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Ausgabe:

1904 Nr. 11

Spalte:

327-329

Autor/Hrsg.:

Grupp, Georg

Titel/Untertitel:

Kulturgeschichte der römischen Kaiserzeit. I. Band: Die untergehende heidnische Kultur 1904

Rezensent:

Ficker, Gerhard

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327 Theologifche Literaturzeitung. 1904. Nr. II. 328

diaxad-aigco) Raum für reichlichere Verweife auf die übrigen I den religiöfen Strömungen im Judentum, von Jefus Chriftus,
Schriften des Clemens und auch des Origenes gewonnen, ; von den erften Chriftengemeinden, von der Lehre der
und zu letzterem wenigftens der Index im II. Band der j Apoflel gehandelt (Abfchn. 34—37), und es wird auch
Berliner Ausgabe benutzt werden können (vgl. z. B. tyvy- am Schluffe einzelner Abfchnitte darauf hingewiefen, worin
aycoyelv). der Verfaffer die Bedeutung des Chriftentums für die Um

Die Zitate find z. T. nicht genau. Der zuerft p
XXXIX n. 1 auftauchende ,Kayel mit Seitenangabe wird
manchem Lefer unbekannt fein, p. XLI n. 1 ift hinzuzufügen
§ 47 fin., die p. LXXX sq. abgedruckten Varianten
aus Theodoret find nicht alle im Apparat angegeben,
vgl. p. 40, 3. 4. 6, auch p. 56, 26 (p. LXXXII). Störend
ift es ferner, daß häufig in Zitaten Worte ausgelaffen
find, ohne daß dies irgendwie angedeutet wird, vgl. z. B.
p. LV Z. 9 v. o. und Z. 4 v. u., p. LVI Z. 6 v. o., p. 220
Z. 14 v. u., dagegen p. 223 Z. 22 v. u. tilge die Punkte

Wandlung der antiken Kultur fieht, alfo etwa in der Zu-
rückführung zur Einfachheit anftelle des bisherigen Luxus,
in der Umwandlung des fittlichen Bewußtfeins, in der
Umwandlung des Gefchmacks (S. 80) ufw. Es ift gar
keine Frage, daß Grupp eine Menge Dinge zufammen-
geftellt hat, die nicht bloß intereffant, fondern auch für
jeden, der Heidentum und Chriftentum gegen und nebeneinander
hält, lehrreich find. Und daß er feine Kenntniffe
nicht nur aus fekundären Quellen fchöpft, — feine Be-
lefenheit ift ftaunenswert, — darf keineswegs verkannt

ufw. | werden. Ich möchte aber auch meine Bedenken nicht

Der Text ift im allgemeinen korrekt gedruckt; p. 22, ! zurückhalten. Einmal fcheint mir der Ausdruck Kultur

j.' „ ,^ _.' „ . „ ______ „„ .? „„ _? _ T^ 1--r-u:_Ui_ _j_Ui __cc___1 _.. /•_• . /— _ diu__

26 1. dt p. 46, 10 xi p. 52, 13 <paot 20 jl 29 (XL p. 54, 12
rj 15 alla p. 56, 18 xovq p. 66, 16 mv p. 100, 14 fiera
15 xQtlxxov p. 166, 7 (leyloxoiq p. 170, 13 dia&mvxai p.
178, 12 ajiox. Einzelne Akzentfehler find flehen geblieben
; außerdem verbeffere p. LIV Mitte Eph. 1, i3
p. LXXXII Z. 2 v. u. p. 106 p. 206 Z. 10 v. o. 32 p. 270

gefchichte nicht zutreffend zu fein; Gr. bietet Bilder,
die nur ganz lofe zufammenhängen. Die Verfchiedenheit
der Zeiten kommt nicht zu genügender Geltung; die
Unterfcheidung ,früher' und ,fpäter' vermag in dem Lefer
nicht eine genügende Vorftellung zu erwecken, er müßte
denn eine eminente Kenntnis des römifchen Altertums

Z. 18 v. u. Origeniana p. 289 Z. 12 v. o. lot aQsxrjv befitzen. Weiter tut er nicht recht, von dem Untergang
p. 324 Z. 8 v. u. ovy p. 328 Z. 13 v. u. yiveöd-ai. Wenn | der heidnifchen Kultur zu reden; wenn er wenigftens den
Mayor p. 100, 23 fr. für Pf. XXIII 3—6 die Ausgabe [ Ausdruck ,Auflöfung' eingefetzt hätte. Es handelt fich
Lagardes herangezogen hätte, anftatt die Vulgatlesart j bei diefem Worte für den Verfaffer auch nur um die
der LXX zu notieren, würde er gefunden haben, daß j Aufzeigung der nicht lebensfähigen Elemente der heid-
(Z. 28) xov xvqiov Lesart des Clemens und der Mehrzahl j nifchen Kultur und der Elemente der Zerfetzung. Wenn
der Hff. bei Lagarde ift, auch daß U wie Clemens ovöe I ich ihn recht verliehe, hat der Verf. in dem vorliegenden
(Z. 25) ftatt xal ovx bietet, vgl. O. Stählin, Clemens Alex, j Bande auch nur die vorkonftantinianifche Zeit im Auge.

und die Septuaginta S. 22.

