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Ausgabe:

1922

Spalte:

41

Autor/Hrsg.:

Penzig, Otto

Titel/Untertitel:

Die Theosophie und die Theosophische Gesellschaft 1922

Rezensent:

Knevels, Wilhelm

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 2.

42

Penzig, Prof. Dr. Otto: Die Theofophie und die Theofophifche
Gefellfchaft. (50 S.) 8U. Düffeldorf, E. Pieper, Ring-
Verlag 1921. " M. 4 —
Rudolph, Hermann: Die neue Staatsreligion. (Theofoph.
Baufteine Nr. 31.) (17 S.) 8°. Leipzig, Theofoph. Kultur
-Verlag 1920. M. 1.20
Rudolph, Hermann: Der Weg zum Chriltus oder die vier
Schritte auf dem Pfade zur Vollendung. (Theofoph.
Kulturbücher Nr. 12.) (42 S.) Leipzig, Theofoph. Kultur
-Verlag 1920. M. 3 —
Das Studium der eigentlichen ,Theofophie' tritt augenblicklich
hinter der Befchäftigung mit Steiners Anthropo-
fophie zurück, follte aber nicht ganz vernachläffigt werden
. Penzig gibt uns eine ganz ausgezeichnete Orientierung
über das Wefen und die Anfchauungen der Theofophie
(leider in das Schema: ihr Verhältnis zur Religion
, Philofophie, Wiffenfchaft hineingezwängt), dazu Auf-
fchluß über die Theofoph. Gefellfchaft und brauchbare
Literaturnachweife. Wohltuend berührt die Zurückhaltung,
Mäßigung und Weitherzigkeit. Das Gegenteil muß man
von Rudolphs (fehr zahlreichen) Schriften fagen, die
einen Sonderftandpunkt darftellen. Die eine hier genannte
kämpft dafür, daß anstelle der Konfeffion wieder wie
urfprünglich in der Menfchheit (!) ,die Religion' trete.
Diele beftehe im Glauben an das höhere Selbft im Men-
fchen und in der Führung des Lebens im Hinblick auf
die Verwirklichung des höheren Selbft. Dies wird näher
ausgeführt in der anderen Schrift, die vier Schritte auf
dem ,Weg zum Chriftus', d. h. zum göttlichen Selbft weift.
Das Niveau der Ausführungen fei durch folgende 2 Stellen
gekennzeichnet:

,Ira höchflen Sinn verlieht man unter Gott den allgegenwärtigen,
geflaltlosen, anfang- u. endlofen Raum mit allen in ihm fchlummernden
(latenten) Kräften, den die Philofophen das Abfolutc, die chrifllichcn
Myftiker die Gottheit u. die örtliche Religion d(s Parabrahm nennen'
(S. 2if). *

,Das Organ des geilligen Schaucns i(l das dritte Auge, die Zirbel-
driife. Wem es durch beftändige, Jahre hindurch ausgeübte Meditation
gelingt, das Innere des Kopfes von allen phyfifchen Eindrücken ab-
zufchließen, in dem entfaltet lieh das geiflige Auge: er wird auf kurze
Zeit allwiffend. Wer beftändig in diefem Zuftand lebt, ift ein Adept,
ein Chriftus.' (S. 33 f.)

Mannheim. W. Knevels.

Schian, Prof. Dr. Martin: GrundriH der Praktirchen Theologie
, l. Hälfte. (Samml. Töpelmann, i. Gruppe, 6.
Bd.) 176 S.) 8°. Gießen, Alfred Töpelmann 1921.

M. 18.—

Ein neuer ,Grundriß der praktifchen Theologie' war
längft ein brennendes Bedürfnis. So gute Dienne auch
lange Jahre ,der kleine Achelis' den Studenten und Kandidaten
geleiftet hat, er war in den letzten Jahren nicht
nur in vielen Einzelheiten überholt, war vor allem zu
ftark mit hiftorifchem Detail überladet und in feinen
grundfätzlichen Partien nicht klar. So werden Docenten
und Studenten den neuen .Grundriß' mit Freuden begrüßen
.

Was ein folcher Grundriß leiden foll, id heutzutage
nicht wenig. Auf lange Zeit hinaus werden fehr umfangreiche
liehrbücher kaum gedruckt werden können
oder de werden einen Kaufwert haben, den der Durch-
fchnittsdudent nicht erfchwingen kann. Umfo mehr muß
das kurze Lehrbuch auf knappem Raum grundfätzliche
Klarheit, gute Stoffauswahl, gefchichtliches und prakti-
fches Wiffen und reichliche und doch nie beladend wirkende
Literaturangaben darbieten. Die Stoffauswahl id
nicht leicht und an die Kund, in wenig Worten viel zu
fagen und dabei überfichtlich zu bleiben, werden hohe
Anforderungen gedellt.

Es id dem Unterzeichneten eine große Freude, fagen
zu dürfen, daß in diefem Schian'fchen Buche alle diefe
Wünfche erfüllt find. Es id wirklich ein gutes Studentenbuch
geworden, das dem Lernenden weder das Denken
noch den notwendigen Fleiß erfpart, ihm aber zu-
nächd auch nur das Wefentliche mit auf den Weg gibt.

Uber die Anlage und Einteilung des ganzen Lehrbuchs wird erfl
ein abfchließendes Urteil möglich fein, wenn auch der zweite Teil
erfchienen ift. Er befindet fich fchon im Druck, aber ich möchte
nicht länger zögern, zunächft diefem erften Teil den Weg bahnen zu
helfen.

