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Ausgabe:

1908 Nr. 6

Spalte:

172-176

Autor/Hrsg.:

Harnack, Adolf

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Einleitung in das Neue Testament. III. Die Apostelgeschichte. Untersuchungen 1908

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 6.

172

Jud. V, 5, 6, contra Apion. II, 8, meine Geich. II, 3. Aufl. j genug, auch Joma III, 3 heranzuziehen, wo zweifellos

S. 273, 4. Aufl. S. 330). Aber es war keineswegs gefor- nur in bezug auf die Priefter gefagt ift: .Niemand

dert, daß fie unter allen Umftänden vor Betreten des j darf den Vorhof zum Dienft betreten, felbft wenn er

Vorhofes ein rituelles Tauchbad nehmen und dann noch j rein ift, ohne untergetaucht zu haben'. Den Verfuch

die Füße wafchen follten. Der Verf. unferes Apokry- 1 Büchlers, diefer Vorfchrift eine allgemeine Beziehung

phum fetzt dies aber voraus; ja er fetzt fogar den Klei- auch auf die Laien zu geben (S. 335), kann ich nur für

derwechfel als notwendig voraus. Niemand darf das ! völlig mißlungen halten. 2. Auch in der Kleiderfrage

Heiligtum (to Isqov) betreten, ohne gebadet zu haben J nimmt Büchler den Apokryphenfchreiber in Schutz. Er

und ohne die Kleider gewechfelt zu haben (fit] lovödfievog I kann aber nur plaufibel machen, daß, wie die Perfonen
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xal äXXalgag rä evövuaxa). Alfo was Vorfchrift für die
Priefter war, wird hier für alle Israeliten gefordert.

DerVerfaffer hat aber auch von den Lokalitäten des

fo auch die Kleider levitifch rein fein mußten (S. 336—339).
Damit ift ja gar nichts gewonnen. Denn das Fragment
verlangt unter allen Umftänden dasWechfeln der Kleider,

Tempels offenbar keine deutliche und richtige Anfchauung. | und zwar, wie es fcheint, das Anlegen weißer Kleider,
In Betracht kommen: 1. der äußere Vorhof, 2. der innere ! Das fcheint mir wenigftens nach dem Zufammenhang

Vorhof, der wieder in zwei Hälften zerfiel: a) die auch für
Frauen zugängliche, b) die nur für Männer zugängliche.
Die levitifche Reinheit, die von den Befuchern gefordert

der wahrfcheinliche Sinn. 3. In betreff des ayvevxrjQiov
fetzt Büchler voraus, daß es ein Ort zum Zweck der
Reinigung war. Er erkennt dann an, daß es nicht der

wurde, war entfprechend diefen drei Räumen abgeftuft i unterirdifche Ort gewefen fein kann, an welchem fich
(f. die oben angeführten Stellen). Der Verf. fcheint davon I das Tauchbad für die Priefter befand (S. 339); aber er
nichts zu wiffen. Er erwähnt nur xb ayvevxrjQiov und j weift darauf hin, daß es auch über der Kammer Parva

xb t£pbV Was ift erfteres? Nach der Wortform liegt es

und über dem Waffertor ein Tauchbad gegeben habe.

nahe, darunter den Ort, wo man fich reinigt, alfo das j Diefe waren aber für den Hohenpriefter beftimmt. B.
Tauchbad, zu verliehen. Nach der Erzählung muß aber i trottet fich damit: There may have been others, and
angenommen werden, daß das ayvevxrjQiov nur von j these two may have been used on other occasions, but

den bereits Reinen betreten werden darf. Dafür
fpricht auch der fonftige Sprachgebrauch. Unter den
wenigen Belegen, welche Stephanus' Thesaurus für das
feltene Wort gibt, ift für uns befonders lehrreich Porphy-

no details have come down to us concerning them (S. 340).
Damit ift ja zugegeben, daß die Sache übel fteht. Sie
fleht allerdings etwas beffer, wenn unfere obige Erklärung
von ayvevxrjQiov richtig ift. Aber es bleiben dann die

rius De abstin.1V, 6 (ed. Rhoer p.311): dyvevxrjQia xolg oben erhobenen Bedenken. 4. Auch für die Forderung
jir) xaü-aQEVOvöiv dövxa xal JtQog leQOVQyiag dyia. Alfo | des Fußwafchens der Laien weiß B. keine Parallele bei-

die dyvevxr'iQia find nur für die zugänglich, welche rein
find (xad-aQeveiv [al. xaüaQieveiv] nicht == reinigen, fondern
= rein fein). Sie Rheinen identifch zu fein mit
den Räumen, in welchen geopfert wird. So wird es
auch unfer Verfaffer meinen, xb ayvevxrjQiov und xb
leQov find identifch. Infofern hat er ja Recht. Aber er
fcheint von den Abftufungen innerhalb des Isqov nichts zu

