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Ausgabe:

1906 Nr. 8

Spalte:

246-248

Titel/Untertitel:

The New Testament in the Apostolic Fathers 1906

Rezensent:

Knopf, Rudolf

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Theologifche Literaturzeitung 1906 Nr. 8.

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peinlichfte an das halten, was aus den Quellen ficher
erkennbar ift. Daran fehlt es hier leider: 1. An erfte
Stelle rückt R. den Bekenntnischarakter der Taufe: nicht
an einer Stelle der paulin. Briefe ift dies Moment zu erkennen
. Wahrfcheinlich wurde die Taufe im Urchriften-
tum im allgemeinen auch als ein Bekenntnisakt gewertet;
vielleicht oder vermutlich auch in den paulin. Gemeinden.
Aber wenn Paulus diefes Moment nirgends erkennen läßt,
darf man es bei einer pfychol. Darfteilung doch nicht in
den Vordergrund rücken. 2. Viel gewichtiger aber ift ein
anderes. Wo, in aller Welt, findet R. in den paulin. Briefen
die Berechtigung dafür, daß er bei dem Tauferlebnis
die ,fittliche Selbftentfcheidung', die Auslöfung der
,ftärkften fittlichen Motive' in den Vordergrund ftellt
und erft ,damit' die Taufe zu einem religiöfen Erlebnis
werden läßt? Wenn etwas gewiß ift, fo ift es doch diefes,
daß für Pauli Anfchauung die Taufe in allererfter Linie
religiöfes Erlebnis und Erfahrnis ift: ,wir wurden
in feinen Tod getauft'; ,ihr wurdet gerecht gemacht,
geheiligt'; ,wir wurden alle mit einem Geift getränkt';
,er riß uns heraus aus der Macht der Finfternis' ufw.
Diefes religiöfe Erleben mußte für eine Darfteilung des
Tauferlebniffes das A und O bilden. So ift diefe Ana-
lyfe mißlungen; was fie erft beweifen foll, — daß die
Taufwirkung in religiös-fittlichen Vermittlungen erlebt
wurde, — ift ohne Anhalt in den Quellen eingetragen.

Und ebenfo wenig gelungen erfcheint mir der dann
folgende Beweis (S. 32 ff.) dafür, daß nach paulinifcher
Vorftellung der Glaube eine folche Rolle fpiele, daß er
die Wirkungsweife des Sakraments zu einer pfychologifch
vermittelten mache. Der Raum verbietet darauf näher
einzugehen. Nur ein Doppeltes. Das Recht der als
felbftverftändlich gegebenen Überfetzung von Gal. 32«:
,ihr feid alle Gottes Söhne durch den Glauben an Chriftus
Jefus', harrt für mich noch immer des Beweifes; im andern
Fall erhält die Stelle aber ein ganz anderes Geficht.
Vor allem muß ich die Verwertung, die R. von Rom. 6iff.
in Anlehnung an v. Dobfchütz ohne Beweis macht, ablehnen
. Die ganze Ausführung gipfle in einem eminent
ethifchen Gedanken, der Mahnung, nicht mehr Knechte
der Sünde zu fein; alfo, das ift die Folgerung, muß das
Tauferlebnis, auf dem fich diefe Mahnung erhebt, etwas
ethifch-religiös Vermitteltes fein. Ich geftehe, daß ich
das Zwingende diefer Folgerung nicht einzufehen vermag
, — ganz abgefehen davon, daß nach meiner Meinung
der ganze Tenor des Abfchnitts Rom. 61 ff. von R. nicht
richtig erfaßt ift. Rom. 6 7 hat übrigens nichts mit der
eigentlichen Rechtfertigungslehre zu tun, fondern ift ein
allgemeiner Rechtsfatz.— Kurz, der Verf. bringt wohl den
Beweis dafür, daß für Paulus der Glaube felbftverftändliche
Vorausfetzung bei der Taufe ift — das, was ich auch
behauptet habe —, aber nicht den Beweis für die obige
Behauptung, den ich felbft freudig begrüßt haben würde.
— Den Nachweis für die andere Behauptung (cf. oben),
daß die urchriftliche Taufe eine völlig eigenartige, aller
religionsgefchichtlichen Analogie entbehrende Größe fei,
hat R. doch eigentlich kaum verfucht.

Im zweiten Abfchnitt, der die faft ausfichtslofe Frage
nach der Entftehung der Taufe in der chriftl. Gemeinde
behandelt, zeigt fich R. bemüht, den fchwerwiegenden
Bedenken gegen die Authentizität von Matth. 28 u und
geen eine direkte Einfetzung durch Jefus gerecht zu
wei-den, zugleich aber fo viel als irgend möglich von der
traditionellen Anfchauung feftzuhalten. Er fchließt fich in
beiden Fragen der bekannten Anficht E. Haupts an.
Die trinitarifche Formel flammt zwar nicht von Jefus,
dem Inhalt nach paßt fie aber ganz in feinen Gedankenkreis
hinein. Die Taufe ift zwar nicht von Jefus eingefetzt,
geht aber doch fchließlich auf ihn zurück; denn Jefus
iclbft hat urfprünglich vor der Gefangennehmung des
Täufers das Taufen betrieben, hat es dann, nach diefem
Ereignis, aufgegeben, aber die Jünger haben den Ritus,
nun als einen .Ritus evangelifcher Art', wieder aufgenommen
. Ob das wirklich ein ,ebenfo einfaches wie befriedigendes
Verftändnis der Entftehung der chriftl. Taufe'
ift? — Als Taufformel war vermutlich zunächft die dreigliedrige
im Gebrauch; die eingliedrige — wenn überhaupt
gebraucht — hat fich fpäter als Unterform herausgebildet
. Hier vermag ich nicht zu folgen.