Doch alle diefe Ausftellungen betreffen Nebenfachen.
Was die Hauptfache, die Textherftellung und feine Erklärung
anlangt, fo verdient der Herausgeber, mag man
auch gelegentlich feine Entfcheidung nicht billigen, doch
unfere volle Anerkennung, da er die Textkritik von Strom.
VII wefentlich gefördert hat. Daß einzelne früher veröffentlichte
Vermutungen von Mayor nach erneuter
Prüfung nicht mit aufgenommen find, gereicht ihm ebenfalls
zum Lob. Wer die Stromata des Clemens Alex,
genauer kennen lernen will, wird fich diefer Ausgabe des
VII. Buchs mit Nutzen bedienen können.

Jena. Paul Koetfchau.

Grupp, Georg, Kulturgeschichte der römischen Kaiserzeit.

I. Band. Untergang der heidnifchen Kultur. München
1903, Allgemeine Verlagsgefellfchaft. (XII, 583 S. mit
51 Abbildungen, gr. 8.) M. 9.—

Der Verfaffer hat fich durch eine zweibändige, fehr
katholifch gehaltene Kulturgefchichte des Mittelalters be- j Chriftentum einen fchlechten Dienft, wenn man die Be-

Und wie kann ein Katholik von dem Untergange der heidnifchen
Kultur reden, der in feiner Kirche ihre Refte Tag
für Tag zu fehen hat. Mir wenigftens ift es erft wieder
aus den Ausführungen des Yerf. über die heidnifche Kultur
recht zum Bewußtfein gekommen, wieviel die katholifche
Kirche davon, und gerade von ihren Ichlimmen Seiten
aufbewahrt hat. Ich glaube, den Katholizismus einigermaßen
kennen gelernt zu haben: in Öfterreich, Italien,
Frankreich, Spanien; und ich darf fagen, daß viele Züge
der von dem Verfaffer fo hart getadelten antiken Religionen
hier ihr Leben weiter gefriftet haben. Damit hängt drittens
zufammen, daß der Verf. die heidnifche Kultur viel
zu ungerecht beurteilt: S. 21: Doch darf man diefe Af-
kefe nicht vergleichen mit der chriftlichen; es fehlt hier
der echte chriftliche Geift; der Hauptfache nach ift die
Afkefe rein äußerlich, mechanifch, vielfach durch Sugge-
ftion bewirkt. S. 31: Wohl lag auch hinter dem Begriff
der Humanität, wie ihn die Alten fich ausbildeten, ein
tiefer Schatten; an den höchften Beftrebungen nagte ein
Wurm, wofern man nicht mit Auguftinus ihre Tugenden
als gefchminkte Lafter ausgeben will. Man erweift dem

kannt gemacht. Bei den Arbeiten für eine neue Ausgabe j ftrebungen der Bellen in diefer Weife niedriger taxiert,
ift er immer tiefer in die römifche Kaiferzeit und in die j als es billig ift; wenn man ferner die Zeugniffe über die
germanifche Urzeit geführt worden; das Refultat diefer ! Unfittlichkeit womöglich zu Bildern allgemeiner Unfitt-
Studien ift der hier vorliegende Band einer Kulturgefchichte lichkeit verwendet. Erft dann wird die Hoheit des Chriften-
der römifchen Kaiferzeit. Des Verfaffers Abficht ift, wie I tums recht erkannt werden, wenn man auch die pofitive
er felbft p. V ausgefprochen hat, die Kultur der römi- 1 Arbeit, die die heidnifche Kultur für feine Aufnahme und
fchen Kaiferzeit in Beziehung zu fetzen zu der gleichzeitigen
und folgenden chriftlichen Kultur, ihren wirtfchaft-
lichen Untergrund breiter anzulegen und fie nach ihrer
räumlichen Ausdehnung weiter zu verfolgen, als das in
den bisherigen Darftellungen gefchehen ift. Den Begriff
der Kulturgefchichte faßt er als große Soziologie, die die
Völker und Zeiten in ihrer Eigenart zu erfaffen ftrebt.
Darum handelt er nicht nur von der Kultur des Imperium
Romanum im allgemeinen, fondern auch von den einzelnen
Völkern, die im imperium vereinigt waren, und von den
kulturellen Veränderungen, die deffen Herrfchaft unter
ihnen hervorgebracht hat. Am wenigften kommt in dem
vorliegenden Bande der ,wirtfchaftliche Untergrund' zu
feinem Rechte. Dagegen wird ziemlich ausführlich von

feine Verbreitung geleiftet hat, richtig würdigt. Anfätze
zu einer folchen Betrachtung finde ich allerdings, in der
zweiten Hälfte des Bandes mehr, als in der erften. Viertens
muß ich über eine gewifle Oberflächlichkeit klagen. Nach
meiner Empfindung gehört die Lebensarbeit eines Einzelnen
dazu, eine Kulturgefchichte der römifchen Kaiferzeit
zu fchreiben, und unfer Verfaffer hat bereits eine
Kulturgefchichte des Mittelalters gefchrieben. Von Problemen
, wie fie die erften Jahrhunderte unferer Zeitrechnung
dem Hiftoriker ftellen, erfährt man fo gut wie nichts. Die
Quellen find mitunter in der fonderbarften Weife benützt.
Namentlich ift mir dies bei neuteftamentlichen Stellen
aufgefallen. Aus Rom. 14, 2. 21 (S. 92) lieft der Verf.
heraus: ,wer fchwach ift, der effe Kräuter'; mit Phil. 4,22