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Ausgabe:

1915

Spalte:

362-363

Autor/Hrsg.:

Mann, Traugott

Titel/Untertitel:

Der Islam einst und jetzt 1915

Rezensent:

Horten, Max

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TitiUS und Oberlehrer Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich IO Mark

— Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find a u s f c h 1 i e ß 1 i c h an i-w<-» x pa -iz-v-ii-

•40. JahrSr. Nr. 16/17 Profeflbr D. Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, zu fenden. xSö. AlltTUlt lcllO

" * Rezcnfionsexemplare ausfchließlich an den Verlag. D

Siecke, Püshan. I. Tl. Püshan's Eigenfchaften

im Rig-Veda (Oldenberg).
Mann, Der Islam einft und jetzt (Horten).
Canaan, Aberglaube u. Volksmedizin im Lande

der Bibel (Goldziher).
Vogels, Die altfyrifchen Evangelien in ihrem

Verhältnis zu Tatians Diateflaron (Preufchen).

Lewis, Zu H. J. Vogels Schrift Die Altfyrifchen
Evangelien in ihrem Verhältnis zu Tatians
Diateflaron (Derf.).

Greßmaun, Das Weihnachts-Evangelium auf
Urfprung und Gefchichte unterfucht (Arnold
Meyer).

Die älteflen Apologeten, herausg. v. Ed. J. G o o d -

fpeed (GcfTcken).
J uftins des Märtyrers Apologien, herausg. v.

Guflav Krüger (Derf.).

Andreas, Eie Engellehre der griechifchen Apologeten
des zweiten Jahrhunderts (Derf.).

Poetae latini minores, rec. Vollmer. Vol. V.
Dracontius (Cybulla).

Grupp, KulturgefchichtedesMittelalters. IV.Bd.
(Ficker).

Hauß, Kardinal Oktavian Ubaldini (Levifon).
Böhmer, Luthers Komfahrt (Kawerau).
Kuntze, Die Philofophie Salomon Maimons
(Guttmann).

Solovjeff, Ausgewählte Werke. I. Bd. (Katten-
bufch).

Schwarz, Der Gottesgedanke in der Gefchichte
der Philofophie. I. Teil (Dorner).

Cohen, Die religiöfen Bewegungen der Gegenwart
(Troeltfch).

Scholz, Die Kirchenmufik (Smend).

Pfannfchmidt, Was muß gefchehen, um eine
größere Würdigung der Kirchenmufik im kirchlichen
und öffentlichen Leben herbeizuführen?
(Derf.).

W o 1 f r u m, Die evangelifche Kirchcnmufik(Derf).

Richter, Die Miffion in dem gegenwärtigen
Weltkriege (Mirbt).

Richter, Der deutfehe Krieg u. die deutfehe
evangelifche Miffion (Derf.).

Referate: Wiutruff, Landesherrliche Kirchenpolitik
in Thüringen am Ausgang des Mittelalters
. — Sulla, Die röinifche Kurie und
das Konzil von Trient unter Pius IX. —
Raufch, Gefchichte der Pädagogik und des
gelehrten Unterrichts. —■ Haafe, Die Aufgaben
des Kirchengefchichtslehrers nach Prof.
Max Sdralek.— Börner, Friedrich Jodl. —
— Wurfler u. Hennig, Was jedermann von
der Inneren Miffion willen muß.

Wichtige Rezenfionen — Neuelte Literatur.

Siecke, Ernft: Pülhan. Studie zur Idee des Hirtengottes
im Anfchluß an die Studien über ,Hermes den
Mondgott', i. TL: Püfhan's Eigenfchaften im Rig-
Veda und als Gott der Wege. (Mythologifche Bibliothek
, VII. Bd., i. Heft.) (68 S.) Lex. 8». Leipzig, J. C.
Hinrichs 1914. M. 3 —

Der Verf. fielit den Hauptwert feiner Abhandlung
im erneuten Nachweis des Satzes: ,üie älteften Götter
find nicht blaffe Gedankenbilder, keine bloß erdachten
Geftalten, fondern mit Augen gefchaute, körperlich wahrnehmbare
Mächte'. Er fügt hinzu: ,Dies gegen die, die
mir Phantafterei vorwerfen, während umgekehrt nur fie
felbft diefen Vorwurf verdienen'.

