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Ausgabe:

1901 Nr. 5

Spalte:

131-135

Autor/Hrsg.:

Praetorius, Franz

Titel/Untertitel:

Das Targum zum Buch der Richter in jesmenischer Überlieferung 1901

Rezensent:

Bacher, Wilhelm

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131 Theologifche Literaturzeitung. 1901. Nr. 5. 132

Buchdruckerkunft bis jetzt kaum ein paar fchwache Anläufe
dazu gemacht worden waren. Wendland's Ausgabe
erfchien erft, als diejenige Thackeray's bereits unter der
Preffe war (S. 503: as the present sheets were being passed
through the press). Der Text des erfteren ift daher hier
nur ganz fporadifch noch berückfichtigt. In der Herbei-
fchaffung des handfchriftlichen Materiales hat Thackeray
noch mehr gethan als Mendelsfohn, infofern von den
unterfuchten Handfchriften (diefe find bei beiden faft die-
felben) die Collationen von Thackeray vollftändiger mit-
getheilt werden als von Mendelsfohn-Wendland (letztere
haben nur heben Vertreter der verfchiedenen Gruppen
zur durchgängigen Berückfichtigung ausgewählt). In
Wahrheit ift freilich, wenn man die Handfchriften nicht
zählt, fondern wägt, der Apparat bei Mendelsfohn-Wendland
doch vollftändiger als bei Thackeray, denn letzterer
hat gerade die Münchener Handfchrift, welche eine Gruppe
für fich bildet {Monac. 9), nicht verglichen. Er hat daher
auch die Quelle der editio princeps, als welche Wendland
eben die Münchener Handfchrift nachgewiefen hat, nicht
zu ermitteln vermocht (S. 501). In der Claffificirung der
Handfchriften ftimmen beide im Wefentlichen überein.
Abgefehen von der Münchener zerfallen fie in zwei Hauptgruppen
. Den Werth derfelben beurtheilt Wendland fo,
dafs er cod. Monac. an die Spitze ftellt, dann die durch
Barber. IV, 56 und Laurent. 44 vertretene Gruppe folgen
läfst, und die andere Gruppe an's Ende ftellt (Wendland
praef. p. XXII). Thackeray urtheilt umgekehrt, indem er
den Text, den die codd. Barb. und Laur. vertreten, für einen
emendirten hält (S. 504). Die Confequenzen, welche fich
hieraus für die Conftituirung des Textes ergeben, find
nicht all zu erheblich, denn die Werth-Unterfchiede der j
Handfchriften find nur fehr relative: fie gehen alle auf
einen fchlechten Archetypus zurück. Daher hat auch die !
Nicht-Benutzung des cod. Monac. bei Thackeray nicht I
viel gefchadet. Unter den Stellen, an welchen nach !
Wendland's Urtheil p. XIV der Monac: ,solus veram
lectionem tradit find nur wenige von einigem Belang.
p. 61, 1 ed. Wendland = p. 557, 14 ed. Thackeray hat j
Monac. richtig r/gcora, die übrigen ccgcbza. Die Ver-
befferung der letzteren Lesart in erftere wird von Thackeray
ex conjectura gegeben; fie war hier um fo leichter zu
finden, als die älteren Ausgaben, welche eben auf den i
Monac. zurückgehen, bereits das richtige haben, p. 79, 17—18
ed. Wendland = p. 570, 19—20 ed. Thackeray hat Monac.
(und mit ihm die älteren Ausgaben) das richtige jretp-
avayivmOxarai, die übrigen codd. nach Wendland's Angabe j
nagayivmaxtxai. Thackeray giebt das richtige jcagava-
yivcoOxsrai auch als Lesart der cod. Paris. 129 und Laurent
. 44. Wer hat hier die genauere Collation? — Im
Allgemeinen wird die Sache fo flehen, dafs Wendland
allerdings einen befferen Text gegeben hat, aber weniger
infolge anderer Beurtheilung der Handfchriften, als vielmehr
durch glückliche Conjectur und durch Verbefferung
der Interpunction. Um fo bedeutender ift feine Leiftung,
während diejenige Thackeray's durch ihre vollftändigere
Mittheilung des Apparates auch unfern Dank verdient.

Göttingen. E. Schürer.

Praetorius, Franz, Das Targum zum Buch der Richter in
jemenischer Überlieferung. Berlin, Reuther & Reichard,
1900. (III, 62 S. gr. 8.) M. 4. —

In weniger als Jahresfrift hat Praetorius dem Targum
zujofua das zum Buche der Richter folgen laffen
und dabei diefelbe jemenifche Handfchrift zu Grunde gelegt
, wie beim erfteren. Zu einigen Abfchnitten (IV,23—
V, 31; XI, XIII, 2—25) benutzte er auch eine Haphtaren-
handfchrift Socin's, die jetzt im Befitze der Deutfchen
Morgenländifchen Gefellfchaft ift, um Varianten aus derfelben
in den Noten zu bieten. In den Nachträgen, deren
zweite Hälfte (S. 68—61) fich mit dem in Stade's Zeit-

