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Ausgabe: | 1892 Nr. 11 |
Spalte: | 277-278 |
Autor/Hrsg.: | Fredierichs, Jules |
Titel/Untertitel: | Robert de Bougre 1892 |
Rezensent: | Reusch, Franz Heinrich |
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277 Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. II. 278
1. Fredericq, Dr. Paul (Hoogleerar an de Hoogeschool
van Gent), Inquisitio haereticae pravitatis Neerlandica.
Geschiedenis der Inquisitie in de Nederlanden tot aan hare
herinrichting onder Keizer Karel V (1025—1520).
1. Deel. De Nederlandsche Inquisitie tijdens de elfte,
twaalfde en dertiende eeuwen. Met twee kaarten.
Gent, J. Vuylsteke, 1892. (XVI, 114 S. 8.) Fr. 3. —
2. Frederichs, Prof. Jules, Robert le Bougre, premier In-
quisiteur general en France (premiere moitie du XIII.
siecle (Recueil de travaux publies par la Faculte de
Philosophie et lettres de l'Universite de Gand. 6.
Fascicule). Gand, Clemm, 1892. (32 S. 8.) Fr. 2. —
1. Der Verf. hatte in feiner Sammlung der auf die
Inquifition in den Niederlanden bezüglichen Documente
aus den Jahren 1025—1520 (f. Th. L.-Z. 1889, 144) eine
Gefchichte der Inquifition in den Niederlanden in Ausficht
geftellt. Von diefer liegt nun die erfte Abtheilung vor,
die das II., 12. u. 13. Jahrhundert umfafst. Da die Niederlande
in diefer Zeit in politifcher Beziehung zum Theil
unter dem deutfchen Kaifer, zum Theil unter dem Könige
von Frankreich und in kirchlicher Beziehung unter deutfchen
und franzöfifchenErzbifchöfen (Köln, Trier und Reims, S. 8)
(landen, fo konnte fich feine Darfteilung nicht auf die
Niederlande befchränken. Der letzte Abfchnitt, der die
ftaatlichen Ketzergefetze behandelt, ift eine (fehr gute)
Zufammenfaffung der Verordnungen Friedrich's II. und
anderer Kaifer und Ludwig's IX. und anderer franzöfifcher
Könige, und die in den vorhergehenden Abfchnitten be-
fprochenen päpftlichen Verordnungen über die bifchöfliche
und dieDominikaner-Inquifition betreffen viel mehr Frankreich
als die Niederlande. Bezüglich der Niederlande
find aus der gründlichen und anfchaulichen Darfteilung des
Verf.'s namentlich folgende Punkte hervorzuheben: Der
weltlichen Arm übergeben und verbrannt (S. 96). Bei der
Verbrennung von zehn Ketzern, die 1239 zu Douay an
einem Sonntag ftattfand, waren aufser einer grofsen Menge
Volkes vier Bifchöfe und Johanna vonConftantinopel, Gräfin
von Flandern, zugegen (S. 55); fie erinnert alfo an die
fpäteren Autos de Fe in Spanien. Dafs auch im 13. Jahrhundert
Ketzer lebendig begraben worden feien, wie das
unter Karl V. vorkam, beruht nach S. 57 auf einem Mifs-
verftändnifs; es handelte fich um Einmauerung in einen
Kerker. Die Leiche eines Canonicus zu Antwerpen
wurde 1252, vier Jahre nach feinem Tode, als feine
Ketzerei an den Tag kam, ausgegraben und verbrannt
(S. 84). Für der Ketzerei Verdächtige wurden mitunter
Ordalien angeordnet: ein verdächtiger Priefter mufste die
Meffe fingen (S. 18); von anderen wird berichtet, fie
feien per candens ferrum examinati, was aber im 13. Jahrhundert
aufser Gebrauch kam (S. 23).
2. In diefem Schriftchen befpricht ein Schüler von
Fredericq den von diefem erwähnten Inquifitor Robert
(f. o.). Er wurde le Bougre genannt, weil er 1215 aus
Liebe zu einem jungen Mädchen zu Mailand zu der Secte
der Katharer abgefallen war, die,vielfach Bougres (Bulgarien
- genannt wurden. Nach zehn Jahren bekehrte er
fich und wurde Dominikaner. Um 1232 wurde er von
Gregor IX. als Inquifitor nach Frankreich gefchickt. In
Folge der Remonftrationen franzöfifcher Bifchöfe wurde
1234 feine Thätigkeit unterbrochen; aber fchon 1235 wurde
erzürn General-Inquifitor für Frankreich ernannt. Erliefs
viele Katharer verbrennen, zu Mont- Wimer bei Chalons-
fur-Marne 1239 an einem Tage 183, darunter ein Oberhaupt
derfelben, das fich Erzbifchof von Moranis nannte.
Bald darauf wurde eraber von Gregor IX. abgefetzt und zu
lebenslänglicher Haft verurtheilt (der Dominikaner H.
