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Ausgabe:

1923

Spalte:

505-511

Autor/Hrsg.:

Weber, Max

Titel/Untertitel:

Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie 1923

Rezensent:

Walther, Andreas

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Postalischer Erscheinungsort Marburg

Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. Emanuel Hirsch unter Mitwirkung von
Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Erichsburg.

Jährlich 26 Nrn. — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig. — Bezugspreis der einzelnen Nummer Goldmark 0.35.

Es ist also nicht mehr nach der Buchhändler-Schlüsselzahl zu bezahlen, sondern hierbei der am Zahltungstag gültige Goldmarkkurs anzuwenden!

Bezugspreise für das Ausland vierteljährlich 12.50 s. Fr.; 38.75 fr. Fr.; 45— b. Fr.; 10 sh.; 2V» $; 6.25 Fl.;
11.25 d. Kr.; 12.50 n. Kr.; 8.75 s. Kr.; 50— Lire; 35 000 öst. Kr-; 75— tsch. Kr.; 81.25 finn. Mark.

, , »I -yi Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind au sschließ lieh an Professor D. Hirsch in Göttingen, i r i_ inii

48. Jahrg. Nr. Li, Nikolausberger Weg 31, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. UcZCrnDCT l"i,o.

Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie
(Walther).

Dölger, /A'0Y£. Das Fischsymbol in früh-
christl. Zeit (Clemen).

Babylonian Records in the Library of J. Rierpont
Morgan (Meißner).

Koschaker u. Ungnad, Hammurabi's Gesetz
(Ders.).

W i Hink, Utopia aecording to Moses (Volz).
B u o n a i u t i, Saggi sul cristianesimo primitivo
(v. Soden).

B u o n a i u t i, Voci cristiane (v. Soden).
Scrittori cristiani antichi (Ders.).
Svennung, Orosiana (Jülicher).

Blätter für württembergische Kirchengcschichte
(Bossert).

Rauch, Johann Lachmann (Ders.).

Holl weg, Geschichte der evangelischen Gesangbücher
(Zillessen).

Fittbogen, Die Religion Lessings (Petsch).
Schmitt, Politische Theologie (Hirsch).

Scheler, Schriften zur Soziologie und Welt-
anschauungslehre (Ders.).

Huber, Staatenpolitik und Evangelium (Ders.).
Wunderle, Einführung in die moderne Re-
ligionspsychologic (Wobbermin).

S t ä g 1 i c h , Unser Christenglaube und unser
Christenlebcn (Katz).

Braun, Sakramente und Sakramentalien (Mulert).

Weber, Max: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie-
Tübingen: J.C.B. Mohr 1920/21. 3 Bde. (573, VI, 378, VIII, 442
S.) gr. 8°. (Jetzt z.T. zweite, photomechanisch gedruckte Auflagen
). Gz. 14— (geb. 18-); 10- (13-); 12- (16-).

Max Webers religionssoziologische Arbeiten haben
wie nichts anderes dem modernen wissenschaftlichen
Ktilturbewußtsein die universalhistorische Bedeutung der
Religion wieder eindringlich gemacht, und damit zugleich
für die Theologie empfindlich abschließende Wälle niedergelegt
. Wie kommt ein nationalökonomischer Professor
zu umfassenden Studien über die Weltreligionen?
— Die historische Schule der Nationalökonomie hatte
der Isolierung des Wirtschaftslebens und des Homo
oeconomicus die Erkenntnis von der Einflechtung der
Wirtschaft in das gesamte Kulturleben entgegengesetzt.
Die damit gestellte ungeheure Aufgabe, die analog auch
für andere Lebensgebiete wie das Recht oder die Kunst
sich erhob, ohne schon einen Meister zu finden, konnte
W. mit seiner außerordentlichen Ausrüstung zum ersten
Mal durchführen und so der kulturvergleichenden Forschung
ein neues Niveau als erreichbar zeigen. Wenn
der Tod ihm das Schaffen abbrach, so steht doch in
seinem Werk über „Wirtschaft und Gesellschaft" (im
Grundriß der Sozialökonomik, 3. Abt., 1921/22, 840 S.)
der große Bau in seinen wichtigeren Flügeln: Verhältnis
der Wirtschaft zu den Herrschaftsformen, zum Recht,
zur Religion usw., fertig da, soweit seiner immer großartiger
arbeitenden Werkstatt schließlich das „Fertigmachen
" lag. Die dort aufgenommene „Religionssoziologie
" mit dem Untertitel: „Typen religiöser Vergemeinschaftung
", welche die Seiten 227—356 füllt, und andere
Abschnitte wie besonders der über „Staat und Hiero-
kratie" (S. 779—817) ruhen zum Teil auf den hier anzuzeigenden
Studien als Vorarbeiten, zum Teil auf anderem,
so dem ethnologisch-volkskundlichen Material, und sind
nicht nur wegen ihrer relativ systematischeren Struktur,
sondern auch wegen der für ihn so charakteristischen
Fülle neuer Gesichtspunkte bei abermaliger Behandlung
eines Gegenstandes, notwendig neben diesen drei Bänden
zu studieren.

