Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1904

Spalte:

425-427

Autor/Hrsg.:

Cook, Stanley A.

Titel/Untertitel:

The laws of Moses and the Code of Hammurabi 1904

Rezensent:

Volz, Paul

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

Theologische Literaturzeitung

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. in Berlin, und D. E. SchÜrer, Prof. in Göttingen.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig. Jährlich 18 Mark.

Nr. 15. 23. Juli 1904. 29. Jahrgang.

Cook, The laws of Moses and the Code of
Hammurabi (Volz).

Hehn, Sünde und Erlöfung, nach biblifcher
und babylonifcher Anfchauung (Bertholet).

Grenfell and Hunt, New Sayings of Jesus
and fragment of a lost gospel (Heinrici).

Kalthoff, Die Entftehung des Chriftentums
(H. Holtzmann).

Bouffet, Was wiffen wir von Jehls? (H. Holtzmann
).

Wer nie, Was haben wir heute an Paulus?

(Niebergall).
Godet, Cdmmentaire sur l'evangile de Saint

Jean, 4. e'd., t. I—II (H. Holtzmann).
Calmes, L'evangile selon Saint Jean (H.

Holtzmann).

Bruchflücke zur Kenntnis der Lübecker Erft-
drucke von 1464 bis 1524 (Köhler).

Herzog, Der Begriff der Bekehrung (Nieber.
gall).

Chriftophilus, Grundlinien der Verföhnungs-

lehre (Niebergall).
Jastrow, The study of religion (Clemen).
Eucken, Gefammelte Auf Bitze zur Philofophie

und Lebensanfchauung (E. W. Mayer).
Goldfriedrich, Die Rechtfertigung durch die

Erkenntnis (E. W. Mayer).

Kirchliches Jahrbuch auf das Jahr 1904, hrsg.
von Schneider (Harnack).

Cook, Stanley A., M. A., The laws öf Moses and the Code

of Hammurabi. London 1903, A. and Ch. Black. (XVIII,
307 p. gr. 8.) 6 sh.

