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Ausgabe:

1897 Nr. 2

Spalte:

36-38

Autor/Hrsg.:

Schrader, Eberhard (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Keilinschriftliche Bibliothek. Sammlung von assyrischen und babylonischen Texten in Umschrift und Uebersetzung. 4. Bd 1897

Rezensent:

Budde, Karl

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Theologifche Literaturzeitung. 1897. Nr. 2.

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nifs hat die Redaction für die mannigfaltigften Stoffe I Im Allgemeinen kann, da es in erfler Linie auf die
Specialinen als Bearbeiter zu gewinnen verftanden; keine ' kirchenhiftorifchen Artikel ankommt, das Werk doch

mit Freuden begrüfst werden. Leider fleht mit dem
überwiegend gediegenen Inhalt die äufsere Ausftattung
nicht auf gleicher Höhe. Wenn Holtzmann in der
Deutfchen Literaturzeitung (1896, Nr. 41) diefelbe als
,durchaus vornehm' bezeichnet hat, fo kann ich darin
nur einen Beweis grofser Genügfamkeit erblicken. Der
compreffe Druck bei einer Schrift von ftarkem Körper
macht einen unfchönen Eindruck und erfchwertdas Lefen.
Papier und Druckerfchwärze laffen zu wünfchen übrig.
Der erftere Punkt wird nun freilich nicht mehr zu ändern
fein; in Bezug auf die letzteren dagegen bitten wir für
die folgenden Bände dringend um Befferung.

Göttingen. E. Schürer.

,Richtung' ift dabei ausgefchloffen worden. Und dabei
ifl überall zu merken, dafs der Herausgeber felbft mit
Umficht und Energie auf möglichfte Gleichmäfsigkeit
der Ausführung hingearbeitet hat. So ift — was die
kirchengefchichtlichen Artikel anlangt — gewifs allen
billigen Anforderungen genügt und ein Werk gefchaffen,
welches den gegenwärtigen Stand der Forfchung in
Deutfchland in würdigfter Weife repräfentirt.

Hinter der hiftorifchen Theologie treten die fyfte-
matifche und die praktifche Theologie naturgemäfs
ihrem Umfange nach fehr zurück. Auch hier dürfte
aber wohl kein Anlafs zu ernftlicher Klage vorliegen.
Neben Cremer (Abendmahl) und Lemme (Almofen,
Apologetik) finden wir auch Gottfchick (Adiaphora)
und Herrmann (Andacht) als Mitarbeiter. Der Herausgeber
hat fich alfo ernftlich bemüht, den ökumeni-
fchen Charakter des Werkes zu wahren.

Nicht daffelbe läfst fich dagegen von den biblifchen
Artikeln fagen. Die neue Auflage hat fich hier nur zu
fehr an den Vorgang der alten angefchloffen. Nicht
nur in der Beibehaltung der alten, fondern auch in der
Heranziehung neuer Mitarbeiter zeigt fich eine gewiffe
ängftliche Zurückhaltung gegenüber demjenigen wiffen-
fchaftlichen Verfahren, welches auf dem Gebiete der
Kirchengefchichte als ganz felbftverftändlich gilt. Die
altteftamentlichen Artikel find überwiegend vertreten
durch Männer wie Lötz (Abia, Ahab, Ahas, Ahasja,
Amazja), Orelli (Abifai, Ahimelech, Ahitophel), Koeh-
ler (Abraham, Arnos), Buchrucker (Adam), Kittel
(Ahia, Archäologie), etwa auch noch Buhl (Aaron,
Amalek, Ammoniter) und Baudiffin, dem aber nur
theologifch ungefährliche Artikel übertragen find(Adram-
malech, Anammalech, Apharfatechäer, Archewäer); die
neuteftamentlichen meift durch Karl Schmidt, den früheren
Erlanger Privatdocenten, jetzt Paftor in Mecklenburg
(Alphäus, Ananias, Andreas, Apollos, Apoftel,
Apoftelkonvent); daneben Haufsleiter (Agrippa,
Annas, Antipas) und Ewald (Aquila, Aretas); vereinzelt
Heinrici (Anathema) und Bouffet (Apoka-
lyptik). Beim alten wie beim neuen Teftament vermifst
man fchmerzlich eine Reihe unferer beften Namen. Ref.
weifs allerdings aus Erfahrung, dafs ein Redacteur manchen
Korb erhält. Es ifl aber nicht anzunehmen, dafs
dem Herausgeber der Real - Encyklopädie diefes Mifs-
gefchick bei allen, an die wir hier denken, paflirt ifl.
Er wird ein herzhafteres Vertrauen zu den Vertretern
einer wirklich hiftorifchen Behandlung der biblifchen
Dinge faffen müffen und fich entfchliefsen müffen, manche
der früheren Mitarbeiter durch neue zu erfetzen, wenn die
biblifchen Artikel nicht weit hinter den kirchengefchichtlichen
an wiffenfchaftlicher Qualität zurückbleiben follen.
Artikel wie der über ,Adam' find heutzutage doch ein
feltfamer Anachronismus. Als recht ungenügend mufs
ich auch den Artikel ,Apoftelkonvent' bezeichnen. Der
Verf. begreift gar nicht, dafs es böfe Menfchen gibt,
welche zwifchen Act. 15 und Gal. 2 Differenzen fehen,
da doch alles fo fchön in Ordnung ift; und er verfchont
auch den Lefer faft völlig mit Aufzählung diefer fchlimmen
Literatur, aus welcher nur ein paar Beifpiele genannt

