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Ausgabe: | 1910 Nr. 15 |
Spalte: | 454-455 |
Autor/Hrsg.: | Kautzsch, Emil (Hrsg.) |
Titel/Untertitel: | Die Heilige Schrift des Alten Testaments in Verbindung mit andern übersetzt. 3., völlig neu gearb. Aufl. 1. Bd 1910 |
Rezensent: | Volz, Paul |
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Theologifche Literaturzeitung 1910 Nr. 15.
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Vorbereiteten nach kurzem Aufenhalt in einem fremden
Lande verhältnismäßig leicht fällt, fich einen von Ein-
gebornen aufgefchriebenen oder diktierten Text zu trans-
fkribieren und zu überfetzen, fo ftellt die fyftematifche
Darflellung eines Dialektes viel größere Anforderungen.
Vollends die Abfaffung einer Konverfationsgrammatik
fetzt eine praktifche Beherrfchung der Sprache voraus, wie
fie nur durch langjährige Übung erworben werden kann.
Auf Leonhard Bauer trifft diefe Vorausfetzung zu, wie
fchon feine im Jahr 1903 erfchienene, ganz ausgezeichnete
,Volkskunde im Lande der Bibel' vermuten ließ. Er hat
lieh jetzt durch die vorliegende Arbeit als den beften
Kenner des paläflinifchen Arabifch erwiefen. Ja man
kann noch weiter gehen und behaupten, daß wir m. W.
für keinen anderen lebenden arabifchen Dialekt eine fo
zuverläffige, vielfeitige und inhaltsreiche Konverfationsgrammatik
befitzen.
Freilich, wenn man ftreng fprachwiffenfehaftliche
Maßftäbe anlegen wollte, müßte man in der Formenlehre
vielerlei beanftanden. Aber das wäre bei diefem,
mehr praktifchen Zwecken dienenden Buche nicht gerechtfertigt
. Ich will deshalb nur folche Verbeffe-
rungen vorfchlagen, welche die praktifche Brauchbarkeit
erhöhen follen. Der Ausdruck ,emphatifch' wird herkömmlicher
Weife in der femitifchen Grammatik häufig
falfch angewendet, z. B. in bezug auf den Laut des tJ
und (t und <f). Bauer bezeichnet diefelben zwar
richtig als Gaumenlaute, fchleppt aber trotzdem den
nichtssagenden Terminus .emphatifch' noch mit (§ 2 Nr.
15. 16). Auch das / im Gottesnamen Allah ift nicht als
,emphatifch' (Nr. 23), fondern eher als palatal oder
cerebral zu befchreiben. Die fporadifche Ausfprache
von arabifch ^ d als z (§ 5 Nr. 3) ift kein fpontaner
Lautwandel, fondern, wemgftens in den Wörtern mazbat
/Protokoll', zabyt ,Offizier' Anlehnung an die Sprechweife
der türkifchen Beamten. Die arabifche Bezeichnung
für ,ein halber Frank' erinnere ich mich nicht als ,nuss
c frank' (§ 14 Nr. 4), fondern als ,nusse f rank' gehört
zu haben. Wenn § 7 Nr. 1 gefagt wird, daß ,die Vokale
des klaffifchen Arabifch a, i, u find, fo ift das falfch, da
die Dreizahl des Vokalismus nur eine Eigentümlichkeit der
Orthographie ift. Auch das Hocharabifchc befitzt Halbvokale
, obwohl diefelben nicht befonders bezeichnet wer-
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den, z. B. am Ende von Formen wie öy ,ftoße zurück!' ufw.
tun-nharak ,den ganzen Tag' ift nicht aus tnl en-
'nharak entftanden (§ 17 Nr. 1), fondern einfach aus
tul-nhärak. Die Verba mit einfilbigem Stamme und
verdoppeltem zweiten Radikal .verdoppelte Verba' zu
nennen (§ 26), ift nicht glücklich, das gilt auch für die
Bezeichnung der äußeren und inneren Plurale des arabifchen
Nomen als .regelmäßige und unregelmäßige^
(§ 47). Aus den Anmerkungen zur Chreftomathie fei
hervorgehoben, daß dem Herausgeber das Subft. qasal
dunkel^ ift, indem er es vermutungsweife mit .Schande,
Schmutz, Nichts' überfetzt. So erat es Spiro in feinem
Arabic-English Vocabulary of the colloquial Arab of Egypt
verzeichnet es in der Bedeutung ,poverty' und kennt auch
Verbalformen von derfelben Wurzel. Dem Verzeichnis
der Druckfehler S. 255 f. füge ich noch einen hinzu: S. 22
Z. 26 Anfang lies maktub für maktua.
Wer fich mit den im heutigen Paläftina gefprochenen
arabifchen Dialekten bekannt machen will, kann nichts
befferes tun als zu dem Buche Leonhard Bauers zu greifen.