Ein zweiter Anstoß zu seiner Religionssoziologie

- • - ■: • i - t -1___

der Wirtschaft: ob die institutionellen und geistigen
Bildungen nach Marx nur „Überbauten" auf dem allentscheidenden
wirtschaftlich - sozialen Unterbau seien,
oder ob „die Ideen die Welt lenken". Daß beide Ansichten
dogmatische Verabsolutierungen von Teilwahrheiten
sind, ist von vielen ausgesprochen worden. Aber
wieder konnte nur der Ausnahmsmensch W., der sich
auch die hier entscheidende Kunst präziser Fragestellungen
in langen logisch-methodologischen Studien (jetzt
zusammengefaßt in seinen „Gesammelten Aufsätzen zur
Wissenschaftslehre", 1922, 579 S.) erarbeitet hatte, die
zunächst hoffnungslos verwickelt erscheinende Wechselwirkung
des Materiellen und Geistigen aufzulösen unternehmen
. Mit gleich packender Eindringlichkeit hat er
einerseits gezeigt, wie sehr die Menschen mit ihren Motiven
, auch in ihrem höchsten religiösen Suchen, in die
Interessenlage und den Horizont ihrer wirtschaftlich-
sozialen Position gebunden sind, und andrerseits, welche
Macht besonders die religiös-ethischen Pflichtüberzeug-
ungen, aber auch rein intellektuelle Konzeptionen, auf
die Formung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens
ausüben, nachdem diese Überzeugungen einmal entstanden
sind, sei es aus rein religiösen und geistigen Quellen,
die als der empirischen Forschung nicht zugänglich
überall nur angedeutet werden, sei es abgewandelt durch
soziale Positionsmotive. Die Wirtschaft entscheidend
bestimmt durch die Religion! Dieser Nachweis mag
manchem, der seine universalhistorische Durchführung
noch nicht verfolgt hat, zunächst wie ein gesuchtes Virtuosenstück
erscheinen wollen. Es soll auch einerseits
Paradigma sein, und selten sah man ein umfassendes
Dogma unter einem so unerwarteten Sturmangriff weichen
. Aber in Wahrheit ruht das Herausheben der Religion
auf der universalhistorischen Feststellung, daß, abgesehen
nur von einer letzten kurzen Zeitspanne in der
Entwicklung einiger europäischer Gruppen, die Religion
d i e ausschlaggebende Macht für die Lebensführung der
Menschen, also auch wohl für ihre wirtschaftliche Lebensführung
, gewesen ist.

Der unmittelbarste Anstoß zu diesen Arbeiten kam
W. aus den neueren nationalökonomischen Diskussionen

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kam W. aus der Auseinandersetzung mit dem historischen , uber die psychologischen Grundlagen des Kanitalkrr
" aterialismus, d. h. aus der Frage nach der Tragweite | Denn Kapitalismus bedeutet neben anderem auch eine be-

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