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1903 Nr. 16

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460

Titel/Untertitel:

Nikolaides, Peri tes monachikes aktemosynes en to koino kai to helleniko ekklesiastiko dikaio 1903

Rezensent:

Meyer, Ph. L.

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Theologifche Literaturzeitung. 1903. Nr. 16.

460

den Auszügen aus der ,Celifodina' des Joh. v. Paltz an
einer Stelle (S. 81 Z. 20) ein unentbehrliches Satzftück
fortgelaffen. — Nr. 10 (S. 19—21) bringt K. Clemens' VI.
Jubiläumsbulle Unigenitus. Hier wäre ein Hinweis aut
die unechte, aber ftark nachwirkende Bulle Ad mcmoriam
geboten gewefen, ja, es hätten die Hauptfätze füglich
abgedruckt werden können. — Die Nr. 22 (S. 35 f.) aus
einem der fog. ,Rombüchlein' gemachten Mittheilungen
über Ablafs zu Rom find viel zu dürftig; die hier überall
fich breitmachende ,Vergebung von Pein und Schuld'
ift völlig übergangen. Ebenfo hätte das Nämliche über
den Ablafs im Heiligen Lande aus einigen der zahlreichen
Reifebefchreibungen und Reifeführer beigebracht
werden müffen. —

Eine anerkennenswerthe Sorgfalt hat K. dem Texte
feiner Actenftücke gewidmet, wie zahlreiche Verbefferungen
namentlich in den aus Amort und Walch herübergenommenen
Stücken zeigen. Indeffen, es wäre hier
noch mehr zu thun gewefen. Ich merke hier an, was
mir von fchlimmeren Fehlern aufgeftofsen ift. In Nr. 6,
dem Kreuzzugsablafs Innocenz' III., den K. leider aus
Amort, ftatt aus Manfi entnommen hat, lies 10, 28:
nobis licet indignis ftatt 11. I. indigne- Z. 30: de quibus
vei'aciterfuerintcorde contritiftatt de q. liberaliteru. f. vv.
Desgl. S. II, 4 iuxta quantitatem subsidii ftatt i. quali-
tatem s. — S. 17, 27 (Thomas v. Aquino) ift (aus der Edit.
Parmens. ?) der Fehler sua infirmitate übernommen,
ftatt sua inj'initate (nämlich des meritum Christi). —
S. 19, 34 (Jubiläumsablafs Clemens' VI.) folgt K. dem
Text der Corp. iur. can. propriis et rationabilibus causis,
während pro piis et r. c. zu lefen ift. — Nr. 13 (Jubil.
Alexander's VI.) lies S. 24, 14 quamplurimi für iam
plurimi, S. 25, 17 solum für solam. — Nr. 24 (Sixtus' IV.
Ablafs pro defwictis) S. 37, 26 lies affectu quantum cum
deo possumus ftatt af.quanto c. d.p., Z. 30 1. poenarum eis-
dem secundum divinum iustitiam debitarum ftattp. eius-
dem s. d. i, S. 38, 1 1. certam pecuniarum quantitatem
ftatt certam pecuniam, quantitatem. — Nr. 43 (Jakob v. Jüter-
bock) 1. 43, 28 mortalis für mortale, S. 45, 9: cura-
tivam für curationem, S. 46, 24 sicut für sie que et, S.47, 17
tot dies ftatt pro eo dies, S. 48, 3: damnificarent ftatt
damnipZcarentur, Tj. 12 in illo loco ftatt in ullo l. —
Nr. 28 (Joh. v. Paltz) wird S. 50, 30 eine richtige Lesart der
Vorlage als Fehler berichtigt: Peccata capiutitur dupliciter;
es ift zu lefen: Peccata1, capitur dupliciter. — Bei Nr. 30
(Sermone Luther's von 1516) find K. die Verbefferungs-
vorfchläge von Karl Müller Weim. Ausg. IX, 7648". nicht
entgangen, aber er hat fie für die Geftaltung feines Textes
mit Ausnahme von 97, 14 und 99, 4 nicht verwerthet.
Nun mufs auch ich allerdings manche derfelben ablehnen,
aber die zweifellofe Verbefferung anima für omnia wäre
doch aufzunehmen gewefen und desgleichen die ebenfo
einleuchtende Berichtigung des finnlofen Satzes S. 102, 28.
Stehen bleiben durfte auch nicht der ebenfo finnlofe, wenngleich
fchwerlich ganz zu beffernde Satz 103, 6f. (hier ift
höchftens anzuerkennen, dafs K. nicht die von Knaake
W. A. IX, 766 vorgefchlagene Lesart aufgenommen hat,
die den in Luther's Augen monftröfen Gedanken ergiebt:
,Der Ablafs foll zur rechten Befchaffenheit der Reue beitragen
oder kann es doch'!). Endlich: 103, 30 lieft K.
mit der Weim. Ausg.: , Videte itaque, quam periadosa res
sit indulgentiaruni praedicatio, quae praecisa gratia
docet, scilicet fugere satisfactionem et poenam'. Hier ift
das finnlofe praecisa gratia mit einer leichten graphifchen
Aenderung zu beffern: praccise contraria, vgl. W. A.
IV, 674, 29 und Luther's Thefen 39 und 40. — S. 35 und
S. 39 ift irrthümlich ,Kath.' ftatt ,ZkTh' angeführt. Druckfehler
S. 25, 8: a deo ftatt adeo.

