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Ausgabe: | 1922 Nr. 1 |
Spalte: | 378 |
Autor/Hrsg.: | Lang, Gottlob |
Titel/Untertitel: | Michael Hahn. Einführung in seine Gedankenwelt mit einer Auswahl aus seinen Werken 1922 |
Rezensent: | Bossert, Gustav |
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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 16/17.
378
bedeutendes, viel zitiertes, aber auch oft angefochtenes I Lang, Gottlob: Michael Hahn. Einfuhrung in feine GeWerk
: Ignatius von Loyola und die Gegenreformation dankenwelt mit einer Auswahl aus feinen Werken.
(Halle 1895) auf der Grundlage der neu erfchloffenen | (302 S.) kl. 8°. Stuttgart, Strecker u. Schröder 1922.
Quellen im neuen Gewände uns darzubieten. Es bleibt j M. 30 —
weiter den Gelehrten u. a. die Aufgabe, Laynez, den j In einer Zeit, da das Verhältnis der Gemeinfchaften
zweiten Ordensgeneral, über deffen Leben und Wirken zur Kirche in Norddeutfchland fo viele Verhandlungen
in den Monumenta hiftorica S. L acht Hände vorliegen, | veranlaßt, ift es gut, das Lebens- und Charakterbild des
eingehend zu fchildern. Aber auch Hieronymus Nadal, | Stifters der größten c. 15000 Glieder zählenden Gemeinder
als Vifitator dreimal die deutfchen Lande besucht j fchaft der Michelianer und feine Gedankenwelt kennen
und dabei fo viele Unterweifungen und Einrichtungen j zu lernen. Ein Bauer, der nur eine einfache Dorffchule
getroffen hat, verdiente eine Darfteilung feines Lebenswerkes
, umfomehr, als er ein befonderes Werkzeug feines
Meifters Loyola gewefen ift.
Nordhaufen. Hermann Stoeckius.
Abraham a Sancta Clara: Die Totenkapelle. Ein Totentanz
in Wort und Bild. Neu herausgegeben von Prof.
Dr. Karl Bertfche. (336 S.) 160. M. Gladbach,
Volksvereinsverlag G. m. b. H. M. 18 —
Nachdem Abraham a Sancta Clara i. J 1702 mit
feinem Buche „Sterben und Erben" die alte Ars moriendi
in eigener Verarbeitung hatte erfcheinen laffen, fchrieb
er angefichts des eigenen Todes (f 1709) unter dem Titel
„Toten-Capelle" einen Totentanz mit 68 Nummern, beginnend
, indem er der ganzen Reihe das Stück vom Ur-
fprung des Todes voranftellte (Nr. 1), mit dem Stück
vom Papft und Tod (Nr. 2), fchließend mit dem Stück
von der Dame und dem Tod (Nr. 68). Diefer Schwanengefang
des berühmten Barfüßers ift im Jahr nach feinem
Heimgang zum erftenmal bei Chriftoph Weigel in Nürnberg
erfchienen, begleitet von (einfchl. des Titelbildes)
insgefamt 69 Kupfern, die, allem Anfchein nach von dem
Verleger, der auf dem Titelblatt fich ausdrücklich als
Kupferftecher bezeichnet, gefertigt, den einzelnen Stücken
beigegeben find. Bereits 1711 folgte die zweite Ausgabe,
erft 1729 die dritte und letzte deutfche. Zwar erfchien
1730 das Werk in holländifcher Überfetzung und erlebte
während der folgenden Jahrzehnte des 18. Jhdts. — ein
Beweis feiner außerordentlichen Beliebtheit im Auslande —
50 holländifche Drucke (S. 40). Aber den erften deutfchen
Neudruck gibt nach faft 200 Jahren erft B. wieder.
Leider befriedigt er nicht ganz.
In der Einleitung (1. Quellen und Vorbilder; 2. Entftehung und
Schickfal des Buches; 3. Aufbau und Stil) fchretbt B. (S. 42): „Untere
Ausgabe folgt genau dem Wortlaute des Urtextes von 1710." Das ift
richtig und doch nicht völlig. Der Urtext weiß nichts von den (deutfchen
) Kapitelüberfchriftcn, die B. über die einzelnen Nummern fetzt
und die, an fich dem Lefer gewiß willkommen, hatten in eckigen Klammern
als Zugabe des Herausgebers gekennzeichnet werden follen. Im
Texte felbft wären die in eckigen Klammern eingefügten erläuternden
Zufätze wohl beffer als Fußnoten gegeben. Ob der Spruch bei Nr. 4
im Original der Urausgabe am Kopf tatfächlich anders lautet wie am
Schluß, vermag ich nicht zu entfcheiden; in der mir vorliegenden
befucht hat, hinterläßt bei feinem Tod 1819 eine folche
Fülle von Schriften, Büchern und geiftlichen Gefängen,
daß feine Freunde fie nur in 16 anfehnlichen Bänden
herausgeben konnten. Das vorangeftellte Bild zeigt das
geiftvolle Geficht eines fchwäbifchen Bauern, der gründlich
feine Bibel durchftudiert hat und dabei die Wege
der Theofophie geht, die in Ötinger einen ftark auf die
Laien einwirkenden Vertreter hatte, und fpäter auch fich
mit Jakob Böhme befchäftigte. Seine Sprache ift nicht
leicht zu verliehen, feine eigenartigen Gedanken verlangen
ein ernftes Nachdenken. Lang bemüht fich, dem Ver-
ftändnis des Lefers nachzuhelfen, und gibt für manche
Ausdrücke eine Erklärung, fo für die vielgebrauchte
Tinktur, für Magia, aber er hätte mehr bieten dürfen. So
bleibt Magia nicromantica unerklärt.
