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Ausgabe:

1910

Spalte:

641-643

Autor/Hrsg.:

Hinneberg, Paul (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Die Kultur der Gegenwart. Teil I, Abt. V: Allgemeine Geschichte der Philosophie 1910

Rezensent:

Elsenhans, Theodor

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Theologische Literaturzeitung.

Begründet von E. Schürer.

Fortgeführt von Prof. D. Ad. Harnack, Oberlehrer H. Schuster und Prof. D. Arth. Titius.

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. G. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Halbjährlich 9 Mark.

Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausschließlich an _
Nr. 21, Jahrg. 35. ProfeiTor D. Titius in Göttingen FriedUnderweg a6 zu fenden. 15. Oktober 1910.

—, , • <- © »^w Rezenfionsexempiare ausfchheßltch an den Verlag.

[Henoch] The Ethiopic Version of the Book

of Enoch (Beer).
Wilcken, Zum alexandrinifchen Antifemitismus

Die Kultur der Gegenwart. Teil I, Abt. V: Allgemeine
Gefchichte der Philofophie (Elfenhans
).

Reinach, Orpheus: Allgemeine Gefchichte der (Windifch)

Religionen (Wendlandf ' Maler> Die Briefe Pauli {C. Giemen).

Reinach. Orpheus: Histoire generale des re- i Granbery .Outline of New Testament Chrilto

lieions fDerf.) (C- Clernen)- „

_ . Clark, Some Itala Fragments in Verona (v. Abraham Geiger (Bacher).

Schneider, Kultur und Denken der Babylo.uer Soden). I Trial, Instruction religieuse et premiere com

und Juden (Baudiffin). ^ | Gasquet et Bishop, The Bosworth Psalter

(v. Dobfchütz).
Schäfer, Kanoniffen und Diakoniffen (v. d.
Goltz).

Moses ben Maimon, herausg. von J. Guttmann
(Bifchoff).

C a r d a u n s, Zur Gefchichte der kirchlichenUnions-
und Reformbeftrebungen von 1538 bis 1542
(Schornbaum).
Drews, Entfprach das Staatskirchentum dem
Ideale Luthers? (W. Köhler).

Kittel, Gefchichte des Volkes Israel (Xowack).
Wiener, Essays in Pentateuchal Criticism Steuer
nagel).

munion (Lobftein).
Stephan, Die kirchliche Stellung des Religions-

lehrers (Schufter).
Mitteilungen.

Die Kultur der Gegenwart. Herausgegeben von Paul für die europäifche Kultur als der verdienftvollfte unter

Hinneberg Teil I, Abteilung V: den Bearbeitern diefes reichen Gebietes, Deuffen, deffen

' r ,,, ,, grundlegendes Werk über die Indifche Philofophie erft vor

Allgemeine Gefchichte der Philofophie. Von Wilh. zwei Jahren vollendet wurde, zeigt die Schlußausführung:

Wundt, Herrn. Oldenberg, Ignaz Goldzieher, Wilh. Jene Philofophen find Brüder der indifchen Poeten.

Grube, Tetsujiro Inouye, Hans von Arnim, Clemens Wie die Geftalten der indifchen Dichtung, überfponnen

Baeumker, Wilh. Windelband. Leipzig, B. G. Teubner von zierlichen Ornamenten, oft im Unendlichen zu ver-

/1 tttt .„ c, ,„ qo »* t„ „au i/r fchwimmen fcheinen, fo umkleiden diefe Denker mit dem

1909- (VIII, S72S.)gr.Lex.80 M. 12-; geb. M. 14- Rankenwerk einer' fpitzen Dialektik die dufteren

Auch für die einfüge .Königin der Wiffenfchaften' Schöpfungen, man darf fagen, die Dichtungen ihrer

ift die Zeit der Spezialisierung gekommen. Kaum einer übergewaltigen Phantafie. Für den weltlichen Geift —

unter den Lebenden kann als gelehrter Kenner der „welch' Schaufpiel! aber ach! ein Schaufpiel nur!"'
ganzen Gefchichte der Philofophie im Sinne der ' Die islamifche und die jüdifche Philofophie ift von

jetzigen hiftorifchen Anforderungen gelten. Diefer Ge- Ignaz Goldziher (vgl. hierzu das eben jetzt erfchienene

fichtspunkt verftärkt fich noch, wenn die orientalifche Werk von M. Horten, die philofophifchen Probleme der

