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Ausgabe:

1923

Spalte:

466-469

Autor/Hrsg.:

Headlam, Arthur C.

Titel/Untertitel:

The Life and Teaching of Jesus the Christ 1923

Rezensent:

Lohmeyer, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 22.

466

„der denuitsvolle, mit gesenktem Knie, der ffHff eintritt
und rpty hinausgeht". Bei Levy, Neuhebr. Wtb. IV,
p. 522 b wird Tpjy zu F)liy „reiben, abreiben" gezogen
und die Stelle übersetzt „er reibt (drückt) sich
beim Hereingehen und reibt sich beim Hinausgehen",
was Unsinn ist; „reiben" ist nicht „drücken". Raschi's
Kommentar verweist mit Recht auf die parallele Stelle
Babha Bathra, f. 7 a, während Levy sie hier nicht anführt
. Aber jenes Sanh. und spjy B. Bathra gehören
nicht zu fW „abreiben, glätten", sondern zu
rpty, das im Syrischen (siehe Payne Smith, col. 4256)
und Mandäischen (siehe Johannesb. II, p. 799) im Sinne
„kriechen, schleichen" vorkommt. Der Stamm findet
sich auch im Hebräischen, wenn auch nicht in Verbalformen
, so doch in abgeleiteten Wörtern und hätte in
Oesenius-Buhl's Wörterbuch verzeichnet werden müssen.
Die Worte in Sanhedrin sind danach zu übersetzen „der
kriechend eintritt und kriechend hinausgeht". Diese
Äußerung der Demut (freilich nicht nach unserem Ge-
schmacke) entspricht also dem vorhergehenden Ausdruck
"!"□ Srvuy „mit gesenktem Knie". An der Stelle
B. Bathra sind die Worte an einen Mann gerichtet, der
in einer baufälligen, einsinkenden Wohnung wohnen
muß, und zu übersetzen: Kriech auf deinem Bauche,
wenn du eintrittst, kriech auf deinem Bauche, wenn du
hinausgehst. Wahrscheinlich knüpfen beide Sätze an
eine sprichwörtliche Redensart an. Dasselbe Fpgf liegt
vor in Babha M'si'a f. 84 a, rPPJH F|tf „sein Verstand
schlich davon" und in Chullin, f. 42 b rPPDITÖ „rückte
von seiner Stelle weg". Davon zu trennen ist einerseits
ein transitives PDJJf im Sinne „zermalmen, zerdrücken,
niederdrücken", anderseits Fpjy im Sinne „glätten, abreiben
, einreiben". Bei Levy und, auch bei Dalman sind
diese Dinge durcheinandergeworfen.

Dal mans Wörterbuch liegt jetzt in zweiter Auflage
vor. Manche Fehler der ersten Auflage sind beseitigt,
zum Teil nach Verbesserungen anderer Gelehrter. Die
oft sehr fragliche Vokalisation griechischer und lateinischer
Lehnwörter ist beibehalten, aber diese Lehnwörter
sind wenigstens nicht mehr wie in der ersten Auflage,
auch wenn ihre Herkunft noch so sicher ist, einfach als
x bezeichnet. Lateinische Wörter kamen nach dem
Orient fast durchweg durch griechische Vermittlung.
Trotzdem ist es gerade in einem Handbuch dieser Art
nicht zu empfehlen, Wörter wie legio, strata, census
schlechthin als griechisch zu bezeichnen. Von den persischen
Lehnwörtern sind viele nicht als solche erkannt.

«rDfirw. vbyvD, mina n^pt, kh, kppdp,

HJDVi Wfl sind persisch. Bei einem Schrifttum, das
zum großen Teil in Babylonien entstanden ist, sind
natürlich die Lehnwörter von besonderem Interesse, die
aus dem Babylonischen übernommen sind. Umsomehr
ist es zu bedauern, daß Dalman diesem Lehngut gar keine
Aufmerksamkeit zugewandt hat. Dabei gewährt Zim-
merns Schrift „Akkadische Fremdwörter als Beweis
für babylonischen Kultureinfluß" hierüber eine zuverlässige
und bequeme Orientierung.

Mir ist keine Literatur bekannt, in der soviel Abkürzungen
gebraucht würden, wie in der rabbinischen.
Bei der Intensität, mit der ihr Studium von den Juden betrieben
wird, bieten sie diesen keine Schwierigkeiten. Für
den Fernerstehenden sind sie eine schwere Crux. Daher
war es ein guter Gedanke, dem Wörterbuch ein „Lexikon
der Abbreviaturen" beizugeben. Es rührt von G. H.
Händler her und ist für die zweite Auflage von J. Kahan
neu bearbeitet.

Für den Druck der neuen Auflage haben drei jüdische
Stiftungen eine Unterstützung gewährt. Die Ausstattung
ist sehr gut, die verschiedenen verwandten
Typen scharf und gefällig.

Oöttingen. M. Lidzbarski.