Gießen. Friedr. Schwally.
Die Heilige Schrift des Alten Teltaments in Verbindung mit
Prof. Budde, Prof. Guthe, Lic. Hölfcher, Prof. Holzinger,
Prof. Kamphaufen, Prof. Kittel, Prof. Lohr, Prof. Marti,
Prof. Rothftein, Prof. Steuernagel überfetzt und herausgegeben
von Prof. E. Kautzfeh. Dritte, völlig neu
gearbeitete, mit Einleitungen und Erklärungen zu den
einzelnen Büchern verfehene Auflage. 1. Band. Tübingen
, J. C. B. Mohr 1908. 9. (VIII, 952 S.) Lex. 8°
M. 12 —; geb. M. 15 —
Die dritte Auflage der Kautzfch'fchen Überfetzung
des A. T. trägt ein wefentlich anderes Geficht als die
bisherigen. Das Neue befiehlt in einer Änderung der
Anlage und in einem fachlichen Zuwachs. Die bisher in
den Beilagen gegebene Orientierung über die Einleitungsfrage
ift an die Spitze der einzelnen Bücher bezw. Ab-
fchnitte geftellt und nun weit reichhaltiger ausgeftattet;
fo geht dem einzelnen Buch bezw. dem einzelnen Ab-
fchnitt eine kleingedruckte, teilweife minutiöfe Überficht
über Inhalt, Aufbau, Quellenkompofition und Tendenz
des folgenden Stückes voraus. Vorzügliche Proben dafür
find die Einleitung zum Deut, oder zu den Pfalmen. Die
Quellenfcheidung ift in den Überfichten und in den der
Überfetzung beigedruckten Chiffern fehr detailliert und
mehr als bisher ins einzelne ausgeführt, in Ausnützung
der auf diefem Gebiet geleifteten Arbeit. Den in den
bisherigen Auflagen gegebenen Abriß der Gefchichte des
altteftamentlichen Schrifttums hat der Herausgeber wohl
nicht ohne Wehmut fallen laffen, denn er war in feiner
Kürze und Trefflichkeit einzigartig. Die neue Anlage
hat außerdem den Nachteil der Uneinheitlichkeit, fofern
die verfchiedenen Verfaffer im einzelnen nicht überall
die gleiche Anficht teilen; Marti denkt fich z. B. die
Entftehung des Deut, anders als Kamphaufen bei 2 Kön. 22.
Der fachliche Zuwachs befteht in den erklärenden
Noten, die unter dem Text in etwas kleinerem, aber
immer noch angenehmem Druck angefügt find. Sie enthalten
nebeneinander das Textkritifche und das Sachliche
, geographifche, gefchichtliche und den Wortlaut
erklärende Notizen, und dienen zum unmittelbaren Ver-
(tändnis des Textes. In der Textkritik ift die neue Auflage
abfichtlich kühner, fie bleibt aber mit Recht bei
dem bisherigen Grundfatz, den gegebenen Text durchzuprobieren
, nicht einen anderen willkürlich an feine
Stelle zu fetzen. Auch in den fachlichen Noten wollen
die Überfetzer fich auf das Sichere befchränken. Die
Beifügung der Noten geht in erfter Linie auf den Wunfeh
des Verlegers zurück und bezweckt vor allem, dem Laien
den oft fchwer verftändlichen Sinn zu erfchließen oder
den fernliegenden Stoff näher zu bringen. Infolge diefer
Vermehrungen ftellt das Kautzfch'fche Werk faft ein
Kompendium des A.T. dar, das die Überfetzung, einen
knappen Kommentar und eine recht ftattliche .Einleitung'
umfpannt; die Überfetzung der Apokryphen und Pfeude-
pigraphen ift nun in der äußeren Ausftattung das richtige
Schwefterftück.
Verglichen mit den bisherigen Auflagen und Vorteile
gegen Nachteile abgewogen, bedeutet die neue
Auflage einen entfehiedenen Fortfehritt. Wie bequem
hat man z. B. jetzt die Textkorrekturen zur Hand, die
man früher mühfam nachfchlagen mußte! Wer das ganze
A.T. deutfeher Überfetzung in zuverläffiger, wiffenfehaft-
licher Darbietung haben will, wird für den forgfältigft
zufammengetragenen Reichtum der in den einleitenden
Überfichten und in den Noten fteckenden Arbeit dankbar
fein. Immerhin können die genannten Vorzüge nicht
darüber täufchen, daß namhafte Wünfche unbefriedigt
bleiben, auch folche die im Rahmen des vorliegenden
Werkes hätten befriedigt werden können. Die Vorrede
erwähnt die bedeutfamen Fortfehritte, die das letzte
Jahrzehnt für die A.T.liche Forfchung gebracht hat, vor
allem die religionsgefchichtliche Erweiterung und die