fchrift für die a. t. W. XX, 148 ff. erfchienenen Auffatze
von Diettrich auseinanderfetzt, erhalten wir (S. 54—57)
noch Varianten aus Haphtarenblättern zum Richtertar-
gum, die der Strafsburger Bibliothek gehören. Praetorius
befolgt daffelbe Verfahren, wie bei der Edition
des Jofua-Targums. Was ich im Allgemeinen über diefe
bemerkt habe (Theol. Literaturz., 1900, Nr. 6, Col. 164 f.),
gilt auch von der vorliegenden Ausgabe. Die Pünktlichkeit
in der Wiedergabe der handfchriftlichen Vorlage
ift hier wo möglich noch gröfser. Ein merkwürdiges Bei-
fpiel dafür, wie ängftlich genau Praetorius vorgeht, bietet
VI, 19. Die Ueberfetzung von OiTlP "hä (S. 17) lautet
da1): idfi 13 Zu dem fonderbaren nach 13 flehenden
Wortbilde'giebt Praetorius folgende Note: ,So. Der
Punkt mitten über dem ©, vielleicht auch der Punkt links
vom flj, foll wohl der diakritifche Punkt für Sin fein'.
Praetorius fcheint alfo das Wort als 1© zu lefen; er
unterläfst es aber zu erklären, was das bedeuten foll. In
Wirklichkeit jedoch ift was er für ein © anfleht, nichts anderes
als eine Ligatur von © und t (TJ>); der ,Punkt
mitten über dem ©' ift das zum J> gehörende Chirek,
der ,Punkt links vom ©' ift das zum t gehörende Dagefch.
Das Wort ift einfach i-T5> zu lefen, die Ueberfetzung von

nny (vgl. xm, is, XV, 'r).

So auffallend es auch fein mag, dafs diefer That-
beftand dem gelehrten Herausgeber entgangen ift (es
fcheint, dafs die Handfchrift fonft keine Ligaturen enthält
), um fo gröfseres Vertrauen erweckt ein fo hoher
Grad der Genauigkeit zu der Verläfslichkeit des Abdruckes
. Es fcheint hier noch mehr Sorgfalt angewendet
worden zu fein, als bei der Ausgabe des Jofua-
Targums. Ein überfehener Druckfehler ift es vielleicht,
wenn X, 17 XjEE'a punktirt ift, während es fonft ftets
heifst ('deffelbe Fehler fleht übrigens auch Jofua
XI, 3). In IV, 2 ift n^rn-Tl in einem Worte gefchrie-
ben, während weiter in V. 7 xbTl 31 richtig in zwei
Wörter getrennt ift. — Offenkundige Fehler der Handfchrift
find recht zahlreich. Praetorius läfst fie zumeift
ohne jede Bemerkung. In 1,21 ift iDI^rt 3©1 mit 3W1
DIB"1 überfetzt; das kann nur als irrthümliche Kürzung
von '1ND13'1 IS^m verftanden werden, wie R und B
haben.2) — V, 18. In pSISinaW ift ein Ii zu ftreichen
(derfelbe Fehler auch in Jofua II, 15 und X, 19). — V, 21.

St. ■pinp «bn: 1. ji»ipi ':. — V, 29. nb iaiab (am Ende

des Verfes) ift finnwidrig; das Richtige hat B: laiab
pnb (R hat Jibitab, in einem Worte; das kann nur eine
irrthümliche Zufammenziehung der Abbreviatur "rb "i©b
fein). — VIII, 12 1J>iT«, RB JlnTK. — IX, 20 33© ib©3 n».
RB '© "Ofii fi hier '© ©13 ©1 (unter dem Einfluffe des
folgenden Xlb© ©13; vielleicht ift "<3 ©1 aus 13S1 ent-
ftanden); im felben Verfe DD© ©"O© ft. '© "OrTla. —
XI, 19 nS1152M, ft. nsilttXI (vgl. Jofua XIII, 10). —- XV, 15
SWTJS; richtig B X©Di©3 (sing.). — XVI, 9 pi&Sfi, RB
pÖBI '(Peal).»)

Auf Varianten im Bibeltexte können folgende
Stellen unferes Targumtextes hinweifen. I, 27: ia©i ©11
Tiypl, alfo *p5>© 13©1 ©Kl ft. "pyn ©MI (jedoch mag das
i3ni unter Einflufs der folgenden Verstheile fich ein-
gefchlichen haben). — II, 13. iObittb, alfo Qibj>3b ft. bi>3b
(jedoch vielleicht Parallelifirung mit III, 7, oder Fehler für
Kbj>3b). — VIII, 14. OIT Ü'vjKy©©"' 13 fo überfetzt: iis{

ib^p itwiy, alfo unn ©ibK»a©i -o (RB: j^k ^3is> iim).

Nach diefer Lesart — wenn es fich wirklich um eine
Lesart im Bibeltext handelt —- ift die Bemerkung ifcfj 13
D.lb nnT ,denn sie hatten goldene Ringe' auf die Ifraeliten
bezogen; die Fortfetzung mufs dann lauten: ,weil fie Araber
— die folche Ringe zu tragen pflegen — getödtet
hatten'. Vielleicht ift Ysvjp nur paraphraftifch in Folge

1) Die Punctation gebe ich mit den tiberienfifchen Zeichen wieder.

2) Mit R ift der von Lagarde edirte Codex Reuchlinianus, mit B
der von Buxtorf edirte Targumtext bezeichnet.

3) Praetorius felbft weift in den Noten zu anderen Stellen auf die
Fehler in dem von ihm edirten Texte hin.