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Ausgabe:

1890 Nr. 5

Spalte:

131-133

Titel/Untertitel:

Genikoi kanonismoi peri dieutheteseos tou ekklesiastikon kai ethnikon pragmaton ton ypo tou oikoumenikou thronon diatelounton orthodoxon christianon, ypekoon tes A. Megaleiotetos tou Soultanon 1890

Rezensent:

Meyer, Philipp

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I31 Theologifche Literaturzeitung. 1890. Nr. 5. 132

darin kann man Verf. nur beiftimmen. Es ifl zwar feiner
Form nach rein conventionell und utilitariftifch, aber die
ihm innewohnende Würde hat es nur, weil es zugleich
Ausdruck allgemeiner fittlicher Ideen ift. Trotzdem fcheint
uns die Verhältnifsbeftimmung des Rechts zur Sittlichkeit
dem Verf. nicht völlig gelungen zu fein. Er fafst
das Recht auf als Correlat der Pflicht, allein das gilt
doch nur für das öffentliche Recht, nicht für das Privatrecht
. Diefes hängt nur ganz indirect mit Pflichten zu-
fammen, und man kann nicht fagen, dafs die Rechts- |
Ordnung deshalb dem Menfchen Privatrecht gewährt,
weil er gefellfchaftliche Pflichten hat. Verf. mufs felbft
einräumen (S. 117), dafs fein Begriff des Rechts allgemeiner
ift, als der des pofitiven Rechts, m. a. W., dafs
er Recht und Sittlichkeit nicht fcharf getrennt hat. Er
fcheint aufser Acht geladen zu haben, dafs, während die
Sittlichkeit befümmt ift von dem Begriff deffen, was fein foll,
das Recht zu rechnen hat mit dem was ift. Das Recht
trägt in fleh keine fittlich fortbildende Kraft, es ift eher
eine vermittelnde Macht zwifchen den Thatfachen und
den flttlichen Ideen. Die Sittlichkeit ift ein Princip des
Fortfchritts nach einem Ideal hin, das Recht fixirt zu- j
nächft nur einen focialen Thatbeftand, in dem natürlich |
die herrfchenden flttlichen Ideen einen bedeutenden Platz
einnehmen. Die Veränderungen des Rechts folgen denen
diefes Thatbeftandes. Daher kommt es auch, dafs, während I
für die Ethik Recht und Pflicht nicht zu fondern find, die
Rechtsordnung Rechte kennt denen keine Pflichten ent-
fprechen, und Pflichten, die zum minderten durch die ihnen
entfprechenden Rechte bei weitem nicht compenfirt find.

Bifchweiler i. E. Eugen Ehrhardt.

l^evixoi xavovio/ioi Titgi ditvtf-ezijütwg zvbv ey./j.^oiaoiixtöv
xai i&vixiuv ngayiidzoiV Ttüv vna zov 0ix.0vfi8VlX.bv

ttgövov öiuzaXovvziov OQd-OÖO^WV XQlOTlCtVlÖV, V7irfx6tOV

7.r]g A. Msyalsidztjzog zov EovXzdvov. 'iV Ktovozav- j
ttvovnolei, ex. zov 7covcgiag%vx.ov zvnoygaqisiov. (Lo-
rentz & Keil), 1888. (K" u. 70 S. 8.) Frs. 1.25.

Diefe kleine Publication ift eine fehr werthvolle Er-
fcheinung auf dem wenig befchickten und wenig befuchten
Büchermarkte des Orients, denn fie enthält eine kirchlich
ofncielle Zufammenftellung der jetzt gültigen, ,Allgemeinen
Beftimmungen' über die Elemente der Verfaffung
der griechifchen Kirche in der Türkei, wie eine folche j
meines Wiffens bislang noch nicht vorhanden, wenigftens
nicht in folchcr Vollftändigkeit. Bedauern mufs man nur,
dafs in diefer Sammlung der grundlegenden Kirchen-
verfaffungsgefetze bei keinem von diefen auch nur eine
Spur von begleitender Datirung oder hiftorifcher Erläuterung
zu finden ift, wie wir Abendländer ganz felbft-
verftändlich bei einem ähnlichen Anlafs geben würden.
Es ift das aber ganz nach der Weife des Orients gedacht,
der, aller Entwicklung kühl bis an's Herz hinan gegen-
überftehend, nicht fragt: Wie war's? oder: Wie wird's |
fein?, fondern nur das Wort kennt: So ift's nun einmal. 1

Zu wünfehen ift daher, dafs die wiffenfehaftlich gebildeten
Männer, die den Thron des Patriarchen umftehen,
bei einem neuen Abdruck der yeviY.oi x.avoviouni nicht
vergehen, in einer kurzen hiftorifchen Einleitung die
werthvollen Urkunden zu datiren und erläutern, und damit
wieder einen neuen Wegweifer in der geiftigen Pfad-
lofigkeit des Orients errichten, wie wir folche fo nöthig
haben.

Einen einigermafsen ausreichenden Nachweis über die
zu befprechenden Urkunden finden wir übrigens in dem
Artikel Pifchon's: ,Die Verfaffung der griech.-orthodoxen
Kirche in der Türkei', Theol. Stud. u. Kritiken von 1864.
Hier treffen wir die zeitgefchichtlichen Verhältnifse, die
zu der Pfntftehung der xavovtaiioi führten, ziemlich voll-
ftändig gefchildert, auch einige der vorliegenden Urkunden
tn's Deutfche überfetzt.