Leipzig. Th. Brieger.

NixoXa'i^ijq, Evayysloq F, IJeQt tj?c (lovayxxng dy.rn-
fioGvvn? ev to> xoivo» xat ro» k/XInvixo» exx).-n<Jiaaxixo»
dixaio». 'löxoQtxn. xat doyuaxtxij sQsvna. Ev 'Aihjvaic,
1901, sx zov xvjioyQcapEtov II. A. ZSaxeXlaQtog. (133 S.
gr. 8.)

Der Verfaffer verfolgt eine zwiefache Abficht mit
feinem Buch. Er giebt eine rechtsgefchichtliche Monographie
über die Befitzlofigkeit im griechifchen Mönchthum
und will dem heutigen Mönchthum in der griechifchen
Kirche neue Ziele fetzen. Diefem letzteren Zwecke
dient der gefchichtliche Unterbau. Er weift nach, wie
das griechifche Mönchthum durch die Aufgabe der Befitzlofigkeit
, als feiner nothwendigen Grundlage, fein
altes asketifches Ideal fchon feit Jahrhunderten nicht
mehr habe verwirklichen können. Da dies nun auch
in der Gegenwart nicht zu ermöglichen fei, das moderne
Leben auch andere Anfprüche an das Mönchthum
(teile, fo möge diefes, entfprechend dem im hellenifchen
Volke fich lebhaft geltend machenden Bedürfnifse vielmehr
darnach ftreben, eine Pfianzfchule zu werden, aus
der in Wiffenfchaft und kirchlicher Praxis geübte Männer
für die Kirche hervorgingen, zugleich aber auch den
Jugendunterricht in die Hand nehmen.

Solche Gedanken find ja neuerdings häufiger aus-
gefprochen. Das Neue ift, dafs fie als Forderungen
der Gefchichte geltend gemacht werden. Die dazu
dienenden Ausführungen laffen fich kurz zufammenfaffen.
Das Mönchthum ift nach dem Verfaffer zwar nicht ein
Erzeugnifs der apoftolifchen Zeit. Es mufste aber, weil
einer wefentlichen Wahrheit des Chriftenthums entfprechend
, in dem Mafse fich entwickeln, wie durch das
Eindringen der Welt in die Kirche in diefer es unmöglich
wurde, das Ideal der asketifchen Selbftverleugnung
darzuftellen. Bafilios der Grofse ift es, der ein- für allemal
die für das Mönchthum nöthigen Normen aufgehellt hat. Es
fteht und fällt daher mit der von dem grofsen Kirchenlehrer
ihm gegebenen Grundlage der abfoluten Befitzlofigkeit.
Diefe wird für den einzelnen Mönch nach jeder Beziehung
gefordert, und für das gemeinfame Leben gefleht er das
Recht des Befitzes nur fo weit zu, als es den Brüdern
zum Unterhalte erforderlich ift. Die Entwicklung hat
fich nicht auf diefer Höhe gehalten. Nicht allein die
Klöfter erwerben Befitz und werden reich, fondern auch
der Einzelne bleibt nicht frei von Eigenthum, bis
endlich in den fogenannten idiorrythmifchen Klöftern
diefe Praxis fich einen allgemeinen Typus fchafft. Die
Gefetzgebung des Staates aber hat dem wachfenden
Uebel nicht abgeholfen, fondern, wie der Verf. in fehr
detaillirten Erörterungen nachweift, ihm Vorfchub ge-
leiftet. Zwar hat Juftinian dem Einzelmönch den Befitz
des Eigenthums verboten, aber geblattet, dafs er folches
für fein Klofter erwerbe. Und Leo der Weife hat fpäter
das mifsbräuchlich von dem Einzelnen Erworbene diefem
belaffen. Auch die Gefetzgebung der Synoden hält fich
in der von Juftinian befchrittenen Bahn. Das Königreich
Hellas aber hat nach einem kühnen Verfuch der fieben-
gliedrigen Commiffion von 1834, den Klöftern jegliches
Eigenthum zu nehmen, nichts Neues auf diefem Gebiete
des Rechts entwickelt. Auch von der Zukunft kann
Verf. für die Zurückführung des Mönchthums zur einfügen
Höhe nichts hoffen, wünfeht dies aber im Intereffe des
modernen Lebens auch nicht und fpricht nur die oben
erwähnten Desiderata für die Umbildung des Mönchthums
aus.

Die Schrift ift jedenfalls intereffant und, da fie die
Quellen und eine fehr grofse, namentlich auch deutfehe
Literatur herangezogen hat, ein dauernd werthvoller Beitrag
zur Gefchichte des byzantinifchen Mönchthums.

Hannover. Ph. Meyer.