Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1895 Nr. 10

Spalte:

252-254

Autor/Hrsg.:

Niese, Benedictus (Ed.)

Titel/Untertitel:

Flavii Iosephi opera. Vol. VI. De bello Iudaico libros VII 1895

Rezensent:

Schürer, Emil

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

251

Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 10.

252

Assur, nicht Asur. Die Schreibungy/-i«/- ift ein Archaismus
und flammt, wie die kappadocifchen Keilfchrifttäfelchen
zeigen, aus einer Zeit, in der man auf die Bezeichnung
der Confonantenverdoppelung verzichten konnte. — Dafs
blnu = fum. sinig eine Baumart bezeichnet, nicht Samenkorn1
oder Aehnliches, zeigt z. B. K 6068 (Bezold,
Catalogue p. 760), wo blnu als isu lllu d. i. .herrliches
Holz' bezeichnet wird. Meine Zufammenftellung des-
felben mit aram. rc'JUn = ,Tamariske' bleibt daher möglich
. — Nicht 5|15 fondern g-d-p, woraus im Affyrifchen
g-z-p hätte werden muffen, ift nachNöldeke(?) wegen des
arab. oii* die Wurzel von fyr. c£Ä^ = ,Flügel', demnach
affyr. gappn oder kappn = ,Flügel' fchwerlich des-
felben Urfprungs wie fyr. r^lÄ^_, dann aber der Lefung
kappu wegen des hebr. 5p6 = fyr. r^ÄiA der Vorzug zu
geben. —• Zu gallu — Schwankend' (vgl. hebr. bb5 und
55) mufste II R 60, 8 genannt werden ((isu) MA-TU (=
Boot) gallatti), — unter der yTlbj = Sich fürchten'
(wohl = fyr. .in = ,fich fürchten' = arab. Joas .verzweifeln
'; cf. Idiklat aus Idig(k)nat) der Infinitiv gitallutu
IV R2 22, Nr. 2, 7). — Hinter gumahhu fehlt gimahu
(V R 40, 56) = kimahhu = ,Grab' = fyr. rdwToX. (f. m.
Bern, dazu bei Brockelmann, Lexicon syriacnm und
bei Nöldeke in der Zeitfchrift für Affyriologie
(IX, 266). Kimahhu zu gimahhu wie *kibil zu gibil. —
Gassu. mit dem Ideogramm. IM-BABBAR= ,weifser Lehm'
= ,Gyps' = fyr. (f. Z. f. Affyr. IX, 128). — Für

gattu = ,Geftalt' würde ich wegen des fyr. r^oxoCin = ,Ge-
ftalt', ,Statur', vorläufig (was möglich) kumtu lefen. —
D(T)imitu bezeichnet gemäfs feinem Ideogramm einen dem
Raben ähnlichen Vogel, kann für *daiviatu flehen und
dann dem hebr. Si'H entfprechen, das einen Vogel bezeichnet
, der wie der Rabe unrein ift. — Die Schreibung
damkaru für tamk(g)aru^ = .Kaufmann' von m-k-r = -Dü,
das in's Syrifche als rdtS*£> aufgenommen ift, beruht auf
Spielerei: tamkaru bedeutet auch, und zwar urfprünglich,
den .Kauf, fpeciell den ,Frauenkauf' (Haupt, Keil-
fchrifttexte S. 69, 8 f.), conjux heifst aber im Sumeri-
fchen dam etc.

Zu befonders mifsglückten Seiten gehört p. 114. Dort
fehlt upnu = ,Fauft',(IV R28, col. III, 1 ff. Add. u. 2 unveröff.
Texte) = I&n. — Ipinnu, das Geräth des bewäffernden
Landmannes, ift das Wort für ,Eimer', heifst nicht ,Be-
wäfferungsanlage' und ift daber ein Synonym von
allu, das Delitzfch annähernd richtig mit ,Tragfack'
überfetzt. — Up(b)untu — das lehrt der Zufammenhang
von IV R2 8 col. III, I ff. — ift ganz fraglos das Aequi-
valent von Ku-kur-mal (beachte auch Haupt, Nim-
rodepos p. 57, Z. 48, wonach das Aequivalent von
Ku-kur-mal auf einen Dental- oder Zifchlaut -f- Vocal
ausgeht. Nach zahlreichen Anzeichen bezeichnet es gemäfs
feinem Ideogramm (Ku = ,Mehl') eine Mehlart
oder etwas aus Mehl Gemachtes. Falls wir ein gewiffes
Wort, das eine Mehlärt andeutet, tappinnu lefen dürften
ftatt d(t)appinnu, könnte dies mit up(b)untu gleicher Wurzel
fein. — Appu = pa mufs = .Gipfel', .höchfter Punkt'
fein (daher an-pa d. i. ,pa des Himmels' = ,Zenith-
gegend'; f. m. Kosmologie p. 15 f.), — appatu den ,Strick'
bezeichnen, mit dem einerfeits der Efel, andererfeits
der Eimer (ipinnu) gehalten wird (f. Z. f. Affyr. VIII, 219).
Ein Dual davon (der Zügel hat 2 gleiche Theile) ift
appatan, auf p. 115 als Synonym von sirratäu, Dual
von sirritu = ,Strick', .Zügel' erwähnt. — Appäti nicht
= .Vorhalle', fondern wohl (wie apati) Plural von aptu
= jFenfter', .Loch in der Mauer', ,Erker' (und nicht
= Wohnung). Bit appäti dann = ,Fenfter- oder Erkerhaus
', daher = affyrifirtem weftfemitifchem bit-hil(l)ani,
da ribn = Fenfter! —

