht einfach durch Zeitfolgenunterscheidung.
Die Einteilung Altertum, Mittelalter, Neuzeit steht unter abendländisch
-europäischem Oesichtswinkel. Zudem zeigt auch das griechische
Altertum eine Art Mittelalter und damit auch die beiden andern
Perioden, weshalb Ed. Meyer die mittelländisch-abendländische Geschichte
in zwei Kreise gliedert, den griechisch-römischen und den
christlich-germanischen, je mit ähnlichem Ablauf (in der griechischen
Geschichte nach der krctisch-mykcnischen Kultur dorische Wanderung
und Rückfall in Barbarei, dann Renaissance in der Kultur des 5. und
4. Jahrhunderts v. Chr., dann griechisch-römisches Zeitalter seit
Alexander als eine Art Neuzeit), aber auch mit Verschiedenheiten,
namentlich in religiöser Hinsicht. Zieht man andere Länder und
Völker in den Kreis der Betrachtung, so kann man dort ähnliche Erscheinungen
finden. Und so kam man auf den Gedanken einer
Kultlirleiter mit bestimmten Stufen, die alle Völker, wenn auch in
verschiedenem Zeitmaße, durchlaufen hätten oder durchlaufen müßten.
Das ist, sei es in der Lamprecht'schen, sei es in der Breysig'schlen
Fassung, ein Rückfall in einen abstrakten Evolutionismus. Die
,Phasen' sind aber nicht notwendig, da sie da und dort fehlen, und