Wir haben bis jetzt vor uns liegen I., Die Grund-
vorausfetzungen des kirchlichen Handelns II., Die Organe
des kirchlichen Handelns und die 1. Abteilung (Gemeinde-
gottesdienft) vom III., Das kirchliche Handeln als gottes-
dienftliches Handeln. In allen Einzelabfchnitten werden
gefchichtliche Fragen, (einfchl.der Gegenwart) grundfätzliche
Fragen und praktifche Fragen befprochen
und am Schluß jedesmal ein fehr forgfältiges und reiches
Literaturverzeichnis angefügt.

Das entfpricht der Schian'fchen Aufgabeftellung für
diepr.Th.:fiefucht auf demWeg über das gefchichtliche
Verftändnis der kirchlichen Praxis und über
eine möglichft genaue Kenntnis des kirchlichen
Lebens der Gegenwart mit allen feinen Voraus-
fetzungen die grundfätzlich richtigen und prak-
tifch zu empfehlenden Wege des kirchlichen Handelns
klar zu ftellen'.

Gefchichte und Gegenwartskunde follen alfo nur den
Weg bahnen, um zu richtigen Grundfätzen, d. h. zu zweckmäßiger
Verfahrungsweife zu kommen. Man wird im
Allgemeinen auch durchaus anerkennen müffen, daß
diefen Gefichtspunkten in der Ausführung fo Rechnung
getragen ift, daß Gefchichte und Gegenwartskunde immer
ihre dienende Stellung behalten, um der pr. Th. als einer
grundfätzlichen Wiffenfchaft den nötigen Unterbau
zu geben. Doch liegt in dem ,grundfätzlich richtig' doch
noch etwas, was bei Schian zuweilen zu fehr zurücktritt:
Die Dingeihrem innern Wefen nach zu erkennen. Die Abneigung
Schian's gegen jedes ,Syftem' (nicht gegen gute
Sachordnung) läßt m. E. nicht immer dazu kommen,
außer einer zweckmäßigen Stoffanordnung auch die
innere Zufammengehörigkeit und Eigenart der Einzelheiten
in ihrem Verhältnis zu einander ausreichend hervortreten
zu laffen. Was er als ,abftrakte Konftruktionen'
ablehnt, ift tiefer gefehen ein wirklich innerer Zufammen-
hang dem Wefen nach. Das ift bei C. J. Nitzfeh doch
nicht nur ein abftraktes Konfluieren, fondern ein Erkennen
, das den Dingen auf den innerften Grund geht.

Befondeis in dem allererflen Abfchnitt über dicGrundvorausfetzungen
des kirchlichen Handelns konnte der Student noch tiefer in die richtige
Erkenntnis des Wefens der Kirche, in das Verhältnis des idealen und
des empirifchen Kirchenbegriffs eingeführt und vor den gewöhnlichen
Koufufionen gewarnt werden. Schian jedoch baut ja mit vollem Rechte
die praktifche Theologie ganz auf dem empirifchen Kirchenb egriff
auf — um fo deutlicher mußten die Brücken fichlbar bleiben, die zum
transcendenten Ausgangspunkt und Zielpunkt hinüber führen. Daß ift
durch die Darftellung des gefeh ichtlichen Werdegangs vom Chriften-
tum zur Kirche nicht ausreichend gewürdigt, Nach diefer Richtung
bedürfen die erften Abfchnitte eine Ergänzung.

Im zweiten Hauptteil werden nach allgemeinen Ergänzungen die
Gefamtkirchen, die Kirchengemeinden, das Pfarramt und die freien Organe
behandelt.- Auch hier wären noch eingehender Winke für das Verftändnis
der inneren Struktur der Gefamtorganifation und der in
ihr vorkommenden Funktionen am Platze gewefen. Bei der Gefamt-
kirche hätte in unferer Zeit die Abftufung der fy nodalen Organifation
noch etwas ausführlichere Berückfichtigung verlangt. Die Kirchengemeinde
nimmt mit Recht einen großen Raum in Anfpruch (Emil Sulzes
Bedeutung fcheint mir überfchätzt S. 59). Dann haben aber auch Piovin-
zial- und Generalfynoden ein Recht auf gründliche Behandlung, Beim
Erfcheinen der 2. Auflage lind gewiß die neuen Kirchenverfaffungen fertig:
dann verdienen fie noch einen befonderen Abfchnitt. Vielleicht bringt
uns fchon der zweite Teil des Buches einen folchen ? Über .Gemeinde'
und ,Pfarrer' hat Schian uns ja fchon zwei gute Monographien ge-
fchrieben. Die Vereinsarbeit kommt im zweiten Teil ausführlicher dran.

Das Literaturverzeichnis zu S. 9 — 27 ift gut und fehr reichhaltig;
Diefe Verzeichniffe werden auch denen gute Dienfte leiften, die mehr
brauchen, als was folch' ein Grundriß enthalten kann.

Im dritten Hauptteil fehlt die einleitende Erörterung nicht, die
ich oben vermißte. Schian fchreibt hier fo genau, als es der Raum
geftattet, über das Wefen des Gottesdicnftes, insbefondere des chrift-
lichen; freilich eine Überficht über die im gottesdienftlichen Leben
vorkommenden elementaren Funktionen würde die gefchichtliche Orientierung
gut ergänzen Der Abfchnitt über die gefchichtliche Entwicke-
lung ift ja — gemeffen am Reichtum des vorliegenden Stoffmaterials
äußerft knapp gehalten — aber das ift ausgeglichen durch eine vor-