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Ausgabe:

1908 Nr. 12

Spalte:

359-360

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Carl

Titel/Untertitel:

Die neuen griechischen Bibelhandschriften 1908

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359

Theologifche Literaturzeitung 1908 Nr. 12.

360

es zu überwinden == Höllenfahrt Chrifti. Und noch will
S. an den Sonnenaufgangsmythus denken beim ,Menfchen
aus dem Meere' in IV Efra wie Dan. 7, 1—14, an diefer
Stelle m. E. mit zweifelhaftem Recht.

Nach dem Titel des Buches mag mancher Lefer
anderes erwarten, als was er darin findet, vor Allem mehr
auf das Jonabuch felbft Bezügliches. Über deffen Abficht
und Entftehungszeit hat fich S. aber anderwärts (ThStK.
1906) ausgelaffen; hier ift er nur darauf ausgegangen,
den Jonaftoff in den Rahmen der fchier unüberfehbaren
außerisraelitifchen Parallelen hineinzuftellen. Er ift auch
auf diefem Wege dem biblifchen Buche nichts fchuldig
geblieben; denn , vor Allem tritt erft bei folcher Zufammen-
ftellung recht hervor, wie weit die israelitifche Erzählung

des Schenute-Klofters von Atripe in der Nähe von Sohag
(gegenüber Achmim gelegen). Bei der Reftaurierung des
Klofters fließ man auf das Bibliothekszimmer, aus dem
fchon in früheren Zeiten unzählige koptifche Mss. ge-
ftohlen find, und man hatte nichts Eiligeres zu tun, als die
letzten Reite diefer großartigen Sammlung an die Fremden
zu verfchachern. Die Erhaltung der erworbenen Mss.
wird für die Erforfchung der ägyptifchen Bibel, insbe-
fondereder koptifchen Überfetzungen von hervorragender
Bedeutung fein, denn die Klöfter haben auf Grund von
griechifchen Bibelhandfchriften die Überfetzungen ins
Koptifche herftellen laffen. Daß derartige griechifche
Hss. in köpf. Klöftern feltene Artikel waren, ift ja begreiflich
; deshalb ift auch nur je ein Exemplar der be-

ihren Gefchwiftern aus der Völkerwelt an religiöfem Ge- j treffenden Schrift aufgefunden worden. Bemerken will

halte überlegen ift' (S. VI)

Ich ftelleS.s, feinem Lehrer Gunkel gewidmetes, Buch
fehr hoch. Vor Allem fehe ich darin eine wirklich
methodifch gearbeitete Unterfuchung zur vergleichenden
Religionsgefchichte. Es find verftändige Verfuche, zwifchen
dem von allen Seiten herzuftrömenden Material die Verbindungskanäle
zu ziehen, und wie mir fcheint, trifft S

ich noch, daß durch mich aus derfelben Bibliothek ebenfalls
eine Reihe wichtiger umfangreicher Texte erworben
ift: 1) die griech. Genefis auf Papyrus aus der Zeit Con-
ftantins in alter Kurfive, 2) der 1. Clemensbrief in achmi-
mifcher Überfetzung, 3) die Sprüche Salomos ebenfalls
im achmim. Dialekt, 4) Ofterfeftbrief in griech. Sprache
aus dem Anfang des 9. Jahrh. Die erften drei Stücke

im Allgemeinen das Richtige. — Worauf er in den S. 183 1 befinden fich im Befitz der Königl. Bibliothek, der Öfter

angeführten Woiten des Firmicus Maternus Gewicht legt,
das hätte er z. T. fchon aus Matth. 27, 45. 52 herauslefen
können.

Zur Vervollftändigung des beigebrachten Materiales
verweife ich noch auf Folgendes. Ein auftralifcher Sonnenmythus
erzählt, wie ein Knabe, der in einer Lagune badet,
von einer großen Schlange Verfehlungen wird und nach
einigen Tagen auf natürlichem Wege zum Vorfchein

feftbrief im Ägyptifchen Mufeum.

Berlin, d. 3. Mai 1908. Carl Schmidt.

Anderfen, Friedrich, Anticlericus. Eine Laientheologie
auf gefchichtlicher Grundlage. Schleswig, J. Bergas
1907. (VIII, 618 S.) 8» M. 6 —

Ein feltfames Buch ift das, das Buch eines Renegaten
kommt; dabei hatte er aber feine Haut verloren und I fchleswig-holfteinifcher Orthodoxie, darum wie alle Rene-

war weiß geworden, fo daß er von feinen Eltern nicht
erkannt wird (A.R. VIII, 545). In einem kanadifchen
Märchen der Cris-Indianer trägt ein gehörnter Fifch den
Helden, deffen folaren Charakter man deutlich daraus
erfehen kann, daß fein Pfeil die ganze Welt in Flammen
fetzt (Stucken, Aftralmythen S. 450—453). In einem
Kaffernmärchen durchbohrt der verfchlungene Held das

gatenbücher einfeitig fchroff in der Verbrennung deffen,
was man bisher angebetet hatte. Diefer perfönliche Grundton
klingt immer wieder einmal für den teilnehmenden
Lefer durch und macht die Lektüre der 618 Seiten mit
ihren oft breiten und feltfamen Ausführungen erträglich
. — Es ift fehr intereffant zu beobachten, wie fich
der Stoß deffen, der an der alten Lehre von der Schrift