Philofophie mit hereingezogen wird. Daß dies im vor- fpekulativen Theologie im Islam, Bonn 1910, Renaiffance

liegenden Bande gefchehen ift, gibt feinem reichen In- Und Philofophie, hrsg. von Dyroff, 3. Heft), die chinefifche

halt noch befonderen Wert. Wer diefe Uberfichten Philofopl lie von Wilhelm Grube, die japanifche von

über die orientalifche Philofophie lieft, wird nicht erft Tetfujiro Inouye behandelt. Die großartigfte und tieffte

durch das allgemeine Intereffe, das die Kultur des Schöpfung des chinefifchen Geiftes ift die im denkbar

Oftens für den modernen Europäer hat, überzeugt wer- fchroffen Gegenfatz zu dem nüchternen moralifierenden

den müffen, daß wir die Gefchichte der Philofophie nicht Konfuzianismus flehende, dem Lao-tfze zugefchriebene

immer wieder in alter Weife mit Thaies beginnen dürfen. Lehre vom Tao, der Subftanz und Norm alles Seins, in

Nach einer Einleitung Wilhelm Wundts über ,die der Außendinge wie denkendes Subjekt Urfprung und
Anfange der Philofophie und die Philofophie der primi- Ziel haben. Es ift deshalb Seins- und Erkenntnisgrund
tiven Völker', die deffen völkerpfychologifche Ifrgebniffe zugleich und kann daher am beften etwa durch Logos
hinfichtlich primitiver Logik, Pfychologie, Naturphilofo- wiedergegeben werden. Die zum Quietismus neigende
phie und Ethik in klarer Überfichtlichkeit und teilweife I Ethik des Lao-tfze (mit der merkwürdigen Begründung
neuer Anwendung bieten, gibt Hermann Oldenberg, der j aus dem Tao: ,das Tao ift ewig ohne Tun und doch
Kenner der indifchen Literatur, einen Überblick über j ohne Nichttun', d. h. es wirkt ohne zu handeln) enthält
die indifche Philofophie. Befonders intereffant ift das — übrigens 600 Jahre v. Chr. das Wort: .Vergilt Feindfchaft
man möchte fagen: normale — Schickfal des Pantheis- mit Wohltun', während der um 50 Jahre jüngere Konfuzius
mus der Brahma-Spekulation. Dem Brahma, dem All- auf die Frage, ob man Unrecht mit Güte vergelten folle,
Einen gegenüber drängt fich doch beftändig die Welt erwiderte: .Womit wollteft du dann Güte vergelten? Mit
der Vielheit für das Vorftellen als etwas Reales auf. Diefe Gerechtigkeit vergilt Unrecht, Güte mit Güte' (S. 92 f.).
Widerfprüche zwifchen Weltwirklichkeit und Idee trieben Es folgt in überfichtlicher Zufammenfaffung ,die
das Denken vorwärts. Zwei Richtungen waren möglich, europäifche Philofophie des Altertu ms' von Hans von
Entweder wird der Realität von Welt und individueller Arnim, deffen Quellenftudien zur griechifchen Philofophie
Seele recht gegeben, dann erblaßt oder verfchwindet von den Fachgenoffen gefchätzt werden. Der erfte Ab-
vielleicht die Idee des Brahma. Dies gefchieht in der fchnitt: ,die Philofophie Ioniens und Weflgriechenlands'
Sänkhya-Philofophie; oder der Dürft des Denkens nach erhält die Gliederung in drei Hauptrichtungen: die ioni-
Emheit alles Seienden wird gefüllt in dem Gedanken, fche Naturphilofophie, die eleatifche Seinslehre und Be-
daß Welt und individuelle Seele ein bloßer Schein ift, griffsdialektik, die pythagoreifche Zahlenlehre und reli-
der die Wahrheit des Ewigen, Einen als bunter Trug um- giöfe Myftik. So überfichtlich das Ganze dadurch wird,
fpielt, fo in .der von Sankara vertretenen ausgeprägten ; fo kommt doch die originelle Bedeutung großer GeForm
des Ve/däntafyftems. Daß der Verf. übrigens nüch- ftalten, wie des Heraklit und des Demokrit dabei nicht
terner denkt'über die Bedeutung der indifchen Philofophie fo recht zur Geltung. Daran fchließen fich die Dar-

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