Der Antifumerismus Delitzfch's ift natürlich nicht
ohne Einflufs auf das Handwörterbuch geblieben. De-

I litzfch hat fich redlich bemüht, die z. Th. barbarifch
klingenden Wörter, die wir für fumerifche Lehnwörter
halten und für die es keine als licher gelten könnende
femitifche Etymologie giebt, in die femitifche Zwangsjacke
hineinzuzwängen. Nun, wir wollen darüber mit
ihm nicht hadern. Es führt doch zu Nichts. Delitzfch
mufste das. Delitzfch wird, nachdem er nun einmal
aus einem Paulus ein Saulus geworden, dem guten Ge-
fchmack und dem Sinn für das Einfache und Natürliche
noch weniger zufagende Opfer bringen muffen. Wir bedauern
dies. Wir bedauern weiter, dafs die uns noch
immer räthfelhaft dünkende Bekehrung Delitzfch's —,
die der 25. Paragraph feiner Grammatik in den Augen der
ganz Wenigen, die vom Sumerifchen Etwas verliehen,
nicht rechtfertigen kann, — die Veranlaffung dazu geworden
ift, dafs die fumerifchen Studien nur noch von
vereinzelten Berufenen unterhalten werden. Aber wir
hoffen auch auf die Zukunft. Wir hoffen, dafs Delitzfch
einmal discutirbare Gründe gegen die Berechtigung unferes
kopernikanifchen Weltfyftems vorbringt, die weniger faden-
fcheinig als die des oben citirten Paragraphen find und
als das, was Jäger, nach dem bisher von ihm zur fumerifchen
Frage Beigesteuerten zu fchliefsen, einmal vorzubringen
haben wird. Wir hoffen noch mehr. Denn im
Handwörterbuch liegen Keime genug verborgen und an
der Oberfläche, die, wenn fie fich naturgemäfs entwickeln
werden, den künftlich zufammengehaltenen Bau des Antifumerismus
fprengen werden und zu einem Gang nach
Canoffa führen müffen, ob nun vor den Augen der Welt
oder lediglich im ftillen Stübchen des Gelehrten.

Vor nicht gar langer Zeit hat Oppert angedeutet,
dafs feiner Meinung nach die Affyriologie feit dem Er-
fcheinen feiner Expedition en Mesopotamie keine nennens-
werthen Fortfehritte gemacht habe. Im vorigen Jahre
lies der einmal hervorragende Affyriologe Paul Haupt
mit Anwendung von Entrüftungscurfive drucken: ,Jensen
speaks of my Ueberfetzungsverfuche'. Beide haben

1 ihre Leiftungen überfchätzt. Hau pt: denn felbft die Ueber-

! fetzungen des ihn als Lexikographen um Haupteslänge

j überragenden Delitzfch find, wie diefer felbft am Eheften
rückhaltlos zugeftehen würde, als Ganzes nur nochUeber-

I fetzungsverfuche,— Oppert: denn bei aller Hochachtung
vor den genialen Leiftungen Oppert's mufs man zugeftehen
, dafs die Affyriologie feit dem Erfcheinen feines
epochemachenden Werkes, zum guten Theil unter Führung
Delitzfch's, Riefenfortfchritte gemacht hat. Von
Beidem legt das Handwörterbuch Zeugnifs ab. Möchte
es überall unparteiifch gewürdigt werden und fo viel
Nutzen ftiften, wie es die darauf verwandte Arbeit und

I die darin niedergelegten Producte der Arbeit und des

j Scharffinns verdienen!

Marburg. Jenfen.

Josephi, Flavii, opera, edidit et apparatu critico instruxit
Benedictus Niese. Vol. VI. De bello Iudaico libros VII
ediderunt Justus a Destinon et Benedictus Niese.
Berlin, Weidmann, 1894. (LXXVI, 628 S. gr. 8.) M. 26. -

Neun Jahre nach Erfcheinen des zuerft ausgegebenen
zweiten Bandes (1885) ift mit diefem fechften Bande die
grofseJofephus-Ausgabe Niefe's zum Abfchlufsgekommen.
Es fehlen nur noch die Indices, welche nach einer Bemerkung
des Vorwortes ein befonderes Heft bilden
follen (p. LXX: Indices rerum ex omnibus Josephi libris
confecti peculiari fasciculo mox edentur). Bei allem
Menfchlichen, was auch diefem grofsen Werke anhaften
mag, ift es doch fchon dem Umfange nach eine ungewöhnliche
Leiftung. Aber auch der innere Werth ver-

i pflichtet uns zu dem lebhafteften Dank für das Gebotene.

| Es wird voraussichtlich für eine Reihe von Generationen
die Haupt-Ausgabe des für viele Zwecke fo unentbehrlichen
Schriftstellers bleiben.