Der .Verf. gibt mehr, als der Titel feines Buches verVerantwortlichkeit
im ifraelit. Gefetz von der Wirkfam-
keit der Propheten verurfacht ift, alfo zeitlich weit über
dem K. H. fleht; ich möchte daher nur mit Vorbehalt
unterfchreiben, was der Verf. als Gefamturteil fagt: ,Die
frühzeitige Einfchränkung der Talion und die wachfende
fpricht, denn wir bekommen durch feine Abhandlung j Erkenntnis der perfönlichen Verantwortlichkeit gibt dem
eine treffliche Überficht über die babylonifche Kultur, ifraelit. Gefetz eine ethifche Überlegenheit, welche die
wie fie fich nach dem Kodex Hammurabi darftellt, und I etwa vorhandenen Mängel ausgleicht'. — NaturgemäJ.l
dadurch reiht fich diefc Schrift den bisherigen Veröffent- j befchäftigt fich Verf. auch mit der Frage nach der Abheilungen
über den Kodex als wertvolle und felbfländige hängigkeit des ifraelit. Gefetzes von dem K. H. und er
Gabe an. Mit dem Kulturbild Babyloniens, das aus beantwortet die Frage in der Hauptfache verneinend,
dem Kodex fowie aus etlichen zur Erklärung beige- Es feien ja wohl manche Ähnlichkeiten da, z. B. fchon
zogenen anderen babylonifchen Urkunden heraustritt, ver- darin, daß beide Gefetzgebungen auf einen einzigen Ur-
gleicht Verf. dann allemal die primitiven femitifchen An- ! heber zurückgeführt werden, während fie in Wirklichkeit
fchauungen, den aus der ifraelitifchen Gefetzgebung bezw. 1 beide das Produkt einer längeren Entwicklung feien,
aus dem A.T. fich ergebenden Kulturbeftand Ifraels, ( Auch in haltlich fei allerlei Verwandtfchaft, wenn freilich
bisweilen auch die talmudifche Periode, das fyrifch- fich manches davon aus der Natur der Sache erkläre,
römifche Recht und vereinzelte außerfemitifche Paral- ■ Aber es müffe doch auffallen, daß (auch abgefehen von
lelen. Die Dispofition ift fehr klar, und die vielen Para- j der verfchiedenen Kulturftufe Mer beiden Völker) fo
graphen des Gefetzes find glücklich in die einzelnen I wenig direkte Übereinffimmung vorhanden fei, und umgroßen
Gebiete des kulturellen Lebens untergebracht. ! gekehrt manche, bei einer Bekanntfchaft ganz unerklär-
Befonders ausführlich fpricht der Verf. über die Familie j liehe, Unterfchiede fich zeigen; namentlich aber gebe
nach allen ihren Seiten, außerdem über die Gerichts- zu denken, daß der Sprachfehatz des ifraelit. Gefetzes
organe, über Sklaven und Arbeiter, Land (Privatbefitz) ; verfchwindend wenig direkte Entlehnung aus dem Baby-
und Ackerbau, Handel und Verkehr, Schutz des perfön- [ lonifchen enthalte. Daher neigt der Verf. der Anficht
liehen Lebens. Eine prinzipielle Betrachtung zeigt, wie 1 zu, daß die Verwandtfchaft der beiden Gefetzgebungen
das babylonifche Recht fich aus dem Stadium der Talion durch die arabifch-femitilchc Grundanfchauung zu er-
zu der Stufe des Strafrechtes herausgebildet hat; frei- i klären fei, von der aus beide, fowohl der K. H. wie das
lieh beweifen die noch übrig gebliebenen Reffe der ifraelit. Gefetz, fich entwickelt haben; das Arabien der
harten Talion, daß das Gefetz noch eine weite Strecke | Nomaden fei der Ort der primitiven femitifchen Rechts-
hinter der reinen Vorftellung der Gerechtigkeit zurück- | anfchauung und diefes habe fich in das altifraelit. Gefetz
fleht. Der Vergleich zwifchen dem K. H. und dem 1 (im Bundesbuch) und in den Kodex der von Arabien
ifraelit. Gefetz ergibt, daß Ifrael fich auf einer viel ! flammenden Hammurabidynaftie entfaltet und durch
primitiveren Kulturftufe befand, als das Babylonien des J diefe beiden auf das fpätjüdifche Gefetz, auf das fyrifch-
Hammurabi; das ifraelit. Gerichtsverfahren z. B. ift mit römifche und auf das muhammedanifche Recht weiter-
dem früharabifchen verwandt und unterfcheidet fich mit gewirkt. Der K. H. fei in Ifrael erft fpät (etwa vor dem
diefem durch die Einfachheit von dem babylonifchen; ! 6. Jahrh.) bekannt geworden; die mit dem Exil anhebende

Gefetzgebung und vollends der Talmud fetzen dann
deutlich die babylon. Terminologie und Rechtsanfcb.au-
ung voraus und haben auch den K. H. benützt. Es ift
eben Punkten den höheren fittlichen Geift und das I fomit dem Verf. nicht wahrscheinlich, daß der K. H.
Streben nach Humanität. So find z. B. die Rechte des ! in Kanaan bekannt und herrfchend war, als die Ifraeliten
Sklaven zwar im Babylonifchen beftimmter geordnet, dafelbft einzogen, wie er im allgemeinen davor warnt,
aber die Stellung desfclben war in Ifrael allem nach er- 1 den Einfluß Babyloniens auf Kanaan in älterer Zeit zu
träglicher. Namentlich aber beweift das ifraelit Gefetz I überfchätzen; gerade das Refultat bezüglich der Bekanntein
feineres Gefühl für die Verantwortlichkeit des ein- fchaft Ifraels mit dem K. H. nötige zu diefer Warnung,
zelnen, während die Gefetzgebung des Hamm, noch Überhaupt haben die neuen Entdeckungen nicht alle-
einige graufame Reffe der altfemitifchen Anfchauung | Rätfei gelöft. fondern vielmehr neue Aufgaben eefchaffen
beibehält, wonach die Schuld eines Mannes von feiner ■—-1 °- r~----Mi-to J----L--- - •- ■ s

ebenfo find die vielfältigen Bcftimmungen über Handel,
Verkehr und Geldfachen im K. H. ohne Analogie im
ifraelit. Gefetz. Dagegen bekundet das letztere in man-

Familie mitgetragen werden muß. Doch darf nicht über-
fehen werden, daß diefes Hindrängen auf die perfönliche

425 426

und es fei nun Pflicht, durch monographifche, namentlich
fprachhchphilologifche Detailforfchungen die Arbeit
Stück für Stück vorwärts zu führen. Das find behcr-