Die Frage der älteften Götter follte hier, fcheint
mir, aus dem Spiel bleiben. Wir haben nicht die minderte
Gewähr dafür, daß Püsan zu diefen gehört, und
wenigftens keine fichere Gewähr dafür, daß er aus mdo-
europäifcher Zeit (lammt Meint S. nun aber, daß die
Zurückführung Püsans auf eine ,mit Augen gefchaute,
körperlich wahrnehmbare Macht' die Möglichkeit aus-

Mann, Traug.: Der Islam einlt und jetzt. Mit 166 Abbildgn.,
darunter 4 mehrfarb. Einichaltbildern, u. 1 (färb.) Karte.
(Monographien zur Weltgefchichte, 32.) (162 S.)
Lex. 8°. Bielefeld, Velhagen & Klafing 1914.

Geb. M. 4—; Luxusausg., geb. in Ldr. M. 20 —

Unter dem Worte Islam verfteht man eine äußerft
bunte und rafch wechfelnde Aufeinanderfolge von Kultur-
zuftänden und religiöfen Bildungen, die die ganze Staffel
von dem primitivften Nomadenleben bis zur höchften
Geifteskultur durchlaufen. M. führt uns in knappem
Texte mit vielen Abbildungen diefe ganze Fülle vor Augen
und berührt dabei fogar einige kritifche Fragen des heutigen
Standes der Forfchung: Arabien vor dem Islam,
das Leben Muhammeds in Gefchichte und Sage, die Ent-
rtehung des Islam als Religion nach Lehre, Ethik und
Kultus, die Entwicklung unter den Omaijaden, als die
islamifchen Völker neben der Religion auch eine höhere
Kultur (Kunft und Wiffenfchaft) zu bilden begannen,
der Einfluß des Griechentums, die Theologie, das Rechts-
fyftem, die Sektenbildungen, Gazali und die myftifch-as-

fchließt, daß dabei Phantafterei des Forfchers immer noch , ketifche Richtung. Den Abfchluß bildet der neuzeitliche
recht kräftig im Spiel iftf Zeiten, denen die Geftalt des Islam in der Türkei, Arabien (die Wahhabiten) und Perfien,
Püsan fehr wohl entflammen kann, befaßen auch Gott- | moderne Reformverfuche und die religiöfe Neubildung

heften, die keineswegs Naturgottheiten waren: ich kann
mich hier auf S. felbft (S. 2 Ende—3 Anfang) berufen.
Da ift es nicht undenkbar, daß im einzelnen Pall die
Zurückführung einer Göttergeftalt auf etwas andres als
eine Naturmacht doch nicht ohne weiteres als phantaitiich
zu beurteilen wäre. — Die Hauptthefe des Verf. nun ift,
daß Püsan — wie nach ihm fo viele andere mythilche
Gebilde — ein Mondgott ift. Ich kann den Eindruck nicht
gewinnen, daß er es zu feiner erften und vornehmften Aufgabe
gemacht hat, zunächft die betreffenden Vorftellungs

des Babismus. Ein hiftorifcher Atlas erleichtert die Überficht
über die Ereigniffe.

Einige traditionelle Irrtümer werden dadurch befeitigt.
Der Islam ift kein abfolut unbewegliches und ftarres
Syftem, fondern hat fleh fremden Kultureinflüffen oft fehr
zugänglich gezeigt. Er ift, wie das islamifche Mönchtum
und das Rechtsfyftem des Islam zeigen, keine fittlich
ideallofe und minderwertige Religion. Gerade für die
jetzige Zeit find diefe Erkenntniffe von Wert für uns,
da dem neuen Deutichland im Oriente eine hohe Kultur-

maffen des Veda forgfältigft auf ihre Struktur hin zu durch- , aufgäbe befchieden ift und wir auf Grund der inneren
forfchen, ftattvom Veda beftändig hinüberzugeraten in Ver- Werte des Islam den Erfolgen unferer Bemühungen mit
fuche, aus außerindifchen Fernen, von Geryones, Alkyoneus, Zuverficht entgegenfehen können. Bedingung dafür ift
Augeias, Heimdall, Thor etc. Licht auf den indifchen Gott | freilich, daß wir felbft zuerft diefe Werte erkennen und
fallen zu laffeiu Hätte ein Vorgehen auf anderm Wege ihn j frhätzen uncj n;cüt kritiklos in das übliche Verdam-
nicht doch vielleicht zu einem andern Ergebnis geführt? j mungsurteil über den Islam einftimmen. Befonders be-
Göttingen. H. Oldenberg. j achtenswert ift es, daß die falfchen Vorurteile über

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