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Ausgabe: | 1914 Nr. 17 |
Spalte: | 541-542 |
Autor/Hrsg.: | Hilbert, Gerhard |
Titel/Untertitel: | Ersatz für das Christentum! Christentum oder Kunst? Christentum oder Wissenschaft? Christentum oder Moral? Christentum oder Religiosität? 1914 |
Rezensent: | Thimme, Wilhelm |
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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 17.
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neue kirchenrechtliche Literatur fcheinbar — nur fcheinbar allerdings
— garnicht hineingearbeitet ift. Das foll uns nicht daran
hindern, diefe Studie, die in den weiteren Kapiteln außerordentlich
viel intereffante Einzelheiten zur Kirchen- und Kulturgeschichte
bietet, als einen recht verdienstlichen Beitrag zur lokalen kirchlichen
Verfaffungsgefchichte dankbar zu begrüßen.
Wolfenbüttel. Otto Lerche.
Jacobi's Spinoza-Büchlein. Nebft Replik u. Duplik. Hrsg. v.
Fritz Mauthner. (Bibliothek der Philofophen, 2. Bd.) (XXVII,
344 S.) München, G. Müller 1912. M. 4.50; geb. 7— |
Die Wiederherausgabe diefes Spinoza-Büchleins rechtfertigt
der Herausgeber damit, daß die Veröffentlichung des Leffings-
gefpräches mit Jacobi im Spinoza-Büchlein das Ereignis der
W'iederentdeckung Spinozas für Deutfchland bedeutete, indem jetzt
Spinoza für Herder und Goethe ein Heiliger, für die neuen Männer
des Glaubens der einzig bekämpfenswerte Philofoph geworden
fei, wie auch die Neuausgaben von Spinoza-Werken erft mit dem
Jahre 1785, dem Erfcheinungsjahre des Spinozabüchleins ein-
fetzen. Auch fei es unfchätzbar, daß wir hier ein entfprechend
ähnliches Bild von dem lebenden Leffing vor uns haben. Der
Herausgeber hat die wichtigsten Abfchnitte aus Mendelfohns
Morgenftunden, fodann Jacobis Spinoza-Büchlein, Mendelfohns
Replik und Jacobis Duplik und das Gefpräch aus Herders ,Gott'
abgedruckt, dagegen nicht die kleine Schrift Hamanns, die durch
eine völlig pathologifche Gedankenflucht ckarakterifiert fei, und
ebenfo wenig die beiden kleinen Schriften Kants, durch die er fich
an dem Streit beteiligte. Dagegen erwähnt der VerfaiTer intereffante
Urteile Kants über Mendelfohn und Jacobi.
Es ift zwar verdienftlich, daß uns durch die Herausgabe
der denkwürdige Spinozaftreit, an dem fleh die hervorragendften
Geifter der damaligen Zeit beteiligten, wieder lebhaft vergegenwärtigt
wird, nur fchwächt der Verfaffer das Intereffe an diefem
Streit dadurch ab, daß er meint, Kant habe allen dogmatifchen
Beweifen für das Dafein Gottes durch feine Vernunftkritik ein j
für alle Mal den Boden entzogen; denn wenn das der Fall ift, fo
kann auch das Spinozifche Syftem kaum ein erneutes Intereffe
beanfpruchen. Oder wird das Unrichtige dadurch intereffant,
daß es gefchichtlich betrachtet wird?
Königsberg i. Pr. Dorner.
Arnold. Geh. Konf.-Rat Prof. D. Dr.: Schleiermachers Anteil an der
preufüTchen Volkserhebung v. 1813. Rektoratsrede. (Sonderabdruck
a. d. Schief. Zeitg.) (21 S.) Breslau (1912).
Arnolds Rektorats rede zeigt zunächft den Zufammenhang von
Schleiermachers politifchen Idealen mit feiner ganzen religiös-
idealiftifchen Weltanfchauung, dann feine perfönliche Mitarbeit an
der Erhebung des Volkes und der Erneuerung des preußifchen
Staates. Selbftverftändlich kann fie auf ihrem knappen Raum
nichts Neues bringen, gewinnt aber den Tatfachen manches intereffante
Licht ab. Überdies geben zahlreiche, meid bibliographifche
Anmerkungen gute Fingerzeige zum genaueren Studium des Themas
und feines Helden. — Daß Arnold gerade im akademifchen
Kreife nicht nur Schleiermachers Bedeutung für die Erneuerung
Preußens, fondern auch für die Wandlung des Staatsgedankens
felbft andeutet, ift ein befonderes Verdienft. Die Tatfache, daß
ein fo treffliches Werk wie Meineckes ,We!tbürgertum und Na-
tionalftaat' an Schleiermacher vorübergeht, zeigt die Notwendigkeit
folcher Hinweife.
Marburg a. d. L. H. Stephan.