In d em dritten Abfchnitt über den Vollzug der
urchriftlichen Taufe folgt R. den Spuren Alfred Seebergs
(Katechismus . . .). Danach wurde bei der Taufe
(fchon in paulinifcher Zeit, S. 48 f.) ,ein ausgeführtes

Glaubensbekenntnis.....vom Taufenden gesprochen,

vom Täufling aber mit dem Refponfum Kvgioq 'l/joovq
aufgenommen und als fein eigenes anerkannt'. Ferner
war der Akt ,von Anfang her' (S. 31 Anm.) mit einem
Sündenbekenntnis, einem Abrenuntiationsakt verbunden
(S. 50f.). Auf den Taufakt folgten die Handauflegung und
fehr bald die Salbung. — R. erhebt gegen die ,religions-
gefchichtliche' Forfchung den Vorwurf allzu großer Kühnheit
: er darf uns nicht verargen, daß wir den Vorwurf
von feiner Seite nicht allzu fchwer nehmen, wenn er
felber diefe Behauptungen A. Seebergs fich aneignet,
denen die Eigenfchaft nicht geringer Kühnheit abzu-
fprechen kaum jemand wagen wird.

Gerade die ausgefprochenen Bedenken follen zum
Ausdruck bringen, daß ich den frifchen Ausführungen
des Verf.s mit lebhafteftem Intereffe gefolgt bin. Gegen
die mancherlei Bemerkungen über und gegen die fog.
religionsgefchichtliche Forfchung — im wefentlichen die
überall wiederkehrenden und allmählich ermüdenden —■
würde ich fehr viel zu fagen haben, doch ift dazu hier
nicht der Ort.1

Göttingen. W. Heitmüller.

The New Testament in the Apostolic Fathers. By a committee
of the Oxford Society of historical Theology. Oxford,
Clarendon Press 1905. (VII, 144 p.) gr. 8° s. 6 —

Contents: Barnabas: J. V. Bartlet. — Didache: K. Lake. _

I Clement: A. J. Carlyle. — Ignatius: W. R. Inge. — I'olycarp: P.
V. M. Benecke. — Hermas: J. Drummond. — II Clement: (Gospels)
J. V. Bartlet; (St. Paul's Epistles) A. J. Carlyle; (Catholic Epistles) P.
V. M. Benecke.

Das Buch ift die gemeinfame Arbeit mehrerer Gelehrter
. Es verdankt feine Plntftehung einem Befchluffe
der auch im Titel genannten Oxforder Society of Historical
Theology. Die Gefellfchaft wählte ein Kommittee, das
die Arbeit und die Verantwortung dafür übernahm. Das
Kommittee teilte feinen einzelnen Mitgliedern die Durcharbeitung
der verfchiedenen in Betracht kommenden
Schriften zu, die Ergebniffe der Einzelbemühungen wurden
in gemeinfamen Sitzungen mehrmals durchgefehen,
geordnet und genau befprochen. Die abfchließende
Formengebung fowie die Abfaffung der Einleitungen lag
wieder in den Händen der Einzelbearbeiter. In der bereits
oben im Titel angegebenen Reihenfolge, die als
eine chronologifche gedacht ift, werden die apoftoli-
fchen Väter durchgenommen.

i) Noch eine Bemerkung fei mir geftattet. S. 26 fagt R.: ,Mit
der biblifchen Taufe aber, fo erklärt er (Heitmüller) folgerichtig, muß dann
zugleich fallen ohne Red und ohne Vorbehalt die Anfchauung, als ob wir
Proteftanten im Neuen Teftament die Quelle und Norm evangelifcher Lehre
haben'. Wo habe ich das .erklärt'! Nirgends, wie es denn nie
meine Meinung gewefen ift. Die diesbezüglichen Bemerkungen in
meiner Schrift ,Taufe und Abendmahl' S. 7 u. 56 follen nachdrücklich
auf das 1 roblem hinweifen, das in der Schriftautorität liegt, und auf die
Aufgabe, diefelbe anders als meift gefchieht zu formulieren — wie das
von andern auch richtig verftanden ift, z. B. von Rcifchle, Theologie u.
Rehgiousgefch. 1903. Meine betr. Bemerkungen find allerdings fehr kurz
gehalten und können wohl zu dem Mißverftändnis Anlaß geben, als ob
ich das proteftantifche Schriftprinzip überhaupt bekämpfen wollte, —
das fche ich nachtraglich und bedaure, nicht klar genug gewefen zu
fein — aber unter keinen Umftänden geben fie Recht und Anlaß zu
der obigen Behauptung, ich .erkläre', das Schritl'prinzip muffe ,ohne Reft
und ohne Vorbehalt' fallen !