Schön ift: die Demut des Mannes, der in die tiefften
Tiefen der Religion einzudringen fich bemühte, und als
Seelforger und Lehrer in weiten Kreifen großen Einfluß
befonders in feinen Briefen hatte. Von der damaligen
Kirche mannigfach angefochten und felbft vor dem Kon-
fiftorium verhört, hält er fich doch zur Kirche und vermahnt
auch feine Anhänger zur Treue gegen die Kirche.
Sehr gut ift, daß Lang die Gelänge mitteilt, in welchen
Hahn feine Stellung zur Reformation und feinen Unter-
fchied von Separatiften, Herrnhutern, Quäkern kennzeichnet
. Ergreifend ift feine Schilderung der innern
Armut der Gottfucher. Wer Zeit und Ruhe hat, wird es
nicht bereuen, auch Hahns eigenartigen Lehren von der
Schöpfung des Menfchen und feinem erften Fall durch
Begehren der finnlichen Liebe, wodurch er erft zum Mann
wurde und ein Weib erhielt, feine Lehre von Rechtfertigung
und Heiligung, von Wiederbringung aller Dinge,
kennenzulernen.
Stuttgart. G. Boffert.
Kafka, Prof. Guftav: Die Vortokratiker. Mit einem Bildnis
des Anaximander nach einem antikenRelief. (Gefchichte
der Philofophie in Einzeldarftellungen, Abt. II, Bd. 6).
(164 S.) 8". München. E. Reinhardt 1921. M. 15 —
Derfelbe: Sokrates, Piaton und der Sokratifche Kreis. Mit
Bildniflen v. Sokrates u. Piaton nach antik. Hermen.
2. Ausgabe iit der Vorfpruch jedenfalls mit dem Endfpruch identifch. | (Derf. Bd 7.) (158 S.) 8°. München, E. Reinhardt,
In Nr. 10, M.üer und Tod, war S. 93 Callat in Callot zu berichtigen;
einen Künftler Callat gibt es nicht.
Ein noch wichtigerer Mangel des Neudruckes gegenüber der Originalausgabe
betrifft die Dilderbeigaben. B. reproduziert nicht die Ori-
ginalltiche, fondern entnimmt, vom Titelbild abgefehen, feine Totentanzbilder
einer holländischen (Löwener) Ausgabe von 1767. Diefe
holländifchen Bilder nehmen zwar die Originaliliche als Vorlage, find
aber fowohl dem Format wie der kiinftlerifchen Ausführung nach hinter
jenen fehr weit zurückgehende Holzfchnitte fremder Hand. Ift diefe
Kombination der deutfchen Urausgabe mit den fehr unbedeutenden
1921. M. 15—.
Von den beiden Bänden umfaßt der mit einem Bilde des
Anaximandros gefchmückte erfte die griechifche Philofophie
von Thaies bis Demokritos, aber ohne die Sophiften.
Diefe haben erft in dem zweiten, dem ein Bildnis Sokrates'
und Piatons beigegeben ift, zufammen mit den fokra-
tifchen Schulen, Sokrates und Piaton ihre Stelle gefunden.
Beide Bände enthalten außerdem einen bibliographifchen
Nachfchuitteu an fich fchon untunlich, fo verfchlimmert fich die Sache Wegweifer und zahlreiche Anmerkungen. In der Ein-
noch dadurch, daß B. feiner Ausgabe von den 69 (sie) Schnitten über
haupt nur 23 („die beften", S. 39) beigibt. So haben wir wohl den
,,Totentanz im Wort" volifländig, den „Totentanz im Bild" aber höchft
unzulänglich fowohl nach Quantität wie nach Qualität. Vermutlich ift
die Koftenfrage hier zum Verhängnis geworden
leitung zum erften Bande, die die Eigentümlichkeit des
griechifchen Denkens zu charakterifieren fucht, warnt der
Verfaffer mit Recht davor, die neueren Theorien in die
naiven Anflehten der Alten hineinzuverlegen, ohne fich
Gleichwohl mag es dem Herausgeber als Verdienft ' dadurch aber die Möglichkeit zu nehmen, überall, wo es
ingerechnet werden, daß er durch den fchlichten Neu- ! angebracht war, die Keime der fpäteren Entwicklung
druck auf A.s a. S. Cl. letztes Wort, das nicht nur unter
biographifchem, fondern auch unter allgemein religiöfem fachlichen Gründen" vorgenommene Umftellung von
und unter ikonographifchem Gefichtspunkte bedeutfam
aufzuweifen. Nicht für glücklich halte ich die „aus
Anaximandros und Anaximenes und die Behandlung
bleibt, erneut hingewiefen hat. | der fokratifchen Schulen vor Sokrates. Auch die ZuBerlin
. Georg Stuhlfauth
fammenfaffung des Demokritos mit Leukippos und die
dadurch gebotene Stellung der Sophiften hinter Demokri-