zubringen (S. 340). Er macht aber darauf aufmerkfam,
daß der Erzähler einen Unterfchied mache zwifchen Jefus
und den Jüngern. Nur Jefus habe den innern Vorhof
betreten; ihm werde daher die Unterlaffung des Badens
und Kleiderwechfelns vorgeworfen. Den Jüngern, die
den innern Vorhof nicht betreten hätten, werde nur die
Unterlaffung des Fußwafchens vorgeworfen. Ich glaube

wiffen, fchöpft feine Kenntnis vielmehr aus der Anfchauung ! nicht, daß diefe Auffaffung dem Sinne der Erzählung
und der Terminologie der heidnifchen Tempel. Wo er : entfpricht. Die Sache ift aber für unfere Hauptfrage
fpezififch jüdifches geben will, führt ihn feine Phantafie I ohne Belang. 5. Über die l'iiivrj xov Aaveiö weiß B.
irre. Das zeigt die Erwähnung der Xtfivrj xov Aaveiö. ! ebenfalls keinen Rat (S. 343 f.). Auch für die an fich
Von einer folchen weiß die Überlieferung nichts. Der mögliche, in unferer Erzählung vorausgefetzte Obfervanz,
Verf. denkt vermutlich an das ,eherne Meer', das Salomo daß die peinlich Genauen beim Herauffteigen aus dem

anfertigen ließ (I Reg. 7,23—26. II Chron. 4,2—5), und
das in der Tat für die priefterlichen Reinigungen beftimmt
war (II Chron. 4,6). Aber diefes .eherne Meer'
ift bei der Eroberung Jerufalems durch die Chaldäer
vernichtet worden (II Reg. 25,13. Jerem. 52,17), und
fpäter nicht wieder hergeftellt worden. Der "Ti-3 ift
etwas ganz anderes. Er diente nicht für das Reinigungsbad
(was unfer Verf. von der X'ipvrj xov Aavetö vorausfetzt
), fondern nur zum Wafchen der Hände und Füße.
Die Angaben über die Xtiivrj xov Aaveiö find alfo freie
Phantafie; und die Vorausfetzung, daß die ftrengen Vor-
fchriften über die Reinheit der Priefter für alle Israeliten
gegolten haben, ift ebenfo unhiltorifch.

Trotz diefer Widerfprüche gegen alle beffere Uberlieferung
hat Büchler in feiner Befprechung des Textes

Tauchbad eine andere Leiter oder Treppe benützten als
beim Hinabfteigen, kann B. nur auf eine vage Analogie
ans den Aboth de R. Nathan hinweifen (S. 343). Seine
allgemeine Behauptung, daß die Tradition völlig über-
einftimme mit den Details der Erzählung, geht alio
gänzlich in die Brüche

Göttingen. E. Schürer.

Harnack, Adolf, Beiträge zur Einleitung in das Neue Tefta-
ment. III.Heft. Die Apoftelgefchichte. Unterfuch-
ungen. Leipzig, J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung 1908.
(VI, 225 S.) gr. 8° M. 5—; geb. M. 5.80

Auf Wunfeh meines Freundes und Mitherausgebers
(Jewish Quart. Review vol. XX, january 1908, /.330—346) j bringe ich diefes Werk hier zur Anzeige. Es baut weiter

den Nachweis verfucht, daß der Verfaffer genau informiert j auf dem Grunde, welchen H. in feiner früheren Unterwar
über alle diefe Dinge und daß die Tradition völlig i fuchung ,Lukas der Arzt, der Verfaffer des dritten
übereinflimmt mit den Details, die fo unglaublich klingen i Evangeliums und der Apoftelgefchichte' 1906, gelegt hat
(p. 331). Er behauptet zu diefem Zweck r. daß auch (f. Theol. Litztg. 1906, 404—408 u. 466—468). Während
die Laien vor Betreten des inneren Vorhofes ein rituelles j dort durch Aufzeigung des einheitlichen Stiles und Sprach

Tauchbad nehmen mußten. Seine Hauptbeweisftellen find
aber lediglich die oben von mir angeführten, die bei richtigem
Verftändnis nur befagen, daß der innere Vorhof
nur von levitifch Reinen betreten werden durfte; nicht:
daß auch folche, die rein waren, trotzdem noch ein
Tauchbad nehmen mußten *. Er ift dann freilich kühn

Charakters die Anficht begründet war, daß das Ganze
ein einheitliches Werk eines Autors ift, der wegen des

■who has not yet brought the reqtiisite sacrifice after having been puri-
fied frorn a levitical uncleanncss. Die Vorausfetzung ifl alfo, dall
eine levitifche Verunreinigung ftatlgefunden hatl

1) Befprechungen des Fragmentes find ferner erfchienen von: Har-
l) Büchler wirft mir vor, dall ich Kelim I, 8 nicht richtig wieder- j nack (Preull. Jahrbücher Bd. CXXXI, Heft 2, S. 201—210), Jülicher
gegeben hätte. Ich will über Minutien nicht (breiten, halte mich daher j (Chriftl. Welt 1908 Nr. 8), Lietzmann (Beilage zur Münchener Allgem.
an feine Überfetzung (p. 332): Den inneren Vorhof darf keiner betreten, 1 Zeitung 1908, Nr. 31, 26. Februar).