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Ausgabe:

1913

Spalte:

390-391

Autor/Hrsg.:

Budde, Karl

Titel/Untertitel:

Die altisraelitische Religion. 3., verb. u. reicher erläut. Doppelaufl 1913

Rezensent:

Nowack, Wilhelm

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38Q

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 13.

390

bindung mit G. Beer, F. Buhl u. a. zuerft 1906, dann 1909
in 2. Aufl. und jetzt in wiederum verbeffertem Druck veröffentlicht
hat. Die Eigenart diefer Ausgabe befteht
wefentlich darin, daß dem ebenfo, wie bei Baer-Del. und
Ginsburg, möglichft genau wiedergegebenen mafforetifchen
Texte nicht nur die wichtigften Varianten der hbr. Manu-
fkripte und anderer Textquellen, fondern auch eine große
Summe von Vorfchlägen zur Verbefferung des überlieferten
hbr. Textes in Fußnoten beigegeben find, Dies
bleibt als Hauptcharakter der BHK(itteliana) beftehen,
wenn auch eine mehr ins einzelne gehende Beurteilung
derfelben zu folgenden Bemerkungen veranlaßt.

Blickt man bei diefer Prüfung zunächft auf den Text
felbft, fo ift als Grundlage desfelben mit Recht eine
anerkannt vortreffliche Geftalt desfelben genommen worden
, nämlich die Form desfelben, die in der von Jakob
Chajjim hergeftellten und bei Daniel Bomberg in Venedig
1524/5 gedruckten rabbinifchen Bibel vorliegt (=33).
Auch bei ihrem Abdruck find aber mehrere Befonder-
heiten in bezug auf Vokalzeichen und Lefezeichen, die
von Baer-Del. bevorzugt worden waren, wie z. B.
Ex. 15, 2, mit Recht vermieden worden, und bei der Rechtfertigung
ift jetzt (§ 2 der Proleg.) auch der wichtige
Artikel von Foote erwähnt, auf den ich bei der Be-
fprechung der i. Aufl. im Theol. Lit.-Bl. hingewiefen habe.
Diefes Verhältnis des Kittelfchen Textes zu dem von
1524/5 wird jetzt in den Proleg. § 2 durch den Satz angezeigt
, daß ,der von Ki. gebotene Text im ganzen ungefähr
(fere ex toto) mit dem des Codex 33 zufammen-
ftimmt'. Diefe genauere Angabe, die früher noch nicht
in § 2 ftand, hängt mit der im Buche felbft gar nicht
erwähnten Kontroverfe zufammen, die betreffs der Zu-
fammenftimmung des Kittelfchen Textes mit dem Codex 33
zwifchen Neftle und Kittel in derZATW 1910, 153f., 229fr.
ftattgefunden hat. Seitdem ift auch Ginsburg vorfichtiger
in bezug auf die Behauptung geworden, daß fein Text
den des Codex 33 repräfentiere. Denn in den Proleg.
des Pentateuchdruckes von 1908 fteht noch nicht das
,fere', das in dem Druck der Bücher Jofua etc. 1911 zu
lefen ift: ,Textus, quem in hoc libro vides, fere idem
est etc.'. Allerdings war auch 1908 fchon hinzugefügt,
daß offenbare Irrtümer auf Grund der verglichenen Hand-
fchriften berichtigt worden feien. — Wefentlich mußte
die Geftalt des MT verändert werden, indem die ftichifche
Schreibweife überall da angewendet wurde, wo man dem
Texte poetifchen Rhythmus zufchrieb. Da erhebt fich
natürlich die immer noch höchft ftrittige Frage über die
Ausdehnung der Partien, in denen poetifcher Rhythmus
beabfichtigt ift. Ich würde, felbft wenn der Raum es
geftattete, darauf hier nicht eingehen, da ich diefe Frage
nächftens anderswo zu behandeln gedenke. Endlich ift
die Geftalt des MT auch dadurch bei Ki. geändert, daß
die maff. Unterfchriften hinter den Büchern fehlen, und
doch find fie nicht ohne Intereffe. Mindeftens ebenfo
fehr wünfche ich, daß vom Buche Jofua an die Haphtaroth
nach ihren Anfängen angezeigt werden, wie es doch auch
fogar in folchen Ausgaben, wie der von Aug. Hahn, der
Fall ift, und es follte die .Tabelle der Haphtaroth' am
Ende des Buches hinzugefügt werden. Denn z. B. ift
dies nicht ohne großes Intereffe, daß im Synagogen-
gottesdienft die Parafche Lev. 6,2 ff. und die Haphtare
Jr. 7,21 ff. hintereinander gelefen wurden und werden.