Ungeheuer, in deffen Magen er feinen Vater, feine Mutter, irre und ein Anhänger der hiftorifch-kritifchen Betrach-
alle Leute feines Stammes und ihr Vieh gefunden hat, j tung geworden ift, gegen das Alte Teftament richtet,
mit feinem Speer (/. c. S. 559). Im ägyptifchen Märchen j Und zwar gefchieht dies in dem Intereffe, den immer
nimmt die hilfreiche Schlange auf der Geifterinfel den noch ftark hierarchifchen Charakter der ev. Kirche zu-
fchiffbrüchigen Beamten wenigftens ins Maul, um ihn auf j gunften einer größeren Rückficht auf das Volk der sog.
ihr Lager zu fchleppen, wo er 4 Monate verweilt, ehe Laien umzuftoßen. Daher der Haupt- und der Unterer
zur Heimat zurückkehren darf (Hommel, die Infel der j titel. Aber A. fchlägt diefe Schlacht auf dem Boden
Seligen S. 18 ff.). Endlich fei der flavifche Glaube er- des A. T. Denn hier findet er die Wurzel des Priefter-
wähnt, daß die Erde auf einem FTfche ruhe (Chantepie j gedankens. Und damit erweitert fich die ganze Aufgabe
de la Saussaye II 582, vgl. Fifch als Unterwelt). zu einer geradezu marcionitifchen Bekämpfung des A. T.
garej Alfred Bertholet 1 oc*er ^°§ar zu einem faft fanatifchen Antifemitismus nach
__' der Art von J. St. Chamberlain, in deffen Fußftapfen A.

i wandelt. Nachdem er als den Nerv des Klenkahsmus
D e neuen griecliilcnen B be handlchriften. , „.•* u r ur ^ u j n.r u u u *

^ ■««"■• j 4en m,t Herrfchfucht verbunden geifthchen Hochmut

feftgeftellt und als feinen Mutterboden das Judentum auf-

gewiefen hat, geht er das ganze A. T. unter dem Ge-

fichtspunkt durch, überall diefe Züge aufzufinden, was

In dem Journal of the Archaeological Institute
America, Vol. XII (1908), Nr. 1, S. 49«". hat Herr Prof.
Sanders einen vorläufigen Bericht über die von Herrn

Charles Freer (Detroit in Michigan) in Ägypten von dem j natürlich einer vor Leidenfchaft einfeitigen Betrachtung
bekannten Antikenhändler Ali in Gizeh erworbenen alten | auch nicht fchwer fallen kann. Dann tritt Jefus als Über-
Bibelhandfchriften der gelehrten Welt vorgelegt. Über j winder diefes Klerikalismus auf. Wenn A. auch darauf

die Herkunft diefer Mss. fchreibt er Folgendes: ,It is

clear that the manuscripts were dug up from some place
wliere they ivere buried or lost in ancient times, but we
have as yet no accurate Information in regard to either
time or place of discovery'. Nach der Angabe des Ververzichtet
, ihn aus einer andern Raffe herzuleiten, fo begreift
man doch fchwer, wie Jefus zugleich diefem Volk
entflammen und in diefem ftarken Gegenfatz zu ihm
flehen kann. Hier wie im erften Abfchnitt verbreitert
fich ftets die Darftellung zu einer umfaffenden Darbietung

käufers follen fie aus Achmim, dem alten Panopolis, | aller möglichen neuern kritifchen Erkenntniffe, wie über-

ftammen; ein Antikenhändler wird feiten die wirkliche
Quelle verraten. Bei meinem letzten Aufenthalte in

haupt das ganze Buch eine bewundernswert fleißige
Sammlung von Auszügen aus allen möglichen Büchern

Ägypten konnte ich die wahre Herkunft diefer Schätze zumal der neuern und freieren theologifchen Literatur
mit Sicherheit feftftellen. Es war nämlich von vornherein ! ift. Dann aber folgt im dritten, vierten und fünften Teil
unglaubwürdig, daß die fo umfangreichen, z. T. fo gut { die Durchfuchung der ganzen Kirchengefchichte nach
erhaltenen Mss. in griechifcher Sprache von Fellachen ! Judain', gemäß der Regel gherchez le juif. Das Papft-
bei Ausgrabungen gefunden fein follten. In Wahrheit j tum ift verjudet, denn fein Klerikalismus ift nichts anderes
flammen alle vier Mss. aus der berühmten Bibliothek I als Verjudung, das Luthertum ift verjudet, denn der lehr-