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Ausgabe:

1899

Spalte:

56-60

Titel/Untertitel:

Berthoud, Apologie du christianisme 1899

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 2.

er 1557 auf Befehl des Herzogs Ulrich von Mecklenburg
einen Vifitationsunterricht.

Ueber diefen geht Knodt ziemlich kurz hinweg;
kaum drei Seiten werden ihm gewidmet. Und doch
würde man gerne über Verwandtfchaft des Omeken'fchen
Buches mit anderen Vifitationsbüchern, über fein Ver-
hältnifs zu früheren und fpäteren mecklenburgifchen
Kirchen- und Vifitationsordnungen, namentlich zu der
vom Jahre 1552 noch näher unterrichtet. Das würde
Omeken's Bedeutung für das mecklenburgilche Kirchen-
wefen beffer beleuchten, als etwa die eingehende Behandlung
der mecklenburgifchen Kirchenvifitationen vor
feiner Zeit. Sie gehören in diefem Umfange — Knodt
teilt aus dem Vifitationsprotocoll von 1540 ganze Partien
mit — in Omeken's Biographie ganz gewifs nicht hinein.
Auch die Auszüge aus den fchmalkaldifchen Arti

tifche Excurfe und dergleichen die Darflellung unterbrechen
. Wozu ift am Schlufs die Rubrik ,Anmerkungen'
angelegt, wenn Derartiges dort nicht untergebracht werden
foll. So fügt Knodt z. B. S. 148 eine wohl gegen
Thomas, Analecta Güftrovienfia — ganz deutlich wird es
einem nicht — gerichtete Bemerkung in Klammern ein:
dafs Omeken nicht fchon 1547, fondern erft 1548 nach
Mecklenburg gekommen fei. Ift es ein Druckfehler, wenn
er gleich darauf (S. 152) fagt, dafs Omeken feit 1547 die
Güftrower Rathsfchule zu reformiren begonnen habe? —
S. 234 ff. giebt Knodt eine Ueberficht über die benutzten
Quellen und die Literatur. Das ift anerkennenswerth;
eine folche Bibliographie an befonderer Stelle bewahrt
vor zeitraubendem Suchen. Aber weshalb giebt Knodt
nun an diefer Stelle nicht die gefammte benutzte Literatur
und zwingt den Lefer, fie an drei verfchiedenen

kein (S. 127 f.) und die Affaire des Landraths Krufe j Stellen zu fuchen, aufser an der Stelle, wohin fie gehörte,

(S. 176 ff.), die Knodt S. 179 felbft als Abfchweifung
anerkennt, hätten füglich wegbleiben können.

Dafs die Soefter Kirchenordnung von 1532 fo ausführlich
(S. 22—93) behandelt wird, ift dankenswerth. Die
Art der Behandlung hätten wir anders gewünfcht. Dafs
die enge Verwandtfchaft mit Bugenhagen's braunfchweigi-
fcher Kirchenordnung am Schlufs der Befprechung durch
einen kurzen Relativfatz abgethan wird, ift diefer be-
deutfamen Thatfache nicht angemefsen. Von diefer Verwandtfchaft
hätte ausgegangen und der Lefer genau
darüber orientirt werden müffen, was an der Soefter Ordnung
Bugenhagen's und was Omeken's geiftiges Eigenthum
ift. Die vergleichenden Inhaltsangaben unter den
,Anmerkungen' (S. 230 ff.) geben darüber nur mangelhaften
Auffchlufs. Statt diefer und der feltfamen Widergabe
der Kirchenordnung in der Lebensbefchreibung
felbft — Knodt druckt einzelne Partien in extenso ab und
fügt zwifchen ihnen Zufammenfaffungen mit eigenen
Worten in doppelten eckigen Klammern ein, die ebenfo,
wie die hier und da fich findenden Signaturen an diefer
Stelle höchft ftörend wirken — hätte man in der Biographie
eine eingehende Charakteriftik der Ordnung, in
einem Anhang aber den Abdruck der Omeken eigen-
thümlichen Stellen und für die Bugenhagen verwandten
Partien Hinweife auf die Hänfelmann'fche Ausgabe der
braunfchweigifchen Kirchenordnung gewünfcht. Dem Abdruck
wäre dann aber doch beffer der Originaldruck aus
dem Jahre 1532 zu Grunde gelegt, den der Verfaffer nach
S. 229 doch offenbar gekannt hat. Weshalb er ftatt
feiner eine von dem Confiftorialrath Bokelmann beglaubigte
Abfchrift aus dem Jahre 1731 benutzt, wird einem
nicht recht klar.

Aus Knodt's Darflellung mufs man fchliefsen, dafs

auch in der Biographie felbft und in den Anmerkungen.
In der Anführung der Titel hätte man mehr Gleichmäfsig-
keit gewünfcht.