Sodann betreffs der Anmerkungen, in denen, wie
gefagt, ein Teil der Hauptftärke der BHK liegt, foll nicht
im allgemeinen über das Maß der Varianten gefprochen
werden, denn über diefes können natürlich verfchiedene
Meinungen herrfchen, und alles Wefentliche ift dargeboten.
Oder nicht? Dahfe beklagt fich in feiner kürzlich er-
fchienenen Schrift .Textkritifche Materialen etc.' (S. 50)
darüber, daß von Ki. nicht alle Varianten in bezug auf
die Gottesnamen angemerkt würden. Die diesbezüglichen
Abweichungen der LXX fehlten an ca. dreißig Stellen,
und nicht einmal die Lesarten der hbr. Manufkripte und

des Samaritaners feien vollftändig angegeben. Aber das
heißt, ungerecht urteilen. Denn alle Verfchiedenheiten
der alten Textquellen zu geben, hat Ki. nicht verfprochen,
und wenn er fie bieten wollte, müßte fein Buch viel koft-
fpieliger fein. Ferner der innere Wert der zur Änderung
des MT gemachten Vorfchläge wird natürlich von den
einzelnen Lefern an den einzelnen Stellen fehr verfchieden
beurteilt werden. Aber erft muß man die Konjekturen,
die zur Heilung mancher Wunden des MT gemacht
worden find, doch überhaupt kennen, und dazu gibt die
BHK in ausgezeichneter Weife Gelegenheit Nun kann
fich jeder an der Beurteilung der Notwendigkeit oder
Überflüfligkeit des und jenes Vorfchlages beteiligen.

Übrigens manche Anmerkung wird nur wenigen nützen, wie z. B.
die zu 2. K. 18, 13 bei Chizqijjahu: ,Cf. SW ad Zeph. I, I*. Denn wieviele
Lefer befitzen denn eine rabbinifche Bibel, fo daß fie die Maffora
zu Zeph. 1, 1 nachlefen können? Auch darf hier noch die Schreibweife
,Qamez' (S. V) aufgeftochen werden. Denn diefe Ausfprache mit deut-
fchem z kann doch nicht gefördert werden follen. Dazu kommt, daß
natürlich Zaqeph (S. VI etc.) gefchriebeu ift. Alfo find zwei hbr. Buch-
ftaben durch denfelben Laut erfetzt. Endlich was das ,comprehensio'
(S. VII) heißt, ift mir nicht klar geworden.

Das Schlußurteil über den gegenfeitigen Wert der
drei wiffenfchaftlichen Ausgaben des hbr. A. T. kann aber
nach meiner Anficht nur diefes fein, daß die Kittelfche
Ausgabe für die meiften Lefer den größten Wert befitzt.
Auch Ginsburgs Ausgabe dient mit ihren Anmerkungen
zu fehr einem fpeziellen Intereffe, nämlich die Einzelbezeugung
der verfchiedenen hebräifchen Lesarten vorzuführen
. Die Ausgabe von Baer-Delitzfch, die auch
nicht ganz vollendet worden ift, wird wegen der Bevorzugung
mancher einfeitigen Schreibweifen in den Hintergrund
treten müffen.
Bonn. Ed. König.

Budde, Prof. Dr. Karl: Die altilraelitilche Religion. 3., verb.
u. reicher erläuterte Doppelaufl. v. ,Die Religion des
Volkes Ifrael bis zur Verbannung'. (Amerikan. reli-
gionswiffenfchaftl. Vorlefungen, 4. Reihe). (XII, 148 S.)
gr. 8°. Gießen, A. Töpelmann 1912. M. 2.50

geb. M. 3.10

Diefe fechs zuerft 1899 erfchienenen Vorlefungen über
,Die Religion des Volkes Ifrael bis zur Verbannung',
welche der Verf. im Winter 1898 in Amerika gehalten
hat, haben bei uns den gleichen Erfolg gehabt wie dort.
Obgleich es an Lehrbüchern und kürzeren Darftellungen
der ifraelitifchen Religion in diefer Zeit nicht gefehlt hat,
hat Buddes Arbeit fich doch erfolgreich neben ihnen behauptet
. Das ift begreiflich genug, denn B. hat es ver-
ftanden, mit Beifeitelaffung aller nebenfächlichen Momente
die Hauptpunkte der Entwicklung fcharf herauszuheben:
gründliche Beherrfchung des in Betracht kommenden
Stoffs, vorfichtig abwägendes Urteil und klare, von warmer
religiöfer Begeifterung getragene Darftellung, das
find die unverkennbaren Vorzüge diefes Buches. Ref.
kann daher diefe neue Auflage nur mit Freude begrüßen,
die auch in ihrer Neubearbeitung das ruhig abwägende
befonnene Urteil des Verf. deutlich erkennen läßt. Arbeiten
namentlich über die Anfänge des Jahwismus find
in diefem letzten Jahrzehnt mehrfach veröffentlicht — ich
nenne nur Volz und Baentfch — aber B. hat fich nicht
veranlaßt gefehen, die einft von ihm vertretenen Anfchau-
ungen zu modifizieren oder gar ganz preiszugeben; was an
ficheren Ergebniffen die Forfchungen des letzten Jahrzehnts
gebracht haben, hat, wie er mit Recht behauptet,
feine Pofition eher befeftigt als erfchüttert. Die Änderungen
in diefer neuen Auflage find daher gering, nur
auf S. 37 ift mir eine folche aufgefallen, wo Budde, durch
die neueren Unterfuchungen beftimmt, feine frühere An-
fchauung vom Zufammenhang der fiebentägigen Woche
mit den heben Planeten preisgibt und von der Viertelung
des Monats nach den vier Mondphafen ausgeht. Zahlreicher
find die Zufätze in den Noten, die jetzt faft den