Choquet, der diefes beftreitet, ift auch fonft als unzuver-
läffiger Schriftfteller bekannt; Reufch, Index 2, 305). —
Der Verf. berichtigt in einigen Punkten, was andere über
erfte Ketzerprocefs auf niederländifchem Boden fand 1025 Robert vorgetragen haben. — S. 28 zeigt er etwas aus
führlicher als Fredericq (f. o.), dafs ,lebendig begraben'
in der damaligen Zeit nur einmauern bedeutet.
Bonn. F. H. Reufch.
zu Arras ftatt (S. 11; vgl. Döllinger, Beitr. zur Sekten
gefch. I, 66): Die Angeklagten widerriefen. 1048 mahnte
Bifchof Wazo von Lüttich zur Milde (Cesset Judicium pul-
veris etc. S. 13. 86); aber fchon fein Nachfolger forderte
Heinrich I. von Frankreich zur Verfolgung der Ketzer
auf. Aehnlich wie Wazo fprach fich Papft Alexander III. SepP) |predicant Dr. Chriftiaan, Het Staatszoezicht op de
in einem Schreiben von 1162 aus; er•erliefe aber^ fchon godsdienstige letterkunde in de Noorderlijke Nederlanden.
1163 fcharfe Verordnungen gegen die Ketzer (S. 27). » 8 '
Er war der erfte Papft, der fich mit der Regelung der | Leiden> E- J- Brill> l89l- (2 Bl. 258 S. 8.)
bifchöflichen Inquifition befafste. Nach ihm wurden viele 1 Diefes nachgelaffene Werk des Verf.'s (f 1890) wird von
päpftliche Verordnungen darüber erlaffen. Seit Gregor IX. ihm felbft als eine Art von Fortfetzung des 1889 erfchie-
beftellten die Päpfte aber auch Dominikaner als geiftliche nenen Buches ,Verboden Lectuur* (Th. L.-Z. 1888, 645)
Inquifitoren. Der erfte derfelben war Konrad von Mar- j bezeichnet. In diefem hat er drei unter fpanifcher Herrburg
(1227), der übrigens nicht in den Niederlanden thätig j fchaft in den Niederlanden erfchienene Indices Itbrorum
war (S. 37). Die bifchöfliche Inquifition beftand in den j prohibitorum (von 1550, 58 u. 70) eingehend befprochen;
Niederlanden bis zum Ende des 13. Jahrhunderts (S. 78); | in dem neuen Buche befpricht er die Büchercenfur in
als päpftliche Inquifitoren waren dort im 13. Jahrhundert | den nördlichen Niederlanden von dem Ende der fpani
namentlich die Dominikaner Robert le Bougre (f. u.) und
Simon du Val thätig (S. 50). — Die meiden der Ketzer,
die in den Niederlanden proceffirt wurden, gehörten zu
den Katharern. Tanchelm, der um 1110 im Bisthum
Utrecht gepredigt hatte (S. 20; vgl. Döllinger S. 104),
fchen Herrfchaft an bis in unfer Jahrhundert hinein. Er
behandelt die einzelnen neun Provinzen nach einander,
weil fich die Praxis in ihnen theilvveife verfchieden ge-
ftaltete. Bekanntlich erfchienen im 17. u. 18. Jahrhundert
in Holland, namentlich in Amfterdam, viele Bücher, die
wurde zu Köln verhaftet, entkam aber. Im J. 1077 wurde j in Frankreich oder anderen Ländern auf Cenfur-Schwierig-
in Cambray ein Ramihrdus der Ketzerei fchuldig gefunden keiten ftiefsen, manche mit fingirten Druckorten, wie die
und in tumultuarifcher Weife verbrannt, weil er erklärte, er ; zahlreichen Bücher, auf deren Titel a Cologne cliez Pierre
werde aus der Hand keines der anwefenden Geiftlichen, Marteau fleht (S. 13), und die focinianifchen Bücher, die
auch nicht des Bifchofs das Abendmahl nehmen, weil fie : Eleiitheropolis, Irenopolis oder Freistadium als Druckort
der Simonie unddesConcubinatesfchuldig feien. GregorVII. angeben (S. 78. 178). Aber Holland hatte nicht etwa
gebot dem Bifchof von Paris, die Verfolger des Mannes, Prefsfreiheit; vielmehr beftand eine Präventivcenfur und
der feine Grundfätze durchgeführt hatte, in den Bann zu ; waren Verbote und Confiscationen von gedruckten Bü-
thun (S. 17). Simon du Val lud 1278 zwei angefehene ehern nicht feiten.
Doctoren der Sorbonne, Vigerus von Brabant undBernerus Der Titel unferes Buches kündigt eine Befprechung
von Nivelles, die nach Lüttich geflohen waren, wo fie der .Staatsaufficht über die theologifche Literatur'an; der
Canonicate hatten, als der Ketzerei verdächtig vor, fcheint j Verf. nimmt aber mit Recht das Wort ,theologifch' in
ihrer aber nicht habhaft geworden zu fein (S. 61). — | der weiteften Bedeutung, und die ftaatlichen Verordnungen
Hartnäckige und rückfällige Ketzer (S. 72; wurden dem ! und Mafsregeln waren in der Regel durch Anträge von