Die Regierung des Abdul Medfchid richtete nämlich
im Verfolg der reformatorifchen Beftrebungen, die der
Hattischerif von Gülhane (2. Nov. 1839) einleitete, am
18. Februar 1856 an das griechifche Patriarchat, fowie
an die oberften kirchlichen Verwaltungen der übrigen
Rajahgemeinden in der Hauptftadt die Aufforderung,
eine Commifflon aus Geiftlichen und Laien zu bilden, die
nähere Beftimmungen über eine in jedem Kirchenkörper
zu erwählende befondere proviforifche Commifflon treffen
follte, welche letztere dann je in ihrem Bereich in Ueber-
einftimmung mit der Regierung die nöthigen Kirchenreformen
veranlaffen follte.

Die Befchlüffe der erften Commifflon in Bezug auf
die griechifche Kirche wurden, von der Pforte gebilligt,
im April 1857 als Inftruction an das griechifche Patriarchat
erlaffen. Sie enthalten die Beftimmungen über die Zu-
fammenfetzung und die Aufgaben des mit der Reformation
der griechifchen Verfaffung beauftragten iöiaizegov
uonaioQLvbv ovitßovXiov. Diefe beiden kaiferlichen Erlaffe
von 1856 u. 57 beginnen die durch griechifche Paginirung
gekennzeichnete Einleitung des vorliegenden Buches, doch
find fie entgegen der gefchichtlichen Entwicklung unter
der Ueberfchrift: 'Oähyiui rnc'F^rnifjc Kvßsgv^oeiog xzX.
in Ein Stück mit 16 zufammengezogen, von denen $ I
den Erlafs von 1856, die übrigen den von 1857 wiedergeben
.

Es folgt unter dem Titel: Jiogyavioitog sgya-
aubv zov 'Efrvtxov 7rgoatogivnv SviißovXiov xzX. die
Gefchäftsordnung der Commifflon mit angehängtem
Mitgliederverzeichnifs derfelben (</—ig), üb diefe Gefchäftsordnung
bereits ein Werk der Commifflon oder
noch mit der Inftruction von 1857 zufammenhing, weifs
ich nicht.

Seite 1 bis zu Ende lefen wir nun die wichtigen
Befchlüffe der Commifflon, deren Ausarbeitung fleh wohl
bis in die Mitte der 60er Jahre hingezogen hat. Die
erfte Stelle nimmt ein das Reglement über Wahl, Ein-
fetzung und Pflichten des Patriarchen, von dem Pifchon
a. a. Ü. eine deutfche Ueberfetzung giebt. Nach welchen
Kämpfen diefes zu Stande gekommen, mag dort ebenfalls
erfehen werden. Das Reglement kam zuerft zur
Anwendung bei der Wahl Joakim's II. im Jahre 1860.
Hiemit fchliefst Pifchon.

Unfer Buch enthält aber auch die weiteren Neu-
fchöpfungen des 'E&vixnv ovitßovXiov und zwar zunächft
den Kavovioung 7cegi tojv dvayx.aiuiv noooovtoyv %o>v eig
dgyiegazeiav ixXtSgiuojv, l'zi dz y.ai zeegi zov zoonov zijg
ExXoyijg ai'zbiv (S. II—18).

Die nun folgenden Urkunden tragen (S. 19) die
Separatüberfchrift: Ifgaxzixd zi]g sikvnavveXtvatojg. Mit
Birvoovvi'Xevaig ift ebenfalls das genannte aviißovXiov
gemeint. Den Anfang macht da der xavovuriiog neqi
zov oyiiiiazioiiov z>]g iegüg Zvvodov (S. 22—33). Darnach
lefen wir den xavnviaiibg iregi zov iiiv.zov SvußovXiov
(S. 37—45), fodann den y.ctvovioiibg^ nsgi S7i lyogtjyrjosojr
zov olxopouixor 7iazgtägyov xai ziuv agyiegtav (S. 49—58),
endlich den v.uvnviisubg zrept 1110Vodoalag tdjv nazgiag-
yjy.üv v7TAxk}.rhov y.ai Xoincöv £k~ndwv y.ai ngooäiw
(S. 61—63). Den Belchlufs des Buches macht der xavo-
vioung 7t£qi iiovaazi^gioiv.

Diefes ift ein fehr wichtiger kleiner Abfchnitt, der
in 8 die augenblicklich geltenden allgemeinen Beftimmungen
über die Verfaffung u. f. w. der Klöfter enthält
. Wir heben daraus das Wichtigfte hervor. Die Klöfter
werden in drei Claffen eingetheilt, folche mit über 20
Vätern, mit über 10 und mit über 5. Alle follen dxgißcug
bkviv zi]v iiovaoTrfiia/.^v y.ai KOlvoßttxxiyv zaSiv befolgen,
mit andern Worten, das idiorrhythmifche Syftem der
Klofterverfaffung ift verboten. Der Unterfchied der Claffen
giebt fleh Ausdruck in der gröfseren oder geringeren
Verpflichtung, die Vollzahl der kirchlichen Gottesdienfte
zu halten. Diefe einfehneidenden Beftimmungen werden
indeffen fchon wieder durchlöchert durch die Conccffion,