werden zum Beweife dafür, ,dafs die alten Irrthümer Die apokr. Apoftelgefchichten und Apoilellegeuden II, 2, 1883, S. 154.
noch immer in vielfacher Verkennung des klar vor- 1 —200. Gutfchmid, Unterfuchungen über die Gefchichte des Königliegenden
Thatbeftandes nachwirken' (S. 704). Beiläufig i reicls Osrhoene (Memoire* de l'Acad de St Pitersbourg t. XXXV, r
, ö , . r a ____u j:„ t » u • j a *.!! 1 1887). Tixeront, Les angines de Vighse d'Edesse et la leeende d Ab-

bemerkt find auch die Literaturangaben in dem Art.kel ; criti> suivie dc deux lextes orientaux Ms/kns .888

,AbgaP von demfelben Verf. auffallend dürftig. Die (angez. v. Harnack, Theol. Litztg. 1888, 641). Dafhian, Zur Abgar-Sage,

neueren Arbeiten feit der Monographie von Lipfius j 1890 (Theol. Litztg. 1891, 356). Duval, Uistoire politique, religieuse
(1880) die doch manches neue Material bringen, fcheinen ! litteroire d'Edesse, 1892 (Theol. Litztg. 1893, 592). v. Rohden,

ihm nntmLannf creblieben ZU fein 9 Art >AbBar' in Pauly-Wiffowa, Real-Encyklopädie der claft Alterthums-

lhm unbekannt geDlieDen ZU lein. ) | w;ffenfchaft, I, 93-96. Harnack, Gefchichte der altchriftl. Literatur,

I, 533—540; dazu S. 909 (Bonwetfch über flavifche Texte) u. S 919
f) Es fehlen z. Ii.: Zahn, Tatian's DiatelTaron (1881) S. 90—97, I (C. Schmidt über koptifche Texte). — Die Vertheidigung der Echtheit
350—382. Lipfius, Jahrbb. für prot. Theol. 1881, S. 187—192, 1882, durch Nirfchl (Katholik 1896, II. Hälfte) ift fpäter erfchienen als diefer
S. 190—192. Matthes, Die edeffenifche Abgarfage, 1882. Lipfius, | Band der Real-Encyklopädie.

Keilinschriftliche Bibliothek. Sammlung von affyrifchen und
babylonifchen Texten in Umfchrift und Ueberfetzung.
In Verbindung mit DD. L. Abel, C. Bezold, P. Jenfen,
F. E. Peifer, H. Winckler hrsg. von Eberh. Schräder.
4. Bd. gr.8. Berlin, Reuther & Reichardt, 1896 M. 13.—

Texte juriftifchen und gefchäftlichen Inhalts von Fei. E. Peifer.
(XX, 323 S.)

Der Berichterftatter diefer Zeitfchrift über Schrader's
hochverdienftliche Urkundenfammlung fühlt feine Unzulänglichkeit
bei dem vorliegenden 4. Bande doppelt, nicht
nur nach der Seite der Schrift und der Interna der Sprache,
fondern auch bezüglich des Inhalts, der nur von einem
juriftifch durchgebildeten Lefer voll gewürdigt werden
könnte. Doch will er, da ihm die Aufgabe einmal zugefallen
ift, mit allem Vorbehalt verbuchen, dem Lefer von
dem reichen Inhalt diefer Abtheilung und feiner Bedeutung
für das biblifche Gebiet einen Begriff zu geben.
Ein Troft ift es ihm dabei, dafs felbft der gelehrte Bearbeiter
feine Ueberfetzungen nur als proviforifch ange-
fehen wiffen will.

Der Band vereinigt rund 300 juriftifche Urkunden,
meift auf Thontafeln eingegraben, nur zum kleinen Theile
auf Stein, vgl. die Grenzfteine aus der mittleren babylonifchen
Zeit S. 56fF., aus der andere Urkunden bisher nicht
vorliegen. Nur ein Fünftel der Urkunden (S. 98—-157)
flammt aus Affyrien, und zwar ausfchliefslich aus Ku-
jundfchik, 9 (S. 50—57), die fogenannten kappadokifchen,
aus der Umgegend von Kaifarieh. Diefe letzteren glaubt
Peifer um das Jahr 1300 anfetzen zu können. Die veröffentlichten
affyrifchen Urkunden ftellen nach S. IX etwa
IO°/0 des dem Herausgeber vorliegenden Stoffes dar, die
alt- und neubabylonifchen einen weit geringeren Bruch-
theil des Vorhandenen: man mag fich danach eine Vor-
ftellung machen, welch' ungeheurer Reichthum an folchen
Urkunden fchon jetzt vorliegt, während fortwährend neue
Maffen herzuftrömen. Ohne fich um die Schranken der
Reiche und Culturepochen zu kümmern, fliefsen diefe
Urkunden des täglichen Lebens in Babylon weiter hinüber
in die Zeit der Achämeniden, Macedonier, Seleuciden und
Arfaciden. Es ift dankenswert, dafs Peifer uns aus allen
diefen Zeitaltern wenigftens Proben bietet und durch fie
die Dauer im Wechfel beurkundet. Denn ftaunenswert ift