Headlam, Arthur C, C. H„ D.D., Bishop of Oloucester: The
Life and Teaching of Jesus the Christ. Mit einer Karte
von Palästina. London: John Murray 1923. (XIII, 338 S.) 8°. 12sh.
Ein „Leben Jesu" in einer Zeit, in der die deutsche
Theologie sich von aller „Leben-Jesu-Forschung" um
ihrer äußeren wie inneren Problematik willen fast völlig
abgewendet hat, — ein englisches Werk getragen von
lebendigen Kräften englischer Theologie, die bisher nicht
zu häufig zu solcher großen geschichtlichen Aufgabe
sich entschlossen hat, und zugleich erfüllt von Fragen
und Antworten, die die deutsche neutestamentliche Forschung
der letzten Jahrzehnte -bewegten, — ein solches
Werk ist allein durch sein Dasein beachtenswert genug
und rechtfertigt eine etwas ausführlichere Betrachtung.

Schon ein flüchtiger äußerer Überblick lehrt die
Art kennen, in der der Verfasser seine Aufgabe angefaßt
hat. Fast die Hälfte des Buches ist der Schilderung
von Zeit und Umwelt Jesu gewidmet; aber auch in die
zweite Hälfte, die Leben und Lehre Jesu rein für sich
schildert und bis zu einer Erörterung über die Verklärung
Jesu führt, drängen sich ausführliche Betrachtungen
über Religion und Leben, innere Bewegungen und
äußere Zustände des Judentums ein. So erwächst die
Gestalt Jesu immer in Abhängigkeit und Gegensätzlichkeit
zu dem Leben rings um ihn; und nicht immer scheint
die Gefahr beschworen, der solche Darstellung leicht
verfällt, die Umwelt über die einmalige Erscheinung
dominieren zu lassen, von der sie erst Wort und Wert
empfängt. Sodann: Die Arbeit gibt eine schon in den
Überschriften der einzelnen Kapitel erkennbare aufsteigende
Entwickelung des Lebens Jesu von der Kindheit
bis zu dem Höhepunkte der Verklärung (Kapitel 2—4
und 7); in diese historisierende Betrachtung flicht sie
eine lehrhaft beschreibende Darstellung der „neuen
Lehre" Jesu, des Reiches Gottes und am Ende des
Messiasbegriffes ein (Kapitel 5. 6 und 8). Es ist deutlich
, wodurch der Wechsel in der Darstellungsart bedingt
ist: Die biographische Beschreibung folgt im
großen und ganzen der Erzählung des Marktisevange-
liums, die begriffliche Darstellung unterbricht überall
dort den Faden dieser Erzählung, wo auch das Matthäus-
Evangelium in die marcinische Vorlage die Berg- und
Gleichnisrede einschiebt. So verrät sich also schon in
diesem Aufbau des Werkes eine ganz bestimmte Anschauung
und Lösung der Quellen- und der synoptischen
Frage, die in der Einleitung kurz skizziert wird.

Von den literarkritischen Ergebnissen dieser Einleitung
zu berichten, scheint kaum nötig; denn sie stellen
im wesentlichen nur das dar, was seit Jahrzehnten
communis opinio der sogenannten gemäßigten kritischen
Theologie Deutschlands ist. Sie teilen aber auch die
Einseitigkeit und Problematik dieser reinen Literarkri-
tik. Von den fruchtbaren Anregungen, die in Wellhausens
tiefer Skepsis liegen, ist nichts übernommen, auch
nicht etwas von den an Wellhausen anknüpfenden, form-
geschichtlichen und stilkritischen Forschungen, die diese
Skepsis und jene reine Literarkritik durch neue Gesichtspunkte
zu überwinden trachten. Die Logia-Quelle bleibt
ein literarisch fest umrissenes Dokument; in oder hinter
dem Markus-Evangelium liegt „ein authentischer und
zusammenhängender Bericht des Lebens Jesu". So bleibt
das Vertrauen gesichert, daß wir in der Markusdarstellung
eine zuverlässige biographische Quelle besitzen,
und deshalb auch die Aufgabe lösbar, „ein Leben Jesu"
zu schreiben; und nirgends verrät sich ein Bewußtsein
davon, daß diese rein literarkritische Anschauung schon
eine petitio principii enthält, daß sie in die Quellen hineinlegt
, was sie aus ihnen herausholen möchte.

Das 1. Kapitel berichtet von dem inneren und äußeren Leben
Palästinas, von seiner politischen und religiösen Geschichte. Das
Bild ist mit reicher Kenntnis gezeichnet und mit lebendigen Einzelheiten
geschmückt; eine gewisse Einseitigkeit bleibt auch hier,
wenigstens dem deutschen Betrachter, nicht verborgen. Der Blick des
Verfassers ist allzu sehr auf äußere politische Geschichte und innere
religiöse Zuständlichkeit gerichtet. Von den charakteristischen Zügen
des wirtschaftlichen und sozialen Lebens, das mit jüdischer Fröm-