Hilbert. D. Gerh.: Erratz für das Chriftentum! Chriftentum oder
Kunft? Chriftentum oder Wiffenfchaft? Chriftentum oder
Moral? Chriftentum oder Religiofität? (84 S.) gr. 8». Leipzig,
A. Deiche« Nachf. 1913. M. 1.25; geb. M. 1.50
H. fetzt fleh mit den modernen Verfuchen, für die chrift-
Hche Religion einen Erfatz zu finden, lebhaft und energifch
auseinander. Er bemüht fleh, den verschiedenen Standpunkten
der Gegner des Chriftentums gerecht zu werden. Für feine Be-
lefenheit in allerhand moderner Literatur zeugt eine Menge von
Zitaten. Eindrucksvoll weiß er zu Schildern, wie die modernen
Geifter mit größten Prätentionen, mit ftärkftem Überlegenheitsgefühl
dem Evangelium von dem überweltlichen, heiligen Gott,
der fleh in Jefu Chrifto als heilige Liebe geoffenbart, gegenübertreten
, wie fle aber mit ihren Surrogaten zu Schanden werden.
Der Kunstgenuß kann zwar den, der im Kunftwerk die Seele des
Künftlers zu finden weiß, momentan über die Welt und ihre
Nöte erheben, fein Kulturwert ift nicht zu bezweifeln, aber zur
Hervorbringung reinen, edlen Menfchentums erweift er fleh als
unfähig. Die Wiffenfchaft bringt es trotz aller Einzelerfolge ohne
Glauben niemals zu einer Weltanfchauung, fie gelangt bestenfalls
zur hypothetifchen Annahme eines Welturhebers, aber nicht
zum lebendigen Gott und zur Gemeinfchaft mit ihm. Die reli-
gionslofe Moral lehnt fleh an die religiöfe Moral an, aber ftatt
diefe zu überbieten, muß fie allmählich verkümmern, auch wenn
fle noch fo idealiftifch ift, fle wirkt mehr Kulturfeligkeit als Sittliche
Hingabe und erleidet in der Praxis des Lebens ein trauriges
Fiasko. Die bloße in den verfchiedenften Farben Schillernde Religiofität
vollends, die in halbäfthetifchen Gefühlen und ver-
fchwommenen Stimmungen fchwelgt, ift nur die Karrikatur einer
ernfthaften, kraft- und lebensvollen Religion. Alle diefe Surrogate
verfagen, wenn fich's um Überwindung von Sünde, Leid und
Tod handelt und leisten dem tiefften Bedürfnis des Menfchen
kein Genüge. Das warmherzige, dabei klar und allgemeinverständlich
geschriebene Büchlein kann in den religiöfen Wirren der
Gegenwart wirklichen Nutzen Stiften.
Die eigene ausgeprägt fupranaturaliftifche theologifche Stellungnahme
des Verf. wird nur angedeutet und erinnert gelegentlich
an W. Herrmann. Sie Scheint mir in mancher Hinflcht anfechtbar
zu fein. Wenigstens dürften Sätze wie der: ,Ob der Chri-
ftus des Glaubens auch der Chriftus der Wirklichkeit ift, darüber
entscheidet allein das perfönliche Erlebnis' S. 36 nicht aufrecht
zu erhalten fein.
Iburg. W. Thimme.
Wichtige Rezenfionen.
Von Prof.Lic. Paul Pape in Berlin W. 57,Blumenthalftr. 18
Bezug/. Hinweise und Sendungen sind jederzeit erwünscht.
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v. FLauchert: ThRev 1913, 13; v. HBruders: ZKathTh 1914, 2).
j Fiebig: Die Gleichnisreden Jefu (AmerJournTh 1913, 3; v. EKlofter-
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Neuelte Literatur
ausgewählt von P. Pape.
RG: Buhl, F: Muhammedanismen som Verdensreligion. (62) SJ
Kopenhg., Gyldendal '14. Kr. 1.25 | Deimel, A: Pantheon babylonicum.
Nomina deorum e textibus cuneiformibus excerpta et ordine alphabetico
distributa adiuvantlbus RPanara f, JPatfeh, XSchueider. (16, 25r u. 35
autogr. S.) Rom, Bretfchneider'14. M. 7 — | Erdland, A: Die Marshall-
Infulaner. Leben u. Sitte, Sinn u. Religion e. Sidfee-Volkes. (11, 376
m. 27 Fig. u. 14 Taf.) LexS" Minder i. W., Afcheudorff '14. 13 — |
Förtfch, W: Religionsgefchichtliche Unterfuchungen zu den älteften
babylonifcheu Infchriften. I. Hälfte. 1. Die Göttergruppen in den alt-
babylon. Königsinfchrifteu. 2. Altbaylon. Opferliften aus Telloh (Ze it des
Lugalanda u. des Urukagina). (l84lgr8' Lpzg, Hinrichs'14. 7.50 | Kug-
I 1er, FX: Sternkunde u. Sterndienft in Bibel. Affyriologifche, aftronom.
u. aftralmytholog. Unterfuchgu. Ergänzungen zum I. u. It. Buch. 2. Tl.
I IX.—XIV. Abhandig.: Sternkuude u, Chronologie der älteren Zeit. (14t