Doch genug der Ausftellungen. Wir find dem Herrn
Verfaffer dankbar, dafs er auf Gerdt Omeken wieder auf-
merkfam gemacht hat.

Efchershaufen (Brfchw.). Ferdinand Gohrs.

Berthoud, Apologie du christianisme. Lausanne, Bridel —
Paris, Fischbacher, 1898. (663 S. gr. 8.) M. 8.-

Der durch eine fchöne Studie La poesie de la Bible
(1880) und durch einzelne apologetifche Beiträge {La
mattere et l'esprit 1886, L'komme et Lanimal 1886, Le
corps( et rätne 1891, Le surnaturel chretien en regard
de l hypnotisme et du spiritismc 1896) bekannte Profeffor
an der Rcole de theologie de Loratoire zu Genf, A. Berthoud
, hat uns mit einer Gabe bedacht, welcher wir
einen um fo gröfseren Dank und eine um fo aufrichtigere
Theilnahme entgegenbringen, als das Gebiet, welchem
feine Forfchung zugewandt ift, zu den umftrittenften auf
dem Felde der theologifchen Disciplinen gehört. Die
Apologetik kann, je nachdem fie ihre Aufgabe erfafst und
betreibt, als eine fehr leichte oder als eine recht fchwere
Wiffenfchaft bezeichnet werden; ja fie hat fich felbft fo
häufig discreditirt, fie hat fo reichlich durch ihre eigenen
Fehler die Ungunft verdient, deren fie fich in weiten
Kreifen erfreut, dafs man mit Spannung zu einem Buch
greift, das, in beträchtlichem Umfang, in fchönfter Aus-
ftattung, die unferer Disciplin geftellte Aufgabe in Angriff
nimmt.

Das Buch zerfällt in drei Haupttheile. In dem erften,
le christianisme et Lame Aumaine, will der Verf. die mo-
Omeken auch das Soefter Schulwefen im reformatorifchen j ralifche Nothwendigkeit der chriftlichen Thatfache

Sinne abfchliefsend geordnet habe (vgl. S. 19). Das war {necessite tnorale du fait chretien) darthun (15—197): diefe
nun aber doch nicht der Fall. Noch im Anfang der | Nothwendigkeit foll aus den Bedürfnifsen der menfchlichen

vierziger Jahre wandten fich die Soefter wegen Ordnung
ihres Schulwefens an Melanchthon (vgl. Hartfelder,
Philipp Melanchthon als Praeceptor Germaniae. Berlin
1889. S. 499 f.), und diefer richtete an fie feine Schrift
,von anrühtung der Latinischen SchuL (Corp. Ref. V 124

Seele und aus dem Zeugnifs der Religionsgefchichte begründet
werden. Im zweiten Theil, le christianisme et la science,
fucht B. die Möglichkeit der chriftlichen Thatfache
feftzuflellen (201—421): die Theorie des religiöfen Erkennens
, die chriftliche Auffaffung von der Welt, der

vgl- 365- Separatdruck herausgegeben von Aug. Israel j Begriff des Uebernatürlichen bilden die wichtigften Stücke
in der Sammlung feltener pädagogifcher Schriften, diefes Haupttheils. Der dritte Theil, le christianisme et
Zfchopau 1881). Ed. Vogeler's Gefchichte des Soefter l'histoire (427—663) handelt von der Wirklichkeit der

Archigymnafiums (Soeft 1883) hätte wohl über das Ver
hältnifs der Omeken'fchen zu den Melanchthon'fchen Be
mühungen orientiren können. In der Kürze aber hätte
darauf hingewiefen werden follen, dafs Omeken hier nichts

chriftlichen Thatfache: nach einer Einleitung über die
Vorgefchichte des Chriftenthums {la preparatiou du christianisme
) giebt der Verf. einen Entwurf des Lebens Jefu
und fchliefst mit einem Capitel über die Wirkungen des

Bleibendes gefchaffen. Chriftentums in der Gefchichte {le christianisme faisant

Noch einiges mehr Aeufserliche. Bei der Wieder- ses preuves).
gäbe der Originaltexte liebt Knodt die alten Kommata Die Ecole de theologie de l'Oratoire ift als Hort der

durch fchräge Striche nachzuahmen, ohne dafs man recht j ftreng confervativen, durch die religiöfe Erweckung {Re-
einfieht, wozu das nützen foll; es ftört beim Lefen und veil), dem fie ihre Entftehung verdankt, beeinflufsten und
noch mehr ftört es, wenn die alten mit modernen Inter- 1 charakterifirten Theologie bekannt. Berthoud gehört eben-
punktionszeichen ohne jeden erkennbaren Grund wechfeln, 1 falls diefer Schule an, die aber von den früheren Po-
wie gleich S. 5 f. und häufig. Auch ftört es, wenn kri- | sitionen eines Merle d'Aubigne oder Gauffen merklich